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Schlagwort: Familienleben

Alfred Neven DuMont: Vaters Rückkehr

Alfred Neven DuMont: Vaters Rückkehr

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Betrug oder echte Liebe zwischen Vater und Sohn?

Fast ein wenig übertrieben erscheint der junge Banker Karl in seiner Lust und Lebensfreude!
Eine junge, hübsche und liebevolle Frau, zwei reizende Töchter und sein Aufstieg in den Vorstand seiner Bank vergolden sein Leben.

Mit überschwänglichen Worten beginnt Alfred Neven DuMont seinen Roman über das Leben eines glücklichen und erfolgreichen Bankers, dem alles zu gelingen scheint.
Den Schilderungen mag man kaum glauben. Wo gibt es ein Leben in Reichtum, Schönheit, Wohlstand und ungetrübten Familienglücks?

Nun, es sollte nicht so bleiben.
Eines Tages nach 13 Jahren Abwesenheit erscheint der tot geglaubte Vater des jungen Helden, und eine Rückwärtsrolle scheint ihren Anfang zu nehmen. Man weiß nicht, woher der Vater kommt, und man weiß nicht, wohin er am Ende geht. Er ist zeitlebens ein Übervater gewesen und ist es heute noch. Überlegen, stark und anziehend für die Frau und Kinder von Karl hängt er sich in dessen Leben hinein. Eine unglückselige Zeit beginnt für diesen, in dem er sich wieder von seinem Vater in den Schatten gestellt sieht, und der frühe Tod der Mutter ein Trauma seiner frühen Kindheit wieder belebt.

Subtil, feinfühlig und hintersinnig entwirft der Autor Neven DuMont das Gefüge einer Vater- und Sohnbeziehung, die von Neid, Eifersucht und Konkurrenzstreben gekennzeichnet war.

Zwei Männer streiten um die Nähe zu Frau und Mutter. Manches scheint alleine dem Missverstehen geschuldet; doch wahr ist, dass Fantasie und Wirklichkeit einander häufig nicht standhalten können. Die Geschichte wirkt aberwitzig und heiter-traurig. Doch gibt es nicht Anhaltspunkte für ähnliche Geschichten aus dem realen Leben?

Alfred Neven DuMont ist weise, klug und lebenserfahren.
Die von ihm aufgezeigten archaischen Strukturen zwischen Vätern und Söhnen sind schon aus der Bibel bekannt. Auch dort sind Väter die mächtigen und überlegenen Rivalen um die Gunst eines ewigen und allmächtigen Gottes.
Mit seiner differenzierten Sozialstudie, die sich spannend, anregend und geheimnisvoll liest, ist dem Autor ein kleines Meisterwerk zwischenmenschlichen Missverstehens und des Ringens um Wahrheit und Frieden gelungen.

Alfred Neven DuMont
Vaters Rückkehr
159 Seiten, gebunden
Hoffmann und Campe, September 2011
ISBN-10: 3455403484
ISBN-13: 978-3455403480
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Jutta Richter: Ich bin hier bloß der Hund

Jutta Richter: Ich bin hier bloß der Hund

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Anton ist ein ungarischer Hütehund. Zackelschafe hütet er nun allerdings nicht mehr. Er lebt jetzt bei Friedbert und Emily und ihrer kleinen Tochter. Wie eine Schafherde lassen die drei sich allerdings nicht behandeln. Aber mit der Kleinen kommt er sehr gut klar. Sie teilt sogar ihre Kekse mit ihm oder lässt sich dazu ganz leicht überreden. Sogar kämpfen kann man mit ihr. Mit ein bisschen Training könnte man aus ihr auch einen guten Hütehund machen, so schnell, wie sie auf ihren vier Füßen ist. Aber nein, die Herrschaften sind bestrebt, ihr das Laufen zu lernen.

Katze Mizzi dagegen nervt. Nicht nur, dass sie ihm seine Lieblingsplätze, wie zum Beispiel den auf der Gartenbank streitig macht und dazu auch schon mal ihre Krallen benutzt. Sie wird auch noch von Friedbert und Emily in Schutz genommen. Ungerecht ist das!

Friedbert ist der Rudelführer. Was er sagt, wird gemacht. Nur für einen Hund ist das nicht immer nachvollziehbar. Weil nicht geduldet wird, dass Anton sich wie ein ungarischer Hütehund verhält, muss er zur Hundeschule gehen. Wenigstens bekommt er, wenn er brav ist und sich angepasst verhält, auch wenn es aus Hundesicht Unfug ist, Leckerlis. Und für Schweineohren würde er ohnehin fast alles tun.

Das Familienleben wird hier aus der Sicht des Hundes betrachtet. Es sind die vielen kleinen Begebenheiten aus dem Alltag, die das Buch so liebenswert machen. Missverständnisse zwischen Mensch und Tier werden mit Humor beschrieben. Die kleine Geschichten und Anekdoten sind es wirklich wert, gelesen zu werden.

Die Zeichnungen sind eigentlich recht einfach gehalten. Aber Hildegard Müller versteht es, mit wenigen Strichen der Mimik von Hund und Mensch Ausdrucksstärke zu verleihen.

Es ist ein Kinderbuch. Und für Kinder ist es auch unbedingt zu empfehlen. Aber auch Erwachsenen dürften die kleinen Geschichten gut gefallen. Im Grunde jeder Familie mit Hund.

Rezension von Heike Rau

Jutta Richter
Ich bin hier bloß der Hund
Illustrationen von Hildegard Müller
128 Seiten, gebunden
Carl Hanser Verlag
ISBN-10: 3446237925
ISBN-13: 978-3446237926
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Yasmin Tabatabai: Rosenjahre

Yasmin Tabatabai: Rosenjahre

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Leben zwischen Orient und Okzident.
In ihrer leichten, freimütigen und humorvollen Sprache schildert Yasmin Tabatabai das Leben ihrer Familie zwischen Deutschland und Persien.

Ihre Mutter Rose hatte Mitte der fünfziger Jahre ihren zehn Jahre älteren späteren Mann, den Iraner Taba Tabatabai, in München auf dem Oktoberfest kennen gelernt. Sie war damals erst knapp zwanzig Jahre alt. Allen Warnungen ihrer Kollegen und Freundinnen zum Trotz folgte sie 1957 seiner Einladung nach Teheran.
Die Familie Tabatabai zählte zu den begüterten, gebildeten und säkular ausgerichteten Kreisen im Iran.
Doch selbstverständlich herrschen dort orientalische Sitten und Umgangsformen. Erste Eindrücke und die traditionellen Formen höflichen Verhaltens müssen erlernt und verstanden werden. Rose spürt bald, dass sie hier in eine fremdartige Kultur eintaucht. Sie bemüht sich, alles schnell zu lernen, um den Ansprüchen der freundlichen Familie zu genügen.

Neugierig und überwältigt von den Ereignissen erlebt sie fasziniert die herzliche Aufnahme in den großen Kreis der Familie.
Die Heirat wird von den Brüdern und der Familie schon bald gefordert und vollzogen.

Mit offenem Interesse erfreut sich Rose an den Kunstschätzen und der landschaftlichen Schönheit mit allen ihren Reizen, Gerüchen und exotischen Farben.

Über viele Jahre ihres Ehelebens hat Rose noch die Herrschaft des letzten Shahs miterlebt, bis 1979 mit der islamischen Revolution alle Ansätze für eine mögliche demokratische Wende zunichte gemacht wurden.

Bunt und spannend ist der Bericht von Yasmin Tabatabai.
Sie kleidet die Atmosphäre, die Gastfreundschaft und das lebhafte Treiben der Familie mit ihren ausgedehnten Mahlzeiten in passende Worte.
In fantasievoller und leicht naiver Ausrucksweise nimmt sie uns mit auf eine Reise in die Vergangenheit, in der es ungewöhnliche Erfahrungen und ein reiches Leben zu bestaunen gibt. Mit wacher Intensität leitet die Autorin von der Biographie der Mutter zu ihren eigenen Kindheitserlebnissen über. Die islamische Revolution bildet den Schlusspunkt eines eindrucksvollen und der Stimmung angemessenen Erlebnisberichts, der mit Spannung ausgeführt wird.

Herzenswärme und tiefe emotionale Anteile belegen das Engagement dieser mitreißend geschriebenen Biographie.

Yasmin Tabatabai
Rosenjahre
288 Seiten, gebunden
Ullstein, September 2010
ISBN-10: 355008837X
ISBN-13: 978-3550088377
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Adriana Altaras: Titos Brille

Adriana Altaras: Titos Brille

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Leben nach dem Holocaust in Deutschland, Jugoslawien und in aller Welt.

Mit vielseitigem Witz und wohltuendem Humor beginnt Adriana Altaras ihre biographischen Aufzeichnungen über ihre verrückte, amüsante und nach dem Krieg weit verstreute Familie.

Sie ist Jüdin, wurde in Zagreb geboren, wo ihr Vater bei den Partisanen um Tito mitmischte. Über sein Leben und das ihrer Mutter erfährt sie aber vieles erst, als die Eltern kurz nacheinander sterben, und sie in der seit vierzig Jahren nicht mehr aufgeräumten Wohnung in Giessen an die Hinterlassenschaft der Eltern gerät. Alte Fotos, Briefe und Aufzeichnungen öffnen ihr die Tür zu ihrer Familiengeschichte, in der es ernsthafte Geheimnisse gab.

Ihr Vater flüchtete aus Jugoslawien, als er 1964 im Rahmen der Säuberungen als Jude aus der kommunistischen Partei ausgeschlossen werden sollte. Über die Schweiz ging er nach Deutschland, wo er in Giessen als Arzt und Professor am Universitätsklinikum eine Lebensstellung erhielt.

Beim Durchforsten der Hinterlassenschaft gelangen zahlreiche Familiengeheimnisse zutage. Mit jüdischem Scharfblick und aufmerksamer Beobachtung entwickelt die Autorin ein filigranes Familienbild. Von kleineren und größeren Liebschaften des Vaters und über mögliche Geschwister aus diesen Verbindungen ist die Rede, und es wird klar, dass es die Familie mit den jüdischen Riten nicht mehr gar so genau nahm. Dennoch wird die Beerdigung des Vaters natürlich nach jüdischem Ritus begangen. Der Kantor lehnt zum allgemeinen Erstaunen seine Alditüte an den Sarg und begeistert später alle mit seinem Gesang. Die Stimme „erhebt sich über Religion, Politik, über den Schnee, die Neustadt und das Klinikum in Gießen hinweg“, und alle hängen an „dieser Stimme mit Alditüte“.

In munterem Ton, der den Ernst nicht auslässt, erzählt Adriana Altaras lakonisch und frech ihre Familiengeschichte, die bis in die Gegenwart zu ihrem westfälischen Mann und den beiden kleinen Söhnen reicht.
Der Bogen ist weit gespannt und lässt uns teilhaben an der besonderen, zugleich distanzierten und doch warmherzigen Erzählkunst, wie wir sie aus vielen jüdischen Beiträgen in der Literatur kennen. Von Jugoslawien und seinen schönen Städten und Stränden, von Tanten, Cousinen und Cousins ist die Rede, die nach dem Holocaust, sofern sie denn überlebt haben, in aller Welt verstreut leben. Man findet sich und freut sich über ein Wiedersehen. Kuriose, dumme Aussagen alter und neuer Nazis mischen die Geschichte auf.

Israel, Anlaufstelle für hunderte von Flüchtlingen, ist nicht das ersehnte Ziel aller Geflohenen. Alles in allem geht es in dieser Geschichte um Freiheit und Bindung, um Konventionen, Traditionen und wie weit man seine Vergangenheit hinter sich lassen kann. Als die Bar – Mizwa des Sohnes David naht, wird das Fest mit allen erreichbaren Verwandten so gefeiert, wie sich das nach jüdischem Brauch gehört.

Mit ihren Streifzügen durch die Gegenwart und Vergangenheit ist Adriana Altaras eine scharfzüngige und ehrliche Analyse gelungen, wie es sich als Jüdin mit dem Ballast einer Vergangenheit lebt, in der die Welt und das Judentum unterzugehen drohte. Sie bleibt sich treu und ist in ihrer Identität Jüdin geblieben, ohne das als aufdringliche Wahrheit zu verkünden.
Auch in ernsten Lagen spart Adriana Altaras die Komik nicht aus, und das Buch gewinnt die Aufmerksamkeit seiner Leser, die sich der klugen und beredt erzählenden Autorin ganz überlassen können.

Adriana Altaras
Titos Brille
272 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch, Februar 2011
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3462042971
ISBN-13: 978-3462042979
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Andreas Maier: Das Zimmer

Andreas Maier: Das Zimmer

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Modernes Leben und Erinnerungen an eine versunkene Zeit.

Andreas Maier beschreibt in einem eigentümlich lakonischen Stil ausführlich ein Familienleben, das skurril, zuweilen witzig, sicher aber zu einem guten Teil nostalgisch zu nennen ist.

Onkel J. ist das Faktotum der Familie Boll, einer Steinmetzfamilie in der Wetterau, genauer gesagt in Friedberg. Um ihn wird sich die Geschichte drehen und damit die anderen Familienmitglieder in Erinnerung um sich scharen.

Der arme Onkel J. ist mit einer Behinderung geboren worden und wird ständig, immer und überall geärgert.  Zu Ende des 2. Weltkrieges war er gerade einmal 14 Jahre alt. Schon immer und bis zu ihrem Tod lebt er bei seiner Mutter. Er bastelt gerne, erledigt kleine Botengänge und Besorgungen für die Steinbruchfirma der Familie, bis ihm sein Schwager später eine Lohnarbeit bei der Post verschafft. Wir schreiben das Jahr 1969.

Der Autor nutzt die Geschichte seines Onkels für einen eindrucksvollen Bericht über die Wetterau und die eigenwilligen Charaktere seiner Familie in den sechziger Jahren. Friedberg, Bad Nauheim und die bewaldete Umgebung sind Orte der Handlung.

Da wird dem Bier schon in den frühen Morgenstunden zugesprochen, das Butterbrot in der Dose, Kino, der Kiosk an der Ecke und das Wirtshaus sind häufig erwähnte Elemente, die sowohl Stimmungen als auch das Wohlbefinden der Bürger gewährleisten. Das letzte Lebensjahr des Onkels bietet den Anlass, um sich einer Zeit zu nähern, die Gemächlichkeit verbreitet und Zufriedenheit signalisiert. Der Onkel ist ein tumber Tor, ein Behinderter, der durch sein Verhalten zur Belustigung seiner Mitmenschen beiträgt. Immerhin durfte er noch Auto fahren lernen und konnte seine einfache Arbeit bei der Post verrichten. Betäubend ist sein Körpergeruch, den der kleine Andreas als ekelerregend und zum Fürchten empfindet.

Sein Auto und seine Polohemden besitzen die gleiche Farbe, die an militärische Tarnfarbe denken lässt. Frauen spielen für Onkel J. eine gewichtige aber schamhafte Rolle, doch traut er sich kaum über Pornohefte und das Frankfurter Bahnhofsviertel hinaus. Andreas Maier schildert diesen Onkel als Unikum, abstoßend und faszinierend zugleich. Er ist die zentrale Figur des Romans, um die sich die Familie und die ganz und gar durchschnittlichen Bürger des  Städtchens scharen.

Das schlichte Leben und die simplen Freuden werden atmosphärisch dicht und genau beschrieben. Man spürt das gemütliche und einfache Dasein am besten in den Worten und Taten der Protagonisten. Die Vorboten des zu Ende gehenden 20. Jahrhunderts lassen Befürchtungen aufkommen, dass es mit der Idylle in der Wetterau bald vorbei sein könnte.

Hinreißende Naturbetrachtungen komplettieren den Eindruck einer verhältnismäßig heilen Welt. Das Rotkehlchen oder ein unvergleichlicher Sonnenuntergang, „den einem niemand nehmen kann, für das ganze Leben nicht“ führen immer wieder zur Atmosphäre des Ländlichen und Beschaulichen.

Der Autor Andreas Maier hat mit diesem Roman eine Familiengeschichte begonnen, in der man unschwer biographische Züge entdeckt, und von der man hofft, dass sie noch fortzuspinnen sein wird.

Andreas Maier
Das Zimmer
203 Seiten, gebunden
Suhrkamp Verlag, 6. September 2010
ISBN-10: 3518421743
ISBN-13: 978-3518421741
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