Megan Abbott: Das Ende der Unschuld

Megan Abbott: Das Ende der Unschuld

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Zwei Freundinnen und ein Unfall mit bitteren Folgen.

Lizzie und Evie sind zwei dreizehnjährige Mädchen, die Spaß am Leben haben und alle Freuden und Leiden mit einander teilen.

Doch eines Tages nach Schulschluss schaut Lizzie nach Evie, die jedoch plötzlich verschwunden ist.

Eine dramatische Suche beginnt, die zunächst jedoch viele Fragen aufwirft. Lizzie meint einen rotbraunen Wagen mehrfach gesehen zu haben, der Mr. Harold Shaw, einem Familienvater aus der Nachbarschaft, gehört. Hat der Mann Evie etwa entführt?

Lizzie ist eine Hauptperson bei der Suche nach einem möglichen Entführer. Ihr fallen alle die lustigen Dinge ein, die sie mit Evie verbunden hat: Scherze, Geheimnisse und die Beobachtung von Nachbarn und Freundinnen bei diversen Unternehmungen, unter ihnen auch Evies Schwester Dusty. Doch plötzlich ist die Welt stehen geblieben und zeigt sich verändert. Mit Schrecken suchen die Angehörigen und Polizeikräfte nach der verschwundenen Evie.

Megan Abbott hat einen spannenden Krimi geschrieben. In ihm geht es um erste Liebeserfahrungen und um die Verirrungen, mit denen die Phantasie den jungen Mädchen Streiche spielt. Aus Spaß wird Ernst und Lizzie merkt, dass sie gar nicht soviel von ihrer Freundin wusste, wie sie glaubte. Sie fühlt sich ihrerseits unwiderstehlich von Mr. Verver angezogen, dem Vater des verschwundenen Mädchens.

Erotische Spannung baut sich auf, und bei der Suche nach der verlorenen Freundin begegnet Lizzie so mancher Eigenart im Wesen von Nachbarn und Geschwistern, die sie bisher übersehen hatte.

Das Hockeyspiel ist das entspannende Bindeglied zwischen den einzelnen Handelssträngen.

Subtil erdacht und mit zahlreichen Facetten ausgestattet entwickelt die Autorin bunte Mosaiksteine, mit denen der Übergang von der Kindheit zum Heranwachsenden für die notwendigen psychologischen Details sorgt.

Der Krimi bietet ein unterhaltsames Lesevergnügen, das sich auch für Jugendliche eignet.

Megan Abbott stammt aus Detroit. Sie wurde mit hohen Buchpreisen ausgezeichnet, und der vorliegende Roman ist als erster ins Deutsche übersetzt worden.

Megan Abbott
Das Ende der Unschuld
290 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch, Februar 2012
ISBN-10: 3462043900
ISBN-13: 978-3462043907
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Alex Capus: Léon und Louise

Alex Capus: Léon und Louise

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Dieser Roman ist ein sehr sinnlicher und gefühlvoller Roman, der Lust auf Lesen macht. Grund hierfür sind der Erzählstil und die anrührende Geschichte.

Den obersten Rahmen bildet die Beerdigung des Großvaters. Sie wird beobachtet und erzählt von seiner Enkelin. Während sie über Opa und sein Leben nachdenkt, über die Geschichten, die sich in der Familie über ihn erzählt wurden, schmückt sie sich das Leben ihres Großvaters aus und erzählt es aus ihrer ganz persönlichen Sichtweise.

Sie erzählt, wie ihr Großvater (Léon) sich vor der Front im Ersten Weltkrieg drückte, wie er seine erste Liebe (Louise) kennenlernte, wie er mit seiner Frau lebte und mit ihr Kinder bekam. Sie erzählt vom Leben Léons als Beamter in Paris. Die Bilder der Okkupation Frankreichs durch das Deutsche Reich werden lebhaft und detailgenau dem Leser nahe gebracht. Obwohl Léon seine Louise bereits im Ersten Weltkrieg verloren hat und tot glaubt, hört er nie auf, sie zu lieben. Zehn Jahre später begegnen sie sich in Paris, verbringen eine Nacht miteinander. Bis zum nächsten Kontakt werden erneut Jahre vergehen. Die deutsche Besetzung hat die Pariser verändert. Dies wird an der Ehefrau Léons deutlich erkennbar.

Obwohl mir das Buch ausnehmend gut gefallen hat, habe ich mich über kleine Überlängen geärgert. Längen, in denen Passagen und Geschichten erzählt werden, die nicht das Niveau anderer Episoden erreichen. Denn unverkennbar wollte Capus nicht die Geschichte des Liebespaares erzählen, sondern das Leben in Frankreich zu beiden Zeiten der Weltkriege. Es sollte die Geschichte des zurückhaltenden, kleinen Widerstandskämpfers erzählt werden. Um die Episoden aus dem Leben Léons nicht losgelöst erscheinen zu lassen, wurde eine gefühlvolle Liebesgeschichte als roter Faden geschmiedet, der eine spannende, solide Grundlage bildet, auf die sowohl Autor als auch Leser immer wieder Erdung bekommen.

Die ruhige Erzählweise als auch die knappen Dialoge schaffen es, beim Lesen eine Stimmung hervorzurufen, die einen Zuschauer beim Betrachten eines gefühlvollen französischen Spielfilms beschleicht. Obwohl man bedauern kann, dass es in dem Buch nur um Léon und nicht um Louise geht, ist der Roman dennoch von vorne bis hinten spannungsvoll und macht Spaß.

Capus, Alex
Léon und Louise
Hanser Verlag, München
320 Seiten, gebunden
ISBN-10: 3446236309
ISBN-13: 978-3446236301
© Detlef Knut, Düsseldorf 2012
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Heike Eva Schmidt: Schlehenherz

Heike Eva Schmidt: Schlehenherz

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Zur Schulparty am Abend wollten die beiden Freundinnen zusammen gehen. Doch Lila wartet vergeblich auf Vio. Sie geht auch nicht an ihr Handy. Dann kommt Vio doch noch. Sie hatte Ärger mit ihrer Mutter und nun eigentlich Hausarrest. Es kommt zum Streit zwischen den beiden, weil Vio dennoch auf die Party möchte. Vios Plan, um doch noch an der Party teilnehmen zu können, will Lila allerdings nicht stützen. Vio stürmt davon und Lila geht allein zur Party. Vio riskiert den Ärger mit ihrer Mutter und taucht später auch noch auf. Sie amüsiert sich mit Till, einem Jungen von dem sie weiß, dass Lila ihn mag. Vielleicht ist das ihre Art, sich an Lila zu rächen.

Am nächsten Tag wartet Lila auf ein Zeichen von Vio und natürlich auf eine Entschuldigung. Als ihre Mutter dann in ihr Zimmer kommt, um ihr zu sagen, dass Vios Mutter angerufen hat, weil Vio nicht nach Hause gekommen ist, ist sie entsetzt. Hat Vio bei Till übernachtet? Der Gedanke bricht ihr fast das Herz. Und doch ist da auch irgendwo die Ahnung, dass Vio etwas passiert ist. Lila soll rechtbehalten. Ihre Freundin wird tot aufgefunden unter einem Schlehenbaum. Lila versinkt in ihrer Trauer. Und doch will sie auch alles daransetzen herauszufinden, wer ihre Vio ermordet hat.

Die Geschichte erzählt von den Freundinnen Lila und Vio, die ein Streit auseinanderbringt. Nichts kann wieder gut gemacht werden, denn bevor es zu einer Versöhnung kommen kann, wird Vio ermordet. Von dieser Tragik wird die Geschichte getragen. Lila wird von einer ungeheuren Trauer gepackt, die in ihrer Intensität auch auf den Leser übertragen wird. Gefühle überschatten die Handlung für eine lange Zeit. Bis dann der Thriller zum Tragen kommt. Denn Lila bemüht sich auch um die Aufklärung des Mordes an ihrer Freundin, da die Polizei nach ihrer Meinung nicht genug tut.

Es ist ein gefährliches Spiel, denn es zeichnet sich ab, dass sie möglicherweise einen Serientäter sucht. Sie vermutet ihn direkt im Umfeld, versucht ihn über SchülerVZ ausfindig zu machen. Denn hier war auch ihre Freundin oft online. Ihr Misstrauen jedem gegenüber, führt zu sehr aufregenden Momenten. Bald liegen die Nerven blank. Ein unglaubliches Tempo kommt in die Geschichte, das dann auch bis zum äußerst spannenden Ende gehalten wird.

Rezensionen von Heike Rau

Heike Eva Schmidt
Schlehenherz
Thriller
238 Seiten, Klappenbroschur
Verlag Carl Ueberreuter, Wien
ISBN-10: 3800056704
ISBN-13: 978-3800056705
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Helen FitzGerald: Tod sei Dank

Helen FitzGerald: Tod sei Dank

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Geschichten aus dem Gruselkabinett von Mördern, Drogendealern und anderen Straftätern.

Helen Fitzgerald besitzt die seltene Gabe, eine zunächst alltägliche Geschichte in eine makabere Handlung zu verwandeln.

In ihrem neuen Roman geht es um eine kaputte Familie, in der sich wahre Dramen um die sechzehnjährigen Zwillinge der Familie abspielen.

Will Marion ist von seiner Frau Cynthia mit den Zwillingen Georgie und Kay sitzen gelassen worden, als diese drei Jahre alt waren. Er kümmert sich rührend um die Erziehung der beiden Mädchen. Kay ist die liebe, fröhliche und leicht zu begeisternde Jüngere der beiden. Georgie hingegen ist cholerisch, unzufrieden und anspruchvoll. Der Umgang mit ihr kann gelegentlich zur Tortur werden. Als sie sechzehn Jahre alt sind, wird bei beiden eine schwere Nierenkrankheit diagnostiziert. Will stürzt das in große Nöte. Woher sollen die Nieren für eine erforderliche Transplantation kommen?

Mit diesem Aufhänger beginnt Helen FitzGerald ihren Thriller, der eine Familie im Unterschichtmilieu zeigt. Cynthia ist drogenabhängig und hat sich mit ihrem Pflegebruder aus dem Staub gemacht, der allerdings inzwischen im Knast sitzt.

Will kommt zu dem Ergebnis, dass nur die Transplantation einer Niere von ihm selbst und eine von seiner Frau Cynthia zur Rettung für seine Töchter beitragen könnte.

Mit der Suche nach ihr, die inzwischen ohne Adresse verschollen ist, erfährt man, in welchem Dunstkreis sie sich die Jahre über bewegt hat. Sie treibt sich durch die Welt ohne Sinn und ohne Halt. Will aber wendet seine ganze Energie auf und scheut keine Mühe, die Töchter auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden und bei ihren Krankheiten zu begleiten.

Die Mutter wird schließlich aufgefunden ist aber gesundheitlich und psychisch zerrüttet von ihrem über lange Jahre praktizierten Drogenmissbrauch.

Dem Milieu gemäß beschreibt Helen FitzGerald den Verfall und die Mühen eines Mannes, der seiner Ex-Frau schwach und unmännlich erschienen ist. In der Treue zu seinen Kindern zeigt er sich jedoch beständig und zuverlässig. Selbst der schwierigen Georgie hält er immer die Treue und sorgt sich um sie. Als sich am Ende herausstellt, dass die Nieren der Mutter nach langjährigem Drogenkonsum untauglich für eine Transplantation sind, steht der Vater vor der Kalamität, welchem der beiden Mädchen er nun eine seiner Nieren vermachen soll. Nicht genug damit kommt jetzt, wie bei Helen FitzGerald üblich, erst die richtige Spannung auf. Verwirrende Erkenntnisse, Mord und Totschlag berühren die Sphären der Abartigkeit, wie nur diese Autorin sie erfinden kann. Man kommt zu einem Ende, das unschuldige Seelen zufrieden stellen wird; unausgesprochene Gerechtigkeit waltet überall und bietet den letzten Kick zur Unterhaltung mit diesem spannenden Thriller.

Helen FitzGerald war vor ihrer Schriftstellerinnenkarriere als Sozialabeiterin im Strafvollzug tätig. Ihre Geschichten lassen den Hauch von Realität spüren, der sie zu echten Gruselschockern macht.

Helen FitzGerald
Tod sei Dank
263 Seiten, gebunden
Galiani, Berlin; Februar 2012
ISBN-10: 3869710500
ISBN-13: 978-3869710501
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David Servan Schreiber: Man sagt sich mehr als einmal Lebewohl

David Servan Schreiber: Man sagt sich mehr als einmal Lebewohl

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David Servan Schreiber hat den Kampf gegen den Krebs verloren. Er starb am 24. Juli 2011 im Alter von einundfünfzig Jahren.

Bekannt ist der Autor bei seinen Lesern durch seine Bücher „Das Antikrebs-Buch“ und „Die neue Medizin der Emotionen“ geworden.
Mit seinem Buch „Man sagt sich mehr als einmal Lebewohl“ nimmt er Abschied.

Neunzehn Jahre sind seit der ersten Diagnose vergangen. Jahre, die der Neurowissenschaftler auch der Krebsforschung gewidmet hat. Die zusammengetragenen Erkenntnisse haben sicher vielen Menschen geholfen. Ihm selbst natürlich auch und trotzdem ist der Krebs zurückgekommen. Wieder hat er den Kampf aufgenommen. Diesmal vergeblich.

Es wird Zeit, sich noch einmal an die Leser zu wenden, die auch diesen letzten Weg mit ihm im Rückblick gehen wollen. Es ist ein sehr persönliches Buch geworden, das aber nicht allein von Trauer getragen wird. David Servan Schreiber lässt den Leser an seiner inneren Kraft und Stärke teilhalben. Das ist etwas sehr Wertvolles.

Der Autor geht in seinem Buch noch einmal der Frage nach, inwieweit sein Antikrebs-Buch nun noch Berechtigung hat. Er gesteht ein, Fehler gemacht zu haben, was seine Art zu leben betrifft, auch wenn seine Bilanz insgesamt eine positive ist. Die Ratschläge im Buch erachtet er immer noch als richtig, auch wenn deren Wichtigkeit er nun in eine andere Reihenfolge bringen würde.

David Servan Schreiber wusste, dass er sterben wird. Die Krankheit schritt unerbittlich fort. Seine Gedanken dazu schrieb er auf. Damit hat er Fragen beantwortet, die uns wohl allen im Herzen brennen. Der Text ist sehr ergreifend, aber er tröstet auch, nimmt ein wenig die Angst. Und er zeigt Angehörigen, was sie tun können, wie wichtig Freundschaft, Anteilnahme und vor allem auch der Zusammenhalt der Familie sind, damit es ein Abschied in Würde wird.

Rezension von Heike Rau

David Servan Schreiber
Man sagt sich mehr als einmal Lebewohl
Aus dem Französischen von Ursel Schäfer
152 Seiten, gebunden
Verlag Antje Kunstmann
ISBN-10: 3888977517
ISBN-13: 978-3888977510
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Klaus-Peter Wolf: Todesbrut

Klaus-Peter Wolf: Todesbrut

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Ein Bekannter empfahl mir, „Todesbrut“ zu lesen. Dieser Thriller von Klaus-Peter Wolf sei wunderbar filmisch geschrieben und trotz der Figurenmenge und Seitenfülle gut „runterzuschmökern“. Und obwohl ich die Euphorie meines Bekannten nicht ganz teile, muss ich ihm im Großen und Ganzen recht geben.

„Todesbrut“ erzählt auf 480 Seiten, was mit Menschen passiert, wenn sie in eine Ausnahmesituation geraten. In diesem Fall entsteht jene Situation durch den Ausbruch einer von der Vogelgrippe abstammenden Seuche. Die betreffenden Grippeviren sind durch die Luft übertragbar und lösen eine rasch zum Tod führende Erkrankung aus. Klaus-Peter Wolf erwähnt, dass die Epidemie in den USA und vielen Teilen Deutschlands grassiert und dass sie auch anderswo ausgebrochen ist, aber das Buch konzentriert sich ganz auf wenige Spielorte in Ostfriesland.

Einer der Spielorte ist eine Fähre. Sie hat von Emden abgelegt und befindet sich bereits kurz vor dem Ziel Borkum, als über Radio bekannt gegeben wird, dass sich die bisherigen Grippefälle als tödliche Vogelgrippe herausgestellt haben. Die Menschen auf Borkum – Bewohner und Touristen – hindern daraufhin die Fähre am Anlegen, um den Virus „draußen“ zu halten. Dummerweise kann die Fähre aber auch nicht zurück, denn Emden ist inzwischen unter Quarantäne gestellt und abgeriegelt worden.

Ausgehend von einigen Figuren an Bord und aus der Menge, die das Anlegen der Fähre verhindert haben, führt Wolf den Leser nach Borkum und nach Emden, wo weitere Figuren auftauchen. Ein weiterer zentraler Spielort ist eine große, gut abgeschottete Hühnerfarm, die Figuren dort sind der Besitzer, dessen Sohn und später hinzukommenden Personen.

Und hier wird es nun schwer: Wolf lässt so viel Figuren auftreten, dass es Wahnsinn wäre, auch nur die wichtigsten der jeweils wichtigsten Erzählstränge aufzuzählen. An Bord beispielweise gibt es nicht nur die kaputte Familie Rose und Benjamin, der eigentlich zu seiner geliebten Chris nach Borkum wollte, es gibt auch meuternde Fahrgäste, die zahlenmäßig unterlegene Schiffscrew und etliche weitere Passagiere, die ihren eigenen Weg suchen. Auf Borkum gibt es neben Chris als eine Rote-Faden-Figur zum Beispiel zwei Polizisten, deren sehr unterschiedlicher Weg verfolgt wird. Im Emden wird ab und zu ins Krankenhaus zu Dr. Maiwald, dem selbst erkrankten Seuchenexperten, geblickt. In Emden begleitet Wolf auch Bettina, eine junge Sängerin, die eigentlich nur bei einem Piratenfest für Kinder auftreten sollte. In der Hühnerfarm schwelt der Konflikt zwischen Vater Jansen und seinem Sohn, dem Tierschützer Tim, zu denen sich Tierschützerin Josy gesellt und die sich allesamt bald einer Meute brandschatzender und um sich schießender Leute gegenübersieht, die Panik vor der Geflügelansammlung haben. Dass Jansen weniger Brathähnchen als vielmehr Eier produziert, die von der Pharmaindustrie zum Herstellen von Impfstoffen gebraucht werden, kann er niemandem so richtig mitteilen. Ob es das Desaster verhindert hätte, wäre ohnehin fraglich gewesen.

Was – abgesehen von der Figurenfülle – dieses Buch anders als andere macht, ist die sachliche Brutalität des Geschilderten. Gleich am Anfang wird ein Mann, der ins Wasser fällt, zwischen Fähre und Kaimauer zerquetscht. Menschen beschimpfen sich, schlagen sich, verletzen sich. Schießen aufeinander. Töten sich. Und immer wieder sterben Menschen. Jeder ist sich selbst der Nächste. Oder auch nicht, je nach Charakter. Wolf schreibt all das so runter, führt eher eine Chronik als das er wirklich versucht, nachempfindbar zu erzählen.

Auch die Charaktere handhabt Wolf anders als andere Thriller-Autoren. Es scheint fast so, als ob jede einzelne Figur, die auch nur ansatzweise aus der Masse heraustritt, mit ihrem Namen auch unbedingt eine Biografie und ganz eigene Probleme bekommen hätte. Selbst dann, wenn sie nur ein, zwei Szenen lang mitspielt und am Ende stirbt. Da ist zum Beispiel ein altes Ehepaar auf der Fähre, über die Wolf nicht nur eine kurze Skizze der anscheinenden Beziehung zeichnet, nein er muss diesen Schein auch noch aufbrechen und den beiden jeweils einen „aus dem Versteck aufbrausenden“ Charakter zuschreiben. Dabei nehmen die beiden nur eine Statistenrolle für eine andere Figur ein, die wiederum auch eher Rand- als wichtige Figur ist.

An sich ist das gut und schön; dieses „den wahren Menschen in den Figuren hervorholen“ ist Sinn von Literatur und zwingt sich bei so einem Stoff geradezu auf. Aber Wolf tut das bei jedem und jeder. Die Beweggründe und seelischen Tiefen quasi jeder einzelnen Figur werden genannt. Sicher: In so einer Lage haben alle Menschen ihre ganz eigenen Ängste. Jeder hat seine eigenen Verstrickungen, in denen er gefangen ist und bleibt oder nicht bleibt. Aber Literatur ist eben keine Abschrift des wahren Lebens, sondern eine Verarbeitung des selben, ein selektiver Spiegel. Es ist – gelinde gesagt – nervig, wenn man fast jede mitspielende Nase als quasi gebrochenen (oder doch zu mindest ziemlich belasteten) Charakter vorgeführt bekommt. Dadurch wird jede einzelne Figur so aufmerksamkeitsfordernd, so „schwer“, dass man sich abgewöhnt, sich wirklich darauf einzulassen. Es überfordert einfach.

Dazu kommt, dass Klaus-Peter Wolf, laut SWF „einer der besten Drehbuchautoren deutscher Sprache“, extrem filmisch schreibt. Als Drehbuchautor zeichnet er dabei weniger an Kulisse und Stimmung, sondern konzentriert sich auf die Figuren und die Handlung. Das gibt dem Ganzen Tempo. Nur: Wolf schneidet auch noch kurze, zum Teil sogar extrem kurze Szenen, die ohne lange Umschweife in die Handlung reinbrechen und wieder rausbrechen. Ein strukturierender Spannungsbogen ergibt sich zwar in der Summe gesehen über das ganze Buch bzw. über die Handlungen an den verschiedenen Spielorten hinweg, aber kaum innerhalb der Szenen.

Der Effekt auf mich war folgender: Wolf warf mich mitten in eine Figur und zwar ganz tief rein (man bekommt sehr persönliche Dinge gezeigt). Dann warf er mich genauso tief in eine andere Figur. Und zwei, drei Absätze später in eine weitere Figur und so weiter und so weiter. Gerade, wenn ich ein Gefühl für eine Figur zu entwickeln begann, kam die nächste, ebenso fordernd. Mit der Zeit lernt man zwar die wiederkehrenden Personen kennen, aber eine Verbindung entsteht nicht. Ganz ähnlich funktioniert das auch mit den Szenen: Gerade hat man sich in die spezielle Stimmung versetzt und sich die Kulisse wieder vor Augen geführt (für beides bietet Wolf ja ohnehin nicht viel Futter), wird man schon wieder in die nächste Szene mit anderer Stimmung und Kulisse geworfen.

Das erzeugt zweifellos einen erhebliche Drive, macht das Lesen aber zur Schwerstarbeit. Weil der Text mich nicht im Buch hielt (fehlende Verbindung!), ich musste mich selbst immer wieder in das Buch hineinzwingen. Es interessierte mich einfach nicht. Weder interessierten mich die Figuren, die sich zu schnell an mir vorbeibewegten, als dass ich herzliches Interesse an ihnen hätte entwickeln können, noch erzeugte die Handlung Neugier, weil der Spannungsbogen einfach nicht ausreichte. Meist zumindest; nur im Hühnerfarm-Teil war ich öfter mal „in der Story“. Sogar das Ende interessierte mich nur mäßig, vielleicht, weil ich durch all die unspektakulären Lösungen (deren Hollywood-Ferne sicher etwas für sich hat) inneren Spannungsbögen nicht wirklich etwas Tolles erwartet habe.

Nun räume ich ein, dass jemand, der beruflich anders beansprucht wird als ich (Konzentration auf Text), vielleicht die hohe Plotdichte und die harte, ganz unsentimentale Sprache nicht als (zusätzliche) Belastung empfindet, und jemand, der das Buch zeitbedingt auf einen Rutsch (oder zwei) lesen kann, alle Figuren irgendwie solange im Kopf behalten kann, bis sie auch eine gefühlsmäßige Resonanz erzeugen. Ich räume ein, dass Sprache und Konstruktion nicht schlecht sind, dass Wolf insbesondere die dramatischen Seiten in und zwischen Menschen sehr (in dieser Menge fast zu) eindrücklich darzustellen versteht. Ich räume also ein, dass man das Buch lesen kann und wohl auch durchaus mit Vergnügen. Ich für meinen Teil bin froh, dass ich durch bin und das Buch meinen Bekannten zurückgeben kann.

Klaus-Peter Wolf
Todesbrut
479 Seiten, Klappenbroschur
script5 im Loewe Verlag, September 2010
ISBN-10:383900117X
ISBN-13:978-3839001172
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Banana Yoshimoto: Ihre Nacht

Banana Yoshimoto: Ihre Nacht

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Eine Annäherung: geheimnisvoll und nachhaltig…

Die Tochter und der Sohn von Müttern, die Zwillinge waren, treffen sich nach Jahren der Entfremdung wieder.
Niemand weiß so genau, warum die Mütter sich schon in der Jugend ihrer beiden Kinder mit einem unwiederbringlichen Bruch getrennt hatten.
Waren es berufliche oder private Gründe? Jetzt sind die Mütter tot und eine langsame Annäherung von Cousin und Cousine soll Klarheit über all‘ das Vergangene bringen.

Shôichi sucht seine Cousine Yumiko, und als er sie in Tokio gefunden hat, verbringen sie eine lange Nacht und einen Tag zusammen.
Sie folgen in Gedanken ihrer letzten Begegnung in ihrer Kindheit und dem, was danach kam, denn diese Suche verbirgt eine Menge unerklärlicher Geheimnisse. Die kürzlich verstorbene Mutter von Shôichi hat ihren Sohn beauftragt, sich um die verschollene Cousine zu kümmern.

Das Geheimnis, mit dem die Abkömmlinge der ungleichen Zwillinge gelebt haben, bestand in einer Reihe okkulter aber daneben auch handfester materieller Vorkommnisse, die beide Familien schon in frühen Kinderjahren auseinander gerissen hat.

Yumiko verbringt ihre Tage ohne rechtes Lebensziel. Sie arbeitet nicht, hat keine Freunde und erinnert sich nur gelegentlich an ihr Leben in Italien, wo es ihr in der Nähe eines Freundes und in der herrlichen Natur mit den wunderschönen Blumen und Olivenbäumen so gut gefallen hat. Welcher Fluch hat ihre Vergangenheit aus ihrer Erinnerung gelöscht?

Shôichi ist ein lieber, anständiger und freundlicher Cousin, mit dem sie sich auf die Suche macht, um herauszufinden, was es mit dem Leben ihrer Eltern und dem der Großmutter auf sich hatte.
Andeutungen über irrsinnige Erlebnisse lassen den Leser erschaudern; wie konnte Yumiko nur froh werden mit den okkulten Praktiken einer Mutter, die sich selber und anderen mit ihren Séancen offensichtlich Schaden zugefügt hat?

In ihrer blumigen Sprache ist sich die Autorin mit ihren Protagonisten einig: da gab es Geheimnisse, die man besser dem Vergessen überlässt.
Schnell und sanft lesen sich diese Zeilen einer Geschichte, die neben dem ausgezeichneten Sprachklang einen grausamen Plot beherbergt.

War am Ende alles nur ein Traum?

Der Leser und die Leserin mögen sich überraschen lassen!
Wer sich für geheimnisvolle Vorgänge mit okkulten Färbungen interessiert, der wird auf seine Kosten kommen.

Banana Yoshimoto
Ihre Nacht
208 Seiten, gebunden
Diogenes, Februar 2012
ISBN-10: 3257068166
ISBN-13: 978-3257068160
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Marcus Sedgwick: Weiße Krähe

Marcus Sedgwick: Weiße Krähe

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Das Mädchen, das neu in die Stadt gekommen ist, interessiert Ferelith. Gleich bei ihrer ersten Begegnung an den Klippen erschreckt Ferelith Rebecca jedoch so sehr, dass diese ohnmächtig wird. Ihre erste Unterhaltung verläuft dann auch recht holprig. Ferelith bietet Rebecca ihre Freundschaft an, erntet aber Ablehnung. Dennoch finden die beiden später zueinander und werden Freunde. Rebecca wäre sonst allein. Winterfold ist nämlich ein Zufluchtsort, nachdem ihr Vater die Folgen einer beruflichen Fehlentscheidung zu tragen hat. Vater und Tochter kommen nicht gut miteinander klar. Um sich die Zeit zu vertreiben, trifft Rebecca sich also doch mit Ferelith, auch wenn diese sehr befremdlich und undurchschaubar auf sie wirkt. Ihr Hang, oft über den Tod zu sprechen, macht es nicht besser.

Durch Ferelith lernt Rebecca Winterfold kennen. Eine Stadt, die dem Untergang geweiht ist durch die immer weiter voranschreitenden Abbrüche an der Steilküste. Eines Tages wird der Ort nur noch von Legenden leben. So wird auch sicher die unheimliche Geschichte vom alten Herrenhaus bleiben, die Ferelith ihrer Freundin nicht vorenthält.
Gemeinsam bestehen die beiden einige Mutproben, bis Ferelith zu weit geht. Und doch, um wieder mit Ferelith zusammen sein zu können, akzeptiert sie die vorher abgesprochene Strafe, die im alten Herrenhaus vollzogen werden soll. Rebecca ahnt nicht, in welche gefährliche Lage sie sich begibt.

“Weiße Krähe” ist ein sehr beeindruckender Mystery -Thriller. Von Anfang an liegt eine unheimliche Stimmung über den Geschehnissen. Das mag am grusligen Ort Winterfold liegen. Aber auch an Ferelith, die sich sehr absonderlich gibt. Sie ist die Geheimnisvolle im Buch, die Unnahbare. Ihre wahren Ziele deckt der Autor erst nach und nach auf. Das führt zu einigen Überraschungen. Man glaubt, dass Ferelith böse Absichten hat, ohne das direkt an etwas festmachen zu können. Selbst Rebecca fühlt Unbehagen. Ihr Instinkt warnt sie. Aber eine andere Freundin wird sie in Winderfold nicht finden.

Der Autor führt unablässig hinein in die Geschichte. Sein Schreibstil ist einzigartig. Das Gänsehautgefühl wird immer stärker. Man spürt das Unheil kommen.

Neben der Geschichte, die in der Gegenwart spielt, gibt es noch einen zweiten Erzählstrang. Es sind alte Tagebucheinträge aus dem Jahre 1798, geschrieben vom Pfarrer des Dorfes. Diese zeugen von gespenstigen Vorgängen im Herrenhaus, von Experimenten, deren Beobachter er ist. Als Leser weiß man also, dass die Legende um das alte Haus auf wahre Begebenheiten beruht, die jetzt in die Gegenwart übertragen werden. Das alles zusammengenommen macht das Buch sehr spannend.

Thematisch dreht sich die Geschichte um die Frage, ob es ein Leben nach dem Tod gibt. Das will auch Ferelith wissen und geht dabei abenteuerliche Wege. So ist auch das Ende des Buches einfach nur unglaublich.

Rezension von Heike Rau

Marcus Sedgwick
Weiße Krähe
Aus dem Englischen von Renate Weitbrecht
Gothic Thriller
280 Seiten, Klappenbroschur
Dtv – Deutscher Taschenbuchverlag
ISBN-10: 342324884X
ISBN-13: 978-3423248846
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Pali Meller: Papierküsse

Pali Meller: Papierküsse

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Liebevolle und schmerzliche Erinnerungen…

Zahlreiche Erinnerungsbücher über die quälenden Erlebnisse im Dritten Reich sind im Laufe der Jahre seit Beendigung des zweiten Weltkriegs erschienen.

In den hier vorliegenden Briefen von Pali Meller an seine Kinder zeigt sich einmal mehr eine Erinnerungslektüre, die ungewöhnlich und zutiefst anrührend ist. Es handelt sich um Briefe, die ein jüdischer Bürger ungarischer Herkunft an seine Kinder aus dem Zuchthaus geschrieben hat.

Zur Zeit der Verhaftung im Februar 1942 wohnte Pali Meller mit seinen Kindern in Berlin. Sie waren nach dem frühen Tod der Mutter der Obhut einer Haushälterin anvertraut.

Pali Meller entstammte einer ungarischen Großbürgerfamilie mit jüdischen Wurzeln. Sein Architekturstudium führte ihn zu einer Gruppe von namhaften Bauhausarchitekten. Vorübergehend lebte und arbeitete er in Holland, wo er seine Frau, eine Tänzerin, kennen gelernt hatte. Aus der 1929 geschlossenen Ehe gingen ein Sohn und eine Tochter hervor. 1935 verlor P.M. seine Frau durch einen Autounfall. Mit ihrem Tod büßte er als Jude zugleich den Schutz seiner katholischen Mischehe ein.

Ab 1935 galt das auf dem Reichsparteitag der NSDAP erlassene Blutschutzgesetz, das Ehen und Beziehungen zwischen Juden und „Deutschblütigen“ ab sofort unter Strafe stellte. Dieses Gesetz sollte Pali Meller zum Verhängnis werden.

Zunächst konnte er noch lange mit gefälschten Papieren seine jüdische Herkunft verschleiern. Vermutlich durch Verrat geriet er in die Mühlen der Nazijustiz und wurde im Februar 1942 verhaftet und bald darauf wegen Rassenschande und Urkundenfälschung zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. Am 31. März 1943 verstarb er im Zuchthaus Brandenburg – Görden an Krankheit und Entkräftung.

Seine Briefe an den elfjährigen Sohn Pila und die siebenjährige Tochter Barbara bilden eine Art Vermächtnis und Zeugnis über das Jahr, in dem er zuletzt den schikanösen Haftbedingungen zum Opfer fiel.

Pali zeigte sich in seinen Briefen aufgeklärt und gleichberechtigt im Umgang mit seinen Kindern. Er teilt seine Gedanken mit ihnen und versucht, ihnen Hoffnung, Trost und Zuversicht zu bieten! Sein unverbrüchliches Interesse gilt ihrem Werden und Gedeihen, und immer wieder bezeugt er ihnen seine innige Liebe und Zugehörigkeit. Die Briefe der Kinder sind nicht erhalten, doch darf man aus seinen Antworten schließen, dass auch sie sich bemühten, den Kontakt zum Vater eng zu gestalten.

Zu seinem eigenen 40. Geburtstag schreibt er dem Sohn, wie schnell die Zeit vergeht, und wie kurz alles im Nachhinein erscheint. “Denn zurückblickend ist alles nur eine Sekunde, ein Bild, ein Klang, ein Wort! Also wir glauben daran: das Leben beginnt mit vierzig! Und wir werden uns das Leben schon lebenswert machen, mein Alter!“

Diese Diktion zeigt seine Fähigkeit, die Kinder gleichberechtigt in seine Gedanken mit einzubeziehen und sie ernst zu nehmen.

Wie schmerzvoll seine Erfahrungen aber auch in ihrer Dimension menschlicher Not und Verzweiflung waren, kann man ebenfalls aus den so liebevoll formulierten Briefen ablesen.

Herausgegeben wurden die Briefe mit vielen Anmerkungen, Quellenangaben, Faksimiles, Fotos und einem Nachwort versehen von Dorothea Zwirner.

Pali Meller
Papierküsse
144 Seiten, gebunden
Klett-Cotta; Auflage, Februar 2012
ISBN-10: 3608946993
ISBN-13: 978-3608946994
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Rudi Beiser: Mein Heilpflanzengarten – Gesunde Kräuter pflanzen, ernten und anwenden

Rudi Beiser: Mein Heilpflanzengarten – Gesunde Kräuter pflanzen, ernten und anwenden

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Rudi Beiser betreibt eine eigene Kräutermanufaktur. Mit dem Buch gibt er sein Wissen zum Thema weiter. Man erfährt also, wie man Heilpflanzen anbaut und zu heilenden Tees, gebrauchsfertigen Gewürzen und Pflegeprodukten für den Eigenbedarf verarbeitet.
Es geht dabei nicht nur um den Anbau im Garten. Im kleinen Rahmen lassen sich Kräuter auch in Töpfen auf dem Balkon und der Terrasse heranziehen.

Aufgezeigt werden Ideen für Bepflanzungen von Kräuterbeeten. Man kann hier nach verschiedenen Themen gehen und beispielsweise ein Kräuterbeet gegen Husten anlegen oder auch eines mit Pflanzen, welche die Abwehrkräfte steigern.
Wie man sich auch entscheidet, zum Anbau der Pflanzen erhält man viele Ratschläge. Man erhält Tipps zur Standortauswahl. Wie man die Bodenbeschaffenheit einzuschätzen lernt, wird unter anderem am Beispiel der „Zeigerpflanzen“ sehr schön erklärt. Weiterhin wird das Mulchen beschrieben. Gedüngt wird organisch. Besprochen werden die Vermehrung von Pflanzen und die Anzucht durch Samen. Natürlich kann man viele Kräuter auch in Töpfen kaufen, im Topf belassen oder auspflanzen. Möchte man Heilpflanzen in größerem Umfang anbauen, bekommt man auch hier entsprechende Tipps, beispielsweise zu Mischkultur und Fruchtwechsel. Interessant ist auch die im Buch beschriebene Wechselwirkung von Kräutern aufeinander oder auch auf Gemüsepflanzen. Bei schlauer Zusammenstellung kann man Krankheiten und Schädlinge in Schach halten. Dem natürlichen Pflanzenschutz wird viel Platz eingeräumt.

Wichtig bei Kräutern ist es, zum richtigen Zeitpunkt zu ernten und dies natürlich auf schonende Art und Weise zu tun. Man liest, wie Kräuter getrocknet und gelagert werden.
Weiterhin gibt es zahlreiche Rezepte. Aus den Pflanzen lassen sich Heilmittel herstellen, Teemischungen, Tinkturen, Ölauszüge oder Badezusätze. Auch in der Küche finden die Kräuter Verwendung als Kräuteressig, Kräuteröl, in Kräutersalz oder als Kräuterlikör.
Anschließend stellt der Autor seine Lieblingskräuter in ausführlichen Porträts vor, von Anis-Ysop bis Zitronenverbene.

Das Buch ist sehr inspirierend für alle, die sich mit dem Kräuteranbau beschäftigen wollen oder nach Informationen auf diesem Gebiet suchen. Der Autor schreibt mit Begeisterung über den Heilkräuteranbau, die Pflanzenpflege, Ernte und Verarbeitung. Man erhält praktische Hilfe, die gut umsetzbar ist. Die Texte sind dementsprechend einfach zu lesen und problemlos zu verstehen. Dazu kommt eine große Vielfalt sehr gutes illustrierendes und erklärendes Bildmaterial. Da hier Pflanzen nicht in der Natur gesammelt werden, ist man auch als Anfänger auf der sicheren Seite, da Verwechslungen ausgeschlossen sind.

Rezension von Heike Rau

Rudi Beiser
Mein Heilpflanzengarten
Gesunde Kräuter pflanzen, ernten und anwenden
150 Seiten, gebunden
Verlag Eugen Ulmer
ISBN-10: 3800176629
ISBN-13: 978-3800176625
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