Ursel Bühring: Alles über Heilpflanzen

Ursel Bühring: Alles über Heilpflanzen

Die Naturheilkunde erfreut sich wachsender Beliebtheit. Mit Heilpflanzen lassen sich viele Befindlichkeitsstörungen und Beschwerden behandeln. Hier zählen Erfahrungswerte. Mittlerweile ist die Wirksamkeit vieler Pflanzen aber auch wissenschaftlich nachgewiesen. Das vorliegende Buch ist ein guter Einstieg für alle, die sich Pflanzenwissen aneignen wollen.

Im ersten Teil des Buches geht es um die Arbeit mit den Heilpflanzen. Erklärt wird, wie die Pflanzen in der Natur gesammelt werden. Wer nicht selbst sammeln möchte, kann auch in die Apotheke oder den Kräuterladen gehen. Und natürlich können Heilkräuter auch im eigenen Garten angebaut werden. Auch die Weiterverarbeitung wird erklärt. Der Leser erfährt wie man sein Sammelgut am besten trocknet. Man findet Grundrezepturen für Tees, lernt wie man Tinkturen, Salben, Cremes, Auszugsöle, Medizinalwein und Kräuterkissen herstellt und erfährt die Anwendung von Heilpflanzenbäder, Auflagen, Kompressen und Wickeln. Besprochen werden auch die wichtigsten Inhaltsstoffe der Pflanzen.

Im zweiten Teil des Buches findet man die Heilpflanzenporträts von Acker-Schachtelhalm über Fenchel, Gänse-Fingerkraut, Honigklee, Ingwer, Löwenzahn und Ringelblume bis hin zur Zwiebel. Die Pflanzenporträts sind ausgesprochen ausführlich gehalten und damit auch sehr aussagekräftig und genau. Man erfährt über die jeweilige Pflanze Geschichtliches und Botanisches, liest, wie sie angebaut und geerntet wird und welche Wirkung sie hat und auch auf welche Art und Weise sie zur Heilung eingesetzt wird. Altes Wissen wird neuem Wissen gegenübergestellt. Medizinisch relevante Details findet man in einem grün hinterlegten Kästchen. Hier kann man die Inhaltsstoffe nachlesen, die Anwendungsmöglichkeiten, erfährt, ob die Wirkung medizinisch nachgewiesen ist, bekommt Hinweise zur Dosierung, zu Neben- und Wechselwirkungen und Gegenanzeigen.
Diese Porträts sind auch sehr schön gestaltet. Neben wunderbaren Zeichnungen auf denen sich Details sehr gut erkennen lassen, findet man auch eine Vielzahl von Fotos.

Im dritten Teil des Buches werden die Erkrankungen vorgestellt, die sich erfahrungsgemäß gut mit Heilpflanzen behandeln lassen. Dazu zählen beispielsweise Erkrankungen des Bewegungsapparates, Verdauungsbeschwerden, Herz- und Kreislauferkrankungen, Erkältungs- und Atemwegserkrankungen, Hauterkrankungen oder auch seelische Beschwerden. Der Leser erhält hier natürlich auch Tipps, wann von einer Selbstbehandlung abgeraten und ein Arzt aufgesucht werden muss. Aber gerade für Befindlichkeitsstörungen und leichteren Beschwerden findet man viele hilfreiche Tipps zur Selbstbehandlung oder zur Ergänzung zur Schulmedizin.

Im Anhang findet man Literaturvorschläge, Bezugsquellen, Internetadressen, ein Glossar, eine übersichtliche Tabelle mit Beschwerden und den hier helfenden Pflanzen, ein Sachregister und Register der deutschen und botanischen Pflanzennamen.

Fazit: „Alles über Heilpflanzen“ ist ein sehr ausführlicher Ratgeber. Die Texte sind ausgesprochen detailliert gehalten, so dass man sich umfassend informiert fühlt. Die Fotos und Zeichnungen sind nicht nur sehr schön anzusehen, sondern auch sehr hilfreich, um Pflanzen im Detail kennen zu lernen.
In den Porträts werden die Pflanzen sehr genau vorgestellt. Man bekommt nicht nur Anfängerwissen präsentiert, sondern erhält ein sehr tiefgehendes, um fassendes Werk über Heilpflanzen. So kann das Buch auch gut als Nachschlagewerk für Naturheilkundler und zur Weiterbildung empfohlen werden.
Und ganz nebenbei gesagt: Man wird beim Lesen auch wunderbar unterhalten. Der Schreibstil der Autorin gefällt ausgesprochen gut.

Über die Autorin:
Ursel Bühring ist Heilpraktikerin, Krankenschwester, Naturpädagogin, Phytotherapeutin und die Gründerin und Leiterin der Heilpflanzenschule Freiburg. (www.heilpflanzenschule.de) Sie ist Autorin vieler Heilpflanzenartikel in Fachzeitschriften und Fachbüchern und tritt als Expertin für Heilpflanzen in Fernseh- und Radiosendungen auf. Außerdem ist sie seit vielen Jahren als Dozentin im In- und Ausland tätig.

Rezension von Heike Rau

Ursel Bühring
Alles über Heilpflanzen
Erkennen – anwenden – gesund bleiben
Zeichnungen von Lutz-Erich Müller
361 Seiten, gebunden, 208 Farbfotos, 71 farbige Zeichnungen, 2 Tabellen
Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart
ISBN: 978-3-8001-4979-7
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Der Rote

Der Rote

Hermann Pauli, Zoologe und Hochschullehrer an der Uni in Kiel, hat seine Forschungsreise beendet. Seine Rückreise von Neuseeland nach Deutschland steht kurz bevor. Nur die Wale will er sich noch ansehen. Viele kommen deswegen nach Kaikoura, so tritt er die Bootsfahrt mit einer Gruppe Familien mit Kindern und älteren Leuten an. Der Achtundfünfzigjährige hofft, dass ihn das etwas aufmuntert, leidet er doch seit dem Tod seiner Frau an Depressionen.

Besonders ein junger Pottwal begeistert die Touristen. Doch was fast niemand sieht, er ist verletzt. Außer ihm, dem Kapitän und einem Kind bemerkt das keiner. Hermann ist ohnehin alarmiert. Die See hat einen ungewöhnliche Farbe angenommen. Dann plötzlich, einige Seemeilen voraus, kommt es zu einem Seebeben, das aussieht wie ein Vulkanausbruch. Die See kocht, braune Fontänen bahnen sich ihren Weg in Richtung Himmel. Das Boot wird hin und her geworfen. Eine riesige Welle rast heran.

Die Menschen auf dem Boot überleben. Auch Hermann, der vom Kapitän aus seiner Bewusstlosigkeit geholt wird. An Land hat es Tote gegeben, alles ist verwüstet. Auch die Besatzung eines Forschungsbootes hat überlebt. Aber die eben noch von ihnen beobachteten Wale sind weg. Doch irgendetwas anderes ist ganz in der Nähe. Es scheint ein riesiger Kalmar zu sein, größer als ihr Boot, die „Warrior“.

Ein alter Mann erzählt Hermann von den Kalmaren, die es an der Küste zwischen South und Goose Bay angespült worden sind. Hermann, der ja ein Kalmar-Experte ist, lässt das keine Ruhe. Er begibt sich an den Strand und was er dort entdeckt, kann man ruhig als wissenschaftliche Sensation bezeichnen. Dass der Wissenschaftler bald etwas noch Spektakuläreres entdecken wird, ahnt er zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

„Der Rote“ ist ein Wissenschaftsthriller. Erzählt wird von einer Naturkatastrophe, die etwas ans Tageslicht befördert, was so ein Mensch noch nie gesehen hat. Schon das macht das Buch ungeheuer spannend.
Hauptperson der Geschichte ist Hermann Pauli, ein Wissenschaftler, dem das Leben sehr zugesetzt hat, so dass er sich schon fast aufgegeben hat. Zu leben ist ihm eine Last geworden. Er ist dennoch eine faszinierende Persönlichkeit, denn als er sich seiner spektakulären Entdeckung gegenüber sieht, packt ihn der alte Ehrgeiz und sein Forschergeist erwacht zu neuem Leben.

Seine Begeisterung springt auch auf den Leser über.
Die Story ist wirklich gut aufgebaut und wird in einem atemberaubenden Tempo erzählt. Das ist keine Fantasy, genau so etwas könnte wirklich passieren. Auf der einen Seite ist es beängstigend, auf der anderen Seite wird das Bewusstsein dafür geschärft, dass unsere Erde durchaus noch mit Unentdecktem aufwarten kann.
Die Geschichte trägt damit auch eine Botschaft, bei der es um Natur- und Artenschutz geht. Hermann Pauli ist ein Forscher. Er sieht sich aber denen gegenüber, die in Unbekanntem eine Gefahr sehen und nur an Vernichtung denken. Für Pauli beginnt damit ein Kampf, den er eigentlich nicht gewinnen kann.

Rezension von Heike Rau

Bernhard Kegel
Der Rote
544 Seiten, gebunden
marebuchverlag, Hamburg
ISBN: 978-3866480674
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Zwischenwelten

Zwischenwelten

Es gibt viele Dinge, die sich scheinbar nicht erklären lassen. Manche machen uns Angst, manche sind einfach „nur“ erstaunlich. „Zwischenwelten“ geht den mysteriösen Phänomenen nach und versucht, wo immer es geht, Erklärungen anzubieten.

Vorgestellt werden Spukerscheinungen wie Geisterfotografien, Geisterschiffe, und Geister, die in Häusern spuken. Erklärt wird, was es mit unserem sechsten Sinn auf sich hat oder wie Vorahnungen unser Leben beeinflussen, welche Macht Farben haben und was man von Glücksbringern zu halten hat. Hinterfragt wird auch, ob Katzen Pech oder Glück bringen oder ob das alles nur Aberglaube ist. Auch Naturphänomene spielen eine Rolle. Berichtet wird von der Macht des Mondes und von Kugelblitzen. Interessantes kann man auch über Seeungeheuer und Monster nachlesen. Und auch uralte Geheimnisse der Menschheit werden beleuchtet. So wird der Frage nachgegangen, ob es den Heiligen Gral tatsächlich gibt. Erklärt wird auch, was man über Steinkreise wie Stonehenge weiß. Auch seltsame Wunder werden im Buch aufgezeigt. So geht es um Wundermittel oder Wünschelrutengänger. Wer wissen will, was es mit den seltsamen Kornkreisen auf sich hat, findet ebenfalls interessante Informationen mit Erklärungsversuchen. Gesprochen wird auch über Ufos und Außerirdische.

„Begegnungen mit dem Übersinnlichen“ sind faszinierend. Die Autorin hat viele entsprechende Phänomene, seltsame Erscheinungen und beunruhigende Vorkommnisse im Buch zusammengefasst und diese in kurzen Texten dargestellt. Nur weniges wird wissenschaftlich hinterfragt. Nur zu wenigen Phänomenen findet man Erklärungsversuche, aber oftmals bleiben diese das, was sie sind, nämlich mysteriös. Hier bleibt viel Raum für eigene Spekulationen. Und doch macht sich ein wenig Unmut breit, denn viele Phänomene zu denen es durchaus noch eine Menge zu sagen geben würde, bleiben unkommentiert.

Das Buch ist aufwändig mit Fotos und Grafiken illustriert. Die Gestaltung ist sehr aufwändig. Das Buch ist großformatig, die Seiten aus stabilem Fotokarton. Auch die Seitengestaltung mit Texten in verschiedenen Schriftarten auf farbigem Hintergrund gefällt. Das Cover erfüllt die Erwartungen an das Buch.

Mit dem Buch bekommt man einen umfassenden Überblick über unheimliche Phänomene und Vorkommnisse unserer Welt. Es regt die Fantasie an und öffnet die Augen für das Übersinnliche. Viele der Beschreibungen sorgen für Gänsehaut und andere wecken tiefgehendes Erstaunen oder sie zeigen, wie weit der eigene Aberglaube reicht.

Rezension von Heike Rau

Judy Allen
Zwischenwelten
Begegnungen mit dem Übersinnlichen
Aus dem Englischen von Uwe Müller
144 Seiten, gebunden
Loewe Verlag, Bindlach
ISBN: 978-3785560068

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Stella

Stella

Patrick McGrath Stella BvT ISBN 3833304871

In einer geschlossenen psychiatrischen Klinik mit den Ärzten, der Familie und mit dem Betreuungspersonal zu leben, das gehört sicher nicht zu den schönsten Lebensformen, die sich eine junge Frau mit Mann und Sohn wünscht!

Stella lebt mit ihrer Familie im ländlichen Süden Londons in einer solchen Einrichtung. Sie hat sich mit ihrem Sohn Charlie, einem etwas dicklicher Junge, und mit ihrem Mann Max, stellvertretender Direktor der Klinik, in einem alten Haus eingerichtet, das auf dem Gelände der Anstalt steht.

Stella ist nicht sehr froh. Max ist ein stiller, in sich gekehrter Mann, der ganz seiner Arbeit lebt.
Als Stella eine Tages Edgar Stark sieht, einen Patienten, der als Vergünstigter im Außenbereich arbeiten darf, fühlt sie sich ungemein von ihm angezogen. Er soll den verwilderten Garten der Familie herrichten. Sie kann sich die Anziehung nicht erklären.
Was sie nicht weiß: Edgar ist Bildhauer und hat eines Tages seine Frau mit einem Hammer erschlagen. Die Diagnose lautete: Schizophrenie. Er ist deshalb für fünf Jahre hier eingeliefert worden.
Er hatte den Kopf seiner Frau modelliert. Der Idealisierung der geliebten Frau folgte eine Desillusionierung, bei der sich die von ihm vermutete Untreue seiner Frau in seiner Phantasie zu einer unabänderlichen Realität steigerte, die ihn zum Totschlag veranlasste.

Edgar und Stella kommen sich schnell näher und es kommt zu einer unmöglichen sexuellen Begegnung. Stella verfällt ganz dem Charme und der Anziehung von Edgar. Eine sexuelle Besessenheit ergreift beide.
Stella beginnt ein Doppelspiel, das ungeahnte Folgen zeitigt.

Neben den anderen Ärzten gibt es noch den Psychiater Peter, der in seiner Art wie ein guter Geist über den anderen schwebt und weitsichtig Dinge durchschaut, die andere nicht sehen. Er spricht in diesem Buch über die Geschichte, die sich ereignet hat und die, wie er sagt, zu den traurigsten gehört, die er je erlebt hat.

Die Bedeutung des Romans liegt in der sachkundigen Beschreibung der zwischenmenschlichen Emotionen und der krankhaften Wahnideen, die nach außen unter einem fast normalem Verhalten kaschiert bleiben.
Die psychiatrischen Analysen, die Gespräche zwischen den Ärzten und ihre eigenen Persönlichkeiten werden in allen Einzelheiten beobachtet und protokolliert. Jeder, auch der gut ausgebildete Psychiater, hat seine Schwachstellen. Wie er sie in sein Leben einbaut und zum Nutzen der Patienten anwendet, das wird einleuchtend erzählt.
Die Beobachtungen beruhen auf genauer Kenntnis der versteckten und verborgenen psychischen Merkmale, die im einzelnen Menschen schlummern.

So ist ein Psychothriller entstanden, der immer nahe an der Realität, auch an der von psychotischen und schizophrenen Patienten, entlang streift.
Man sieht gebannt, wie Wahnideen entstehen, und andere in den Sog solcher Pathologien hineingezogen werden. Die frustrierte Stella, hübsch, anziehend und erotisch ausgehungert, passt genau als Opfer zu dem kranken Täter Edgar.

Fesselnd, überzeugend und faszinierend erleben wir die Welt der geistig gestörten Persönlichkeiten und die Fähigkeiten von Peter, mit weisem Blick vorauszusehen, wie eine Leidenschaft sich zum Kriminalfall entwickelt. Auch der Psychiater Peter fällt zuletzt herein, weil er nach den Regeln der Psychoanalyse die Übertragung missachtet. Allen Warnungen zum Trotz läuft Stella in ihr Unglück!

Das Buch ist spannend, phantasievoll, intelligent und ernsthaft in seinem Sujet.

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Tausend strahlende Sonnen

Tausend strahlende Sonnen

Khaled Hosseini Tausend strahlende Sonnen

Bloomsbury ISBN 3827006716

Mariam wird mit 15 Jahren nach Kabul an einen 30 Jahre älteren Mann verheiratet.
Was für eine traumatische Erfahrung!

Sie ist ein starkes Mädchen. Nach der unehelichen Geburt musste sie mit ihrer Mutter auswärts in einer kleinen Hütte leben.
Den Vater, der sie häufig besuchte, liebte sie abgöttisch und glaubte an ihn.
Leider ist er ein schwacher Mann, der schon mit drei Frauen verheiratet und mit vielen Kindern gesegnet ist.
Als sich Mariams Mutter aus Einsamkeit und Verlassenheit das Leben nimmt, verheiratet er seine verwaiste uneheliche Tochter umgehend mit einem Schuhmacher aus Kabul.
Die Ehe bleibt ungewollt kinderlos.

Zur gleichen Zeit lebt in Kabul Laila, 9 Jahre alt und jüngstes Kind ihrer Eltern, die schon zwei ältere Söhne haben. Sie spielt und tollt auf geschwisterliche Weise mit dem Nachbarjungen Tarik, der ihr liebster Freund ist.
Sie wird von der Familie geliebt, verwöhnt, darf lernen und hängt in besonderer Weise an ihrem Vater, einem Lehrer.

1973 wird die Monarchie in Afghanistan gestürzt.

Kriegerische, verbrecherische und wechselnde Kriegsherren stürzen das Land in Chaos und die Menschen in Verzweiflung.

Die Wege der beiden Frauen Mariam und Laila kreuzen sich, nachdem der Krieg Laila aus der Bahn und aus allen Bezügen wirft. Ihre einzige Rettung ist eine Ehe mit Raschid, der sie heiß begehrt, inzwischen aber über 60 Jahre alt ist!
Sie wird seine Zweitfrau neben Mariam.

Die beiden Frauen sind sich zunächst spinnefeind. Erst als Mariam merkt, dass Laila aus Not gehandelt hat, gehen die beiden Frauen eine Alliance ein. Sie erleben die gräßlichsten Mißhandlungen durch einen Mann, der enthemmt seinem Zorn und seiner Grausamkeit frönt, wenn er nur den geringsten Anlass dafür sieht.

Nach einer Tochter bekommt Laila noch einen Sohn. Mit der Tochter Aziza hat es eine besondere Bewandtnis.

Wie in seinem Roman beschwört Khaled Hosseini die grausamen Zeiten der Kriege und die Untaten der Taliban herauf.
Indem er sie am Leben und Ergehen von personifiziert Handelnden darstellt, gewinnt die Schilderung an Aktualität und Authentizität.

Er beschreibt die Verfolgungen, die Ausgangssperre und das Verbot aller Vergnügungen im Lande, wie es von den Taliban verfügt wurde. Der Leser bekommt eine bizarre Vorstellung von einer ganz und gar anderen Welt als der aufgeklärten, in der wir uns befinden. Eine Starre aus Mord und Terror liegt über Afghanistan.
Die Zerstörungswut kennt keine Grenzen.

Für den Leser wird die ferne Realität des Talibanregimes im Roman zu einer anschaulichen Reise in die Vergangenheit eines geplagten und verwüsteten Landes, das bis heute zu keiner Normalität gefunden hat.
Die erstaunlichen Wendungen zum Guten und die unwahrscheinlichen Wiedersehenszenen gleichen einem modernen Märchen. Dass unter diesen Umständen sogar noch ein Happy Ende zustande kommt, ist der Fabulierkunst des Autors zu verdanken.

Dramatisch, spannend und faszinierend ist der Roman von Khaled Hosseini, der sein Land längst verlassen hat und in Kalifornien lebt.

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Der Pirat von Barataria

Der Pirat von Barataria

Im Jahre 1810. Die Geschwister Kelly, Henry und Bobby können, nun wo ihr Vater verstorben ist, nicht länger in ihrer Heimat St. Louis bleiben. Victor Leroux, ein Freund des Vaters, den die Kinder allerdings nicht kannten, ist bereit, die Kinder aufzunehmen. So ist die kleine Gruppe unterwegs mit dem Schaufellraddampfer auf dem Mississippi. Es geht südwärts nach New Orleans.

Als Henry ein Gespräch belauscht, dass Leroux mit einem Fremden führt, wird sein Misstrauen geweckt. Kelly soll offensichtlich mit Leroux Sohn Armand verheiratet werden. Das klingt allerdings so abwegig, dass Kelly der Geschichte keinen Glauben schenken kann. Doch in der Nacht werden die Kabinen der Kinder durchwühlt. Der Dieb entkommt.

Maison Leroux ist ein düsteres Gemäuer. Sich im Haus heimisch zu fühlen, fällt den Kindern nicht gerade leicht. Ohnehin kommen sie sich in den Südstaaten fremd vor. Armand macht Kelly tatsächlich den Hof. Kelly fühlt sich geschmeichelt, während Henry die Situation nur schwer ertragen kann. Bald wird Kelly offenbart, dass eine Heirat arrangiert ist. Sie erklärt sich einverstanden, denn nur so, kann sie ihren Brüdern ein Zuhause sichern.

Henry hat weiter Bedenken und davon will er seine Schwester überzeugen. Ohne Beweise wird das jedoch nichts. Zusammen mit seinem Bruder Bobby steigt er hinunter in den verbotenen Keller. Dort finden die beiden Spuren von Jean Lafitte. Ihr verstorbener Vater wusste viele Geschichten über den berüchtigten Piraten zu erzählen. Dass die Geschwister den Schlüssel zu seinem Piratenschatz haben, ahnen sie zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht.

„Der Pirat von Barataria“ spielt sich nicht auf einem Piratenschiff ab. Vielmehr geht es um das Erbe von Jean Lafitte, also seinem bisher unentdeckt gebliebenen Piratenschatz, zu dem die Kinder den Schlüssel besitzen. Davon ahnen diese allerdings zunächst nichts. Victor Leroux weiß da schon mehr, er glaubt, die Kinder halten eine Schatzkarte versteckt. Mit allen Mitteln versucht er zusammen mit seinem Sohn an diese heranzukommen.

Der Autor erzählt die Geschichte auf eine sehr spannende Art und Weise. Keine Minute ist langweilig, im Gegenteil, es gibt Szenen, das stockt einem der Atem, so unheimlich wird es.

Die Kinder sind sechzehn, dreizehn und acht Jahre alt, wobei Henry der Mutigste ist. Er ahnt, was gespielt wird, jedoch fehlen ihm die Beweise, so dass er gezwungen wird, ein Wagnis einzugehen. Der kleine Bobby ordnet sich seinem Bruder unter, folgt ihm, gewinnt im Laufe der Geschichte jedoch an Selbstvertrauen. Ihre Schwester Kelly erkennen die beiden bald nicht mehr wieder, weil sie nach der Pfeife der Leroux’ tanzt und allen Problemen aus dem Weg gehen möchte. Die Charaktere sind also alle sehr lebendig geschildert, man entwickelt sehr schnell Interesse für sie.

Auch die historischen Hintergründe sind gut recherchiert und bilden somit den perfekten Hintergrund für die Geschichte.
Das Buch ist ein Leseerlebnis. Die Schatzsuche ist äußerst spannend und gefahrvoll.

Rezension von Heike Rau

Michael Peinkofer
Der Pirat von Barataria
303 Seiten, gebunden
Verlag Carl Ueberreuter, Wien
ISBN: 978-3800053551
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Wetter & Klimaphänomene

Wetter & Klimaphänomene

Was gibt es Interessanteres, als über das Wetter zu reden? Jeden Tag ist es unser Begleiter, ob es nun regnet oder die Sonne scheint oder ob es uns mit Aufsehen erregenden Phänomenen überrascht. Um Naturerscheinungen geht es in dieser zweiten und völlig neu überarbeiteten Auflage.

Der Leser erfährt, warum der Himmel blau ist, wie ein Regebogen entsteht, wann sich Schäfchenwolken bilden, wie Eiszapfen zustande kommen und was eine Fee mit einer Fata Morgana zu tun hat. Ganz alltäglich Phänomene werden genauso beleuchtet, wie seltene. Das Wetter in all seinen Facetten wird beschrieben.

Für alle am Wetter interessierte Menschen ist das Buch eine hervorragende Informationsquelle, um die vielfältigen Wettererscheinungen aus den Bereichen Sonnenstrahlung, atmosphärische Optik, Wärmestrahlung, Ausbreitung von Luftinhaltsstoffen, Föhn, Nebel, Regen Schnee, Hagel, Gewitter, Eis, Wind und Sturm in ihrem Zustandekommen verstehen zu lernen. Und natürlich wird auch der Klimawandel thematisiert. Viele Geheimnisse der Meteorologie werden gelüftet.

Die Texte sind sehr verständlich gehalten und daher auch für Laien sehr gut lesbar. Das Besondere am Buch sind die vielen Fotos. Man sieht das Alpenglühen, seltsame Lichtreflexionen auf Wasseroberflächen, einen Doppelregenbogen, ein Brockengespenst im Nebel, eine Luftspiegelung auf dem Feldberg im Schwarzwald, ein nebelerfülltes Tal bei Inversionswetterlage, Eiskristalle an Glasscheiben, Dünnschnitte großer Hagelkörner und vieles mehr.
Da wo kein Foto zur Verfügung steht, weil manche Phänomene nun mal extrem selten sind, wird es durch das Bild eines Laborexperimentes ersetzt. Und jedes Fotos wird genau erklärt. Auch wie es entstanden ist, also unter welchen Vorrausetzungen, wird beschrieben. Das dürfte gerade Hobbyfotografen freuen, die es sich zum Ziel gemacht haben, Wetterphänomene einmal abzulichten.

Das Buch besitzt Klappen. Hier kann der Leser alles über die zwölf Windstärken erfahren und er bekommt anhand eines Beispiels die Wetterkarte erklärt.

Fazit: Ein wirklich interessantes Buch für alle, die sich für das Wetter und seine Phänomene interessieren und die sich verständliche, gut nachvollziehbare Informationen hierzu wünschen.

Rezension von Heike Rau

Hans Häckel
Wetter & Klimaphänomene
336 Seiten, 315 Farbfotos, 49 Zeichnungen
Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart
ISBN: 978-3-8001-5414-2
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Zugzwang

Zugzwang

Ronan Bennett Zugzwang Bloomsbury Berlin
ISBN 3827006813

Im den vorrevolutionären Jahren um 1914 geht es in Petersburg ungemütlich zu.
Dr. Otto Spethmann, ein Psychoanalytiker, betreibt eine gut gehende Praxis Petersburg. Hier finden Patienten Hilfe in seelischer Not.
Leider erweisen sich einige von Spethmanns Patienten in vielfache revolutionäre Machenschaften verstrickt.

Die Vorzeichen der Revolution sind allenthalben spürbar.
Geheimdienste des Zaren, Bolschewiki, Kriminelle,–hier tritt jeder mit eigenen Zielen an und bekämpft den anderen.
Die murrenden, sich auflehnenden Revolutionäre bereiten den Sturz des Zarenreichs vor. Man will die Gunst der Stunde zu einem Komplott nutzen und das Zarenregime durch ein Attentat beenden. Im Zentrum steht ein spektakuläres Schachturnier, bei dem auf perfide Art und Weise eine Entscheidung fallen soll. Vorbild ist das epochale Petersburger Schachturnier von 1914, bei dem erstmals Großmeister ermittelt wurden.
Einige der wichtigsten Protagonisten stammen aus dem polnischen Judentum. Ihnen wird eine besondere Rolle zu eigenem politischen Nutzen zugedacht.

Die gesponnenen Intrigen sind unzählbar. In den Vorstellungen der Drahtzieher sind alle Mitspieler nur Marionetten zur Erreichung des angepeilten Ziels.

Anhänger der sich bekämpfenden Gruppierungen suchen bei Spethmann Hilfe,–und trachten danach, sein Wissen über den jeweiligen Gegner auszuspionieren. Spethmann gerät mit den Regeln der Psychoanalyse in Konflikt, wenn er zu Aussagen über seine Patienten von der einen oder anderen Seite gedrängt wird. Unwillentlich gerät er in den Mittelpunkt der Intrigen.

Verfolgungen, Morde und konspirative Treffen führen den Leser in die Irre. Man weiß nicht, wer auf welcher Seite steht, und wer mit wem zusammenspielt.
Spethmann gerät in Zugzwang wie beim Schachspiel und muß um sein Leben bangen.
Mit Phantasie und Einfallsreichtum ist die Geschichte ausgestattet. Liebe, Mord, Täuschungen und Begegnungen führen zu laufendem Szenenwechsel. Das Schachspiel als Parabel auf das Leben gibt der Geschichte einen anspruchsvollen Anstrich.
Für Schachspieler bietet das Buch den besonderen Anreiz, dass Schachpartien in Bild und Gespräch abgebildet werden.

In rasantem Tempo wechseln Handlungsstränge und Schauplätze.
Verwegen und verwinkelt bewegt sich die Handlung auf ein Ende zu, das unerwartet, passend und sogar realistisch aussieht.

Da man mit den politischen Verhältnissen in Russland vor der letzten Revolution von 1917 konfrontiert wird, rückt ein Stück damaliger Zeitgeschichte ins Blickfeld.

Ronan Bennett hat den filmreifen Roman mit vielen Tricks zu einem spannenden Politthriller ausgearbeitet.

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East Side Story

East Side Story

Louis Auchincloss East Side Story Dumont
ISBN 383218029X

Der Roman über die Familie Cornachon bietet das Panorama einer weit verzweigten Familie der New Yorker oberen Mittelschicht.

Die Geschichte begann mit David Cornachon, der als Auswanderer Anfang des 19. Jahrhunderts aus Schottland nach New York kam. Er machte ein Vermögen mit dem Tuchhandel.
New York mit seinem aufstrebenden Wirtschaftswachstum bot die Möglichkeit, mit ausgeklügelten Handelssystemen zu Ansehen und Reichtum zu gelangen.
Über ein Jahrhundert reicht die hier erzählte Geschichte. Sie umfasst die Epoche vom amerikanischen Bürgerkrieg bis zum Desaster von Vietnam.

In jedem Kapitel wird eine Figur des Clans in den Focus gerückt und beleuchtet Glück, Freude, Versagen und Erfolge einzelner Familienmitglieder.
Diese Einteilung ermöglicht uns die Sicht aus unterschiedlichen Blickrichtungen.

Als David 1869 starb, hinterließ er Frau und neun Kinder. Dem Sohn Douglas gelang es als einzigem, eine zahlreiche Nachkommenschaft hervorzubringen.

Das Vermögen wurde durch eigene Arbeit und die Einheirat in begüterte Familien vermehrt.
Während die einzelnen Familienmitglieder aus dem Hintergrund hervortreten, weitet sich der Blick auf das Amerika, das einmal Hoffnung und Zukunft für viele europäische Einwanderer bot.
Große Häuser, mehrere Wohnsitze und zahlreiche Besitzungen geben Einblicke in den wachsenden Reichtum.
Es folgte der Bürgerkrieg, der zu Meinungsverschiedenheiten unter den Kindern von Douglas und dem Verlust eines Sohnes führte. Die Familie hält über alle Differenzen hinweg zusammenhält.
Die Konkurrenz und Machtproben zwischen den Enkeln von David sorgen für Überraschungen: die Vettern David, James und Gordie sind Konkurrenten in der Schule, im Studium und im Leben. Man bleibt sich dennoch eng verbunden! Fein beobachtet werden die psychologischen Machtspielchen und die Manipulation der Stärkeren gegen die Schwächeren vermerkt.
Es ist ein weit gefasstes Arsenal von Anspruch und Verwirklichung, von Unterwerfung und Zurückstecken!

Heiraten werden selten aus Liebe, häufiger aus Kalkül um Macht und Geld geschlossen.
Man besitzt gut gehende Anwaltskanzleien, ist im Bankwesen und in der Werbung tätig.

Auchincloss hat das Klima um die Familie wunderbar ergründet und wiedergegeben, entstammt er doch selber einer etablierten Ostküstenfamilie.
Man ist fasziniert, wie sehr sich die Ostküstengesellschaft Amerikas einen eigenen Kodex zugelegt hat, der das europäische Gesellschaftssystem von Adel und Bürgertum imitiert. Hier allerdings ist das Geld der Mammon, um den sich alles dreht. Dazugehören, Mitsprache, Ämter und Patronage sind die Merkmale der feinen Gesellschaft. Bildung rangiert hiernach erst an zweiter Stelle. Gordie, der gerne Schriftsteller geworden wäre, muß den obligaten Weg des Juristen einschlagen, um mithalten zu können.

Es sind starke, reiche, sensible, feine und labile Charaktere, die in allen Facetten Amerika als das Land der einstmals großen Hoffnungen und des Aufbruchs in eine neue Welt ins Rampenlicht rückt. Auchincloss schreibt beseelt von einer Welt, die er kennt, die er liebt, und die ihm wichtig war. Auch dem Leser imponieren die großartigen Entwicklungen, die unterschiedlichen Charaktere und der immer wieder spürbare Zusammenhalt in der Familie. Geistreich, klug und ernst sind die Gespräche und der Gedankenaustausch zwischen den Menschen.
Der amerikanische Bürgerkrieg, die beiden großen Weltkriege und der Vietnamkrieg verändern die Betrachtungen über die Zusammenhänge des politischen und gesellschaftlichen Wandels.
Eine unleugbare Melancholie klingt an, wenn Auchincloss noch einmal den Weg in die Vergangenheit zurücklegt.

Auchincloss war selber Anwalt in New York, wo er 1917 geboren wurde. Er hat etwa 60 Romane neben seiner anwaltlichen Tätigkeit veröffentlicht.

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Flucht aus Sibirien

Flucht aus Sibirien

Annamaria hat die Familie verlassen und ist nach Moskau gegangen. Ihrem Bruder hat sie versprochen, ihn nachzuholen. Einmal noch meldet sie sich telefonisch, gibt ihre Adresse durch und eine Telefonnummer.
Als Nikolai endlich das Geld für einen Rückruf zusammen hat, wird er schwer enttäuscht. Unter der Nummer ist seine Schwester nicht mehr zu erreichen. Nikolai schreibt einen Brief, doch auf eine Antwort wartet er vergeblich.
Doch Nikolai will der Armut und seinem trinkenden Vater entkommen. So wandert er einfach los, nur sein Hund Tol ist bei ihm. Über 10.000 km liegen vor ihm und es ist Winter.

Im Wald trifft er auf Wilderer, die ihm beinahe seine Hoffnung nehmen, seine Schwester zu finden. Aber als sie ihm anbieten, ihn ein Stück mit ihrem Pferdeschlitten mitzunehmen, willigt er ein. Die Männer sind ebenfalls arm und leiden Hunger. Nikolais Hund würde sich gut in ihrer Suppe machen. Weil Nikolai sich wehrt, kommt es zu einer Schießerei. Es gelingt ihm wegzulaufen. Doch unterwegs greifen ihn Wölfe an. Einem Mädchen hat er es zu verdanken, dass er auch dies überlebt. Zuhause bei ihr und ihrem Großvater darf er bleiben, bis er wieder gesund ist.

Die Wilderer finden heraus, wo Nikolai ist. Sie wollen das Gewehr holen, das der Junge mitgenommen hat. Die Männer gehen so rigoros vor, dass der Großvater stirbt. Nikolai und das Mädchen Alek wollen nun zusammen weiterreisen. Zunächst bis Wladiwostok. Aber auch gemeinsam wird die lange Reise nicht einfacher.

Der Autor beschreibt die gefahrvolle Reise zweier Jugendlicher quer durch Russland. Beide, in großer Armut aufgewachsen, wollen ihren Traum von einer besseren Zukunft erfüllen und zwar in Moskau. Dass dies möglich ist, haben sie gehört. Keiner von beiden hat eine Vorstellung davon, wie weit die Reise tatsächlich ist und was sie wirklich erwartet. Der Leser kann sich an einer Karte orientieren. Eigentlich ist es unmöglich solch eine Strecke zu bewältigen.
Doch der Autor stellt hier zwei sehr mutige Protagonisten vor, die willensstark und die bereit sind, alles zu tun, um ihr Ziel zu erreichen. Man bekommt sehr tiefgehende Einblicke in ihre Gefühle und ihr Denken. Oft ist das Glück an ihrer Seite, aber genauso oft ist auch ihr Leben in Gefahr.

Geschrieben ist das Buch in einem sehr leicht lesbaren Stil. Der Autor baut eine Spannung auf, die begeistert. Man fiebert mit Nikolai und Aleksandra mit, hofft mit ihnen und leidet mit ihnen. „Flucht aus Sibirien“ ist ein mitreißendes Leseerlebnis.

Rezension von Heike Rau

Werner J. Egli
Flucht aus Sibirien
256 Seiten, gebunden
Verlag Carl Ueberreuter
ISBN: 978-3800053469
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