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Autor: Claudine Borries

Daniela Krien: Irgendwann werden wir uns alles erzählen

Daniela Krien: Irgendwann werden wir uns alles erzählen

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In diesem Debütroman aus dem Jahr 2016 von Daniela Krien geht es um eine außergewöhnliche Liebesgeschichte und um eine weitläufige Bauernfamilie jenseits der westdeutschen Grenze in der DDR.

Der Brendel- und der Hennerhof sind zwei benachbarte Höfe. Das Leben in und um die Höfe ist geprägt von den Bewohnern, die in ihrer ganzen vielfältigen Verwandtschaft in die Geschichte hineinspielen.

Die Wende hat gerade stattgefunden. Hier aber geht das Leben seinen Gang. Die LPGs gibt es nicht mehr, und einzelne Bauern sind wieder Besitzer ihrer Höfe. Ein großes Fest zur Wiedervereinigung steht an!

Maria, die Icherzählerin, ist 16 und geht in die Schule. Dort trifft sie Johannis vom Brendelhof. Er nimmt sie mit und stellt sie seinen Eltern vor. Fortan lebt sie mit ihm auf seinem elterlichen Gehöft, da ihre Mutter verlassen vom Vater ein ärmliches Leben führt.

Herrliche Landschaftsbilder in einem flimmernden Sommer führen einen sogleich in das Landleben ein. Maria ist jung, hübsch und unbeschwert. Sie schwänzt die Schule und geht ihren eigenen Träumen nach. Dem Lesen gehört ihre Leidenschaft. Es sind die „Brüder Karamasow“, die sie besonders faszinieren.

Bei all dem Treiben und den Begegnungen lernt sie den viel älteren Bauern Henner vom Nachbarhof kennen. Er ist schon vierzig Jahre alt.
Zwischen den beiden bahnt sich eine große Leidenschaft an. Maria ist diesem Mann sehr bald hörig. Ihre Gefühle schwanken zwischen Scham, Schuld und Ekstase. Die Lüge überdeckt ihr geheimes Leben mit Henner, der ihr Vater, Mutter, Freund und Geliebter in einem ist.

Der Krieg mit seinen Auswüchsen, die DDR mit ihrem Gefolgschaftswahn und ihren Schrecken: durch die Schicksale der einzelnen Figuren kommt vieles zur Sprache.
Mit der Wende soll nun alles anders werden.

Hinreißend sind die Naturbeschreibungen und die von Maria wahrgenommenen Empfindungen beim Betrachten der Häuser, der Zimmer mit allen Einzelheiten und der Küche mit ihren wunderbaren Gerüchen vom Backen, Braten und Kochen. Die Ansprüche der Bewohner sind bescheiden. In der Kneipe mit ihren Besuchern findet man Einblicke in das Dorfleben, und in der Natur erlebt man die Vielfalt an Stimmungen mit ihren wechselnden Jahreszeiten.

Die amour fou zwischen dem vierzigjährigen Henner und der bald siebzehnjährigen Maria bleibt das untergründig beherrschende Thema der Geschichte, geheim und verboten. Das Reifen des jungen Mädchens zur Frau ist nachvollziehbar. Es gibt der Geschichte Spannung und wird in einer so authentischen Weise geschildert, dass man meint, alles könnte sich genau so zugetragen haben.

Daniela Krien kann schreiben! Sie hat das Feingefühl und das richtige Gespür für menschliche Schwächen, Größen und, ja, auch Details des Alltagslebens auf dem Land. Wie sich die Zeiten verändern, wie es auch nebenbei politische Betrachtungen gibt, das ist meisterhaft geschildert.
Das Ende kommt überraschend, erschreckend und passt genau.

Ein wunderbares Buch, das einmal mehr Daniela Kriens Fähigkeiten als herausragende Autorin unter Beweis stellt.

Daniela Krien
Irgendwann werden wir uns alles erzählen
Diogenes, 1. Auflage, November 2022
272 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3257072198
ISBN-13: 978-3257072198O
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Fatma Aydemir: Dschinns

Fatma Aydemir: Dschinns

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In diesem Familienroman wird eine Gastarbeiterfamilie aus der Türkei zum Thema der Auseinandersetzung genommen, die zwischen eigener Identität und aufgezwungener Fremdheit besteht.

Die Familie von Hüseyin versammelt sich in einer Wohnung in Istanbul nach dem Tod von Hüseyin, der voller Glück seine mühsam ersparte neue Wohnung für den Ruhestand beziehen wollte. Infolge eines Herzinfarktes ist er gestorben.

Nach der Hochzeit ist Hüseyin nach Deutschland gegangen, um gutes Geld zu verdienen. Sie hatten damals schon drei Kinder: Sevda, Hakan und Perihan.
Nach acht langen Jahren holt Hüseyin seine Frau und zwei seiner Kinder nach Deutschland. Sevda muss noch einige Zeit bei der Großmutter bleiben. Erst als sie 15 ist, wird sie vom Vater nachgeholt.

Die Erzählung befasst sich mit den Auswirkungen der Umsiedlung nach Deutschland, die für Familienkonstellationen eigene Probleme mit sich bringt: fremd in einem fernen Land halten sich die Eltern an die Sitten und Gebräuche ihrer Herkunft, während die Kinder sich an die Normen des Gastarbeiterlandes anzupassen versuchen.

In einzelnen Kapiteln widmet sich die Autorin intensiv jedem Familienmitglied.
Sevda muss jung heiraten und darf ihrem Wunsch, eine Schule zu besuchen, nicht nachkommen.
Sie zeigt früh Freiheitbestrebungen. Mit Groll erinnert sie sich ihres erzwungenen Ehelebens.
Hakan ist ein Verlierer, der abseits von Erfolg und Ehrgeiz dubiosen Geschäfte nachgeht.
Peri darf nach erfolgreichem Schulabschluss studieren. Der Nachzügler ist schwul, was er nur der Schwester anvertraut.

Die Zerrissenheit der Familie liegt auf der Hand. Hüseyin plagt sich redlich in der Fabrik. Sein Leben pendelt zwischen Arbeit und Schlafen. Emine geht nie aus und bleibt für Haus und Küche da. Die Kinder dieser Gastarbeiterfamilie sind sich selber überlassen. Sie wandeln auf unterschiedlichen Pfaden. Und wie unterschiedlich fallen diese aus!

In einem gut konstruierten Rahmen zeigt uns die Autorin, wohin die Wege des Menschen führen, wenn keine geschlossene Gemeinschaft mehr besteht. Eine Orientierung ist unter diesen Bedingungen nur schwer zu finden.

Die Eltern tragen ein ganz besonders bedrückendes Geheimnis mit sich. Es zeigt einmal mehr die Abhängigkeiten der Frauen vom Familienverband. Frauen gelten nicht als Individuen.

Sevda wird sich dem Zwang irgendwann entziehen und zusammen mit ihren Kindern ihre eigenen Wünsche realisieren. Sevda ist auch diejenige, die die klarsten und schmerzlichsten Worte findet, um ihrer Mutter Fehlentscheidungen und die mangelnde Selbstständigkeit vorzuhalten.
Missverständnisse und Schweigen zeichnen die Beziehungen zwischen Hüseyin und Emine aus.
Vieles bleibt tabuisiert! Da kann nur eine desillusionierte Sevda dazwischen gehen.
Das Treffen in Istanbul anlässlich des Todes von Hüseyin endet dramatisch.

Fatma Aydemir hat einen großartigen Familienroman verfasst. Hier prallen Orient und Oxident aufeinander. Die Fliehkräfte unterschiedlicher Lebensformen bringen den Zusammenhalt der Familie auseinander. Keiner wird mit seiner Lebensgestaltung wirklich glücklich. Nicht viele Menschen des Gastlandes können sich in die Lage ihrer Gastarbeiter hineinversetzen. Auch diese bleiben unter sich und leben schlecht und recht mit ihrer Isolation und Einsamkeit in einem fremden Land.

Die Autorin Fatma Aydemir schreibt voller Empathie, feiner Beobachtung und sensibler Wahrnehmung, was in dieser Familie mit den einzelnen Mitgliedern passiert.

Der Leser*in bleibt nicht unberührt vom Geschehen und schaut mit anderen Augen auf Menschen, die als Arbeiter unser Land unterstützen und sich selber fast verlieren in der Hilflosigkeit.
Es ist ein wirklicher Verdienst der Autorin, einmal den Fokus auf diese Problematik zu lenken.

Fatma Aydemir
Dschinns
Carl Hanser Verlag, 6. Auflage, Februar 2022
368 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3446269142
ISBN-13: 978-3446269149
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Daniela Dröscher: Lügen über meine Mutter

Daniela Dröscher: Lügen über meine Mutter

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Mutter ist zu dick!
Wie ein Mantra zieht sich diese Feststellung durch den ganzen Roman.

Dieses Buch über eine Familie im Hunsrück zu Beginn der 80ziger Jahre löst Mitgefühl, Empörung und Zorn aus. Zorn darüber, wie ein Mann seine Frau tyrannisiert, und wie diese Frau über Jahre mit dieser Tyrannei leben konnte.

Sie leben in einem kleinen Dorf im Hunsrück: Vater, Mutter und die Tochter Ela.
Von Beginn an merkt man, dass ein unerträgliches Klima des Zanks und des Streits in der Familie zu spüren ist.
Der Vater moniert ständig, dass seine Frau zu dick sei. Das Töchterchen Ela beobachtet und fühlt die Spannung, die fast zu jede Minute des Zusammenseins in der Luft liegt. Sie berichtet aus der Perspektive einer Sechs-bis Zehnjährigen über die Jahre zwischen 1986 bis 1990.

Ist die Mutter zu dick? Man glaubt es kaum, denn anlässlich eines Badeurlaubs in Italien denkt Ela, dass die Mutter schön ist. Im Laufe der Jahre sieht sie die Mutter aber mehr und mehr mit den Augen des Vaters.

Die hilfsbereite und soziale Mutter und der ambitionierte Vater bilden die Pole, zwischen denen das Befinden des Kindes schwankt.

Eine unausgesprochene Wut seitens der Mutter und die ständigen Nörgeleien des Vaters, der ihre Figur zur Ursache für seine eigenen Misserfolge erklärt, prägen das Geschehen. Hin und her gerissen zwischen der Liebe zur Mutter und dem Vater muss sich Ela einen eigenen Weg suchen. Sie ist ein fröhliches Kind, der „Sonnenschein“ der Familie.

Ela ist unschwer als das Alter Ego der Autorin zu erkennen. Sie beschreibt das Leben ihrer Mutter als einer Abhängigen, die sich der ständigen Kritik des Vaters nicht entziehen kann. Der Vater hat seine bäuerliche Herkunft verlassen und ist technischer Zeichner geworden. Er möchte Karriere machen. Seine Klagen über den Berufsalltag und die empfundene Ungerechtigkeit bei Beförderungen bestimmen sein Denken und die Gespräche bei Tisch.
Es ist ein schrecklich verklemmtes Spießerleben, voller Vorurteile und Klischees!

Zwischen den einzelnen Kapiteln des Romans reflektiert die erwachsene Tochter Ela das Verhalten der Eltern und stellt Fragen, ob wirklich alles so war, wie sie es sieht.

Während sich die Mutter mit Diäten quält, tänzelt der Vater mit immer neuen Ideen durchs Leben, braun gebrannt und dem Erfolg hinterher. Ein neues Auto, ein neues Haus: nichts scheint unmöglich, um Prestige zu gewinnen.

Auch die Großelternpaare streiten untereinander.
Das Motto in beiden Häusern war: “ Opa hat entschieden, Oma ist gelaufen. Er war der Kopf, sie die Beine“.

Die achtziger Jahre mit ihren gesellschaftlichen und familiären Zwängen werden ausgezeichnet wiedergegeben. Die Grünen ziehen in den Bundestag ein, und Kohl wird Bundeskanzler. Männerherrschaft in allen Bereichen wird überzeugend beschrieben. Mit der Emanzipation hat es in dem abgelegenen Dorf, und vielleicht nicht nur dort, noch nicht geklappt.

Das Buch liest sich flüssig. Es sind bedrückende Jahre ihrer Kindheit, die von der erwachsenen Ela/ Dröscher zu einem aufschlussreichen Familienporträt verarbeitet wurden. Man kann sich den Sog der Erzählung nicht entziehen.

Daniela Dröscher war mit dieser Arbeit auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis.

Daniela Dröscher
Lügen über meine Mutter
Kiepenheuer & Witsch, 3. Auflage, August 2022
448 Seiten, gebunden
ISBN-10: 346200199X
ISBN-13: 978-3462001990
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Ian McEwan: Lektionen

Ian McEwan: Lektionen

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Roland Baines ist der Held einer Geschichte, in der es um die Geschicke eines langen Lebens geht. Wie der Autor ist er 1948 geboren.
Wir begegnen ihm als jungen Vater mit seinem Baby Lawrence, allein, denn seine Frau hat ihn kürzlich verlassen. Wir schreiben das Jahr 1986.

Seine Gedanken wandern zurück zu seiner Jugend und Vergangenheit.
In Lybien verbrachte er eine sorglose Kindheit. Sein Vater war Offizier des englischen Militärs in Tiflis.
Mit 11 Jahre schickte der Vater ihn nach England in ein Internat. Abgesehen von den strengen und rigiden Erziehungsformen begegnet er der Klavierlehrerin Cornell. Durch sie erfährt sein Leben eine Wende, die schicksalhaft für sein weiteres Leben sein wird.

Sein hoffnungsvoller Start als möglicher Starpianist zerschellte an der Wirklichkeit seines Lebens.
Er kommt fortan nie zu einem zufriedenstellenden Berufswerdegang. Mit Gelegenheitsarbeiten schlägt er sich durch und wird zuletzt Barpianist. Die Anzahl unsteter Frauenbeziehungen ist legendär.

Jahre nach der Trennung von Alissa, seiner Frau, findet er eine neue Partnerin. Auch Daphnes Ehe ist gescheitert. Leider hält auch diese Beziehung den Forderungen des Alltags nicht stand, weil Roland entschlusslos vor sich hinlebt. Einzig sein Sohn Lawrence bietet eine ruhige Konstante. Die beiden leben in Frieden zusammen. Warum ihn seine Frau verlassen hat, wird er erst viel später erfahren.

Die Erzählung MacEwans bewegt sich stets ganz nah am Schicksal seines Helden. Man spürt die innere Verbundenheit mit ihm.
Es gelingt ihm vorbildlich, seinen Protagonisten durch lange Jahre des Lebens zu begleiten. Er zeigt Empathie und bestimmt den Fortgang der Geschichte durch die Entzerrung der verworrenen Geschehnisse, die Roland Baines auf seinen so unbefriedigenden Lebensweg geführt haben.
Es gibt in der Geschichte Familientragödien, lustlose Ehen und abgebrochene Karrieren.

Die politische Geschichte bietet einen weiteren Rahmen zur Erzählung: Kubakrise, Mauerbau, Fall der Mauer, 9/11 und Wandel in den politischen Geschicken der einzelnen Länder bis hin zur Pandemie der Jahre ab 2020 weiten unseren Blick auf das Zeitgeschehen.

McEwan erzählt mit langem Atem und verliert sich zuweilen in Seitensträngen. Die Figur von Roland Baines und sein Leben bieten die Basis für Erkenntnisse um Leben, Liebe, Tod und Leidenschaft.
Ihm ist es gelungen, die Strömungen und Einflüsse eines halben Jahrhunderts transparent zu machen. Jugendlicher Leichtsinn, Verführung, Versagen und Genügsamkeit prägten Roland Baines Leben. Altersweisheit führt zuletzt zu einem versöhnlichen Ende.

Die Geschichte begeistert, denn selten werden so wunderbar Höhen und Tiefen eines Lebens ausgelotet wie von Ian MacEwan.

Ian McEwan
Lektionen
Diogenes, September 2022
720 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3257072139
ISBN-13: 978-3257072136
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Alex Schulman: Verbrenn all meine Briefe

Alex Schulman: Verbrenn all meine Briefe

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Ehen können die Hölle sein!

Im vorliegenden biographischen Roman bekommt man eine Ahnung davon.
Alex Schulman, der Autor, hat sich auf die Suche nach den Ursachen für seine Eheschwierigkeiten gemacht.
Der Satz seiner Frau:“ Ich weiß nicht, wie oft ich das noch ertragen kann “ gab den Anstoß, eine Therapeutin aufzusuchen. Er bemerkt, dass er eine stille Wut in sich trägt, eine Wut, die alles zu zerschlagen droht, was ihm Glück und Freude bedeutet.

Sein Großvater Sven Stolpe scheint ähnliche Symptome aufzuweisen. Er war zu seiner Zeit ein gefeierter Schriftsteller. Mit einer aufschlussreichen Analyse seiner Familiengeschichte kommt Alex den Schwierigkeiten auf die Spur. Anhand von Daten, Schriften, Artikeln und nicht zuletzt von Briefen eröffnet sich ein Familienporträt von einiger Dramatik.

Als Kind hat Alex die Großeltern 1988 besucht. Er erinnert sich, dass eine latente Wut vom Großvater ausging. Wie ängstlich und unterwürfig wirkte dagegen die Großmutter!
Alex findet heraus, dass Sven Stolpe 1932 kurz nach seiner Hochzeit mit Karin dem Liebesverhältnis seiner Frau mit dem Schriftsteller Olof Lagercrantz auf die Spur gekommen war.
Der Autor weiß diese Liebesgeschichte anrührend und einfühlsam zu beschreiben.

In Olof Lagercrantz hatte Karin einen liebevollen Mann gefunden, mit dem sie innige, heimliche Liebe verband. Längst hatte sie erkannt, dass ihr Mann an einer unstillbaren Wut litt. Sie zeigte sich, wenn er seine Frau bei jeder sich passenden Gelegenheit herabsetzt, diffamiert und kränkt. Auch weiß er die Fluchtversuche seiner Frau mit aller Gewalt zu verhindern. Die Angst vor ihm ist allgegenwärtig.

Im Verlaufe des Romans zeigt sich, wohin Menschen mit abartigen seelischen Störungen abdriften können. Ungelöste Konflikte vermögen in der Folge ganze Familien zu vergiften.
Sven Stolpe wird zum mörderischen Feind seiner eigenen Frau und deren Liebhaber.
Und Olof? Er schreibt seiner Geliebten in vierzig Jahren heimlich 23 Briefe und bleibt ihr in Liebe eng verbunden.

Alex Schulmann hat mit dem Familienporträt schriftstellerisches Können gepaart mit feinem Sinn für die Abgründe des Menschen gezeigt. In ungeahnter Intensität steigert er die Spannung, mit der man zum Zuschauer einer fast kriminellen Erpressung wird.

Tragisch, empathisch und tief berührt muss Alex erkennen, dass sich Zorn in die Seelen auch der Kinder aus dieser Verbindung gefressen hat. Die Zerwürfnisse zwischen den Geschwistern seiner Mutter nehmen folglich nie ein Ende.

Alex Schulman ist eine hervorragende Psychostudie mit dieser als Roman deklarierten Biographie gelungen.
Inzwischen ist er ein in Schweden sehr bekannter und anerkannter Schriftsteller.

Alex Schulman
Verbrenn all meine Briefe
dtv Verlagsgesellschaft, September 2022
304 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3423290374
ISBN-13: 978-3423290371
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Ferdinand von Schirach: Nachmittage

Ferdinand von Schirach: Nachmittage

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Den vorliegenden wunderbaren Erzählband möchte man nicht aus der Hand legen! Wie Perlen reihen sich Erzählungen mit den seltsamsten Begegnungen und Erlebnissen aneinander.

Ein namenloser Schriftsteller und Icherzähler, womöglich das alter ego des Autors, ist häufig auf Lesereisen. Diese führen ihn in ferne Städte und Länder in aller Welt.

Zwischen den Lesungen, Veranstaltungen und Reisen sucht der Erzähler Ruhe. Bei diesen Gelegenheiten gesellen sich zuweilen Personen zu ihm, die eine Episode aus ihrem Leben erzählen möchten. Die Anonymität der Begegnungen, die fast immer vorübergehend sind, macht sehr persönliche Beichten möglich. Und so hören wir von Schicksalen, die in ihrer Einzigartigkeit beeindrucken und uns einen Einblick in die Vielfalt menschlicher Erfahrungen gewähren. Wie verworren können Bindungen zwischen Menschen sein, und welchen Irrtümern in der Wahrnehmung sitzen sie gelegentlich auf! Ob spät entdeckte vermeintliche Untreue oder verpasste Gelegenheiten, ob Rache oder Wut: der Erzähler beschreibt u.a. Menschen, die von ihren wohl geordneten Wegen abgekommen sind. Kriminelle Handlungen gehören ebenso dazu wie zarte Bande der Liebe oder geheime sexuelle Vorlieben. Fast in jeder der 27 verfassten Geschichten lauern ungewöhnliche Handlungen.

Ferdinand von Schirach hat eine bedächtige Art zu erzählen. Seine Berichte strahlen eine große Ruhe aus, die sich dem Leser*In mitteilt. Die Sätze sind kurz und prägnant. Mit keinem Wort zu viel und Zitaten zu passenden Gelegenheiten ergötzen uns die schönen und auch traurigen Geschichten aus dem Leben. Notizen über Kunst, Kultur und Literatur ergänzen den Band von Erzählungen.
Diskrete Reflexionen über eigenes Befinden des Dichters sind ausnehmend fein und sensibel in der Darstellung.

Eine der letzten Geschichten handelt von dem Künstler Giacometti. Der Erzähler schätzt ihn und besucht seine Werke in einem Museum. Die Erinnerungen an seine erste Begegnung mit dessen Kunstwerken überwältigen ihn fast. Danach kommt es zur Aufzählung all’ jener Dichter und Denker, die er im Leben geschätzt hat. Es ist ein schöner Schluss für diese einmaligen Erzählungen.

Von Schirach ist ein herausragender Schriftsteller. Seine Nüchternheit und Nachdenklichkeit ist bemerkenswert. Dieses schmale Bändchen mit Erinnerungsgeschichten übertrifft alles, was ich bisher von ihm gelesen habe.

Ferdinand von Schirach
Nachmittage
Luchterhand Literaturverlag, August 2022
176 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3630877230
ISBN-13: 978-3630877235
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Georgi Gospodinov: Zeitzuflucht

Georgi Gospodinov: Zeitzuflucht

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Es ist eine schöne Illusion, sich vorzustellen, man könne sich aussuchen, in welchem Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts man gerne leben würde. Diese Utopie hat sich Georgi Gospodinov zum Thema seines vorliegenden Romans genommen.

Beginnend mit Gedanken an den Anfang der Menschheit setzt ein Satz dem Suchen danach ein Ende: „Am 1. September 1939 früh am Morgen kam das Ende der menschlichen Zeit“(S.18)
Jeder weiß, was mit diesem Datum gemeint ist!
Nach dieser Einführung beginnt ein Roman, der seinesgleichen sucht.

Ein ungenannter Schriftsteller in Sofia/Bulgarien berichtet von zahlreichen kleinen Beobachtungen und Entdeckungen, die darin gipfeln, dass er einen alten Freund sucht. Es handelt sich um Dr. Gaustin, einem exzentrischen Flaneur und Arzt, den er überraschend in Zürich wiederfindet. Gaustin will eine seltene Form von Geriatrie für Demenzkranke gründen. Der Erzähler soll ihm dabei behilflich sein. Es soll das „Haus der Vergangenheit“ heißen. In diesem Haus wird es verschiedene Zeitebenen von den vierziger bis in die neunziger Jahre geben. In einzelnen Zimmern sind Interieur und Aufmachung den Zeitebenen entsprechend eingerichtet. Hier kann man sich aussuchen, in welcher Zeit man leben will. Nicht nur die Vergesslichen des Alters finden ihren Raum, zunehmend wollen auch Gesunde gerne einkehren.

Zu den Zeitebenen passt die Erwähnung politischer Personen oder Ereignisse: Musik, Schlager, Rebellion der 68sechziger, Gerüche, Reagan, Kohl und Gorbatschow, Zitate von Thomas Mann bis Einstein und so fort.
Auf die Frage des Erzählers nach den 40ziger Jahren und dem Krieg antwortet Gaustin zum ersten Mal: “ich weiß es wirklich nicht“S.101)

Eingeflochten in die Geschichte findet man wunderbare poetische Beobachtungen von Landschaften, Städten und nicht zuletzt Passagen der Biographie des Erzählers. Sie bieten den Bezug zur Realität.

In einem zweiten Teil des Romans erzählt Gospodinov von einem Referendum, bei dem in den europäischen Ländern über die Möglichkeit eines Lebens in längst vergangenen Jahrzehnten abgestimmt werden soll. Wir sind im Heute angekommen mit allen Möglichkeiten der Technik beim Aushorchen und der Manipulation.
Wozu diese Utopien führen können, zeigt uns prophetisch Moskau mit seinem „Zurück zu den alten Grenzen der Sowjetunion“.

Georgi Gospodinov ist ein begnadeter Erzähler. Ihm purzeln die Ideen nur so aus der Feder.
Sie sind teils witzig, teils skurril und teilweise ernst. Sie reichen von der griechischen Mythologie zu einzelnen Geschichtsereignissen und sehr realen Gedanken über das Heute. Sie wechseln von Einzelschicksalen ins Globale und irrlichtern zwischen den Zeiten hin und her. Gelegentlich sind sie irritierend bis irrwitzig, weil am Ende niemand mehr weiß, ist der Autor real oder ist es eher die von ihm erfundene Figur Gaustin. Auf jeden Fall werden in dem Roman hintergründig philosophisch und reflektierend die vergangenen Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts unter die Lupe genommen. Es ist ein überwältigendes Werk in der Übersetzung von Alexander Sitzmann.

Georgi Gospodinov ist in Bulgarien geboren. Er hat für seine Romane zahlreiche Preise gewonnen.

Georgi Gospodinov
Zeitzuflucht
Aufbau, 3. Auflage, März 2022
342 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3351038895
ISBN-13: ‎978-3351038892
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Liz Nugent: Auf der Lauer liegen

Liz Nugent: Auf der Lauer liegen

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Ein Krimi der Extraklasse!

Der Kriminalroman von Liz Nugent beginnt im ersten Satz mit einem Mord!
Man weiß gleich, wer das Opfer und wer die Täter sind. Insofern ist die Geschichte ungewöhnlich.

Erst bei der Suche nach dem Mörder seitens der Polizei kommen alle möglichen Figuren mit ins Spiel. Und nicht nur das: die ganze Recherche wird von Bekannten des Opfers ausgelöst, denn Spurensuche und Gründe für den Mord bilden das eigentliche Thema.

Was mögen die Hintergründe für den Mord sein?

Hören wir zuerst die Geschichte des Ehepaares Lydia und Andrew Fitzsimons.
Sie sind ein glücklich verheiratetes Paar. Ein Sohn Laurence krönt ihr Glück. Der Junge neigt leider zur Fettsucht und ist wenig anziehend für Mädchen seines Alters.

Die Familie lebt in einem geerbten Familienhaus in Irland. Sie sind begütert, denn Andrew ist ein angesehener Richter. Lydia ist allerdings recht labil. Sie ist versessen darauf, viele weitere Kinder zu haben und macht damit ihrem Mann und Sohn das Leben schwer. Der Junge kann sich kaum den Fängen ihrer Liebe entziehen, was wohl seine Fettsucht mit verursacht.

Mit großartigem psychologischem Gespür für das Absurde im menschlichen Handeln nimmt uns die Autorin mit auf die Suche nach den Hintergründen, die zum Mord an einer jungen Frau geführt haben.

Feinsinnig und mit ausgefallenen Tricks entziehen sich die Mörder ihren Verfolgern.

Annie ist das Mordopfer. Ihre Schwester Karen wird Model, ist bildschön und will die Mörder ihrer Schwester finden.

Laurence findet endlich eine Freundin, zu deren Gefolge Karen gehört. Man wird unschwer merken, dass Laurence hoffnungslos in Karen verliebt ist. In dem verwickelten Geschehen geraten die Beziehungen der Protagonisten untereinander allmählich aus den Fugen.
Mehr soll hier nicht verraten werden.

Verlierer sind in diesem Roman die Männer, während Lydia sich als pathologische Intrigantin und Ränkeschmiedin zeigt.

In einer langen und faszinierenden Handlung wird Stein um Stein in den Weg und wieder aus dem Weg geräumt, bis man zum wirklich schauerlichen Schluss gelangt. Spannung pur in diesem außergewöhnlichen Thriller!

Die Autorin Liz Nugent stammt aus Dublin. Sie ist mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Ihre Romane erscheinen in fünfzehn Sprachen. Auf dem Klappentext wird sie euphorisch als „neue Königin des irischen Krimis“ gefeiert.

Liz Nugent
Auf der Lauer liegen
Steidl Verlag, August 2022
368 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3969991080
ISBN-13: 978-3969991084
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Joseph Roth: Hiob

Joseph Roth: Hiob

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Es gilt in dem vorliegenden Roman von Joseph Roth einen der großartigsten Schriftsteller der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts aus dem jüdischen Milieu Ostgaliziens neu zu entdecken oder wiederzuentdecken.

Der LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag hat den Roman neu aufgelegt und damit in den Blick des geneigten Lesepublikums gerückt.

Hiob, die biblische Leidensfigur des Alten Testamentes, findet sich in der Figur des Mendel Singer im Roman wieder. Er ist jüdisch-orthodoxer Thoralehrer in einem fiktiven Dorf in Ostgalizien.

Man fühlt sich sofort in die ärmliche Schule mit dem frommen Rabbi versetzt, wenn man die ersten Zeilen liest. Mendels Frau und seine drei Söhne mit der Tochter Miriam gehören als Familie dazu.
Das Leben ist karg und die Lebensbedingungen hart.
Der jüngste Sohn Menuchim ist zudem ein Krüppel, der nicht recht gedeihen will.

Mendel Singer muss viel Leid erfahren in seinem Leben. Ein Sohn geht zum Militär, der andere entzieht sich und wandert aus nach Amerika. Miriam aber lässt sich mit den Soldaten ein und bringt Schande über ihn.

Schließlich wird Mendel mit Frau und Tochter von seinem Sohn Schemarjah, der sich jetzt Sam nennt, für ein besseres Leben nach Amerika geholt. Menuchim müssen sie zurücklassen.

Der erste Teil des Romans ist ganz der Atmosphäre im Schtetl gewidmet. Nachbarn, Freunde und die kleinen Freuden des Alltags sind bildreich beschrieben. Man hört viel Wehklagen und Seufzen aus dem Werk. Deborah führt den Haushalt, und Mendel beklagt sein Schicksal, das ihm in Gestalt seiner vier Kinder so viel Kummer verursacht.

Im zweiten Teil folgt der große Aufbruch nach Amerika!

Amerika ist so ganz anders als das bisherige Leben der beiden Alten! Sie können sich an die neue Umgebung und das aufstrebende Land mit seinem hektischen Gebaren nur schwer gewöhnen. Als Deborah vor Gram stirbt, und Miriam einen psychischen Zusammenbruch erleidet, bleibt Mendel alleine im Hause seines Sohnes Sam zurück. Sehnsucht und Schuldgefühle gegenüber dem Sohn Menuchim bedrücken sein Gemüt. Er wird schließlich im Angesicht des vielen Unglücks von Glaubenszweifeln geplagt, auch darin dem biblischen Hiob gleich.

In großen Zügen ist das die Geschichte. Nur andeutungsweise wiedergeben kann man die wunderbaren Worte, die fast an biblische Texte erinnern, mit denen Joseph Roth seine Erzählung aufzeichnet. Es ist eine archaische Sprache, in der von Impressionen die Rede ist, die das Seelenleben verdüstern. In eindrucksvollen Satzgebilden werden Stimmungen, Geräusche und Gerüche nachvollziehbar. Die seelischen Erschütterungen und Überraschungen sind so anrührend, dass man unwillkürlich mitfühlt.

Der Erzählstil bleibt vielseitig, einfach und prägnant; alleine die Figuren und hier besonders Mendel in seiner ganzen menschlichen Hilflosigkeit, dem Schicksal ausgeliefert, geben das Geschehen wieder.

Zum Ende hin ereignet sich ein unglaubliches Wunder!

Der letzte Satz des Erzählers versinnbildlicht die Art der Darstellung sehr genau: „Mendel schlief ein. Und er ruhte aus von der Schwere des Glücks und der Größe der Wunder“.
Dem ist nichts hinzuzufügen.

Joseph Roth starb 1939 mit 44 Jahren in Paris auf der Flucht vor den Nazis vermutlich an Alkoholsucht.

Joseph Roth
Hiob
LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag, April 2022
120 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3965425714
ISBN-13: 978-3965425712
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Andreas Schäfer: Die Schuhe meines Vaters

Andreas Schäfer: Die Schuhe meines Vaters

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In dieser autobiographischen Aufzeichnung nimmt uns Andreas Schäfer mit in die Vergangenheit seines Vaters, der ihm fern und nah zugleich war.

Die Eltern leben seit dreißig Jahren schon getrennt, als beim Vater eine frühere Krebserkrankung in Form eines Hirntumors zurückkehrt. Noch kurz zuvor hat er den Sohn in Berlin bei dessen Familie besucht, wo er seinen besonderen Lebensgewohnheiten nachging: ein Frühstück im Café Einstein und die morgendlichen Laufrunden gehörten dazu. In Erinnerung blieb ihm auch, dass der Vater eine Madeleine mitbrachte. Unvergesslich ist der Begriff der Madeleine mit Prousts Werk „Im Schatten junger Mädchenblüte“ verbunden als Ausdruck stiller Sehnsüchte auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Aber das assoziiert der Sohn, sein Vater hatte das Buch wohl nie gelesen.
Der Autor beschreibt seine Beobachtungen mit liebevollen Worten.

Zurück in Frankfurt/M geht der Vater zu einer Biopsie ins Krankenhaus. Aus der Narkose wacht er nicht mehr auf. Der Sohn wird gebeten, zu kommen und dem Abstellen der Geräte zuzustimmen, da der Vater nach einer Hirnblutung nicht mehr lebensfähig sei.
Die Mutter kommt dazu, und sie sehen sich mit einer schweren Aufgabe konfrontiert.

Im Zusammenhang mit diesen Ereignissen erinnert sich der Sohn an zahlreiche Einzelheiten aus dem Leben seiner Eltern und seines Vaters. In fein gewählten Worten, liebevoll und poetisch, ersteht das Bild einer Familie, die es nicht immer leicht miteinander hatte. Der Vater konnte ungeahnte Wutausbrüche haben, die den Sohn erschütterten und in bleibender Erinnerung blieben.

Die Familie des Vaters, Schäfers Großeltern, waren strenge, pflichtbewusste Menschen, die den Sohn verstießen, als er eine Griechin heiratete. Der Vater schien ein Getriebener, der immer wieder aus häuslichen Zwängen floh. Die Ehe und seine Söhne verließ er auch.
Er hatte den Zweiten Weltkrieg und Nachkriegszeit miterlebt. Da gab es ein Tante Mariechen auf dem Land, wohin der Junge geschickt wurde, um den Kriegswirren im zerbombten Berlin zu entkommen. Zuerst widerwillig zum Ende hin aber sehr gerne war er dort gewesen.

Andras Schäfer lässt auch die Kriegserinnerungen seiner griechischen Mutter nicht unerwähnt.

Für ihn gleichen seine Rückblicke einer eigenen Reise in die Vergangenheit. Seine Worte über den Vater sind voll innerer Wärme und fast Zärtlichkeit, obwohl das Verhältnis zum ihm nicht ungetrübt war.

Wie Andreas Schäfer die Geschichte seiner Eltern und seine eigene wie Mosaiksteinchen zusammenführt, das zeugt von Empathie und genauer Beobachtung seines Umfelds. Der Autor ist von stiller Neugier, die von der bevorstehenden endgültigen Trennung dieses so schwierigen Vaters gespeist wird. Ganz besonders anrührend ist die Szene seiner Todesstunde.

Und findet der Sohn nicht sogar bei sich Eigenschaften, die er unbewusst vom Vater übernommen hat?

Die Mutter lebt wieder in Griechenland, wohin es Andres Schäfer ebenfalls zieht. Hier in der Stille einsamer Wanderungen und Erkundungen der Natur kann er sich ganz seinen Gedanken überlassen.
Nachdenklich, einfühlsam und voller realitätsnaher Bilder sind seine Schilderungen.

Was für eine schöne, poetische und von weisen Erkenntnissen geprägte beglückende Erzählung!
Man kann das Buch uneingeschränkt empfehlen.

Andras Schäfer
Die Schuhe meines Vaters
192 Seiten, gebunden
DuMont Buchverlag, Juli 2022
ISBN-10: 3832181962
ISBN-13: 978-3832181963
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