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Kategorie: Sachbuch

Atul Gawande: Sterblich sein

Atul Gawande: Sterblich sein

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Wie werden wir am Lebensende leben?

Dieser Frage ist Atul Gawande nachgegangen. Er ist Arzt und Amerikaner von indischer Herkunft und berichtet über seine Erfahrungen in den USA. Sie sind mit den Entwicklungen anderer zivilisierter Länder vergleichbar.

In verschiedenen Kapiteln handelt er den Status des Lebensendes ab und zieht u.a. den Vergleich zwischen früher und heute.

Gawande zeigt auf, dass mit dem demographischen Wandel neu einzurichtende Versicherungssysteme erforderlich wurden. Verlängerte Lebenszeit, die Möglichkeiten moderner Medizin und Mobilität in der heutigen Arbeitswelt sind Bedingungen, die den Zusammenhalt unter den Familien verändert haben. Damit einher ging die Verlagerung der Fürsorge aus dem früher mehr dem Familienverband überlassenen Aufgaben der Altenfürsorge an die so genannte öffentliche Hand. Die ersten Betreuungs – und Pflegeeinrichtungen wurden in Amerika durch engagierte Ärzte und betroffene Familienmitglieder gegründet. Sie endeten häufig im Desaster zwischen sicherer Versorgung, straff organisiertem Tagesablauf und Vereinsamung.

Gawande stellt fest, dass es einen Perspektivwechsel zwischen jungen und sehr alten Menschen gibt: hier wird vermehrt nach einer nach außen gerichteten Aktivität und Lebensgestaltung gesucht; im Alter hingegen wird der Rückzug in die Familie und zu den Kindern und alten Freunden angepeilt, und es herrscht eine allgemeine Abneigung gegen alles Neue.

Aus der Geriatrie (Altersheilkunde) führt der Autor Beispiele an, die uns zeigen, wie anders die Gesundheitsfürsorge für alte Menschen gegenüber jungen Menschen aussehen müsse. Altersmalaisen können vielerlei Ursachen haben, die nichts mit den Symptomen kranker Menschen in der Mitte des Lebens zu tun haben.

Atul Gawande zitiert Philip Roth mit seinem Satz aus dem Buch „Jedermann“, dass das Alter ein Massaker sei. Wie wahr! Er führt aus, dass im letzten Ende das Alter von einer ununterbrochenen Folge von Verlusten gekennzeichnet ist. Verlust von Angehörigen, Freunden, körperlichen Fähigkeiten und nicht zuletzt der eigenen Unabhängigkeit. Mit der häufig am Lebensende zu beobachtenden Versorgung im Heim geht die selbständige Gestaltung des Lebens und Handelns endgültig verloren. Fremdbestimmung und Verlust der Autonomie sind die bitteren Begleiterscheinungen um das Wissen darum, dass wir alle sterblich sind.

Neben den allgemeinen Fakten und Berichten erlebt man in Atul Gawande eine sehr Anteil nehmende Persönlichkeit. Er hat sich mit Patienten aber auch mit dem Sterben und Ende seines Vaters intensiv und liebevoll auseinandergesetzt.

Sein Buch ist ein Appell an die Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft für ein Miteinander, dass dem alten Menschen die Würde lässt und den Tod respektiert. Doch auch jeder einzelne von uns ist aufgerufen, sich der eigenen Sterblichkeit zu stellen und die Verleugnung des Todes zu beenden.

Im Anhang findet man eine Reihe von Anmerkungen zu diesem außergewöhnlichen Buch.

Atul Gawande

Sterblich sein
336 Seiten, gebunden
FISCHER, September 2015
ISBN-10: 3100024419
ISBN-13: 978-3100024411
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David G. Haskell: Das verborgene Leben des Waldes – Ein Jahr Naturbeobachtung

David G. Haskell: Das verborgene Leben des Waldes – Ein Jahr Naturbeobachtung

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Wohin man auch schaut, Natur ist überall. Der amerikanische Biologe David G. Haskell beschränkt sich bei seinen Naturbeobachtungen allerdings auf einen Kreis mit einen Durchmesser von einem Meter. Dieser liegt in den Bergen von Tennessee auf einer Terrasse in einem urwüchsigen, an einem Hang gelegenen Wald. Sein Mandala, also die Gemeinschaft die dort herrscht, will er beobachten. Er will sehen, was dieses Fleckchen Erde ihm erzählt und dies an den Leser weitergeben. Es gibt hier einen Stein, auf dem der Naturbeobachter sitzen kann, um Pflanzen und Tiere, bis hin zu den kleinsten Lebewesen, die nur mit einer Lupe zu erkennen sind, zu beobachten.

Ein Jahr dauern die Beobachtungen an. Immer wieder nimmt David G. Haskell sich Zeit und kommt in den Wald. Er verändert nichts, er greift nicht ein, er ist einfach nur da und schaut. Ab und an fotografiert er. Es gibt einige Seiten mit diesen sehenswerten Bildern im Buch.

Natürlich sieht ein Naturforscher etwas genauer hin. Er hat eine andere Wahrnehmung und das nötige Wissen zum Erkennen von Zusammenhängen. Das findet Niederschlag in den sehr lesenswerten Naturbeschreibungen. Sehr komplex sind diese Ausführungen, sehr ausführlich und auch weitertragend. Die Gedanken schweifen ab, natürlich nicht vom Thema, aber Erfahrungen, Gehörtes und Gelerntes fließen ein. Fast schon poetisch sind viele Zeilen im Buch. Der Leser wird zu Überlegungen angeregt, zur eigenen Beschäftigung mit der Natur.

Die Vielfalt, die auf diesem quadratmetergroßen Kreis herrscht, ist unglaublich und auch wie der Verlauf der Jahreszeiten zu Veränderungen führt. Dinge, die man kaum wahrnimmt oder die einfach so sind im täglichen Einerlei, werden plötzlich sichtbar. Es wird Zeit, die Natur neu zu entdecken! Der Autor gibt genügend Anregungen. Damit ist das Buch auch ein sehr schönes Geschenk für Leser mit Sinn für Natur.

Rezension von Heike Rau

David G. Haskell
Das verborgene Leben des Waldes – Ein Jahr Naturbeobachtung
Aus dem Englischen von Christine Ammann
288 Seiten, gebunden
Verlag Antje Kunstmann
ISBN-10: 3956140613
ISBN-13: 978-3956140617
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Jürgen Schäfer: Der Krankheitsermittler – Wie wir Patienten mit mysteriösen Krankheiten helfen

Jürgen Schäfer: Der Krankheitsermittler – Wie wir Patienten mit mysteriösen Krankheiten helfen

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Prof. Jürgen Schäfer arbeitet an der Universitätsklinik Marburg. Hier gibt es das einzigartige „Zentrum für unerkannte Krankheiten“. Menschen, die nicht mehr weiterwissen, oder ohne Erfolg austherapiert sind, kommen zu ihm. Sie sind krank, oft schwer krank und das meist schon lange. Doch die richtige Diagnose konnte nie gestellt werden. Oft werden die Ursachen für diese gesundheitlichen Beschwerden sogar als physisch abgetan. Das Team um Prof. Schäfer sieht allerdings etwas genauer hin. Es besteht aus Krankheitsermittlern, also Spezialisten, die oft mit unerklärlichen Krankheitsbildern konfrontiert werden und nicht müde werden, einer Sache auf den Grund zu gehen.

Interessante Fälle wurden im Buch zusammengefasst. Der Leser erfährt hier genau, wie Ursachenforschung betrieben, genauestens hingehört und untersucht wird. Zusammenhänge müssen erkannt und schließlich eine Diagnose gestellt werden, auf die dann die erfolgversprechende Behandlung erfolgen kann.

Das Buch ist äußerst spannend. Es gibt eine Reihe von seltenen Krankheiten, die dann eben, weil sie so selten sind, nur von darauf spezialisierten Ärzten erkannt werden können. In den einzelnen Fällen wird der Leidensweg der Patienten beschrieben, bis sie dann endlich in das „Zentrum für unerkannte Krankheiten“ kamen. Man kann nachverfolgen wie schwierig die Ursachenfindung für Beschwerden oder sogar auch lebensbedrohliche Krankheiten ist. Die Ärzte werden buchstäblich zu Detektiven, die Puzzleteile zusammensetzten.

Das Buch ist leicht lesbar und gut verständlich. Es wird nicht nur der Fall selbst beschrieben, sondern auch ein Teil der Lebensgeschichte der Patienten. Man wird sensibilisiert für mysteriöse Krankheiten. Krankheiten die den Anschein haben, unheilbar zu sein, und die mit der richtigen Diagnose doch therapiert werden können.

Rezension von Heike Rau

Jürgen Schäfer
Der Krankheitsermittler – Wie wir Patienten mit mysteriösen Krankheiten helfen
256 Seiten, gebunden
Droemer Verlag
ISBN-10: 3426276445
ISBN-13: 978-3426276440
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Florian Wagner: 100 % Abenteuer: Pferde

Florian Wagner: 100 % Abenteuer: Pferde

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Florian Wagner liebt das Abenteuer. Das beweisen sein Beruf und seine Hobbys. Beides lässt sich verbinden und so sind es die Pferde, die der Fotograf mit seiner Kamera ins Visier nimmt. Seine Abenteuer werden zu Geschichten, die erzählt werden. Sachwissen wird ganz nebenher vermittelt.

Der Autor begibt sich mit seiner Kamera auf eine ungewöhnliche Reise um die Welt. Kein Ort scheint ihm zu weit. Er genießt die „Freiheit zu Pferde“ mit anderen Reitern bei einem Wanderritt durch Andalusien und beschreibt genau, wie so etwas abläuft. „Löwen, Gnus und Elefanten“ begegnet er bei einer Safari zu Pferde durch die Savanne Kenias. Es ist eine Reise voller unglaublicher Gefahren. „Die Reiter vom Todeshügel“ trifft Florian Wagner in einem Indianerreservat im US-Bundesstaat Washington. Hier findet das spektakuläre „Omak Suicide Race“ statt. In der Wüste Abu Dhabis, besucht er das königliche Gestüt Al-Asayl und befindet sich damit „Im Paradies für Pferde“.

Florian Wagner hat seine Abenteuer mit der Kamera dokumentiert. Die Fotos, von denen jedes einzelne eine ausführliche Bildunterschrift hat, sind außergewöhnlich. Es sind bewegende Bilder, die besondere Situationen einfangen oder spektakuläre Momente erfassen. Es ist die Perspektive, der andere Blickwinkel und die leidenschaftliche Art zu fotografieren, die begeistern. Mensch und Tier bilden nicht selten eine Einheit.

Die Texte sind dem entsprechend spannend. Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass Florian Wagner aus der Ich-Perspektive schreibt. Diese persönliche Schreibweise wäre sicher noch authentischer gewesen.
Das ergänzende Sachwissen wird in Kästchen oder am Bildrand präsentiert. Wissenswertes und Fakten werden hier dargestellt. Diese sind für die Zielgruppe, das sind Kinder im Alter von 10-14 Jahren, ausgelegt.
Aber auch allen anderen pferdebegeisterten Menschen wird das Buch gefallen.

Rezension von Heike Rau

Florian Wagner
100 % Abenteuer: Pferde
60 Seiten, gebunden
Ravensburger Buchverlag
ISBN-10: 3473554235
ISBN-13: 978-3473554232
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Prof. Dr. Allessio Fasano und Susie Flaherty: Die ganze Wahrheit über Gluten

Prof. Dr. Allessio Fasano und Susie Flaherty: Die ganze Wahrheit über Gluten

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Bei Büchern zu Gesundheitsthemen lese ich immer zuerst die Autoreninfo. So weiß ich schon vor der Lektüre des Buches, dass Prof. Dr. Alessio Fasano Kindergastroenterologe und Direktor des Zentrums für Zöliakieforschung am Mass-General Hospital for Children in Boston, Massachusetts ist. Das Buch ist in Zusammenarbeit mit Susie Flaherty, der Kommunikationschefin des Zentrums, entstanden. Ich verspreche mir also von dem Buch umfassende und vor allem handfeste Informationen zum Thema Gluten und Zöliakie.

Tatsächlich hat mich das Buch überrascht. Denn scheinbar liegt hier wirklich einiges im Argen. Es scheint viel mehr Fälle zu geben, als bisher angenommen und auch die Krankheiten, die durch eine Unverträglichkeit von Gluten entstehen können, spielen sich unter Umständen nicht allein im Magen-Darm-Bereich ab.

Der Autor zeigt auf, wie er seine Arbeit begann und welche Ergebnisse seine Forschungsarbeit erbracht hat und er zeigt natürlich auch die Konsequenzen auf, die daraus entstanden sind. Natürlich ist diese Arbeit noch nicht beendet. Die Behandlung besteht ja bisher nur aus einer Ernährungstherapie. Doch auch hier bietet der Autor erfolgversprechende Zukunftsaussichten.

Im Buch geht es um Zöliakie, Glutensensivität und Weizenallergie. Der Autor möchte aber auch praktische Hilfe geben. Er zeigt auf, wie die Ernährungstherapie aussehen muss und liefert gleich Rezepte mit. Man erfährt im Buch, ob die Küche Betroffener tatsächlich frei sein muss von jedem glutenhaltigen Mehlstäubchen, was von Nahrungsmitteln mit dem Glutenfrei-Zeichen zu halten ist, ob Hafer nun verträglich ist oder nicht und mehr. Auch wenn die Regale mit glutenfreien Lebensmitteln immer voller werden, ist es doch keineswegs leicht, auf eine glutenfreie Ernährung umzustellen, die wirklich alles enthält, was der Mensch für eine gute Gesundheit braucht. Davon abgesehen, wird auch auf Patienten eingegangen, die nicht auf eine glutenfreie Ernährung ansprechen und weiterhin Problem haben.

Es geht aber auch um die Frage, ob Gluten generell von Menschen gemieden werden sollte. Macht Weizen tatsächlich irgendwann jeden krank? Der Autor bezieht hier, auf eine doch recht vorsichtige Art und Weise, Stellung. Wichtig scheint es mir vor allem, sich mit dem Thema einmal auseinanderzusetzen, um zu sehen, ob man eventuell selbst ein Problem mit dem Gluten hat und nur noch nicht drauf gekommen ist.

Fazit: Das Buch liest sich gut. Fachbegriffe werden nicht gemieden, aber immer sofort erklärt. Gut finde ich neben dem fachlichen auch den praktischen Teil des Buches. Das passt alles gut zusammen und ist wirklich hilfreich im Verständnis und der Therapie der Zöliakie.

Rezension von Heike Rau

Prof. Dr. Allessio Fasano und Susie Flaherty
Die ganze Wahrheit über Gluten
Aus dem amerikanischen Englisch von Claudia Fritzsche
384 Seiten, gebunden
Südwest Verlag
ISBN-10: 351709370X
ISBN-13: 978-3517093703
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Henry Marsh: Um Leben und Tod

Henry Marsh: Um Leben und Tod

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Medizinische und menschliche Aspekte eines anspruchsvollen Lebens als Neurochirurg.

Henry Marsh ist Neurochirurg, ein bekannter dazu, und hat in seinem vorliegenden Buch in ungewöhnlicher Weise über seinen Berufsweg und die langjährigen Erfahrungen, die er als Chefarzt gemacht hat, ausführlich berichtet.

Dabei geht es um die Medizin, um die Bürokratie des englischen Gesundheitswesens und um die Hoffnungen und Zweifel von Arzt und Patient.

Nach frühen Umwegen bei der Berufsfindung hat er sich zum Facharzt für Neurochirurgie ausbilden lassen. Er genießt in England hohes Ansehen auf seinem Fachgebiet.

In verschiedenen Kapiteln werden Hirnerkrankungen unterschiedlichster Genese und Formen mit ebenso vielfältigen Folgen abgehandelt.

Seine Arbeit ist schwer und auch für die praktizierenden Ärzte, wie er versichert, zuweilen unerträglich. Geht es doch immer um schwerstkranke Menschen, deren Weiterleben oder Sterben von dem Grad der Erkrankung und vom Können des Chirurgen abhängt.

Seine Leidenschaft für das Handwerk, das für die Feinarbeit als Hirnchirurg unabdingbar ist, macht ihn zum Könner auf seinem Gebiet.

Dass man als Neurochirurg einerseits Distanz zum Kranken bewahren muss, um nicht im Mitleid unterzugehen, und sich andererseits doch mitmenschlich und empathisch dem Kranken und seinen Angehörigen zuwenden muss, macht er in seinen Aufzeichnungen sehr deutlich.

Er hat die Gabe, sich klug und einfühlsam zu verhalten. Das bemerkt man, wenn er über Gespräche mit Kranken und Angehörigen berichtet.

Eigenreflexionen und die Einschätzung gegenüber eigenen und den Fehlern anderer bieten ein hohes Maß an Selbstkritik. Henry Marsh ist im wahrsten Sinne des Wortes ein mitfühlender und nachdenklicher Mensch.

Man liest den Bericht über den Klinikalltag mit seinen bürokratischen Anforderungen und den medizinischen Herausforderungen teilweise mit hohem Interesse, teilweise mit Grauen, immer aber mit großer Aufmerksamkeit.

Bei den Möglichkeiten der Heilung verweist H. Marsh auf die dem Arzt gesetzten Grenzen. Der Grat zwischen Leben und Tod wird gerade in diesem Bericht überdeutlich. Zuweilen ist Nichthandeln menschlicher als Handeln, wenn sicheres Siechtum oder nur qualvolle Lebensverlängerung zu erwarten ist.

Die menschlichen, medizinischen und wissenschaftlichen Komponenten in seinem Handeln und seinem inneren Kampf um den richtigen Weg bilden den Grundtenor in seinem beruflichen Lebensrückblick. Das macht das Buch anrührend und nimmt den Leser auf ganz eigene Weise mit.

Henry Marsh
Um Leben und Tod
352 Seiten, gebunden
Deutsche Verlags-Anstalt, April 2015
ISBN-10: 3421046786
ISBN-13: 978-3421046789
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Harro Albrecht: Schmerz – Eine Befreiungsgeschichte

Harro Albrecht: Schmerz – Eine Befreiungsgeschichte

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Schmerzen kennt fast jeder. Viele haben gelegentlich mit Kopfschmerzen, Rückenschmerzen oder mit Muskelkater zu tun. Manchmal wird der Schmerz auch chronisch oder wird als so stark empfunden, dass er eigentlich nicht auszuhalten ist. Schmerzmittel helfen dann nicht mehr oder verursachen Nebenwirkungen, die auch nicht hinnehmbar sind.

Der Medizinjournalist Dr. med. Harro Albrecht hat sich einmal ausführlich mit dem Schmerz beschäftigt. Über 600 Seiten hat das vorliegende Buch. Es geht vor allem darum, wie wir Schmerz empfinden und wie wir damit umgehen. Angestrebt wird scheinbar eine komplette Schmerzfreiheit. Möglich ist das allerdings nicht und auch nicht erstrebenswert, wie der Autor aufzeigt. Er berichtet von Menschen mit einem Gendefekt, die nie Schmerzen empfinden und denen damit die Warnfunktion des Schmerzes nicht zur Verfügung steht.

Interessant ist, dass der Schmerz sich verselbstständigen kann. Es ist praktisch keine Ursache zu finden. Dass es trotzdem schmerzt, ist unbestritten, eine Behandlung aber umso schwieriger. Der Autor hat sich ausführlich mit der Entstehung des Schmerzes beschäftigt und er ist dazu quer durch die Geschichte gegangen und hat Forscher und ihre Arbeiten noch einmal aus heutiger Sicht betrachtet.

Unser Umgang mit Schmerz muss überdacht werden. Die Behandlung muss auf den ganzen Menschen bezogen werden, also ganzheitlich sein, denn Umfeld, Lebensbedingungen und Psyche spielen eine Rolle. Der Griff zur Tablette ist nicht immer sinnvoll, man kann vieles tun, das Linderung verschafft.

Das Thema ist sehr detailliert aufgearbeitet. Der Autor schlägt einen erzählenden Ton an, sodass man als interessierter Leser gut durch die Kapitel geführt wird. Ich habe eine Menge gelernt. Mein Verständnis für den Schmerz ist gewachsen. Als Ratgeber ist das Buch sicherlich nicht gedacht. Aber die Auseinandersetzung mit dem Thema lässt doch ein wenig umdenken. Die eigene Betrachtungsweise verändert sich, einfach weil man nach der Lektüre Zusammenhänge, die den Schmerz betreffen, besser versteht.

Rezension von Heike Rau

Harro Albrecht
Schmerz – Eine Befreiungsgeschichte
608 Seiten, gebunden
Pattloch Verlag
ISBN-10: 3629130380
ISBN-13: 978-3629130389
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Volker Hagelstein, Nachttiere – Die biologische Evolution des Horrors in Film und Literatur (Buchvorstellung)

Volker Hagelstein, Nachttiere – Die biologische Evolution des Horrors in Film und Literatur (Buchvorstellung)

Im Rahmen der Edition Leselupe bieten wir Autoren die Möglichkeit, ihre Bücher als Taschenbuch und Hardcover zu veröffentlichen. Die aktuellen Veröffentlichungen stellen wir Ihnen natürlich auch auf dem Blog der Leselupe vor.

Evolution goes Horror. Geleitet wird die Evolutionäre Psychologie von der Überzeugung, dass der Mensch bei weitem nicht nur durch Gesellschaft und Autobiographie geprägt ist – sondern dass sein Wahrnehmen, Fühlen, Denken und Handeln in erheblichem Umfang auf angeborenem Erbe aus evolutionärer Urzeit ruht.
Unter dem Namen evolutionäre Kulturtheorie hat diese Forschungsrichtung mittlerweile sogar unsere kreativen Impulse (Musik, Tanz, Dichtung, bildende Kunst, Design etc) ins Blickfeld gerückt. Arbeiten zum Thema Unheimliche oder Horrorliteratur sind bis jetzt allerdings spärlich gesät. Die „Nachttiere“ möchten diese Lücke schließen helfen. Wobei vor allem der Nichtfachmann angesprochen ist, dem das alles oft fremdartig und suspekt erscheinen mag.
Dabei stellt das Fach die richtigen Fragen. Warum schreiben und lesen wir überhaupt Literatur? Warum kann Angst Spaß machen? Um diese und andere Themen geht es. Und natürlich um die überbordende Erotik der Gattung.
Insgesamt ist es ein weiter Rahmen, den das Buch aufspannt. Unter anderem kommt die Bedeutung von Traum und Drogen im schöpferischen Prozess ins Spiel. Betrachtet wird aber auch der verrückte Wissenschaftler, der „mad scientist“, der auf eine erstaunliche Ahnentafel zurückblicken kann, die bis in graue Vorzeit reicht.
Vor allem in den Kapiteln der zweiten Hälfte dreht es sich um Dinge, die ein wenig „kniffliger“, aber fürs Genre genauso entscheidend sind: Die Neigung des Menschen zu Vorstellungen über das Übernatürliche, Magische und Religiöse. Auch das am Ende alles angeboren?
Im Schlusskapitel wird noch einmal die politisch-gesellschaftliche Rolle des Horrors ins Visier genommen. Gilt das Genre gemeinhin auch als apolitisch, eskapistisch oder geradezu reaktionär, wird in diesem Abschnitt sein beachtliches rebellisches Potential freigelegt. Sogar dort hat die Biologie ein Wörtchen mitzureden.

Volker Hagelstein
Nachttiere – Die biologische Evolution des Horrors in Film und Literatur
Sachbuch
Taschenbuch: 288 Seiten
Verlag: Edition Leselupe (30. September 2014)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3732301672
ISBN-13: 978-3732301676
Größe und/oder Gewicht: 14,8 x 1,7 x 21 cm

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Giovanni di Lorenzo: Vom Aufstieg und anderen Niederlagen

Giovanni di Lorenzo: Vom Aufstieg und anderen Niederlagen

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Schon der Titel des Buchs von Giovanni di Lorenzo weist uns in seiner Widersprüchlichkeit auf Gespräche hin, die in ihrer Offenheit sowohl Erfolge als auch Niederlagen einer Reihe angesehener Persönlichkeiten des öffentlichen und privaten Lebens offenbaren.

In den zahlreichen Interviews, die GdL in 33 Jahren seiner Karriere als Journalist geführt hat, erfahren wir einiges über Menschen, die uns im täglichen Leben als Regisseure oder Politiker, als Schauspieler, Sportler oder in diversen anderen öffentlichen Rollen aller Art begegnet sind.

Gelungen ist G. di Lorenzo eine Innenansicht der Interviewten, die man so nicht kannte. Mit einfühlsamen und gezielten Fragen öffnen sich die Herzen, die uns Einblicke in die persönliche Erfahrungswelt dieser Erfolgreichen und weniger Erfolgreichen gestatten.

Ob es sich um den Bundespräsidenten Gauck handelt oder um den Schauspieler Armin Mueller-Stahl, um den Regisseur Helmut Dietl, die Geigerin Anne Sophie Mutter oder alle die anderen, die ich hier nicht alle aufzählen kann: ihm gelingt mit seinen Fragen, dass die Betreffenden sich öffnen und uns den Blick in ihr Inneres gewähren. Es sind Menschen, die wir bewundern, ablehnen oder sonst wie bemerkenswert finden.

Auffallend ist die Sichtweise derjenigen, die ein langes Leben hinter sich haben. Von zuversichtlich Hoffenden geht der Blick doch auch in eine Richtung, in der sich im Alter Lebensklugheit mit Enttäuschung paart, ja, gelegentlich auch Resignation anklingen lässt.

Und wie beruhigend ist es, zu wissen, dass wir so wie die Interviewten alle nur Menschen sind, mit kleinen oder großen Sorgen, mit Eitelkeiten, Empfindlichkeiten, Vorlieben, Abneigung und sogar Hass!

Die feine Sensibilität, mit der Giovanni di Lorenzo seinen Partnern im Gespräch begegnet, seine Fähigkeit, gut zuhören zu können, sich selber ganz zurückzunehmen und durch seine klugen Fragen dem Gegenüber die Möglichkeit einer sorgfältigen Entfaltung zu bieten, macht diese Sammlung von Gesprächen zu einem wichtigen Zeitdokument. Es ist zugleich ein „who is who“ in der Bundesrepublik Deutschland.
Man liest die Aufzeichnungen neugierig, ein wenig voyeuristisch und alles in allem mit Gewinn.

Giovanni di Lorenzo
Vom Aufstieg und anderen Niederlagen
352 Seiten, gebunden
Kiepenheuer & Witsch, Oktober
ISBN-10: 3462047108
ISBN-13: 978-3462047103
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Hans-Peter Rodenberg: Marlene Ernest – Eine Romanze

Hans-Peter Rodenberg: Marlene Ernest – Eine Romanze

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Vielleicht ungewöhnlich für mich, ein Sachbuch zu besprechen, doch dieses hat mir außerordentlich gefallen. Es ist nämlich keine Biografie. Der Hemingway-Kenner Rodenberg hat sich dieses Mal der außergewöhnlichen Liebesbeziehung der außergewöhnlichen Figuren der Zeitgeschichte Ernest Hemingway und Marlene Dietrich angenommen, dem Dichter und der Diva. Wobei Ersterer durchaus auch als männliche Diva durchgehen täte. Die beiden verband eine enge Freundschaft – oder waren sie doch ein Liebespaar? Obwohl sie räumlich oft getrennt lebten, waren beide so eng miteinander verbunden, gingen beide so vertraut miteinander um, wie es Liebespartner, Lebensgefährten oder Eheleute miteinander nur tun.

Marlene und Ernest lernten sich 1934 auf dem Ozeandampfer »Ile de France« kennen. Von da an sollte es lebenslang zwischen ihnen knistern. Sie sang für ihn im Pariser »Ritz« auf dem Rand seiner Badewanne, er nannte sie liebevoll »My dear little Kraut«, in ihren unzähligen Briefen vertrauten sie einander alles an. Marlene und Ernest verfolgt die zärtliche Beziehung der beiden und ihre Lebensgeschichte von jener ersten Begegnung 1934 bis zu Hemingways Tod 1961.

Mir hat besonders der saloppe Stil des Autors gefallen. Die zahlreichen Informationen, die in den einzelnen Kapiteln stecken, lassen sich einfach aufnehmen. Abwechselnd sind die Kapitel gestaltet, mal die Sicht auf Hemingway, mal die auf Dietrich. Interessant sind die einzelnen Details, die einem vielleicht nicht immer fremd waren, aber die durch die Betrachtung der beiden als Paar in einem neuen Licht erscheinen.

Leicht zu konsumierendes Buch über unvergessene Größen der Vergangenheit und ihre Beziehung zueinander.

Rodenberg, Hans-Peter
Marlene & Ernest – Eine Romanze
Insel Verlag
ISBN-10: 3458357947
ISBN-13: 9783458357940

© Detlef Knut, Düsseldorf 2014

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