Spuren
Am nächsten Morgen klingelte David frühzeitig und Michael öffnete ihm die Tür. Sofort hielt der sich die Nase zu und sagte: „Du stinkst, als wärst du eben auf einem Misthaufen gestanden, so kannst du nicht zu uns ins Haus.“
David kicherte leise. Er trottete noch einmal nach Hause und zog sich frische Sachen an. Als er wieder kam, standen Nele und Michael mit ihrer Mutter vor Frau Wegmanns Haus.
„Seht mal, was ich heute auf meiner Treppe gefunden habe“, rief sie und deutete auf den kleinen Misthaufen vor ihrer Tür. David hielt sich die Hand vor den Mund und grinste. In diesem Moment sah Frau Wegmann ihn an und fragte mit zusammen gezogenen Augenbrauen: „Was gibt es zu grinsen, weißt du, wer das getan hat?“,
„Ich bin eben erst gekommen“, antwortete David. Doch Michaels Mutter beobachtete ihn nachdenklich. Frau Wegmann schaufelte den Mist in einen Eimer und meinte: „Mein Rhabarber wird sich darüber freuen."
David beugte sich zu Michael und flüsterte ihm ins Ohr „Verrate ja nur nie, dass ich das war!“
Auch die Frau des Försters putzte eifrig die Treppe. Sie schimpfte laut: „Wenn ich den Lausebengel erwische, der hier Mist abgeladen hat, dem geht's schlecht!" Die Mutter blickte David scharf an. Dann sagte sie zu den Kindern: „Ihr macht doch so etwas nicht, oder?" „Nein", versicherten sie einstimmig und David beteuerte noch: „Nie!“ Und die Mutter ergänzte: „Nie wieder!"
Sie sprach so leise, dass nur die Kinder sie verstehen konnten. Und David hatte verstanden. Sie und die Nachbarn blieben lange Zeit von seinen Streichen verschont. Im Dorf gab es jedoch bald niemand mehr, der sich nicht über David ärgerte.
Fahrräder, die vor einem Haus abgestellt waren, stieß er um. Ein Bauer empört sich, weil David seinen Hühnerhof geöffnet hatte und das Federvieh auf der Wiese umher irrte. Eine Bäuerin hatte ihre Rosenstöcke mit Tannenreisig zugedeckt. David nahm die Zweige fort und lud sie vor fremden Haustüren ab. Alle seine Streiche wurden ausführlich bei Frau Meier im Laden erzählt. Aus Wagners "Lausbub" war jetzt im Dorf "Wagners Strolch" geworden.
Eines Tages spielten Michael, Nina und Florian im Garten. In der Nacht hatte es geschneit und die Kinder fegten den Schnee zusammen, um einen Schneemann zu bauen. Sie wunderten sich, dass David noch nicht gekommen war. Plötzlich hastete er in den Hof, hochrot im Gesicht. Keuchend stieß er hervor:
„Ich werde verfolgt, verratet mich nicht.“ Kurz schaute er sich nach einem Versteck um.
„Geh hinunter zum Bach, da kann man dich nicht von oben sehen“, riet Michael.
Kaum war David auf der Bachtreppe verschwunden, als Frau Böhler in den Hof stürmte.
„Wo ist der Bengel? Er ist doch zu euch gelaufen!“
Florian schaute auf die Seite, Nele presste die Lippen zusammen und Michael fragte: „Was hat er angestellt?“
„Er hat mir nun schon zum dritten Mal Tannenzweige vor das Milchhäuschens geworfen. Das geht aber gar nicht! Schmutz vor der Tür, wo Bauern ihre Milchkannen abstellen müssen. Also, wo steckt er?“
„Das können wir dir nicht sagen!“ meinte Michael.
„Stimmt“ bestätigte Florian und Nele nickte dazu.
Frau Böhler sah die Kinder mit zusammen gekniffenen Augenbrauen an und sagte laut: „Wenn ihr ihn seht, dann richtet ihm aus, dass ich ihn nicht mehr vor meinem Häuschen sehen will, sonst ziehe ich ihm die Ohren doppelt lang. Vergesst das nicht.“
Die Kinder begleiteten Frau Böhler zur Straße und warteten, bis sie nicht mehr zu sehen war. Dann eilten sie zur Bachtreppe. David kauerte auf der untersten Stufe.
„Ist sie weg? Erkundigte er sich. Die Kinder nickten nur und David sagte: "Ihr braucht mir nichts zu erzählen, hab alles gehört, was die Milchfrau gesagt hat.“
Die Kinder wollten nun nicht länger draußen spielen. Michaels Mutter hatte für sie Tee gekocht und bald saßen sie um den Esstisch, schlürften den Tee und wärmten sich die Hände an der Tasse.
Michael und Neles Mutter fragte nicht nach den Streichen. Sie erkundigte sich bei David, wie es seinem Vater gehe.
Er zuckte mit den Schultern und klagte:
„Ich weiß es wirklich nicht, ich darf ihn ja nicht besuchen!" Die Mutter fragte nicht weiter. Sie telefonierte mit Frau Wagner und lud sie zu einer Tasse Kaffee ein. Frau Wagner dachte zuerst, David hätte wieder etwas angestellt. Sie seufzte erleichtert, weil die Mutter sich nicht über ihn beklagte. Sie würde auch nichts über den Mist erzählen. Das wussten die Kinder und spielten beruhigt weiter. Die Mütter sprachen lange miteinander. Es dunkelte schon, als Frau Wagner nach Hause ging. Sie nahm David gleich mit. So konnte er nicht noch im Dorf herum streunen und die Leute ärgern. Erst als Michael und Nele am Abend im Bett lagen, erzählte die Mutter, dass sie am nächsten Tag mit David einen Ausflug in die Stadt unternehmen würden.
Sie fuhren mit dem Bus und die Kinder genossen diese Fahrt sehr, bestaunten die Weihnachtsbeleuchtung, die es in ihrem Dorf nicht gab. Über das Ziel hatte die Mutter noch nichts verraten. An der Endstation stiegen sie in einen anderen Bus um, der sie bis vor das Krankenhaus brachte.
„Was machen wir nun?" fragte David.
„Wir besuchen hier deinen Vater“, antwortete die Mutter. David starrte sie ungläubig an.
„In diesem großen Haus liegt er? Wie können wir ihn da nur finden?"
„Deine Mutter hat mir die Zimmernummer aufgeschrieben. Wo ist bloß der Zettel?" Die Mutter suchte Überall, in der Handtasche, im Mantel. Den Zettel fand sie nicht. Davids Augen füllten sich mit Tränen. Doch sie tröstete ihn sogleich.
„Schau“, sagte sie und deutete mit der Hand auf den Mann, der an der Rezeption im Eingang des Krankenhauses saß. „Das ist der Pförtner. Er hat die Namen aller Kranken und die
Zimmernummern in einem Buch aufgeschrieben!“
Die Mutter erkundigte sich nach der Nummer, sie fuhren mit dem Lift in die dritte Etage und endlich standen sie vor Herrn Wagners Zimmer. Die Mutter öffnete die Tür und schob David ins Zimmer. Dann schloss sie die Tür wieder und meinte:
„Wir lassen die beiden erst einmal alleine. Sie haben sich solange nicht gesehen und müssen sich viel erzählen.“ Nach einer Ewigkeit öffnete David die Tür und winkte sie herein. Er sah so glücklich und zufrieden aus. Auch Herr Wagner lachte uns entgegen. Er saß in einem großen Bett. Beide Beine und ein Arm waren eingegipst und sahen erschreckend dick aus. Die Kinder streichelten ihn zur Begrüßung vorsichtig über den Gipsarm. Dann legte er die gesunde Hand auf den riesigen Verband am Kopf und sagte lächelnd: „Das ist mein Turban!“
Die Mutter redete noch eine Weile mit Herrn Wagner. Inzwischen zeigte David seinen Freunden alles, was sein Vater im Zimmer hatte. Besonders gut gefielen ihm zwei Knöpfe am Bett. Drückte er auf den einen, fuhr das Bett langsam in die Höhe, nahm er den anderen Knopf, kam es wieder herunter.
Auf der Heimfahrt erzählte David, immer wieder von dem Besuch beim Vater, gerade so, als wäre er alleine bei ihm gewesen. Und der Vater hätte ihm auch gesagt, dass er noch eine Weile ohne ihn auskommen musste.
„Aber“, begann Michael.
„Ja, ja ich weiß, er hat mir auch gesagt, dass ich Oma und Opa nicht ärgern darf.“
„Das wollte ich nicht sagen“, erwiderte Michael.
„Sondern“? fragte David.
„Aber du hast Freunde“, erwiderte Michael leise.
Von dieser Zeit an besuchte er regelmäßig seinen Vater. Die schlimmen Streiche im Dorf hörten schlagartig auf und die Menschen wurden wieder freundlich zu David.
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In der nächsten Geschichte ändert sich wieder viel im Leben der vier Freunde.
Am nächsten Morgen klingelte David frühzeitig und Michael öffnete ihm die Tür. Sofort hielt der sich die Nase zu und sagte: „Du stinkst, als wärst du eben auf einem Misthaufen gestanden, so kannst du nicht zu uns ins Haus.“
David kicherte leise. Er trottete noch einmal nach Hause und zog sich frische Sachen an. Als er wieder kam, standen Nele und Michael mit ihrer Mutter vor Frau Wegmanns Haus.
„Seht mal, was ich heute auf meiner Treppe gefunden habe“, rief sie und deutete auf den kleinen Misthaufen vor ihrer Tür. David hielt sich die Hand vor den Mund und grinste. In diesem Moment sah Frau Wegmann ihn an und fragte mit zusammen gezogenen Augenbrauen: „Was gibt es zu grinsen, weißt du, wer das getan hat?“,
„Ich bin eben erst gekommen“, antwortete David. Doch Michaels Mutter beobachtete ihn nachdenklich. Frau Wegmann schaufelte den Mist in einen Eimer und meinte: „Mein Rhabarber wird sich darüber freuen."
David beugte sich zu Michael und flüsterte ihm ins Ohr „Verrate ja nur nie, dass ich das war!“
Auch die Frau des Försters putzte eifrig die Treppe. Sie schimpfte laut: „Wenn ich den Lausebengel erwische, der hier Mist abgeladen hat, dem geht's schlecht!" Die Mutter blickte David scharf an. Dann sagte sie zu den Kindern: „Ihr macht doch so etwas nicht, oder?" „Nein", versicherten sie einstimmig und David beteuerte noch: „Nie!“ Und die Mutter ergänzte: „Nie wieder!"
Sie sprach so leise, dass nur die Kinder sie verstehen konnten. Und David hatte verstanden. Sie und die Nachbarn blieben lange Zeit von seinen Streichen verschont. Im Dorf gab es jedoch bald niemand mehr, der sich nicht über David ärgerte.
Fahrräder, die vor einem Haus abgestellt waren, stieß er um. Ein Bauer empört sich, weil David seinen Hühnerhof geöffnet hatte und das Federvieh auf der Wiese umher irrte. Eine Bäuerin hatte ihre Rosenstöcke mit Tannenreisig zugedeckt. David nahm die Zweige fort und lud sie vor fremden Haustüren ab. Alle seine Streiche wurden ausführlich bei Frau Meier im Laden erzählt. Aus Wagners "Lausbub" war jetzt im Dorf "Wagners Strolch" geworden.
Eines Tages spielten Michael, Nina und Florian im Garten. In der Nacht hatte es geschneit und die Kinder fegten den Schnee zusammen, um einen Schneemann zu bauen. Sie wunderten sich, dass David noch nicht gekommen war. Plötzlich hastete er in den Hof, hochrot im Gesicht. Keuchend stieß er hervor:
„Ich werde verfolgt, verratet mich nicht.“ Kurz schaute er sich nach einem Versteck um.
„Geh hinunter zum Bach, da kann man dich nicht von oben sehen“, riet Michael.
Kaum war David auf der Bachtreppe verschwunden, als Frau Böhler in den Hof stürmte.
„Wo ist der Bengel? Er ist doch zu euch gelaufen!“
Florian schaute auf die Seite, Nele presste die Lippen zusammen und Michael fragte: „Was hat er angestellt?“
„Er hat mir nun schon zum dritten Mal Tannenzweige vor das Milchhäuschens geworfen. Das geht aber gar nicht! Schmutz vor der Tür, wo Bauern ihre Milchkannen abstellen müssen. Also, wo steckt er?“
„Das können wir dir nicht sagen!“ meinte Michael.
„Stimmt“ bestätigte Florian und Nele nickte dazu.
Frau Böhler sah die Kinder mit zusammen gekniffenen Augenbrauen an und sagte laut: „Wenn ihr ihn seht, dann richtet ihm aus, dass ich ihn nicht mehr vor meinem Häuschen sehen will, sonst ziehe ich ihm die Ohren doppelt lang. Vergesst das nicht.“
Die Kinder begleiteten Frau Böhler zur Straße und warteten, bis sie nicht mehr zu sehen war. Dann eilten sie zur Bachtreppe. David kauerte auf der untersten Stufe.
„Ist sie weg? Erkundigte er sich. Die Kinder nickten nur und David sagte: "Ihr braucht mir nichts zu erzählen, hab alles gehört, was die Milchfrau gesagt hat.“
Die Kinder wollten nun nicht länger draußen spielen. Michaels Mutter hatte für sie Tee gekocht und bald saßen sie um den Esstisch, schlürften den Tee und wärmten sich die Hände an der Tasse.
Michael und Neles Mutter fragte nicht nach den Streichen. Sie erkundigte sich bei David, wie es seinem Vater gehe.
Er zuckte mit den Schultern und klagte:
„Ich weiß es wirklich nicht, ich darf ihn ja nicht besuchen!" Die Mutter fragte nicht weiter. Sie telefonierte mit Frau Wagner und lud sie zu einer Tasse Kaffee ein. Frau Wagner dachte zuerst, David hätte wieder etwas angestellt. Sie seufzte erleichtert, weil die Mutter sich nicht über ihn beklagte. Sie würde auch nichts über den Mist erzählen. Das wussten die Kinder und spielten beruhigt weiter. Die Mütter sprachen lange miteinander. Es dunkelte schon, als Frau Wagner nach Hause ging. Sie nahm David gleich mit. So konnte er nicht noch im Dorf herum streunen und die Leute ärgern. Erst als Michael und Nele am Abend im Bett lagen, erzählte die Mutter, dass sie am nächsten Tag mit David einen Ausflug in die Stadt unternehmen würden.
Sie fuhren mit dem Bus und die Kinder genossen diese Fahrt sehr, bestaunten die Weihnachtsbeleuchtung, die es in ihrem Dorf nicht gab. Über das Ziel hatte die Mutter noch nichts verraten. An der Endstation stiegen sie in einen anderen Bus um, der sie bis vor das Krankenhaus brachte.
„Was machen wir nun?" fragte David.
„Wir besuchen hier deinen Vater“, antwortete die Mutter. David starrte sie ungläubig an.
„In diesem großen Haus liegt er? Wie können wir ihn da nur finden?"
„Deine Mutter hat mir die Zimmernummer aufgeschrieben. Wo ist bloß der Zettel?" Die Mutter suchte Überall, in der Handtasche, im Mantel. Den Zettel fand sie nicht. Davids Augen füllten sich mit Tränen. Doch sie tröstete ihn sogleich.
„Schau“, sagte sie und deutete mit der Hand auf den Mann, der an der Rezeption im Eingang des Krankenhauses saß. „Das ist der Pförtner. Er hat die Namen aller Kranken und die
Zimmernummern in einem Buch aufgeschrieben!“
Die Mutter erkundigte sich nach der Nummer, sie fuhren mit dem Lift in die dritte Etage und endlich standen sie vor Herrn Wagners Zimmer. Die Mutter öffnete die Tür und schob David ins Zimmer. Dann schloss sie die Tür wieder und meinte:
„Wir lassen die beiden erst einmal alleine. Sie haben sich solange nicht gesehen und müssen sich viel erzählen.“ Nach einer Ewigkeit öffnete David die Tür und winkte sie herein. Er sah so glücklich und zufrieden aus. Auch Herr Wagner lachte uns entgegen. Er saß in einem großen Bett. Beide Beine und ein Arm waren eingegipst und sahen erschreckend dick aus. Die Kinder streichelten ihn zur Begrüßung vorsichtig über den Gipsarm. Dann legte er die gesunde Hand auf den riesigen Verband am Kopf und sagte lächelnd: „Das ist mein Turban!“
Die Mutter redete noch eine Weile mit Herrn Wagner. Inzwischen zeigte David seinen Freunden alles, was sein Vater im Zimmer hatte. Besonders gut gefielen ihm zwei Knöpfe am Bett. Drückte er auf den einen, fuhr das Bett langsam in die Höhe, nahm er den anderen Knopf, kam es wieder herunter.
Auf der Heimfahrt erzählte David, immer wieder von dem Besuch beim Vater, gerade so, als wäre er alleine bei ihm gewesen. Und der Vater hätte ihm auch gesagt, dass er noch eine Weile ohne ihn auskommen musste.
„Aber“, begann Michael.
„Ja, ja ich weiß, er hat mir auch gesagt, dass ich Oma und Opa nicht ärgern darf.“
„Das wollte ich nicht sagen“, erwiderte Michael.
„Sondern“? fragte David.
„Aber du hast Freunde“, erwiderte Michael leise.
Von dieser Zeit an besuchte er regelmäßig seinen Vater. Die schlimmen Streiche im Dorf hörten schlagartig auf und die Menschen wurden wieder freundlich zu David.
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In der nächsten Geschichte ändert sich wieder viel im Leben der vier Freunde.