Isork kam langsam aus dem Gebüsch hervor, in dem er sich versteckt hatte, um den Blicken der Gardisten zu entgehen. Er sah noch die letzten beiden Packpferde, die jetzt die Gefangenen zu tragen hatten, um die nächste Straßenbiegung verschwinden, eine Staubwolke hinter sich her ziehend.
Die Gardisten hatten Harbon also offenbar bereits überholt. Der Räuber fluchte innerlich. Sie würden einen gehörigen Vorsprung haben, wenn der Zauberer weiter so langsam vorwärts kam.
Isork nahm wieder seinen Platz hinter den Büschen ein, nachdem er etwas Wasser aus dem Bach getrunken hatte. Als er schon Gefahr lief einzunicken, hörte er einen Karren, der sich näherte. Kurze Zeit später kam das kleine Gefährt, das von einem einzelnen Banta gezogen wurde, um die Kurve in seine Richtung. Enttäuscht sah er eine alte Frau auf dem Kutschbock sitzen. Wann würde Harbon endlich kommen? Zudem sah die Alte nicht so aus, als sei bei ihr etwas zu holen.
Sie hielt den Karren an und führte das Banta zum Bach hinüber, um es trinken zu lassen. Isork überlegte gerade, ob er doch einmal nachschauen sollte, was sie auf ihrem Karren transportierte, als sie plötzlich sprach.
„Komm nur heraus, Junge“, forderte sie ihn auf und lachte gackernd.
Isork fuhr erstaunt hoch und zog sein Messer.
„Lass mich leben!“, krächzte die Alte und hob abwehrend die Hände. Dann lachte sie wieder.
„Du hast gleich nichts mehr zu lachen, alte Vettel“, brummte Isork böse, der immer noch nicht wusste, wodurch er sich verraten hatte.
„Du wirst doch einer alten Frau nichts antun, mein guter Isork!“ Wieder dieses nervtötende Gegacker.
„Woher, zum Hezmana, kennst du mich?“, fragte der Räuber perplex.
„Würde es dir etwas ausmachen, mir ein wenig Wasser zu geben?“, erkundigte sich die Alte, ohne auf seine Frage einzugehen. „Ich kann mich so schlecht bücken.“
Widerstrebend nahm Isork den Becher aus der Hand der alten Frau und füllte ihn im Bach.
„Ich danke dir, verehrter Räuber“, krächzte sie und nahm einen Schluck. „Aah, das ist köstlich nach dem vielen Straßenstaub.“ Sie wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.
„Du sollst nicht dumm sterben, mein Lieber“, meinte sie dann. „Ich bin Harbon und du wartest doch sicher auf mich, oder?“
Isork schaute den Zauberer verblüfft an und begann dann zu lachen.
„Das also meinte Trogat, als er sagte, du seist nicht ganz bei Kräften!“, prustete er. „Wie ist das passiert?“
„Trogat ist ein Idiot“, erklärte Harbon im Brustton der Überzeugung. „Er war also hier?“
„Stimmt und die Gardisten mit den beiden Gefangenen ebenfalls. Sie sahen nicht sehr gut aus – die Gefangenen, meine ich.“
Harbon wurde plötzlich ernst und nickte.
„Kann ich mir vorstellen. Diese verwünschten Gardisten!“ Er spuckte aus.
„Wir müssen uns beeilen. Ich bin ohnehin nicht so schnell unterwegs.“
Er zog das Banta auf die Straße zurück und erklomm mühsam den Kutschbock. Isork setzte sich neben ihn.
Es begann schon zu dämmern, als sie Grolding endlich erreichten. Die Gardisten hatten ihr Lager unweit der Stadt an einem kleinen Teich aufgeschlagen. Niemand beachtete die alte Frau und den kleinen, bärtigen Mann, die auf ihrem Karren nach Grolding kamen.
„Da ist Lopur“, flüsterte Isork, als sie die Ortsmitte erreichten und deutete unauffällig mit dem Kopf auf einen unscheinbaren, mittelgroßen Mann, der lässig an einem Pfosten vor der Kneipe „Groldschwemme“ lehnte. Die beiden Männer verständigten sich durch ein kurzes Nicken, woraufhin sich Lopur langsam in Bewegung setzte. Isork folgte ihm mit dem Karren.
Als sie die kleine Stadt wieder verlassen hatten, hielt Isork neben einer Baumgruppe an. Wie aus dem Nichts tauchte Lopur zwischen den Bäumen auf.
„Ihr kommt spät“, brummte er und musterte misstrauisch die alte Frau.
„Keine Sorge“, beruhigte ihn Isork. „Das ist Harbon. Er erklärt euch alles später. Wo lagert ihr?“
„In dem kleinen Wäldchen nicht weit von der Flussschwemme“, klärte Lopur sie auf, wobei er Harbon immer wieder verwirrte Blicke zuwarf. Dann drehte er sich ohne weitere Worte um und ging mit zügigem Schritt davon. Harbon und Isork folgten ihm mit ihrem Karren.
Der kleine Fluss Grold zwängte sich kurz hinter Grolding durch eine Enge, wodurch der Fluss an dieser Stelle über die Ufer trat und das nahe liegende Land überschwemmte. Von hier aus zweigten auch einige künstlich angelegte Kanäle ab, die den Bauern zur Bewässerung ihrer Felder dienten. An der engsten Stelle überspannte eine hölzerne Brücke den Fluss. Wie Harbon wusste, war es die einzige Brücke weit und breit und damit auch die einzige Möglichkeit für die Gardisten, den Fluss zu überqueren. Der Zauberer nahm das Gelände rund um die Brücke gründlich in Augenschein. Von weitem konnte man das Dröhnen der Groldfälle hören. Etwa zwei Kilometer flussabwärts stürzte der Grold – an dieser Stelle schon wieder in voller Breite – am Landbruch in die felsige Tiefe.
Nachdem sie die Brücke überquert hatten, führte Lopur sie zu einem Wald hinüber. Zu Harbons Verblüffung gab es hinter den ersten Bäumen einen versteckten Weg. Offenbar hatten sich hier schon früher Menschen verborgen gehalten.
Elden lagerte mit seinen Männern auf einer Lichtung. Harbon überschlug, dass hier wohl etwa zwanzig Männer in Gruppen zusammen saßen. Außerdem waren sie auf dem Weg an mindestens drei Wächtern vorbei gekommen. Genauso viele vermutete der Zauberer auf der anderen, Fluss abgewandten, Seite des Waldes.
Die untergehende Sonne durchdrang das Blätterdach nur noch mühsam, als Harbon ächzend vom Kutschbock herunter stieg. Fluchend massierte er seinen Rücken. Zwei hoch aufgeschossene Gestalten hatten sich derweil genähert, dahinter die etwas kleinere einer Frau.
„Du hast schon mal besser ausgesehen, mächtiger Zauberer!“, spottete Elden.
„Ja ja, spotte nur, Räuberhauptmann!“, erboste sich Harbon. „Das habe ich diesem Taugenichts dort zu verdanken!“ Er deutete auf Trogat, der mit gesenktem Kopf neben Elden stand und verlegen von einem Fuß auf den anderen trat.
Elden grinste.
„Darf ich dir Jolene vorstellen.“ Die hoch gewachsene Frau trat neben Elden und lächelte den Zauberer an.
„Willkommen in Trimandar!“, grüßte Harbon und deutete eine Verbeugung an.
„Ich danke dir.“ Jolenes Lächeln wurde noch etwas breiter. „Ich dachte, du wärst ein Mann.“
Harbon brummte ärgerlich.
„Das ist eine lange und traurige Geschichte. Aber warte nur noch zwei Tage. Dann wirst du mich in meiner wahren Gestalt sehen.“
Er verpasste Trogat einen Schlag mit seinem Stock.
„Wir sollten uns für morgen einen Schlachtplan zurecht legen“, schlug Elden vor und bedeutete Harbon, ihm zu folgen. Humpelnd setzte sich der Zauberer in Bewegung, während sich Isork um Karren und Banta kümmerte.
Als sie sich an einem kleinen, gut abgeschirmten Feuer niedergelassen, und Harbon sich mit Wasser und etwas Brot mit kaltem Fleisch gestärkt hatte, berichtete der Zauberer zunächst von seiner Begegnung mit Wedekind und dessen Gefangennahme durch die Garde. Elden und Jolene lauschten mit ernsten Gesichtern.
„Das war ein großes Risiko, Harbon“, meinte Elden vorwurfsvoll.
„Meinst du, das weiß ich nicht?“, fragte der Zauberer scharf. „Ich habe mir selbst schon genug Vorwürfe gemacht!“
Elden machte eine beschwichtigende Handbewegung.
„Wir können es jetzt ohnehin nicht mehr ändern“, lenkte er ein. „Und ob wir nun einen oder zwei Gefangene befreien müssen, macht auch keinen großen Unterschied. Lass uns über morgen reden. Ich denke da an die Brücke.“
Harbon nickte.
„Den Gedanken hatte ich auch schon!“
Die Gardisten hatten Harbon also offenbar bereits überholt. Der Räuber fluchte innerlich. Sie würden einen gehörigen Vorsprung haben, wenn der Zauberer weiter so langsam vorwärts kam.
Isork nahm wieder seinen Platz hinter den Büschen ein, nachdem er etwas Wasser aus dem Bach getrunken hatte. Als er schon Gefahr lief einzunicken, hörte er einen Karren, der sich näherte. Kurze Zeit später kam das kleine Gefährt, das von einem einzelnen Banta gezogen wurde, um die Kurve in seine Richtung. Enttäuscht sah er eine alte Frau auf dem Kutschbock sitzen. Wann würde Harbon endlich kommen? Zudem sah die Alte nicht so aus, als sei bei ihr etwas zu holen.
Sie hielt den Karren an und führte das Banta zum Bach hinüber, um es trinken zu lassen. Isork überlegte gerade, ob er doch einmal nachschauen sollte, was sie auf ihrem Karren transportierte, als sie plötzlich sprach.
„Komm nur heraus, Junge“, forderte sie ihn auf und lachte gackernd.
Isork fuhr erstaunt hoch und zog sein Messer.
„Lass mich leben!“, krächzte die Alte und hob abwehrend die Hände. Dann lachte sie wieder.
„Du hast gleich nichts mehr zu lachen, alte Vettel“, brummte Isork böse, der immer noch nicht wusste, wodurch er sich verraten hatte.
„Du wirst doch einer alten Frau nichts antun, mein guter Isork!“ Wieder dieses nervtötende Gegacker.
„Woher, zum Hezmana, kennst du mich?“, fragte der Räuber perplex.
„Würde es dir etwas ausmachen, mir ein wenig Wasser zu geben?“, erkundigte sich die Alte, ohne auf seine Frage einzugehen. „Ich kann mich so schlecht bücken.“
Widerstrebend nahm Isork den Becher aus der Hand der alten Frau und füllte ihn im Bach.
„Ich danke dir, verehrter Räuber“, krächzte sie und nahm einen Schluck. „Aah, das ist köstlich nach dem vielen Straßenstaub.“ Sie wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.
„Du sollst nicht dumm sterben, mein Lieber“, meinte sie dann. „Ich bin Harbon und du wartest doch sicher auf mich, oder?“
Isork schaute den Zauberer verblüfft an und begann dann zu lachen.
„Das also meinte Trogat, als er sagte, du seist nicht ganz bei Kräften!“, prustete er. „Wie ist das passiert?“
„Trogat ist ein Idiot“, erklärte Harbon im Brustton der Überzeugung. „Er war also hier?“
„Stimmt und die Gardisten mit den beiden Gefangenen ebenfalls. Sie sahen nicht sehr gut aus – die Gefangenen, meine ich.“
Harbon wurde plötzlich ernst und nickte.
„Kann ich mir vorstellen. Diese verwünschten Gardisten!“ Er spuckte aus.
„Wir müssen uns beeilen. Ich bin ohnehin nicht so schnell unterwegs.“
Er zog das Banta auf die Straße zurück und erklomm mühsam den Kutschbock. Isork setzte sich neben ihn.
Es begann schon zu dämmern, als sie Grolding endlich erreichten. Die Gardisten hatten ihr Lager unweit der Stadt an einem kleinen Teich aufgeschlagen. Niemand beachtete die alte Frau und den kleinen, bärtigen Mann, die auf ihrem Karren nach Grolding kamen.
„Da ist Lopur“, flüsterte Isork, als sie die Ortsmitte erreichten und deutete unauffällig mit dem Kopf auf einen unscheinbaren, mittelgroßen Mann, der lässig an einem Pfosten vor der Kneipe „Groldschwemme“ lehnte. Die beiden Männer verständigten sich durch ein kurzes Nicken, woraufhin sich Lopur langsam in Bewegung setzte. Isork folgte ihm mit dem Karren.
Als sie die kleine Stadt wieder verlassen hatten, hielt Isork neben einer Baumgruppe an. Wie aus dem Nichts tauchte Lopur zwischen den Bäumen auf.
„Ihr kommt spät“, brummte er und musterte misstrauisch die alte Frau.
„Keine Sorge“, beruhigte ihn Isork. „Das ist Harbon. Er erklärt euch alles später. Wo lagert ihr?“
„In dem kleinen Wäldchen nicht weit von der Flussschwemme“, klärte Lopur sie auf, wobei er Harbon immer wieder verwirrte Blicke zuwarf. Dann drehte er sich ohne weitere Worte um und ging mit zügigem Schritt davon. Harbon und Isork folgten ihm mit ihrem Karren.
Der kleine Fluss Grold zwängte sich kurz hinter Grolding durch eine Enge, wodurch der Fluss an dieser Stelle über die Ufer trat und das nahe liegende Land überschwemmte. Von hier aus zweigten auch einige künstlich angelegte Kanäle ab, die den Bauern zur Bewässerung ihrer Felder dienten. An der engsten Stelle überspannte eine hölzerne Brücke den Fluss. Wie Harbon wusste, war es die einzige Brücke weit und breit und damit auch die einzige Möglichkeit für die Gardisten, den Fluss zu überqueren. Der Zauberer nahm das Gelände rund um die Brücke gründlich in Augenschein. Von weitem konnte man das Dröhnen der Groldfälle hören. Etwa zwei Kilometer flussabwärts stürzte der Grold – an dieser Stelle schon wieder in voller Breite – am Landbruch in die felsige Tiefe.
Nachdem sie die Brücke überquert hatten, führte Lopur sie zu einem Wald hinüber. Zu Harbons Verblüffung gab es hinter den ersten Bäumen einen versteckten Weg. Offenbar hatten sich hier schon früher Menschen verborgen gehalten.
Elden lagerte mit seinen Männern auf einer Lichtung. Harbon überschlug, dass hier wohl etwa zwanzig Männer in Gruppen zusammen saßen. Außerdem waren sie auf dem Weg an mindestens drei Wächtern vorbei gekommen. Genauso viele vermutete der Zauberer auf der anderen, Fluss abgewandten, Seite des Waldes.
Die untergehende Sonne durchdrang das Blätterdach nur noch mühsam, als Harbon ächzend vom Kutschbock herunter stieg. Fluchend massierte er seinen Rücken. Zwei hoch aufgeschossene Gestalten hatten sich derweil genähert, dahinter die etwas kleinere einer Frau.
„Du hast schon mal besser ausgesehen, mächtiger Zauberer!“, spottete Elden.
„Ja ja, spotte nur, Räuberhauptmann!“, erboste sich Harbon. „Das habe ich diesem Taugenichts dort zu verdanken!“ Er deutete auf Trogat, der mit gesenktem Kopf neben Elden stand und verlegen von einem Fuß auf den anderen trat.
Elden grinste.
„Darf ich dir Jolene vorstellen.“ Die hoch gewachsene Frau trat neben Elden und lächelte den Zauberer an.
„Willkommen in Trimandar!“, grüßte Harbon und deutete eine Verbeugung an.
„Ich danke dir.“ Jolenes Lächeln wurde noch etwas breiter. „Ich dachte, du wärst ein Mann.“
Harbon brummte ärgerlich.
„Das ist eine lange und traurige Geschichte. Aber warte nur noch zwei Tage. Dann wirst du mich in meiner wahren Gestalt sehen.“
Er verpasste Trogat einen Schlag mit seinem Stock.
„Wir sollten uns für morgen einen Schlachtplan zurecht legen“, schlug Elden vor und bedeutete Harbon, ihm zu folgen. Humpelnd setzte sich der Zauberer in Bewegung, während sich Isork um Karren und Banta kümmerte.
Als sie sich an einem kleinen, gut abgeschirmten Feuer niedergelassen, und Harbon sich mit Wasser und etwas Brot mit kaltem Fleisch gestärkt hatte, berichtete der Zauberer zunächst von seiner Begegnung mit Wedekind und dessen Gefangennahme durch die Garde. Elden und Jolene lauschten mit ernsten Gesichtern.
„Das war ein großes Risiko, Harbon“, meinte Elden vorwurfsvoll.
„Meinst du, das weiß ich nicht?“, fragte der Zauberer scharf. „Ich habe mir selbst schon genug Vorwürfe gemacht!“
Elden machte eine beschwichtigende Handbewegung.
„Wir können es jetzt ohnehin nicht mehr ändern“, lenkte er ein. „Und ob wir nun einen oder zwei Gefangene befreien müssen, macht auch keinen großen Unterschied. Lass uns über morgen reden. Ich denke da an die Brücke.“
Harbon nickte.
„Den Gedanken hatte ich auch schon!“