„Trogat!“, brüllte Harbon und schaute sich mit zornigen Augen im Raum um. „Wo bist du, hirnverbrannter Idiot?“
Er humpelte durch die Küche und knallte seinen Stock gegen die Tür, hinter der sein Schüler seine Kammer hatte. Von drinnen kam ein erschrockenes Grunzen, gefolgt von einem Poltern.
„Bist du jetzt aus dem Bett gefallen, du fauler Nichtsnutz?“, rief Harbon und gackerte hämisch. „Raff dich auf, du musst etwas für mich erledigen!“
Die Tür wurde einen Spalt geöffnet und Trogat blinzelte mit vom Schlaf verkrusteten Augen heraus. Sein fettiges Haar stand wirr nach allen Seiten vom Kopf ab.
„Es ist noch nicht einmal hell, Meister“, beschwerte sich der junge Mann mit schwerer Zunge.
„Du bekommst nur die Augen nicht auf, du hirnloser Grumf!“, behauptete Harbon. „Zieh dich an und zwar schnell. Dann begibst du dich auf dem schnellsten Weg zu Regs Valen. Kauf einen Wagen mit einem Banta von ihm und ein Reitpferd. Hier ist Geld!“ Er hielt ihm einen Beutel hin. „Dort stehen ein paar Dinge, die du mitnimmst. Sag Valen, dass es für mich ist und wenn er dich übers Ohr haut, verwandele ich ihn in einen Bantatrog – und dich ... ach, dich kann man gar nicht in etwas Schlimmeres verwandeln!“ Er schaute Trogat mühsam ins Gesicht. „Wir treffen uns dann am westlichen Ortsrand. Hast du das kapiert, oder soll ich es dir aufschreiben?“
Trogat nickte und nahm den Geldbeutel entgegen.
„Aber Valen wird sicher noch schlafen!“, gab er zu bedenken.
Harbon verdrehte die Augen.
„Dann weckst du ihn eben auf, Hohlkopf!“
„Alles klar, Meister“, brummte Trogat verdrossen und schloss die Tür – öffnete sie aber sofort wieder und schaute Harbon fragend an. „Und wohin gehst du?“, erkundigte er sich.
„Das geht dich zwar einen feuchten Kehricht an“, keifte Harbon. „aber ich will mal nicht so sein: ich gehe zur Fernstraße und beobachte die Garde. Ich fürchte, die haben Wedekind gefangen!“
„Ist das der ...“ Trogat suchte nach Worten.
„Genau der ist das“, schnitt Harbon ihm das Wort ab. „Und jetzt beeil dich gefälligst. Es kann sein, dass wir schnell abreisen müssen!“
„Abreisen?“ Trogat machte große Augen. „Aber wohin ...“, setzte er an, aber Harbon wandte ihm den krummen Rücken zu und verließ humpelnd das Haus.
Trogat zuckte die Schultern und machte sich daran, die Anweisungen seines Lehrmeisters auszuführen.
Die Dämmerung wich langsam dem Morgen, als der Zauberer in Gestalt einer alten Frau durch die Straßen und Gassen von Torfing in Richtung der Handelsstraße humpelte. Seit er von Ariste die Nachricht erhalten hatte, dass der Junge eingetroffen war, hatte er kein Auge mehr zugemacht. Er machte sich ernsthafte Vorwürfe, dass er Wedekind nicht an seinem Vorhaben gehindert hatte, mit dem Fremden Kontakt aufzunehmen – auch wenn der mit ziemlicher Sicherheit ebenfalls einer der Vier war. Jetzt musste sich der Zauberer um zwei Menschen Sorgen machen.
Torfing erwachte erst langsam aus dem Schlaf. Die Händler würden ihre Geschäfte erst später öffnen und viele Stadtbewohner schliefen noch. Harbon wollte allerdings sicher gehen, dass er den Abmarsch der Gardisten nicht verpasste – auch wenn es bedeutete, dass er einige Zeit würde warten müssen.
Der Zauberer postierte sich am Ortsrand hinter einer kleinen Baumgruppe und ließ sich auf einem Baumstumpf nieder. Hier würde Genton mit seinen Männern auf jeden Fall vorbei kommen, denn er wollte ja noch die Steuern in der Stadt abholen.
Es war schon am frühen Morgen angenehm warm und Harbon döste auf seinem Baumstumpf vor sich hin. Sich nähernder Hufschlag riss den Zauberer aus seinen Träumen. Mühsam erhob er sich und schaute vorsichtig an einem Baum vorbei in Richtung Straße.
Da kamen sie! Wie üblich ritt Genton, auf dessen rasiertem Kahlschädel die tief stehende Morgensonne glänzte, vornweg, gefolgt von seinen in Zweierreihen trabenden Gardisten. Staub wurde aufgewirbelt und Harbon konnte kaum Einzelheiten erkennen. Eines aber sah er: Als die letzten beiden Gardisten sein Versteck passiert hatten, stolperten zwei Gestalten heran. Die Hände der beiden Männer waren gefesselt und jeder der beiden letzten Reiter zerrte einen von ihnen an einem langen Seil hinter sich her. Harbon fluchte lautlos. Es handelte sich um Wedekind und den dunkelhaarigen Fremden, der schon am Vortag Gefangener der Gardisten gewesen war.
„Hab ich’s mir doch gedacht“, murmelte der Zauberer, als die Gardisten ein Stück entfernt waren. „Hoffentlich werden sie noch eine Weile aufgehalten!“
Er trat auf die Straße und hielt nach Trogat Ausschau.
„Wenn dieser Hohlkopf nicht bald kommt, zaubere ich ihm Geschwüre an seinen dürren Hintern!“
Er hatte noch nicht richtig ausgesprochen, als er die hagere, hoch aufgeschossene Gestalt seines Lehrlings die Straße herunter kommen sah. Er führte ein Banta am Zügel, das einen kleinen, zweirädrigen Wagen hinter sich her zog, an den wiederum hinten ein gesatteltes Pferd angebunden war. Harbon grunzte zufrieden.
„Manchmal macht sogar dieser Nichtsnutz etwas richtig!“, brummte er.
Als Trogat heran war, inspizierte er Wagen und Pferd.
„In Ordnung“, meinte er dann widerwillig. „Du nimmst dir das Pferd und reitest so schnell du kannst zu Elden.“
„In den Alten Wald?“, fragte Trogat mit großen Augen.
„Natürlich in den Alten Wald, wohin sonst, du Schwachkopf?“, fuhr Harbon ihn an. Trogat zuckte zurück.
„Richte ihm aus, dass zwei der Vier in die Hände von Genton gefallen sind. Die Gardisten werden auf ihrem Heimweg zur Feste in Grolding übernachten. Wir müssen sie morgen früh an der Flussschwemme hinter Grolding abfangen. Elden soll so viele Männer mitbringen, wie er kann.“
Trogat schaute ihn mit verzweifeltem Gesicht an.
„Was glotzt du so dämlich?“, regte sich Harbon auf. Dann seufzte er und nickte resignierend. „Na gut, ich schreibe alles für Elden auf.“
Er nahm aus dem Gepäck, das Trogat auf den Karren gepackt hatte, sein Schreibzeug und schrieb die Anweisungen für den Räuberhauptmann auf ein Stück Pergament, das er anschließend faltete und Trogat übergab.
„Verliere es nicht, sonst holen dich die Windgeister!“, schärfte er dem Langen ein. „Worauf wartest du noch? Reite los! Ich folge dir so schnell ich kann mit dem Karren. Dank dir kann ich ja im Moment nicht selbst reiten!“
Trogat beeilte sich, auf eines der Pferde zu steigen. Dann ritt er eilig in die Richtung davon, in der die Gardisten vor wenigen Minuten verschwunden waren.
Harbon sah ihm kopfschüttelnd nach. Dann kletterte er mühsam auf den Kutschbock des kleinen Karrens und machte sich auf den Weg, seinem Schüler zu folgen.
Die Gardisten hatten in der Ortsmitte halt gemacht und Harbon fuhr etwas langsamer, als er die beiden Gefangenen passierte. Als sich sein Blick mit dem Wedekinds traf, zuckte der Gefesselte resigniert und fast entschuldigend mit den Schultern. Harbon zwinkerte ihm beruhigend zu und spornte dann das Banta zu schnellerem Lauf an. Der Karren rumpelte über das Kopfsteinpflaster der Handelsstraße nach Osten, auf den Alten Wald zu und auf Grolding.
Er humpelte durch die Küche und knallte seinen Stock gegen die Tür, hinter der sein Schüler seine Kammer hatte. Von drinnen kam ein erschrockenes Grunzen, gefolgt von einem Poltern.
„Bist du jetzt aus dem Bett gefallen, du fauler Nichtsnutz?“, rief Harbon und gackerte hämisch. „Raff dich auf, du musst etwas für mich erledigen!“
Die Tür wurde einen Spalt geöffnet und Trogat blinzelte mit vom Schlaf verkrusteten Augen heraus. Sein fettiges Haar stand wirr nach allen Seiten vom Kopf ab.
„Es ist noch nicht einmal hell, Meister“, beschwerte sich der junge Mann mit schwerer Zunge.
„Du bekommst nur die Augen nicht auf, du hirnloser Grumf!“, behauptete Harbon. „Zieh dich an und zwar schnell. Dann begibst du dich auf dem schnellsten Weg zu Regs Valen. Kauf einen Wagen mit einem Banta von ihm und ein Reitpferd. Hier ist Geld!“ Er hielt ihm einen Beutel hin. „Dort stehen ein paar Dinge, die du mitnimmst. Sag Valen, dass es für mich ist und wenn er dich übers Ohr haut, verwandele ich ihn in einen Bantatrog – und dich ... ach, dich kann man gar nicht in etwas Schlimmeres verwandeln!“ Er schaute Trogat mühsam ins Gesicht. „Wir treffen uns dann am westlichen Ortsrand. Hast du das kapiert, oder soll ich es dir aufschreiben?“
Trogat nickte und nahm den Geldbeutel entgegen.
„Aber Valen wird sicher noch schlafen!“, gab er zu bedenken.
Harbon verdrehte die Augen.
„Dann weckst du ihn eben auf, Hohlkopf!“
„Alles klar, Meister“, brummte Trogat verdrossen und schloss die Tür – öffnete sie aber sofort wieder und schaute Harbon fragend an. „Und wohin gehst du?“, erkundigte er sich.
„Das geht dich zwar einen feuchten Kehricht an“, keifte Harbon. „aber ich will mal nicht so sein: ich gehe zur Fernstraße und beobachte die Garde. Ich fürchte, die haben Wedekind gefangen!“
„Ist das der ...“ Trogat suchte nach Worten.
„Genau der ist das“, schnitt Harbon ihm das Wort ab. „Und jetzt beeil dich gefälligst. Es kann sein, dass wir schnell abreisen müssen!“
„Abreisen?“ Trogat machte große Augen. „Aber wohin ...“, setzte er an, aber Harbon wandte ihm den krummen Rücken zu und verließ humpelnd das Haus.
Trogat zuckte die Schultern und machte sich daran, die Anweisungen seines Lehrmeisters auszuführen.
Die Dämmerung wich langsam dem Morgen, als der Zauberer in Gestalt einer alten Frau durch die Straßen und Gassen von Torfing in Richtung der Handelsstraße humpelte. Seit er von Ariste die Nachricht erhalten hatte, dass der Junge eingetroffen war, hatte er kein Auge mehr zugemacht. Er machte sich ernsthafte Vorwürfe, dass er Wedekind nicht an seinem Vorhaben gehindert hatte, mit dem Fremden Kontakt aufzunehmen – auch wenn der mit ziemlicher Sicherheit ebenfalls einer der Vier war. Jetzt musste sich der Zauberer um zwei Menschen Sorgen machen.
Torfing erwachte erst langsam aus dem Schlaf. Die Händler würden ihre Geschäfte erst später öffnen und viele Stadtbewohner schliefen noch. Harbon wollte allerdings sicher gehen, dass er den Abmarsch der Gardisten nicht verpasste – auch wenn es bedeutete, dass er einige Zeit würde warten müssen.
Der Zauberer postierte sich am Ortsrand hinter einer kleinen Baumgruppe und ließ sich auf einem Baumstumpf nieder. Hier würde Genton mit seinen Männern auf jeden Fall vorbei kommen, denn er wollte ja noch die Steuern in der Stadt abholen.
Es war schon am frühen Morgen angenehm warm und Harbon döste auf seinem Baumstumpf vor sich hin. Sich nähernder Hufschlag riss den Zauberer aus seinen Träumen. Mühsam erhob er sich und schaute vorsichtig an einem Baum vorbei in Richtung Straße.
Da kamen sie! Wie üblich ritt Genton, auf dessen rasiertem Kahlschädel die tief stehende Morgensonne glänzte, vornweg, gefolgt von seinen in Zweierreihen trabenden Gardisten. Staub wurde aufgewirbelt und Harbon konnte kaum Einzelheiten erkennen. Eines aber sah er: Als die letzten beiden Gardisten sein Versteck passiert hatten, stolperten zwei Gestalten heran. Die Hände der beiden Männer waren gefesselt und jeder der beiden letzten Reiter zerrte einen von ihnen an einem langen Seil hinter sich her. Harbon fluchte lautlos. Es handelte sich um Wedekind und den dunkelhaarigen Fremden, der schon am Vortag Gefangener der Gardisten gewesen war.
„Hab ich’s mir doch gedacht“, murmelte der Zauberer, als die Gardisten ein Stück entfernt waren. „Hoffentlich werden sie noch eine Weile aufgehalten!“
Er trat auf die Straße und hielt nach Trogat Ausschau.
„Wenn dieser Hohlkopf nicht bald kommt, zaubere ich ihm Geschwüre an seinen dürren Hintern!“
Er hatte noch nicht richtig ausgesprochen, als er die hagere, hoch aufgeschossene Gestalt seines Lehrlings die Straße herunter kommen sah. Er führte ein Banta am Zügel, das einen kleinen, zweirädrigen Wagen hinter sich her zog, an den wiederum hinten ein gesatteltes Pferd angebunden war. Harbon grunzte zufrieden.
„Manchmal macht sogar dieser Nichtsnutz etwas richtig!“, brummte er.
Als Trogat heran war, inspizierte er Wagen und Pferd.
„In Ordnung“, meinte er dann widerwillig. „Du nimmst dir das Pferd und reitest so schnell du kannst zu Elden.“
„In den Alten Wald?“, fragte Trogat mit großen Augen.
„Natürlich in den Alten Wald, wohin sonst, du Schwachkopf?“, fuhr Harbon ihn an. Trogat zuckte zurück.
„Richte ihm aus, dass zwei der Vier in die Hände von Genton gefallen sind. Die Gardisten werden auf ihrem Heimweg zur Feste in Grolding übernachten. Wir müssen sie morgen früh an der Flussschwemme hinter Grolding abfangen. Elden soll so viele Männer mitbringen, wie er kann.“
Trogat schaute ihn mit verzweifeltem Gesicht an.
„Was glotzt du so dämlich?“, regte sich Harbon auf. Dann seufzte er und nickte resignierend. „Na gut, ich schreibe alles für Elden auf.“
Er nahm aus dem Gepäck, das Trogat auf den Karren gepackt hatte, sein Schreibzeug und schrieb die Anweisungen für den Räuberhauptmann auf ein Stück Pergament, das er anschließend faltete und Trogat übergab.
„Verliere es nicht, sonst holen dich die Windgeister!“, schärfte er dem Langen ein. „Worauf wartest du noch? Reite los! Ich folge dir so schnell ich kann mit dem Karren. Dank dir kann ich ja im Moment nicht selbst reiten!“
Trogat beeilte sich, auf eines der Pferde zu steigen. Dann ritt er eilig in die Richtung davon, in der die Gardisten vor wenigen Minuten verschwunden waren.
Harbon sah ihm kopfschüttelnd nach. Dann kletterte er mühsam auf den Kutschbock des kleinen Karrens und machte sich auf den Weg, seinem Schüler zu folgen.
Die Gardisten hatten in der Ortsmitte halt gemacht und Harbon fuhr etwas langsamer, als er die beiden Gefangenen passierte. Als sich sein Blick mit dem Wedekinds traf, zuckte der Gefesselte resigniert und fast entschuldigend mit den Schultern. Harbon zwinkerte ihm beruhigend zu und spornte dann das Banta zu schnellerem Lauf an. Der Karren rumpelte über das Kopfsteinpflaster der Handelsstraße nach Osten, auf den Alten Wald zu und auf Grolding.