Lilly die Tigerin

Lilly die Tigerin

Amicam hat Lilly kurz vor der Hochzeit verlassen. Für das Hochzeitskleid hat Lilly nämlich einige Pfunde zu viel. Eine Abmagerungskur würde hier nichts helfen. Es ist vorbei. Lilly empfindet sich nicht als zu dick. Sie findet sich ausgesprochen weiblich und lebt diese Weiblichkeit auch in vollen Zügen aus. Dennoch ist es schwer, den Schmerz zu überwinden. Lilly ist froh, ihre Freundin Ninusch an ihrer Seite zu haben, die viel Trost spendet.

Eigentlich wollte Lilly mit Ninusch in den Zirkus. Aber die sagt ab. So macht Lilly sich allein auf den Weg, nimmt sich ein Taxi. Taxifahrein Michaela schafft es nicht, Lilly rechtzeitig beim Zirkus abzuliefern. Als sie ankommt ist alles vorbei. Doch Lilly gibt sich nicht geschlagen und organisiert sich rasch noch eine Verabredung mit dem Zirkusdirektor. Okasaki ist eine alte Jugendliebe, die nur Minuten gedauert hat, aber sehr intensiv war.

Zwölf Jahre sind vergangen. Natürlich hat Okasaki sich verändert, wenn Lilly auch noch nicht weiß, wie sehr. Er schenkt Lilly ein Tigerbaby, bevor er wieder auf Nimmerwiedersehen verschwindet. Ein Tigerjunges zu versorgen ist keine einfache Sache, auch wenn Lilly Hilfe von Ninusch und der Taxifahrerin, die ihr auch eine Freundin geworden ist, erfährt. So wie der Kleine wächst, geht in Lilly eine Wandlung vor, die man nicht für möglich gehalten hätte.

Die israelische Autorin Alona Kimhi hat drei interessante Frauen skizziert. Da gibt es Ninusch, aus der Sowjetunion nach Israel ausgewandert, eine wahrhaft hübsche Frau, mit Defiziten im Dentalbereich und einem Freund, der sie gern aus Liebe verprügelt und ihr, um ihre Karriere als Prostituierte voranzutreiben, ein neues Gebiss bezahlt hat. Michaela, die Taxifahrerin dagegen, ist eine Geschichtenerzählerin. Sie ist nicht auf den Mund gefallen. Allerdings wurde sie von ihrem Mann verlassen und auch die Kinder haben sich aus dem Staub gemacht. So konzentriert sie ihre Liebe auf Ninusch.

Hauptperson der Geschichte ist und bleibt Lilly mit ihren 112 kg. Sie ist eine Frau, die sich ihrer Weiblichkeit sehr bewusst ist. Ihre Neurosen treiben allerdings absonderliche Blüten. So gerät die ganze Geschichte irgendwann aus der Bahn. Das Lebensbild wird satirisch verzerrt, bis es unerträglich wird. Die Verwandlung der Hauptperson wird unumgänglich, anders kann man so ein Buch gar nicht beenden.
Man kann viel in die Geschichte, die in Tel Aviv spielt, hineininterpretieren. Zunächst recht realistisch erzählt, wechselt die Autorin irgendwann ins Fantastische. Die Grenze verläuft fließend. Die Autorin gräbt in der Psyche der Frauen und holt alles herauf. So ist die Geschichte sehr skurril und dennoch wahrhaftig.

Über die Autorin:
Alona Kimhi, geboren 1966 in der UdSSR, emigrierte 1972 mit ihrer Familie nach Israel. Sie war Schauspielerin. Später veröffentlichte sie Kurzgeschichten und Romane und wurde mit dem Bernstein Award ausgezeichnet.

Rezension von Heike Rau

Alona Kimhi
Lilly die Tigerin
358 Seiten, gebunden
Carl Hanser Verlag München Wien
ISBN-10: 3-446-20764-3
ISBN-13: 978-3-446-20764-6
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