Mind Management

Mind Management

Stress im Berufsleben und im Alltag ist heute fast jedem von uns gegenwärtig. Man kennt das, wenn man nicht mehr klar denken kann, angespannt und aufgeregt ist und sich unwohl und schlecht gelaunt fühlt. In solch einem Zustand ist konzentriertes Arbeiten kaum noch möglich. Die Kreativität ist weg. Die Kommunikationsfähigkeit ist eingeschränkt. Probleme zu lösen, fällt unglaublich schwer. Man ist gefangen in einem Gedankenstrudel und tritt auf der Stelle.

Mind-Management ist ein Bewusstseinstraining, das, so versprechen die Autoren, leicht erlernbar und praktisch von jedem anwendbar ist. Trainiert wird zuerst die Wake-Up-Technik und dann darauf aufbauend der Take-Charge-Prozess. Schritt für Schritt erklären die Autoren die auswendig zu lernenden Fokussätze mit ihrer assoziativen Kraft und erläutern, was man damit erreichen kann.

Mind-Management ist, so könnte man sagen, ein Entspannungstraining, aber auch ein Konzentrationstraining, bei dem der Anwender lernt, seinen Gedanken eine neue Richtung zu geben, weg von allem Negativen hin zum Positiven. Statt sich in Gedankenspiralen, die nicht zur Lösung eines Problems führen, zu verstricken, lernt man seine Gedanken positiv zu beeinflussen. Die im Körper vorhandene Energie wird nicht länger vergeudet, sondern gezielt eingesetzt, also auf das Hier und Jetzt gelenkt.

Die Autoren überzeugen mit ihrem Buch, auch wenn sie es mit ihrer Vorrede ein bisschen übertreiben. Diese ist einfach zu lang. Auch wird schon Gesagtes zu oft wiederholt. Aber vielleicht ist das auch Absicht. Der Leser merkt sich Inhalte besser, desto öfter er sie hört. Man kann dann kaum noch erwarten, dass es richtig los geht.
Das Erlernen der Methode ist nicht schwierig. Man braucht lediglich den festen Willen regelmäßig zu trainieren. Durchhaltevermögen wird dabei nicht einfach vorrausgesetzt. Die Autoren tun alles, um den Leser zu motivieren, dran zu bleiben. Hat man die Fokussätze aber erst ein mal verinnerlicht, was ein paar Wochen dauern kann, sind erste Erfolge zu erwarten. Hexerei ist das nicht. Dass Menschen, die positiv denken, besser durchs Leben kommen, ist bekannt. Sich dahingegen selbst in diese Richtung zu beeinflussen ist ein Lernprozess. Doch mit dem Buch kann man es schaffen.

Über die Autoren:
John Selby wurde 1945 geboren. Er ist Doktor der Theologie, Unternehmensberater, Psychologe, Persönlichkeitstrainer und Autor. Er lebt auf Hawaii.

Paul Hannam studierte Geschichte und Politikwissenschaften. Er ist seit zwanzig Jahren als Berater für Wirtschaftsunternehmen und gemeinnützige Organisationen tätig und unterrichtet als Gastprofessor an der Universität Oxford.

Rezension von Heike Rau

John Selby / Paul Hannam
Mind Management
Das Praxisbuch
Aus dem Englischen von Bettina Lemke
159 Seiten, Klappenbroschur
dtv premium
Deutscher Taschenbuch Verlag, München
ISBN: 3-423-24522-0
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Dinosaurier von A-Z

Dinosaurier von A-Z

Der erste Vorfahr der Dinosaurier könne der 30 cm lange Archosaurier, der einem kleinen Raubdinosaurier ähnlich sah, gewesen sein. Er lebte in Südamerika vor 230 Millionen Jahren. Einige Millionen Jahre später entwickelten sich dort die ersten Raubdinosaurier oder Theropoden. Zur gleichen Zeit erschienen die ersten Dinosaurier, zu deren Nahrung auch schon Pflanzen gehörten.

Die Einträge im Buch sind alphabetisch geordnet, von Abstammungslehre bis Zähne. Man findet die ausführlichen und sehr interessanten Porträts aller bekannten Saurierarten mit kurz gefassten Steckbriefen, aber auch Einträge über Fortpflanzung, Körperbau und Untergang den Dinosaurier. Es gibt einen Stammbaum der Wirbeltiere, eine Übersicht der Dinosaurier mit den wichtigsten Hauptgruppen, Darstellungen der Erdkugel nach Zeitalter, eine Karte mit Fundorten von versteinerten Überresten von Dinosauriern und vieles mehr. Auch welche Wissenschaftler sich um die Dinosauriererforschung verdient gemacht haben oder welche Aussagen sie mit Hilfe der Fossilienfunde machen konnten, wird erzählt.

Blättert man in dem sehr schön gestalteten und aufwändig illustrierten Buch fühlt man sich wie auf einer Entdeckungsreise. Die Zeichnungen sind sehr detailreich. So sieht man gut, wie die Saurier einst ausgesehen haben könnten. Dazu kommt, dass der neuste Forschungsstand zum Tragen kommt. Es ist interessant zu erfahren, was die Wissenschaftler Neues entdeckt haben oder wo sie auch mal ihre Meinung auf Grund neu gewonnener Erkenntnisse revidieren mussten. Die Texte sind gut durchstrukturiert und sehr gut lesbar geschrieben. Selbstverständlich lassen sich viele Fachbegriffe oder lateinische Namen finden, aber diese werden immer sofort erklärt bzw. übersetzt. So findet man beispielsweise in Steckbriefen auch immer die deutschen Namen der Saurier. Außerdem gibt es zwei Seiten mit Worterklärungen und ein Register. Auch das Verweissystem lässt sich gut nutzen.

Rezension von Heike Rau

Dinosaurier von A-Z
Arten, Verhalten und Lebensräume
Illustrationen von Betti Ferrero
140 Seiten, gebunden, durchgehend farbig illustriert
ab 8 Jahren
Ravensburger Buchverlag
ISBN: 3-473-55101-5
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Charlie Bone und das Schloss der tausend Spiegel

Charlie Bone und das Schloss der tausend Spiegel

Die Sommerferien sind gerade zu Ende. Für Charlie beginnt das neue Schuljahr. Billy, der die Ferien in der Bloor Akademie verbringen musste, hat etwas Seltsames zu erzählen. Er will in der letzten Nacht ein Pferd am Himmel gesehen haben. Keine Wolke, die aussieht wie ein Pferd und auch kein Sternenbild, sondern ein echtes Tier. Draußen liegt tatsächlich etwas Merkwürdiges in der Luft. Charlie spürt die Anwesenheit des Geisterpferdes, ohne es zu sehen.

Dann ist auch noch Charlies Trompete weg. Und der Musiklehrer Mr. Pilgrim wurde durch den unsympathischen Mr. Ebony ersetzt, der selbst das Kündigungsschreiben Mr. Pilgrims überbracht hat. Manfred, von dem Charlie gedacht hat, ihn nie wieder sehen zu müssen, ist zur pädagogischen Hilfskraft aufgestiegen. Er brummt Charlie eine Strafarbeit auf, abzugeben in seinem Büro, von dem allerdings keiner weiß, wo es sich befindet. Manfred spricht in Rätseln. Zum Glück kann Lysander diese lösen.

Für Billy scheint sich eine langgehegte Hoffnung erfüllen. Endlich ist eine Familie gefunden und Billy soll adoptiert werden. Als Charlie in Manfreds Büro ein Foto von Mr. und Mrs. Grey findet und seine Gabe nutzt, die beiden zu belauschen, findet er allerdings heraus, dass das Ehepaar Kinder nicht mag. Doch kann er das niemanden anvertrauen. Ehe er sich versieht, ist er im Büro eingeschlossen. Dr. Bloor lässt ihn nach langer Zeit wieder raus. Zu spät, um seine Freunde zu informieren oder Billy zu warnen.

Charlie erfährt, dass das Geisterpferd das Resultat eines misslungene Versuches der Bloors ist, einen Ahnen auferstehen zu lassen. Manfred macht glaubhaft, dass das Pferd hinter Charlie her ist. Charlie weiß, wie gefährlich die Sache für ihn werden kann. Schließlich wurde sein Vater aus dem Weg geräumt, weil er gegen die Bloors gekämpft hat. Charlie glaubt, dass sein Vater noch lebt. Wieder geht er ein Wagnis ein, um ihn zu finden.

Charlie muss aufpassen, in dem ganzen Durcheinander nicht den Überblick zu verlieren. Das Gleichgewicht zwischen den Guten und den Bösen in der Bloor Akademie gerät gefährlich ins Wanken. Nur ein Mädchen mit einer Sonderbegabung kann hier helfen, doch es muss erst überzeugt werden.

Es ist diesmal schwer, die Geschichte zusammenzufassen, so vielschichtig ist sie. Immer wieder geht die Geschichte in eine ungeahnte Richtung und Szenen enden nicht so, wie erwartet. Viele unterschiedliche Handlungsstränge werden verwoben, einige bleiben offen. Es geht sehr turbulent zu bei Charlies viertem Abenteuer. Dennoch verliert man den Faden nicht, zumindest wenn man die anderen Bände gelesen hat. Denn dann sind alle Figuren hinreichend bekannt und leicht einzuordnen. Es wird wieder richtig dramatisch. Die Sache mit dem Geisterpferd ist sehr mysteriös und sorgt für Gruselgefühle.
Aber Charlie hat sich diesmal mit einer Vielzahl von Problemen herumzuärgern. Der Schulalltag gerät damit ins Hintertreffen.
Im Raum steht auch wieder die Frage nach dem Verbleib von Charlies Vater. Die Hinweise, dass Lyell Bone noch lebt, verdichten sich. So kommt Charlie seinem Vater im Schloss der tausend Spiegel so nah wie nie zuvor.
Der Autorin gelingt es, die Spannung das ganze Buch hindurch hoch zu halten. Auch dieser Band ist wieder so unterhaltsam, dass man ihn, hat man einmal angefangen zu lesen, nicht mehr aus der Hand legen kann.
Über die Autorin:
Jenny Nimmo spielte nach ihrem Schauspielstudium Kindertheater und arbeitete beim Rundfunk. Ihr erste Kinderbuch erschien 1975. Ihre Bücher wurden mehrfach mit dem britischen „Smartie-Award“ für Kinderliteratur ausgezeichnet und teilweise fürs Fernsehen verfilmt. Die Autorin lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in einer alten Wassermühle in Wales.
Rezension von Heike Rau

Jenny Nimmo
Charlie Bone und das Schloss der tausend Spiegel
Aus dem Englischen von Cornelia Holfelder-von der Tann
336 Seiten, gebunden
ab 10 Jahren
Ravensburger Buchverlag
ISBN: 3-473-34476-1
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Ursula Isbel: Spuk in Grey Hill House

Ursula Isbel: Spuk in Grey Hill House

Merle soll die Ferien in einem echten englischen Spukhaus verbringen. Dort lebt ihr Stiefbruder Phillip bei Freunden, um ein Buch über Geistererscheinung zu schreiben. Merle kann ihm beim Schreibkram helfen und sich so nebenbei etwas verdienen. Auch Lord und Lady Grey und ihr Sohn Simon haben gegen einen weiteren Gast nichts einzuwenden.

Das große Herrenhaus ist alles andere als wohnlich und auch die Gästewohnung ist regelrecht heruntergekommen. Die Greys und ihr Sohn sind dann aber doch überrascht, als sie Merle zum ersten Mal sehen. Die Ähnlichkeit zu Amelie, deren Porträt im kleinen Salon hängt, ist verblüffend. Lady Amelie spukt schon seit geraumer Zeit im Haus umher und wurde schön des öfteren von den Hausbewohnern gesichtet. Da sie immer in einen grauen Nebel gehüllt erscheint, wird sie die Graue Lady genannt.

Die Graue Lady war unglücklich verheiratet und sehr jung gestorben. Die Ähnlichkeit zu Merle lässt vermuten, dass Amelie eine ihrer Vorfahrinnen ist. Und tatsächlich erinnert sich Merles Mutter, die von ihrer Tochter telefonisch über die seltsame Ähnlichkeit informiert wird, an eine adlige Verwandte in Mecklenburg.

Das allein ist schon recht unheimlich. Doch bald wird Merle mit dem Spuk im Haus selbst konfrontiert. Sie hört ein kindliches Weinen und Schluchzen im Haus. Dabei gibt es auf Grey Hill keine Kinder. Scheinbar handelt es sich hier um die Tochter der Grauen Lady. Die Spukphänomene nehmen immer mehr zu und bald bekommt es Merle richtig mit der Angst zu tun.

Das Buch als Romantik-Thriller zu bezeichnen, wie es auf dem Buchrücken steht, ist doch etwas übertrieben. Die Geschichte lebt von den üblichen Spuk-Klischees und bietet nichts Neues. So kann auch kaum Spannung aufkommen. Was passieren wird, kann man leicht voraussehen. Auch die Romantik lässt zu wünschen übrig. Schmetterling im Bauch tauchen bei Merle erst in der Mitte des Buches auf und das auch nur sehr verhalten. Das ist schade, denn das Buch liest sich vom Schreibstil her ganz gut. Für Kinder ab 12, die zum ersten Mal ein Horror-Buch lesen wollen und sich langsam an das Genre herantasten wollen, ist es daher zu empfehlen. Denn für diese Gruppe von Lesern dürfte die Geschichte vor passender Kulisse ausreichend spannend sein und für genau das richtige Maß an Gruselgefühl sorgen.

Über die Autorin:
Ursula Isbel wurde in München geboren. Sie war als Lektorin tätig und arbeitet heute als freie Autorin und Übersetzerin in Staufen bei Freiburg.

Rezension von Heike Rau

Ursula Isbel
Spuk in Grey Hill House
191 Seiten, gebunden
ab 12 Jahren
Verlag Carl Ueberreuter, Wien
ISBN: 3-8000-5207-5
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Der Grenz-Gänger

Der Grenz-Gänger

Deutsch-deutsche Begegnungen der alltäglichen Art, eingefangen an der ehemaligen Grenze der beiden einstmals getrennten deutschen Staaten.

Mit seinem Spürsinn für die vielen kleinen Details begab sich der Autor auf die Wanderschaft, um die Menschen hüben wie drüben auf thüringer, bayerischer oder hessischer Seite nach ihren Sorgen und Nöten gleichermaßen wie nach ihren Freuden und Erfolgen zu befragen. In seiner ihm typischen Art bleibt er nicht unparteiisch nebenbei stehen, sondern lässt seine Gefühle und Gedanken in die Gespräche und in das Buch einfließen. Der Stil der Berichterstattung hält den Leser bei der Stange. Man ist gespannt, wem der Autor noch begegnet und welche Ansichten über das Zusammenleben der in unterschiedlichen Gesellschaften aufgewachsenen Menschen noch mitgeteilt werden. Interessant war für mich die Tatsache, dass sich in den fünfzehn Jahren nach der Einheit diese eher auseinander divergiert hat als es zu Beginn der Fall war. Immer wieder kehrt in abgewandelter Version der Satz zurück: Damals, gleich nach der Wende konnte man mit Ossis/ Wessis noch reden. Ein Satz, der links wie rechts des ehemaligen Grenzstreifens ausgesprochen wird. Darinnen sind sich beide Seiten völlig einig.

Die deutsch-deutsche Befindlichkeit nach fünfzehn Jahren Einheit ist aber nur ein Aspekt, der das Buch lesenswert macht. Ein anderer, ebenso interessanter, ist das Leben in einer Region, die zur Zeit der Grenze einen ganz besonderen Menschenschlag hervorbrachte. Auf beiden Seiten lebte man am Rand des Landes. Ob es sich dabei auf thüringer Seite um die für nicht alle DDR-Bürger zugängliche Sperrzone handelte oder auf bayerisch-hessicher Seite um den etwa 50 Kilometer breiten Streifen des Zonenrandgebietes. Auf beiden Seiten gab es jahrzehntelang keinen Durchgangsverkehr. Für die Menschen in diesen Regionen war die Grenzöffnung ein besonderer Umbruch in ihrem Leben, mehr als im Leben anderer Deutscher. Wie sie dies heute betrachten und verarbeitet haben, ist vom Autor aufschlussreich und amüsant beschrieben worden und mindestens genauso unterhaltsam wie das ständige Ost-West-Geplänkel.

Der Grenz-Gänger
Landolf Scherzer
Sprache: Deutsch
Gebundene Ausgabe – 394 Seiten – Aufbau-Verlag
Erscheinungsdatum: Oktober 2005
Auflage: 3., Aufl.
ISBN: 335102603X
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Sister Sox

Sister Sox

Wilhelm Gossec hat einen Trödelladen im Schlachthofviertel von München. Hier wohnt er auch, in zwei Zimmern hinter dem Laden. Das Geschäft läuft nicht so besonders. Aber es reicht zum Leben. Dann meldet sich seine Nichte Pia, die er schon drei Jahre nicht gesehen hat. Sie hinterlässt eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter, die nichts Gutes verheißt. Die junge Frau ist in Schwierigkeiten. Für Gossec ist das die Gelegenheit, dem Alltagstrott zu entgehen. Doch die Suche nach Pia erweist sich als schwierig. Zunächst bringt er in Erfahrung, wo Pia wohnt. Allerdings ist niemand ist da. Nur der Hund vom Band bellt diensteifrig. Gossec steigt in den Garten ein und, weil die Terrassentür offen ist, auch ins Haus. Eifrig sucht er nach Hinweisen und wird fündig. Was er dann aber im Badezimmer findet, verschlägt ihm fast den Atem.

Die Tote ist zum Glück nicht Pia. Doch was könnte mit ihr geschehen sein? Gossec ist aufgewühlt und ratlos zugleich. Er entfernt seine Spuren und gibt der Polizei einen anonymen Hinweis. Als er wieder nach Hause kommt, ist schon jemand da. Es gibt ein kurzes Handgemenge, doch Gossec bekommt den jungen Mann schnell in den Griff. Carmello ist ein Freund von Pia. Er hat die Tote schon entdeckt. Zum Reden bleibt jedoch keine Zeit. Schon steht die Polizei vor der Tür. Carmello versucht durch das Fenster zu fliehen, doch dort ist ein Beamter postiert. Carmello, in seiner Not, nimmt Gossec als Geisel, der auch wunderbar mitspielt. Schließlich hat er noch ein paar Fragen an den jungen Mann. Die Flucht gelingt nur mit Mühe. Carmello erleidet eine Schussverletzung und Gossec muss ihn ins Krankenhaus bringen. Er schafft es, sich von dort unauffällig zurückzuziehen. Nach Hause kann er nun allerdings nicht mehr.

Gossec geht den Hinweisen, die er in Pias Haus gefunden hat, weiter nach. Er vermutet eine Verbindung der Mädchen zum Club Oase. Sicher ist Pia, besser bekannt als Sister Sox, in eine krumme Sache geraten, nachdem ihre Karriere als Sängerin nicht so lief, wie geplant. Gossec lässt nicht locker. So läuft die Sache bald völlig aus dem Ruder. Er macht sich eine Menge Feinde, die gar nicht zimperlich sind. So eingeklemmt zwischen den Fronten, bleibt Gossec bald nur noch eins: sich, im wahrsten Sinne des Wortes, durchzuschlagen.

Der Roman ist gut geschrieben. Er überzeugt vom Inhalt und vom Schreibstil her gleichermaßen. Gossec gerät in einen Schlammassel von unerhörter Größenordnung. Dabei ist er nicht der Typ, der sich schnell geschlagen gibt. Damit macht er sich in erstaunlich kurzer Zeit eine ganze Anzahl Feinde. Klar, dass die ganze Sache chaotisch wird. Gossec nutzt jede Gelegenheit, um an Informationen zu kommen. Er will seine Nichte retten, wovor auch immer.
Man kann Gossec zunächst schlecht einschätzen. Es ist nicht abzusehen, wozu er fähig ist. Doch bald hat er sein Image als Schlägertyp weg. Er hat keine Wahl mehr, kann sich nicht zimperlich geben. Wie ein Rammbock bewegt er sich schließlich durch die Geschichte. Man kommt gar nicht mehr aus dem Staunen heraus.
Geschrieben ist die Geschichte mit viel Humor und Ironie. Dadurch wird der Krimi zu einem ganz besonderen Lesespaß. Als Leser entwickelt man bestimmte Erwartungen und wird nicht enttäuscht. Und doch kann man das Ende nicht erahnen.

Über den Autor:
Max Bronski wurde 1964 in München geboren. Hier lebt er auch heute noch. Er hat sich nach einem abgebrochenen Theologiestudium mit verschiedenen Jobs durchgebracht, gemalt und geschrieben. „Sister Sox“ ist sein erster Roman.

Rezension von Heike Rau

Max Bronski
Sister Sox
191 Seiten, gebunden
Verlag Antje Kunstmann, München
ISBN: 3-88897-425-9
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Ein Fremder im Haus

Ein Fremder im Haus

Die Spielwiese im Garten vorm Haus von Anna und Thomas ist eingezäunt. Deshalb kann Anna unbesorgt kurz ins Haus gehen, um nach der kranken, weinenden Tracy zu sehen. Als die Mutter wieder in den Garten kommt, ist Söhnchen Paul verschwunden. Dabei sind nur ein paar Minuten vergangen. Das Tor der Einzäunung steht offen. Zunächst glaubt sie noch, Paul ist vielleicht einem Kätzchen hinterhergelaufen. Doch Anna sucht ihren Sohn vergeblich. Ohnehin war das Gartentor mit einer Kindersicherung versehen, so dass Paul es eigentlich nicht allein hätte öffnen können. Obwohl auch die Polizei alles tut und jeder noch so kleinen Spur unter Leitung von Detective Mario Ferraro nachgeht, bleibt der Junge verschwunden.

Während Thomas, Pauls Vater, im Laufe der Jahre davon ausgeht, dass sein Sohn tot sein muss, verliert Anna die Hoffnung nie. All die Jahre glaubt sie, ihren Sohn irgendwann wohlbehalten zurückzubekommen. Als ihr Traum dann wahr wird, kann sie es trotzdem kaum glauben. 15 Jahre alt ist Paul, als er gefunden wird. Albert Rambo hatte Paul entführt und ihn gemeinsam mit seiner Frau aufgezogen. Die Frau, die Paul für seine Mutter gehalten hat, ist nun verstorben. Paul ist nicht der Junge, den Anna erwartet hat und auch für Thomas und seine Schwester Tracy ist er ein Fremder. Und Anna ist immer noch voller Angst. Albert Rambo, der Entführer, ist noch nicht gefasst worden. Sie ahnt, dass er kommen wird, um Paul zu sich zurückzuholen.

„Ein Fremder im Haus“ ist ein psychologisch ausgefeilter Psychothriller, aber auch eine Familientragödie. Obwohl das unglaubliche Wunder geschieht und Paul über zehn Jahre nach seiner Entführung nach Hause zurückkehrt, nimmt das Drama kein Ende. Im Gegenteil. Und Anna, die Einzige die ahnt, das etwas nicht stimmt, ohne das näher benennen zu können, scheint durchzudrehen. So glaubt zumindest ihr Mann. Dabei folgt sie nur ihrer Intuition und vertraut auf ihr Gefühl. Dem Leser verrät die Autorin viel eher, wo die Gefahr lauert, während die Polizei noch im Dunkeln tappt. Dabei ist Detective Ferraro wirklich bemüht, Licht ins Dunkel zu bringen. Wenigstens er nimmt Anna ernst. Auch er hat all die Jahre nicht aufgegeben nach Hinweisen zu Pauls Verbleib zu suchen.

Immer wieder wechselt die Autorin die Erzählperspektive, gibt dem Leser neue Einblicke. So ist es sehr spannend zu verfolgen, wie Anna nach und nach Puzzleteile sammelt und zusammensetzt. Dabei weiß sie lange nicht, aus welcher Richtung die Gefahr für Paul und schließlich für die ganze Familie kommt.

Dennoch lässt hin und wieder die Glaubwürdigkeit einzelner Protagonisten zu wünschen übrig. Die Autorin bedient sich zu vieler Klischees. Anna muss zu Hause gegen zu viele Hindernisse anrennen. Nicht nur gegen einen völlig verständnislosen Ehemann, der, nach doch langjähriger Ehe, übertrieben negativ dargestellt wird oder auch gegen die Tochter, die mit sämtlichen Pubertätsproblemen ihre Eltern nervt. Sieht man davon ab, liest sich das Buch aber gut.

Rezension von Heike Rau

Patricia MacDonald
Ein Fremder im Haus
Psychothriller
Deutsch von Nina Pallandt
338 Seiten, Klappenbroschur
dtv premium
Deutscher Taschenbuch Verlag, München
ISBN: 3-423-24508-5
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Wilder Mann

Wilder Mann

« Anywhere out of the world »
Jürgen Cleffmann: Wilder Mann. Erzählungen
Allitera, 2006

Leise und ohne Werbetrommel erschien vor einigen Tagen ein Erzählband. Sein Autor ist Jürgen Cleffmann und es scheint, als möchte er nicht als sondern mit „Wilder Mann“ ins Rampenlicht treten. Eine Metapher, die auf das berufliche Umfeld des Autors hinweist. Hat er sich die Kunst der kleinen Form, der Kurzgeschichte zur Aufgabe gemacht, weil sie an Szenen aus einem Theaterstück erinnert? Oder war es innerer Zwang, der den Inhalten die Form vorschrieb?

Wie auch immer, eines wird schnell klar. Dosierung ist unumgänglich, denn der Leser stößt bald an Grenzen der Belastbarkeit. Da sitzt er vielleicht in seiner Reihenhausidylle und möchte zur Entspannung einen Cleffmann lesen. Trügerische Idylle. Der Bissen bleibt im Hals stecken und der Leser schließt das Buch. Aber nur für den Moment.

Denn es geht in den Kleinstudien nicht um das Vordergründige, zum Beispiel U-Bahnfahren in Sturzgeburt, Geburtstag in Die Umarmung, oder Müllabfuhr in Glück und Glas. Es ist offensichtlich auch nicht Absicht des Autors, den Leser zu hoffieren, ihn sich in den Stories einrichten zu lassen. Die Handlungsstränge in manchen Episoden geben den zerrissenen Zustand der Figuren wieder. Alles Sinnsuchende, die umherirren, vernichten, wegwerfen, klären oder von vorne anfangen. Das Hamsterrad quietscht und entmutigt.

Auch den Leser. Irgendwann stellt er sich die Frage: Warum weiterlesen? Gibt es einen Hoffnungsschimmer? Entlässt Cleffmann vielleicht den Hamster aus seinem Rad? Leider nicht. Nur an wenigen Stellen werfen Tagträume einen gnädigen Schleier über die alltägliche Trostlosigkeit. Deshalb auch die Notwendigkeit der Dosierung. Und genau darin liegt der Impetus, das Buch am nächsten Tag wieder aufzuschlagen, weiter zu suchen nach dem einen Sonnenstrahl, der das Elend durchbricht.

Und er findet ihn. In einem Schmetterling. Eine Frau weint: „Weint sie? Kotzt sie? Hat sie eine Fehlgeburt?“ Das Absurde scheint auf. Aber die Frau ist zartfühlend, mit schlanken Fingern? So eine weint und kotzt doch nicht. Nein, sie hält einen Schmetterling. Aufatmen, wenigstens für einen Augenblick. Schmerzhaft und wehmütig in Jäger, Sammler, Fallensteller.

In einer Sprache, die mit minimalen Mitteln auskommt, gelingt es Jürgen Cleffmann, seine Ohnmacht begreifbar zu machen und sich von den Gespenstern zu befreien, die ihn jagen. Er muss sie loswerden, um atmen zu können. Dass dafür der Leser in Atemnot gerät, spricht für diesen Autor, den die SZ eine Entdeckung nennt und sich fragt, warum man von ihm bisher so wenig gelesen hat. Baudelaire mag einem einfallen, der in einem seiner Petits Poèmes en Prose sein Herz befragte, wo es leben möchte, wenn es frei wäre, sich einen Ort zu wünschen. Und das Herz antwortete nach langem Schweigen: Anywhere out of the world.

Rezension von Dorothea Gilde

Über den Autor:
Jürgen Cleffmann, 1956 in Hamburg geboren, lebt in München, arbeitet am Theater. Er schreibt Theaterstücke, Erzählungen und Hörspiele. Veröffentlichungen (Auswahl): »Das Bunt« (Hörspiel BR, 2000), »Irgendwo hört der Spaß aber doch auf« (Prosa, 1999), »Nie wieder spielen« (Hörspiel, BR/ORF, 1997).

Jürgen Cleffmann
Wilder Mann
Jürgen Cleffmann: Wilder Mann. Erzählungen
ISBN:3865201709
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Der letzte Romantiker

Der letzte Romantiker

Koller sitzt so richtig in der Klemme. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als nach seinem kleinen Bruder Rocket zu rufen. Soll der ihn aus der verfahrenen Situation retten! Was genau passiert ist, will Koller aber nicht am Telefon verraten. Rocket hat es dann auch nicht leicht, bis zu seinem Bruder durchzudringen. Er muss eine Tür eintreten, bevor er das ganze Ausmaß der Katastrophe zu Gesicht bekommt. Koller liegt nackt im Bett. Und auch eine Frau ist anwesend. Die nackte Blondine ist tot und zwar richtig. Koller glaubt, dass es ein Herzkasper war, der sie beim Sex hinweggerafft hat. Das ist ziemlich unglaubwürdig, ist die Frau doch erst zwanzig. Leider besteht die Verbindung zwischen Koller und der Blondine noch. Er steckt gewissermaßen fest. Um die verkrampfte Situation zu entspannen, ist harte, unromantische Arbeit erforderlich. Zwar ist die Aktion erfolgreich, doch ein Sturz der jungen Dame konnte nicht vermieden werden. Nun hat die Tote auch noch ein schlimmes Loch im Kopf. Als hätte sie eine Begegnung mit einer Spitzhacke gehabt.

Die Polizei hinzuzuziehen, scheint abwegig. Flucht, so glaubt Koller, ist hier die bessere Option. Schließlich hat niemand etwas gesehen. Rocket dagegen glaubt, dass es schon besser wäre, die Polizei zu rufen. Schließlich ist hier kein Mord geschehen, sondern ein Unfall. Gerade als der Streit zu eskalieren droht, kommt Besuch. Koller holt die Knarre raus und verdonnert Cassidy zum Stillschweigen. Die junge Frau nimmt den Männern die Version vom Herzinfarkt nicht ab. Aber eins weiß sie genau, die Sache wird für Koller und Rocket tödlich enden. Die Tote ist die Tochter des Büffels. Er ist der Boss der lokalen Russen-Mafia. Ein rabiater Typ. Jetzt kann nur noch eine helfen. Koller und Rocket flüchten sich mit ihrer Geisel nach Hause – zu Mama.

Man kann nur vor diesem Hörbuch warnen. Man kann nicht nebenbei Auto fahren oder Hausarbeiten machen. Das Hörbuch hat ein sehr einnehmendes Wesen. Die 350 Minuten Laufzeit lassen sich schlecht unterbrechen. Das Buch ist viel zu spannend. Der Autor erzählt eine Geschichte die sich weit jenseits von Gut und Böse abspielt. Sie ist so urkomisch und fesselnd, dass es kaum zu übertreffen ist. Mal lacht man sich schlapp, man stöhnt man ungläubig auf, mal zieht man staunend die Augenbrauen hoch oder verzerrt schmerzhaft den Mund. Eine absurde Situation folgt der nächsten. Für Abwechslung beim Hören ist also gesorgt.
Die Charaktere sind perfekt ausgearbeitet. Dazu kommt, dass die Vorleser wirklich alles geben. Sie bringen die einzelnen Persönlichkeiten perfekt heraus und haben sichtlich Spaß daran. Ihre Begeisterung überträgt sich auch auf den Zuhörer.
Klar, das Hörbuch ist nichts für zartbesaitete Romantiker. Es geht ordentlich zur Sache. Da darf man nicht empfindlich sein. Allen anderen ist diese rabenschwarze Gaunerkomödie allerdings sehr zu empfehlen.

PS: Und alle, denen es gefallen hat, dürfen sich auf eine Verfilmung freuen. Till Schweiger hat beim Autor das Drehbuch in Auftrag gegeben.

Über den Autor:
Jochen Till wurde 1966 in Frankfurt am Main geboren. Er schrieb etlichen
Jugendbücher, z.B. „Ohrensausen“, für das er 2003 von der Jugendjury
für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert wurde. „Der letzte
Romantiker“ ist sein erster Roman für Erwachsene.

Rezension von Heike Rau

Jochen Till
Der letzte Romantiker
Sprecher: Michael Haase, Linus König, Dirk Pettenkofer, Nannette Waidmann
Live-Lesung
5 CDs, ca. 350 Minuten
Multibox mit Schuber
Produktion: Bild- und Tonwerkstatt Frankfurt und Eichborn Lido
ISBN: 3-8218-5411-1
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Dagmar H. Mueller: Amanda und ihr Wackelzahn

Dagmar H. Mueller: Amanda und ihr Wackelzahn

Amanda ist fünf. Das ist eigentlich ganz in Ordnung. Wenn sie doch nur schon einen Wackelzahn hätte. Ihr Bruder Benni ist sechs und hat mittlerweile im Oberkiefer schon eine große Zahnlücke. Damit gibt er mächtig an. Unten wackelt mittlerweile auch ein Zahn. Andauernd reißt er den Mund auf, um seinen Wackelzahn vorzuführen. Mama und Papa kommen aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Hin und weg sind sie vor Begeisterung.

Dann eines Tages hält Bennis Wackelzahn nichts mehr. Darüber ist er rundherum glücklich, kommt doch nun die Zahnfee und erfüllt ihm einen Wunsch. Das macht Amanda so neidisch. Sie will auch ein Geschenk. Da kommt ihr eine tolle Idee. Was wäre, wenn sie Bennis Wackelzahn stibitzt und ihn sich selbst unter das Kopfkissen legt. Die Zahnfee kann doch unmöglich wissen, von wem der Zahn tatsächlich stammt!

Die kleine Geschichte ist für Kinder sehr gut nachvollziehbar. Sie ist sehr einfühlsam, aber auch mit viel Humor erzählt. Auf Amandas Sorgen wird sensibel und mitfühlend eingegangen. Damit ist die Geschichte tröstlich und bereitet Kinder perfekt auf ihren ersten Wackelzahn vor. Gerade der erste ist doch ein besonderes Ereignis für Kinder. Das kann schon mal für Schmerzen sorgen. Aber die sind im Normalfall schnell weggesteckt, kommt doch dann die Zahnfee, um den Zahn gegen ein Geschenk einzutauschen. Kinder werden die spannende Geschichte schnell annehmen.

Auch die Zeichnungen gefallen gut. Sie sind sehr farbenfroh gestaltet. Kräftigen Farben wurde der Vorzug gegeben. Die Figuren sind sehr gut ausgearbeitet. An ihrem Minenspiel sieht man genau, wie sie sich fühlen. So werden Amandas Kummer oder auch die Begeisterung der Eltern für Bennis Wackelzähne noch deutlicher. Aber es gibt auch viele liebevoll gezeichnete Details in den Bildern zu entdecken.

Rezension von Heike Rau

Dagmar H. Mueller / Kerstin Völker
Amanda und ihr Wackelzahn
Amanda wünscht sich einen Wackelzahn, damit auch zu ihr endlich die Zahnfee kommt
ISBN:3219111696
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