14. David und Rudi

molly

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David und Rudi

Michael, Nele und Florian hatten Zeit, Anne Katrin und ihren Bruder besser kennen zu lernen, denn David ließ sich einige Tage nicht bei ihnen blicken. Mit Anne-Katrin kamen neue Spiele und als sie sah, dass David sich nicht bei Nele und Michael aufhielt, rief sie: „Wollen wir „Afrika“ spielen?“
„Oh, ja“, rief Nele.
„Kenn ich nicht“, brummte Florian.
„Ich mach mit“, sagte Michael.

Die Drei liefen in den Forsthausgarten. Anne-Katrin berichtete, dass sie eine Sendung über Afrika gesehen hätte, wie elegant die Frauen schwere Krüge auf dem Kopf trugen und das wollte sie nun mit den Kindern üben. Sie hatte von ihrer Mutter einen Blumentopf aus Ton geliehen, den sie sich auf den Kopf stellte. Hoch erhobenen Hauptes und Hüften schwenkend spazierte sie auf dem Wiesenweg, einmal vom Haus bis zum Bach und wieder zurück. Danach kam Florian an die Reihe. Mit dem Blumentopf auf dem Kopf ging er sehr langsam und stocksteif auf den Bach zu.
"Du musst mit dem Hintern wackeln“, rief Anne-Katrin. Aber das lehnte er ab. Nele und Michael fanden diese Aufgabe leicht. Sie hatten schon öfter einmal Bücher auf dem Kopf balanciert.
Danach spielten sie Städte und Tiere in Afrika raten
Michael stellte fest, dass Anne-Katrin keine Ähnlichkeit mit einer Zimtziege hatte. Es machte Spaß, mit ihr und Klaus zu spielen, doch David fehlte ihm.

Nach drei Tagen endlich schlenderte David die Gasse hinauf, jedoch nicht allein. Sein Begleiter Rudi, ein großer, fester Junge, ging schon in die dritte Klasse und vor diesem Burschen hatte Michael Angst. Einmal, als er allein aus dem Laden kam, drückte Rudi ihn gegen die Wand. Er hielt ihm eine Faust unter die Nase und bemerkte:
"Diese Faust riecht nach Krankenhaus, die andere nach Friedhof.“ Danach versetzte er Michael einen Stoß und der fiel zu Boden. Lachend entfernte sich Rudi. Michael aber traute sich einige Tage nicht in den Laden. Dann erwischte Rudi ihn vor dem Rathausbrunnen. Er hatte Streichhölzer in der Hand:
„Na, Kleiner, prima Zeit für ein Feuerchen. Wasser zum Löschen hast du gleich neben dir." Er zündete einige Streichhölzer an und warf sie zu Michael. Sie trafen ihn zum Glück nicht, er aber schrie auf und lief nach Hause. Die Mutter sagte, sie würde bei der nächsten Gelegenheit einmal mit Rudi reden.
Nicht lange danach trafen sie ihn bei der Post.
„Da ist der Dicke!" rief Michael. Mutter sah ihn tadelnd an, ging dann zu Rudi.
„Du bist vier Jahre älter als Michael und plagst ihn. Hast du vielleicht Angst mit gleichaltrigen Kindern zu kämpfen und suchst dir deshalb kleine Buben aus?"
Rudi hatte die Arme verschränkt und blickte Mutter trotzig an. Er sagte: „Ich mag nicht, wenn andere mich "Dicker" nennen!"
„Das finde ich auch nicht gut“, entgegnete die Mutter.
„Mit Nele und Michael werde ich gleich darüber reden. Dennoch lässt du die Kleinen in Ruhe. Hast du mich verstanden!" Rudi sagte nichts, lief einfach davon.
Auf dem Heimweg sagte die Mutter: „Ich kann verstehen, wenn Rudi zornig wird. Oder möchtest du ausgelacht werden? Ruf nicht mehr "Dicker", wenn du ihn siehst, dann lässt er dich sicher in Ruhe!" Michael schüttelte den Kopf.
„Nein, Mama, das stimmt nicht. Ich habe ihn heute zum ersten Mal so genannt. Er hat mich schon vorher geplagt!" erwiderte Michael.
„Dann geh ihm aus dem Weg und wenn er dich schlagen will, rufe laut um Hilfe, ja, schrei, so laut du kannst!" riet die Mutter.
Doch Rudi wagte sich eine Weile nicht mehr an Michael. Sorglos konnte er mit Nele im Laden einkaufen und Freunde im Dorf besuchen.

Bisher hatte auch David einen großen Bogen um Rudi gemacht. Doch nun spazierte er mit ihm unsere Gasse hoch und hielt sich an seinem Arm fest. Michael kam das nicht geheuer vor und die Kinder zogen sich auf die oberste Treppe vom Forsthaus zurück.
Vor dem Haus blieben David und Rudi stehen. David deutete auf Anne Katrin und ihren Bruder und sagte: „Das sind die Neuen. Besonders frech ist die Zopftante, aber blöd sind alle miteinander!" Michael erklärte David, dass er jetzt nicht mit ihm spielen wollte.
Auf keinen Fall mochte er etwas mit Rudi zu tun haben. David lachte bloß:
„Denk an, ich will auch nicht mit dir spielen. Ihr werdet alle noch sehr staunen!"
Er griff wieder nach Rudis Arm, stellte sich auf Zehenspitzen und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Dabei vergaß er nicht, die Kinder auf der Treppe anzuschauen. Rudi hatte sicher etwas Lustiges gehört, beide kicherten und gingen weiter.

Nach einer Stunde kam David zurück, er war wieder alleine.
„Ich spiele jetzt mit“, verkündete er laut. Anne Katrin stellte sich vor ihn.
„Du musst dich erst bei mir entschuldigen. Wenn du noch einmal etwas Wüstes über mich sagst, knall ich dir eine“, drohte sie, warf, wie üblich, die Zöpfe zurück und vergaß auch nicht, die Nase zu rümpfen.
„Na, wird‘s bald“? fragte sie.
Erst zog David eine Grimasse, doch dann nuschelte er:
„Tschuldigung, tschuldigung!“
Nele meinte: „Rudi wollen wir bei uns nicht sehen. Er kann mit den großen Kindern im Dorf spielen.“ Michael fragte David, was er so geheimnisvolles mit Rudi zu flüstern hatte.
„Ein Geheimnis eben, aber das verrate ich nicht.“ Florian schlug vor, verstecken zu spielen, doch David hatte anderes im Sinn. Er sagte zu Anne Katrin: „Du kannst weit werfen. Ich will sehen, ob du auch schnell rennen kannst. Machen wir ein Wettrennen?" Alle waren einverstanden und sie stellten sich in einer Reihe auf. Wer zuerst bei der Querstraße vor Davids Haus ankam, hatte gewonnen. David zählte: „Eins, zwei, drei, los!"
Die Kinder sausten los, ohne David, der grinsend auf der Straße stehen blieb. Anne Katrin und Michael liefen auf gleicher Höhe, Nele, Florian und Klaus japsten hinter her. Erst als Michael ein Grasbüschel um die Ohren flog, merkte er, dass bei diesem Rennen etwas nicht stimmte.
Nele schrie: „Da vorne ist Rudi!" Sie liefen zurück und erlebten eine böse Überraschung. Vor Frau Wegmanns Haus standen David und ein anderer großer Junge. Beide hatten Stöckchen in der Hand und bewarfen die Kinder damit. Rudi keuchte hinter ihnen her. Sie flohen in Frau Wegmanns Hof. Bei diesem Getrappel erschraken die Tiere. Der Esel schrie jämmerlich, das Schaf blökte, die Kinder kreischten. Ein unbeschreiblicher Lärm herrschte nun in diesem sonst so ruhigen und friedlichen Hof.

Frau Wegmann stürzte aus dem Haus. Als sie die Kinder so
erschrocken vor sich sah, vergaß sie sogar ihre Tiere. Sie lief auf die Straße und David und die anderen Buben rannten fort. Michael erzählte Frau Wegmann von dem Wettrennen und sie tröstete die Kinder mit einer Tafel Schokolade.
Es blieb nicht die einzige, die Kinder mussten noch oft getröstet werden.

„Das war Davids Geheimnis", sagte Michael. Die Freunde nickten und Anne Katrin nahm sich vor, David bei nächster Gelegenheit eine zu knallen. Die Mutter seufzte leise, als Michael ihr von Davids Überfall erzählte. Die Kinder wünschten sich sehr, dass sie auf die bösen Buben schimpfte, wie Frau Wegmann das getan hatte. Aber sie seufzte nur.
„Findest du Davids Streich in Ordnung?" fragte Michael.
„Nein, natürlich nicht“, antwortete sie.
„Ich bin sehr traurig darüber und ich denke, auch David ist traurig!"
„Da irrst du dich, Mama“, sagte Nele. „Er hat laut gelacht, als Rudi hinter uns her rannte!" Doch Mutter blieb dabei.
„David ist traurig. Vielleicht denkt er, dass nur die Nachbarskinder für euch wichtig sind.“
„Sprich du mit ihm, vielleicht glaubt er dir, dass er noch zu uns gehört!“ bat Michael. Die Mutter schüttelte den Kopf.
„Du, Nele und Florian, ihr müsst ihm das sagen. Ihr seid seine Freunde und mit der Zeit wird er sich an unsere Nachbarn gewöhnen!"

Sie gingen wieder zu Florian, Anne Katrin und Klaus und spielten im Forsthausgarten ein neues Anne Katrin - Spiel: "Du wärst und du würdest". Das war einfach und lustig. Einer bestimmt, was die anderen wären und Anne Katrin begann. Sie deutete auf Nele und sagte: „Du wärst die Köchin und würdest feine Nudeln kochen. Ihr Buben seid die Diener, würdet mir die Nudeln bringen und mir alle Wünsche erfüllen, denn ich bin die Prinzessin!" Nele begann zu kichern, Florian und Michael schauten sich grinsend an. Jetzt lachte Nele laut und das war ansteckend. Es schallte bis zu Frau Wegmann, die herüber sah. Eben bog sich Nele nach hinten. Sie presste ihre Hände auf den Bauch und von den tiefsten bis zu den höchsten Lachtönen, alles sprudelte nur so aus ihr heraus. Alle lachten mit und hörten erst auf, als Nele ruhiger wurde.
„Jetzt sag mir, warum du so gelacht hast“, verlangte Anne Katrin. Nele wischte sich die letzten Lachtränen aus den Augen.
„Ach, weißt du, nachdem David das erste Mal mit dir gestritten hatte, meinte er, du würdest gern eine Prinzessin sein und er hat richtig geraten!" antwortete sie. „Nennen wir dich Prinzessin, wenn wir spielen“, schlug Michael vor.
„Aber du musst auch einmal Dienerin oder sonst was sein“, meinte Nele. Das war selbstverständlich für die Prinzessin. Nur ganz selten, wenn sie zankten, nannten die Kinder sie wieder Anne Katrin.
Alle beschlossen, Davids Streich zu vergessen, wenn er ohne Rudi kam. Wettrennen würden sie mit ihm keine mehr laufen, ganz gleich, in welche Richtung es ging.
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In der nächsten Geschichte spielt David wieder mit, und Michael
Hilft seinem Freund
 



 
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