Massum Fayar: Buskaschi oder der Teppich meiner Mutter

Massum Fayar: Buskaschi oder der Teppich meiner Mutter

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In diesen Roman auf der Suche nach der Vergangenheit muss man sich erst langsam einfinden.

Es handelt sich um eine opulente Familiengeschichte mit zahlreichen Verzweigungen und Nebengeschichten.

Der Icherzähler Schaer reist im Jahr 2008 nach Herat in Afghanistan, um seine alte, kranke Mutter zu besuchen. Aus Anlass dieses Besuches fängt er an, sich auf die Spuren der elterlichen Geschichte zu begeben. Ihm fallen zahlreiche Erlebnisse und Namen ein, die zu den bedeutsamsten Stationen des Lebens seines Vaters gehörten. Die Erzählungen über die Gebräuche, die Farben, das Essen und die wunderbare Landschaft mit ihren klimatischen Besonderheiten lassen den Sohn in Wehmut an die Vergangenheit denken. Da gab es den Förderer seines Vaters, Talib Asis, der ihm die Wege zu einem Leben jenseits des bäuerlichen Daseins seiner Vorväter ebnete. Und es gab den Teppich seiner Mutter, einen Buskaschi, der den traditionellen Reiterwettkampf um eine Ziege symbolisiert. Er liefert den Leitfaden, um den sich die Geschichte rankt. Die Liebesgeschichte der Eltern von Schaer bildet den Kern einer Erzählung, die reich an Traditionen tief verwurzelt im heimatlichen Afghanistan angesiedelt war. Verwandtschaftsverhältnisse sind kompliziert und Freund und Feind krass in ihren Gegensätzen.

Lebensweisheiten und die Verse des Korans begleiteten den Vater von klein auf. Er wurde dank seiner Begabungen zu einem erfolgreichen Geschäftsmann.

Der Autor Massum Fayar hat Afghanistan 1982 verlassen. Er gehört damit zu den zahlreichen Menschen, die nach der sowjetischen Besatzung und damit im Zuge der gesellschaftlichen und politischen Veränderungen aus dem Land ihrer Väter geflohen sind, um anderswo Heimat und Arbeit zu suchen.

Er besitzt eine reiche, farbige Sprache und ausufernde Fabulierkunst, mit der er uns zurückführt in die Wirren seines Landes. Man sah sich hier im Zuge der Auflösung des Osmanischen Reichs mit einer Vielzahl von Stammesfehden und immer neuen politischen Herausforderungen konfrontiert. Verwirrend ist die Geschichte des Landes und bedeutsam sind die Erinnerungen an die bunten, malerischen Basare, Feste und die Künste, die dem Land seine besondere Kultur verliehen. Ich verweise hier auf den Romanvon Mariam Kühsel-Hussaini „Gott im Reiskorn“, in dem die Kalligraphie eine zentrale Rolle spielt, und in dem der Niedergang dieser einstigen orientalischen Hochkultur ihren Ausdruck fand.

Massum Faya führt uns in eine Welt zwischen Tausend und ein Nacht und realen politischen Gegebenheiten, die mit der Abschaffung des Königreichs in Afghanistan 1973 zum Höhepunkt ihrer politischen Veränderungen gelangte.

Wer Freude an der Farbenpracht des Orients hat und an den archaisch anmutenden Brauchtümern Gefallen findet, dem wird in diesem Roman alles geboten, sich in fremde Welten zu vertiefen.

Massum Fayar
Buskaschi oder der Teppich meiner Mutter
656 Seiten, gebunden
Kiepenheuer&Witsch, Mai 2015
ISBN-10: 3462046748
ISBN-13: 978-3462046748
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Prof. Dr. Allessio Fasano und Susie Flaherty: Die ganze Wahrheit über Gluten

Prof. Dr. Allessio Fasano und Susie Flaherty: Die ganze Wahrheit über Gluten

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Bei Büchern zu Gesundheitsthemen lese ich immer zuerst die Autoreninfo. So weiß ich schon vor der Lektüre des Buches, dass Prof. Dr. Alessio Fasano Kindergastroenterologe und Direktor des Zentrums für Zöliakieforschung am Mass-General Hospital for Children in Boston, Massachusetts ist. Das Buch ist in Zusammenarbeit mit Susie Flaherty, der Kommunikationschefin des Zentrums, entstanden. Ich verspreche mir also von dem Buch umfassende und vor allem handfeste Informationen zum Thema Gluten und Zöliakie.

Tatsächlich hat mich das Buch überrascht. Denn scheinbar liegt hier wirklich einiges im Argen. Es scheint viel mehr Fälle zu geben, als bisher angenommen und auch die Krankheiten, die durch eine Unverträglichkeit von Gluten entstehen können, spielen sich unter Umständen nicht allein im Magen-Darm-Bereich ab.

Der Autor zeigt auf, wie er seine Arbeit begann und welche Ergebnisse seine Forschungsarbeit erbracht hat und er zeigt natürlich auch die Konsequenzen auf, die daraus entstanden sind. Natürlich ist diese Arbeit noch nicht beendet. Die Behandlung besteht ja bisher nur aus einer Ernährungstherapie. Doch auch hier bietet der Autor erfolgversprechende Zukunftsaussichten.

Im Buch geht es um Zöliakie, Glutensensivität und Weizenallergie. Der Autor möchte aber auch praktische Hilfe geben. Er zeigt auf, wie die Ernährungstherapie aussehen muss und liefert gleich Rezepte mit. Man erfährt im Buch, ob die Küche Betroffener tatsächlich frei sein muss von jedem glutenhaltigen Mehlstäubchen, was von Nahrungsmitteln mit dem Glutenfrei-Zeichen zu halten ist, ob Hafer nun verträglich ist oder nicht und mehr. Auch wenn die Regale mit glutenfreien Lebensmitteln immer voller werden, ist es doch keineswegs leicht, auf eine glutenfreie Ernährung umzustellen, die wirklich alles enthält, was der Mensch für eine gute Gesundheit braucht. Davon abgesehen, wird auch auf Patienten eingegangen, die nicht auf eine glutenfreie Ernährung ansprechen und weiterhin Problem haben.

Es geht aber auch um die Frage, ob Gluten generell von Menschen gemieden werden sollte. Macht Weizen tatsächlich irgendwann jeden krank? Der Autor bezieht hier, auf eine doch recht vorsichtige Art und Weise, Stellung. Wichtig scheint es mir vor allem, sich mit dem Thema einmal auseinanderzusetzen, um zu sehen, ob man eventuell selbst ein Problem mit dem Gluten hat und nur noch nicht drauf gekommen ist.

Fazit: Das Buch liest sich gut. Fachbegriffe werden nicht gemieden, aber immer sofort erklärt. Gut finde ich neben dem fachlichen auch den praktischen Teil des Buches. Das passt alles gut zusammen und ist wirklich hilfreich im Verständnis und der Therapie der Zöliakie.

Rezension von Heike Rau

Prof. Dr. Allessio Fasano und Susie Flaherty
Die ganze Wahrheit über Gluten
Aus dem amerikanischen Englisch von Claudia Fritzsche
384 Seiten, gebunden
Südwest Verlag
ISBN-10: 351709370X
ISBN-13: 978-3517093703
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Henry Marsh: Um Leben und Tod

Henry Marsh: Um Leben und Tod

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Medizinische und menschliche Aspekte eines anspruchsvollen Lebens als Neurochirurg.

Henry Marsh ist Neurochirurg, ein bekannter dazu, und hat in seinem vorliegenden Buch in ungewöhnlicher Weise über seinen Berufsweg und die langjährigen Erfahrungen, die er als Chefarzt gemacht hat, ausführlich berichtet.

Dabei geht es um die Medizin, um die Bürokratie des englischen Gesundheitswesens und um die Hoffnungen und Zweifel von Arzt und Patient.

Nach frühen Umwegen bei der Berufsfindung hat er sich zum Facharzt für Neurochirurgie ausbilden lassen. Er genießt in England hohes Ansehen auf seinem Fachgebiet.

In verschiedenen Kapiteln werden Hirnerkrankungen unterschiedlichster Genese und Formen mit ebenso vielfältigen Folgen abgehandelt.

Seine Arbeit ist schwer und auch für die praktizierenden Ärzte, wie er versichert, zuweilen unerträglich. Geht es doch immer um schwerstkranke Menschen, deren Weiterleben oder Sterben von dem Grad der Erkrankung und vom Können des Chirurgen abhängt.

Seine Leidenschaft für das Handwerk, das für die Feinarbeit als Hirnchirurg unabdingbar ist, macht ihn zum Könner auf seinem Gebiet.

Dass man als Neurochirurg einerseits Distanz zum Kranken bewahren muss, um nicht im Mitleid unterzugehen, und sich andererseits doch mitmenschlich und empathisch dem Kranken und seinen Angehörigen zuwenden muss, macht er in seinen Aufzeichnungen sehr deutlich.

Er hat die Gabe, sich klug und einfühlsam zu verhalten. Das bemerkt man, wenn er über Gespräche mit Kranken und Angehörigen berichtet.

Eigenreflexionen und die Einschätzung gegenüber eigenen und den Fehlern anderer bieten ein hohes Maß an Selbstkritik. Henry Marsh ist im wahrsten Sinne des Wortes ein mitfühlender und nachdenklicher Mensch.

Man liest den Bericht über den Klinikalltag mit seinen bürokratischen Anforderungen und den medizinischen Herausforderungen teilweise mit hohem Interesse, teilweise mit Grauen, immer aber mit großer Aufmerksamkeit.

Bei den Möglichkeiten der Heilung verweist H. Marsh auf die dem Arzt gesetzten Grenzen. Der Grat zwischen Leben und Tod wird gerade in diesem Bericht überdeutlich. Zuweilen ist Nichthandeln menschlicher als Handeln, wenn sicheres Siechtum oder nur qualvolle Lebensverlängerung zu erwarten ist.

Die menschlichen, medizinischen und wissenschaftlichen Komponenten in seinem Handeln und seinem inneren Kampf um den richtigen Weg bilden den Grundtenor in seinem beruflichen Lebensrückblick. Das macht das Buch anrührend und nimmt den Leser auf ganz eigene Weise mit.

Henry Marsh
Um Leben und Tod
352 Seiten, gebunden
Deutsche Verlags-Anstalt, April 2015
ISBN-10: 3421046786
ISBN-13: 978-3421046789
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Harro Albrecht: Schmerz – Eine Befreiungsgeschichte

Harro Albrecht: Schmerz – Eine Befreiungsgeschichte

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Schmerzen kennt fast jeder. Viele haben gelegentlich mit Kopfschmerzen, Rückenschmerzen oder mit Muskelkater zu tun. Manchmal wird der Schmerz auch chronisch oder wird als so stark empfunden, dass er eigentlich nicht auszuhalten ist. Schmerzmittel helfen dann nicht mehr oder verursachen Nebenwirkungen, die auch nicht hinnehmbar sind.

Der Medizinjournalist Dr. med. Harro Albrecht hat sich einmal ausführlich mit dem Schmerz beschäftigt. Über 600 Seiten hat das vorliegende Buch. Es geht vor allem darum, wie wir Schmerz empfinden und wie wir damit umgehen. Angestrebt wird scheinbar eine komplette Schmerzfreiheit. Möglich ist das allerdings nicht und auch nicht erstrebenswert, wie der Autor aufzeigt. Er berichtet von Menschen mit einem Gendefekt, die nie Schmerzen empfinden und denen damit die Warnfunktion des Schmerzes nicht zur Verfügung steht.

Interessant ist, dass der Schmerz sich verselbstständigen kann. Es ist praktisch keine Ursache zu finden. Dass es trotzdem schmerzt, ist unbestritten, eine Behandlung aber umso schwieriger. Der Autor hat sich ausführlich mit der Entstehung des Schmerzes beschäftigt und er ist dazu quer durch die Geschichte gegangen und hat Forscher und ihre Arbeiten noch einmal aus heutiger Sicht betrachtet.

Unser Umgang mit Schmerz muss überdacht werden. Die Behandlung muss auf den ganzen Menschen bezogen werden, also ganzheitlich sein, denn Umfeld, Lebensbedingungen und Psyche spielen eine Rolle. Der Griff zur Tablette ist nicht immer sinnvoll, man kann vieles tun, das Linderung verschafft.

Das Thema ist sehr detailliert aufgearbeitet. Der Autor schlägt einen erzählenden Ton an, sodass man als interessierter Leser gut durch die Kapitel geführt wird. Ich habe eine Menge gelernt. Mein Verständnis für den Schmerz ist gewachsen. Als Ratgeber ist das Buch sicherlich nicht gedacht. Aber die Auseinandersetzung mit dem Thema lässt doch ein wenig umdenken. Die eigene Betrachtungsweise verändert sich, einfach weil man nach der Lektüre Zusammenhänge, die den Schmerz betreffen, besser versteht.

Rezension von Heike Rau

Harro Albrecht
Schmerz – Eine Befreiungsgeschichte
608 Seiten, gebunden
Pattloch Verlag
ISBN-10: 3629130380
ISBN-13: 978-3629130389
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Rosemary Gladstar: Heilkräuter in meinem Garten – 33 wichtige Heilkräuter selbst anpflanzen, ernten und verwenden

Rosemary Gladstar: Heilkräuter in meinem Garten – 33 wichtige Heilkräuter selbst anpflanzen, ernten und verwenden

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Die Welt der Heilkräuter zu betreten, ist immer wieder spannend. Traditionelle Heilmethoden sind auf dem Vormarsch. Es geht der Autorin um die Verbesserung der Gesundheit und des Wohlbefindens. Sie tritt dabei aber ausdrücklich nicht in Konkurrenz mit der Schulmedizin, denn ihr ist natürlich bewusst, dass die Naturheilkunde ihre Grenzen hat. Es gilt also immer gut abzuwägen und überlegt zu handeln. Bei ersthaften Gesundheitsproblemen muss man zum Arzt.

Die Autorin führt auf spannende Art und Weise in die Kräutermedizin ein. Sie spricht von ihren Erfahrungen und von Anwendungen, die sie empfehlen kann. Im Buch werden Heilkräuter vorgestellt, die man im eigenen Garten oder auch im Topf anpflanzen kann. Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, wird beschrieben. Dabei wird auch ein Blick auf Pflanzen geworfen, die in der Umgebung wachsen. Es geht um Ernte und Verarbeitung im Allgemeinen. So wird aus der Küche eine kleine Apotheke und Tees, Kräuteröle, Salben und Tinkturen werden hergestellt. Grundsätzliches zur Kräuterbehandlung wird besprochen.

Zunächst werden neun bekannte Kräuter und Gewürze in Anbau und Verwendung beschrieben. Meist werden diese ohnehin schon in der Küche verwendet. Dazu zählen zum Beispiel Basilikum, Ingwer, Knoblauch, Salbei und Zimt. Jetzt wird natürlich insbesondere auf die heilende Wirkung geschaut. Zimt bei uns anzubauen, dürfte allerdings ein Abenteuer werden. Da müsste man schon Auswandern, um das probieren zu können. Dennoch können die Rezepte genutzt werden, denn Zimt ist ja leicht erhältlich.

Es folgen „24 unbedenkliche, wirksame Heilkräuter“. Das würde ich so allerdings nicht unterschreiben. Denn hier findet man auch Baldrian, Holunder, Weißdorn, Johanniskraut und Süßholz. Tatsächlich sieht man in den Gegenanzeigen dann doch einige Hinweise darauf, wann die Verwendung unterlassen werden muss. Es ist also wichtig, die Ausführungen zu den Pflanzen vor der Nutzung komplett durchzulesen.

Die Pflanzenporträts sind sehr ausführlich gehalten und lesen sich auch sehr gut. Die Autorin verfügt über sehr viel Erfahrung. Ich habe einige Rezepte und Anwendungsmöglichkeiten gefunden, die ich so noch nicht kannte. Das macht das Buch natürlich ausgesprochen spannend. Auch wenn man sich schon ein wenig mit der Pflanzenmedizin auskennt, kann man noch viel dazulernen.

Rezension von Heike Rau

Rosemary Gladstar
Heilkräuter in meinem Garten – 33 wichtige Heilkräuter selbst anpflanzen, ernten und verwenden
232 Seiten, gebunden
Narayana Verlag
ISBN-10: 3944125398
ISBN-13: 978-3944125398
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Anne Tyler: Der leuchtend blaue Faden

Anne Tyler: Der leuchtend blaue Faden

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Familiengeschichten: wen interessieren die nicht?

Gleicht nicht jedes Leben, jede Familiengeschichte einem Roman?

Anne Tyler versteht sich darauf, das Panorama menschlichen Glücks und Leids in einer einfachen Mittelschichtfamilie in Amerika zu erfassen und den Leser in ihre Geschichten mitzunehmen, so dass man sich fast wie ein Besuch bei ihren Protagonisten fühlt.

Abby und Red Whitshank haben ihr gemeinsames Leben um 1959 in Baltimore begonnen. Sie bilden ein Paar in mittleren Lebensjahren.

Eines Abends bekommen sie einen Anruf von ihrem Sohn Denny, der sie mit einer schwer verdaulichen Nachricht konfrontiert.

Mitten in dieses Geschehen des Alltags wird man als Leser hineingezogen.

Alsbald tun sich die einzelnen Kinder mit ihren Gewohnheiten und ihren Eigenarten hervor. Vier Kinder haben die beiden Whitshanks. Der jüngste Spross, Stem genannt, ist kein unmittelbarer Abkömmling.

Red betreibt einen Holzwarenhandel größeren Ausmaßes, und Abby ist Sozialarbeiterin. Sie kümmert sich um alle möglichen Leute, die ihrer Hilfe bedürfen.

Ihre Kinder sind mittlerweile flügge geworden und haben schon eigene Kinder. Ein buntes Treiben tut sich auf. Die Geschwister mit ihren Ehepartnern und Kindern sind so unterschiedlich wie das Leben eben ist. Man hört zu, nimmt teil, leidet mit, wenn etwas nicht so gut geht, und fühlt sich in dieser Familie bald schon zu Hause.

Fast möchte man sich mit Rat und Tat beteiligen.

Und natürlich: niemals ist in Familien alles gut, niemals verlaufen Lebensschicksale ohne Einbrüche. Man muss sich mit jedem Tag und zu jeder Stunde auf gewöhnliche und ungewöhnliche Ereignisse einstellen. Auch Eltern haben ein eigenes Leben, das vor dem ihres Familienlebens mit eigenen Kindern stattgefunden hat. Davon berichtet Anne Tyler in zwei anschließenden Teilen ihres Romans, so dass man erst spät auf die Ursprünge der Beziehungen von Eltern- und Großeltern aufmerksam wird. Auch hier gab es Glück und Leid, schwierige Aufbrüche ins Leben und nicht immer einfache Lebensbedingungen. Immerhin erlebten die Großeltern die große Wirtschaftskrise mit, die mit dem New Yorker Börsenkrach im Jahr 1929 ihren Ausgang nahm.

Gewöhnliche Leben sind nicht immer illuster. Zuweilen finden sich Paare eher zufällig zusammen. Ob die Beziehung dann gut oder schlecht wird, das wird nicht immer durch die Liebe sondern häufig durch Einsicht, Gewöhnung und Beharrungsvermögen entschieden.

Über dieses Auf und Ab in Freude und Leid schreibt Anne Tyler so lebendig und mitteilsam, dass man gar nicht möchte, dass die Geschichten in dem Buch irgendwann aufhören.

Felicitas von Lovenberg beschrieb in der FAZ ihren Eindruck des Buches in dieser Weise. Ihrer Vorstellung kann ich mich nur anschließen!

Anne Tyler

Der leuchtend blaue Faden
452 Seiten, gebunden
Kein & Aber, März 2015
ISBN-10: 303695712X
ISBN-13: 978-3036957128
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Mia Winter: Janusmond

Mia Winter: Janusmond

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Leon Bernberg ist nach Louisson gekommen, um seine seit 10 Jahren vermisste Schwester Lune für tot erklären zu lassen. Kommissar Christian Mirambeau spielt allerdings nicht mit. Er beginnt sich sofort für Lune zu interessieren. Er will wissen, was geschehen ist, als Lune in der französischen Kleinstadt lebte. Es muss Gründe für ihr Verschwinden geben haben. Möglicherweise liegt sogar ein Verbrechen vor.

Was Leon Bernberg erzählt und aus Lunes ausdrucksstarken Briefen zitiert, klingt für den Polizisten glaubwürdig. Leons damit verbundenen Leidensdruck hält er für glaubwürdig und lädt ihn nach einem Vorfall sogar ein, bei ihm zu wohnen. Damit nimmt er ihn in die Familie mit seiner geliebten Ehefrau und den drei Kindern auf. Und wie man bereits dem Klappentext entnehmen kann, ist das ein nicht wiedergutzumachender Fehler.

Und genau das ist der Knackpunkt an der Geschichte. Dass der Polizist so naiv ist, ist nicht zu glauben und völlig unrealistisch. Ansonsten ist der Krimi aber doch recht gut gemacht. Lune ist eine sehr geheimnisvolle Persönlichkeit, die nach dem Sinn des Lebens und ihrer wahren Identität sucht. Leicht manipulierbare Männer und Sex in seinen Facetten spielen da eine Rolle. Aber für Lune tut sich hier ein Abgrund auf, denn psychisch ist sie labil. Und doch zieht sie die Menschen in ihren Bann. Sogar Christian Mirambeau bekommt das zu spüren, obwohl er Lune nie begegnet ist. Es sind die Erzählungen ihres Bruders, die ihn über alle Maßen faszinieren.

Als Leser wird man von einer unheilvollen Stimmung gefangen genommen. Lune hat natürlich Spuren hinterlassen. Der Focus fällt auf Männer, die sie in ihren Bann zog und zum Wahnsinn trieb. Wir haben es also mit einem wirklich spannenden und abgründigen Buch zu tun, das zwar etwas unglaubwürdig daherkommt, sich aber gut liest.

Rezension von Heike Rau

Mia Winter
Janusmond
416 Seiten, Klappenbroschur
Egmont LYX
ISBN-10: 3802597907
ISBN-13: 978-3802597909
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Annette Eiden: Der Darm wächst mit – Was Eltern über die kindliche Verdauung, Immunsystem und Ernährung wissen müssen

Annette Eiden: Der Darm wächst mit – Was Eltern über die kindliche Verdauung, Immunsystem und Ernährung wissen müssen

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Dass ein gesunder Darm sehr viel zum Wohlbefinden beiträgt, ist bekannt. Das gilt auch für Kinder. Direkt nach der Geburt wird mit dem Aufbau einer gesunden Darmflora begonnen. Wichtig ist in diesem Sinne eine gesunde Ernährung. Und die beginnt nach Möglichkeit mit dem Stillen. Aber schon hier stellt sich die Frage, wie lange man stillen sollte und welche Vorteile es bringt.

Dr. med. Annette Eiden ist Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und Homöopathie. Sie hat eine eigene Praxis und ist selbst Mutter von vier Kindern. Sie hat also genug Erfahrung, um kompetent Rat zu geben. Das Buch ist nicht schwierig zu lesen. Die Autorin nähert sich dem Thema auf eine sehr verständliche Art und Weise. Ihre Ratschläge sind immer begründet und lassen sich gut annehmen.

Die Entwicklung des Darms vom Baby bis zum Schulkind wird erklärt. So werden vermeintlich Probleme oft zum natürlichen Vorgang, wenn man als Eltern weiß, was dahintersteckt. Die Autorin nimmt Eltern viele Sorgen und gibt wirklich gute Ratschläge.

Es geht im Buch an das Heranführen der Kinder an eine gesunde Ernährung ganz ohne erhobenen Zeigefinger, stattdessen mit einem guten Konfliktmanagement. Manchen Dingen kann man mit Humor begegnen, statt sich Stress zu machen. Esskompetenz entsteht vor allem auch durch ein gutes Vorbild der Eltern. Kinder zum Essen zwingen zu wollen, ist nicht ratsam. Jedes Kind kann gut selbst entscheiden, was es essen möchte. Das Bauchgefühl weiß, was es braucht. Und eine gute Esskultur tut ein Übriges. Das Hintergrundwissen, das die Autorin hierzu vermittelt, ist sehr spannend zu lesen.

Praktische Ratschläge, die einfach umzusetzen sind, helfen bei leichten Beschwerden im Magen- und Darmbereich. Aber es werden natürlich auch ernsthafte gesundheitliche Probleme besprochen. Dazu gehören Magen- und Darmerkrankungen, Allergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten.
Damit ist das Buch sehr empfehlenswert für Eltern von Babys und kleinen Kindern!

Rezension von Heike Rau

Dr. med. Annette Eiden
Der Darm wächst mit – Was Eltern über die kindliche Verdauung, Immunsystem und Ernährung wissen müssen
208 Seiten, gebunden
Südwest Verlag
ISBN-10: 3517089850
ISBN-13: 978-3517089850
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Lydia Tschukowskaja: Untertauchen

Lydia Tschukowskaja: Untertauchen

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Verfolgung, Terror, Tod…

Es ist bekannt, dass unter Stalin in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zahlreiche bekannte und auch weniger bekannte Dichter, Denker, Wissenschaftler und Künstler in Lager verbannt und dort zu Tode gekommen sind.

In ihrem hier vorliegenden sehr poetischen Roman, der 1988 erstmals erschienen ist, verarbeitet Lydia Tschukowskaja (1907 – 1996) ihre Zeit unter der Stalinära, in der sie selber der Verfolgung ausgesetzt war, und in der ihr Mann schon 1937 umgebracht wurde.

Ihre Protagonistin Nina Sergejewna befindet sich zur Erholung in einem Sanatorium auf dem Lande. Wir schreiben das Jahr 1949. Sie lernt zwei andere Schriftsteller kennen, unter ihnen Bilibin, einen Kollegen ihres Mannes. Von ihnen erhofft sie sich nähere Auskünfte über den Verbleib ihres Mannes, von dem sie seit seiner Verhaftung nichts mehr gehört hat.

Zuerst genießt Nina Sergejewna nur die verschneite Landschaft, die Birken- und Tannenwälder und die reine Luft. Sie kann sich nicht genug tun, in dieser abgeschiedenen Landschaft herumzulaufen und sich der Ruhe zu erfreuen. Langsam nähert sich ihr Bilibin. Sie aber will nur wissen, wie es ihrem Mann im Lager erging, und was er dort erleiden musste. Die Bilder um das Leiden und den Tod ihres Mannes verfolgen sie bis in ihre Träume. Am Ende ist sie bitter enttäuscht von Bilibins geschönter und harmonisierter Ausgabe seines in Arbeit befindlichen Erinnerungsbuches über die Lagerhaft.

Die ganze Erzählung ist durchdrungen von Melancholie und Abschiedsgedanken. Im Vordergrund steht immer wieder die eisige Landschaft mit ihren Birken- und Kiefernwälder und die Angst vor dem Terror, mit denen unter Stalin angesehene Männer und Frauen verfolgt, gedemütigt und ermordet wurden.

Lydia Tschukowskaja beschreibt in einer berückenden Sprache die Tiefe der Emotionen, die sie beherrschen, und mit denen man sich dem Treiben der Verfolgungen ausgesetzt sah. Sie besticht durch die Makellosigkeit ihrer Sprache. Man meint beim Lesen die Eiskristalle zu spüren und die reine Luft zu atmen.

Lydia-Tschukowskajas Erzählung erschien erstmals 1972 in New York. Daraufhin wurde die Autorin 1974 aus dem russischen Schriftstellerverband ausgeschlossen.

Svetlana Geier ist die berühmte und kongeniale Übersetzerin dieses Werks wie schon so vieler anderer russischer Schriftsteller.

Dem Dörlemann Verlag ist es wieder einmal zu verdanken, dass die kleine und feine Erzählung dem Vergessen entrissen wurde.

Die poetische, wunderbare Erzählung ist unbedingt sehr lesenswert.

Lydia Tschukowskaja
Untertauchen
256 Seiten, gebunden
Dörlemann, Januar 2015
ISBN-10: 3038200131
ISBN-13: 978-3038200130
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Robert B. Parker: Mord im Showbiz

Robert B. Parker: Mord im Showbiz

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Der vorliegende Kriminalroman ist wieder ein Fall für Jesse Stone, der bei Pendragon erschienen ist. Erneut habe ich mich wohlgefühlt auf dem Revier von Paradise, der kleinen Stadt in Massachusetts, in der Jesse Stone Polizeichef ist, nachdem er wegen Alkoholmissbrauchs im Morddezernat von Los Angeles gefeuert wurde.

Im Paradise wird ein prominenter Talkshowmoderator tot aufgefunden. Schnell stellt sich heraus, dass es sich um Mord handelt. Die Prominenz dieses Fernsehmoderators erzeugt mächtigen Druck auf den Polizeichef Stone. Da sich der Moderator mit seiner spitzen Zunge nicht nur Freunde gemacht hat, ist das Medieninteresse riesengroß. Außerdem gehört er zum Freundeskreis des Gouverneurs, was zusätzlich Regierungsbeamte auf den Plan ruft. Als der Presserummel seinen Höhepunkt erreicht, wird eine weitere Leiche gefunden. Diesmal ist es ein junges Mädchen. Es stellt sich heraus, dass dies die neue Lebensgefährtin des Fernsehmoderators ist. Doch so sehr die Medien auch toben, Chief Stone ermittelt unbeirrt weiter und versucht nebenbei seine eigenen Probleme in den Griff zu bekommen.

Diesen Jesse-Stone-Krimi halte ich persönlich für den bislang Humorigsten dieser bei Pendragon erscheinenden Reihe. Dem Übersetzer Bernd Gockel ist es hervorragend gelungen, die Dialoge dermaßen ins Deutsche zu übertragen, dass sie der deutschen Umgangssprache bestens entsprechen, was dem Wortgeplänkel des Polizeichefs mit seinen engsten Mitarbeitern sehr entgegenkommt. Im Team bei den Ermittlungen sind dieses Mal wieder die beiden Polizeibeamten Suit und Molly. Beide Figuren spielen prinzipiell in allen Romanen mit, doch hin und wieder treten Sie komplett in den Hintergrund und sind nur Randfiguren. So nicht im vorliegenden Fall. Hier werden diese beiden Figuren wieder zu wichtigen Figuren neben Jesse Stone und zu Stichwortgebern für die Techtelmechtel auf dem Revier. Molly ist die einzige Frau auf dem Revier und so etwas wie eine Sekretärin oder ein Mädchen für alles. Sie hält ihrem Chef gerne den Rücken frei und springt auch an seine Stelle an die vorderste Front vor die Pressemeute. Suitcase Simpson ist ein junger aufstrebender Cop, der seinen Chef bewundert und ihm mit viel Engagement nacheifert. Die witzigen Dialoge zwischen diesen drei Figuren sind einfach köstlich. Suit, der in diesem Roman extrem darum bemüht ist, Kriminalkommissar im Revier zu werden (falls das Revier überhaupt einen Kommissar genehmigt bekommt) auf der einen Seite, und Molly, die sich zum x-ten Male mit ihrem Chef darin einig ist, dass sie sich beide lieben, aber eben auf ganz besondere Art.

Es ist schade das die Krimireihe aufgrund des Todes des amerikanischen Schriftstellers Parker auch in der deutschen Übersetzung demnächst ein Ende finden wird. Kein Ermittler macht mir so viel Spaß wie Jesse Stone, der in den Verfilmungen von Tom Selleck gespielt wird. Der vorliegende Roman ist ein weiteres Highlight aus dieser Reihe. Robert B. Parker, der auch der Schöpfer des Privatdetektivs Spenser ist, hat mit Jesse Stone einen Cop geschaffen, der widersprüchlicher nicht sein kann.

Uneingeschränkte Leseempfehlung.

Parker, Robert B.
Mord im Showbiz
Aus dem Englischen von Bernd Gockel
Pendragon Verlag, Bielefeld
ISBN 9783865324474

© Detlef Knut, Düsseldorf 2015
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