Daniel Glattauer: Die spürst du nicht

Daniel Glattauer: Die spürst du nicht

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Sophie Luise, die 14-jährige Tochter von Elisa und Oskar Strobl-Marinek, besteht darauf, dass ihre Schulfreundin Aayana, sie ist ein Flüchtlingskind aus Somalia, mit in den Urlaub in der Toskana kommt. Damit es eine entspannte Auszeit wird, legt sich ihre Mutter ins Zeug, diese Bedingung erfüllen zu können. Das befreundete Paar Engelbert und Melanie Binder und ihr 9-jähriger Sohn Benjamin sind mit von der Partie. Auch Sophie Luises jünger Schwester Lotte, ebenfalls 9 Jahre alt, kommt natürlich mit.

Zunächst werden die Erwachsenen vorgestellt. Der Autor streicht ihren erfolgreichen beruflichen Werdegang und ihre Charakterzüge heraus, sodass man sich ein Bild von ihren Stärken und Schwächen machen kann. Dass auch Aayana anwesend ist, stört die Binders nicht. Wie Engelbert so treffend formuliert: „… die spürst du gar nicht.“ (Seite 15). Und auch wie es dazu kam, dass das Flüchtlingskind mitkommen durfte, wird erzählt, denn es war ein großes Problem, seine Eltern davon zu überzeugen. Nicht nur wegen der Sprachbarriere. Es hätte ein schöner Urlaub werden können, doch kommt es anders. Es geschieht ein Unglück, mit dem nun alle zu kämpfen haben.

Jeder geht auf seine Weise damit um und versucht auf die äußeren Einflüsse so gut es geht, zu reagieren. Besonders Elisa gerät ins Blickfeld, da sie eine bekannte Politikerin ist. Sie strickt sich eine Geschichte zurecht, die erträglich ist und sie in einem besseren Licht dastehen lässt. Melanie Binder plagen Gewissensbisse. Die Männer versuchen zu relativieren. Sophie Luise wird vergessen. In der Schule wird sie ausgegrenzt. Also zieht sie sich zurück mit ihren Sorgen und Nöten, findet Trost im Internet, wo sie einen Jungen kennenlernt, der ihr unerwartet Verständnis entgegenbringt. Doch wie geht es der Familie von Aayana, die nach einer traumatischen Flucht jetzt den Verlust ihrer Tochter verkraften muss?

Auch wenn das Buch mit einem ironischen Unterton geschrieben ist, dürfte es niemanden kaltlassen. Schließlich greift der Autor hier ein Thema auf, das die Gesellschaft beschäftigt und Meinungen auseinandergehen lässt.
Der Erzählstil ist tiefgreifend, trotz oder gerade wegen dieses Untertons. Schaute man eben noch mit einem gewissen Abstand auf eine unterhaltsame Handlung und die mitspielenden Personen, ist man plötzlich mitten drin.

Die Geschichte liest sich wie ein Drehbuch. Der Autor führt Regie, wechselt dabei immer wieder Drehorte und Blickwinkel. Dialoge sind die bestimmenden Elemente, aber auch Pressetexte. Kommentare aus den sozialen Medien sind eingebunden, die das vielfältige und teils unsachliche Meinungsbild wiedergeben, das wir wohl alle kennen. Dazu kommen die Ausführungen der Anwälte, denn tatsächlich geht die Sache vor Gericht. Und hier wird alles noch einmal aufgerollt.

Rezensionen von Heike Rau

Daniel Glattauer
Die spürst du nicht
304 Seiten, gebunden
Paul Zsolnay Verlag, März 2023
ISBN-10: 3552073337
ISBN-13: 978-3552073333
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