3. Kapitel Im Netz der Schattenfänger

cne

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3. Kapitel
Hallo wenn Ihr Kapitel 1-2 lesen wollt, dann lasst Euch alle Texte des Bereiches Fantasy anzeigen und wählt dann die entsprechenden Texte aus.
Dieses Kapitel könnt Ihr aber auch nach einer kurzen Zusammenfassung verstehen:

Cipriana, eine junge Waldelbin, wächst abgeschieden von der Außenwelt in einem Wald auf. Auf einen Streifzug durch den Wald entdeckt sie einen unbekannten Weg. Dort trifft sie Togan einen Händler. Sie bittet ihn, sie mit in die Stadt zu nehmen, damit sie die Welt kennerlernt. Togan erzählt ihr, das die Menschen nicht gut über Elben denken und sie deshalb ihre spitzen Ohren unter einem Kopftuch verstecken soll. In der Stadt trifft sie auf Deryan, der von seinen Zauberkräften rücksichtslos gebrauch macht. Außerdem erzählt er Ihr merkwürdige Sachen, die sie nicht versteht. Togan hat Cipriana als seinen Lehrling ausgegeben, damit sie in der Händlergilde übernachten kann. Da er Schulden bei Sabâr hat, die er nicht begleichen kann, fordert Sabâr ihn auf Cipriana in seinen dienst zu stellen.

So dann viel Spaß beim durchlesen ...
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Mit gesenktem Kopf machte sich Togan auf den Rückweg. Was sollte er jetzt tun? Eigentlich war er biss jetzt immer ganz gut gefahren, indem er sich aus Ärger rausgehalten hatte und steht’s den Weg des geringsten Widerstandes gegangen war. Immer neutral bleiben und wenn sich ein gutes Geschäft auftut zuschlagen, so hatte er sich bis jetzt als Händler über Wasser gehalten. Sein Traum war sich irgendwann eine Handelsniederlassung leisten zu können. Dann würden andere mit Ihren Wagen durch die Gegend fahren und er würde daran verdienen.
Aber jetzt musste er eine Entscheidung treffen. Ganz klar, was die richtige Entscheidung wäre, dass wusste er. Warum war es immer so verdammt schwer das richtige zu tun. Außerdem würde es in diesem Fall, nur negative Konsequenzen für ihn nach sich ziehen.
Völlig in Gedanken versunken, war Togan den Weg zurückgegangen, bis zu dem Platz wo er vor einer Stunde so schändlich betrogen wurde. Er blickte die dunkle Gasse entlang, auf das Haus in dem dieser Betrüger Deryan verschwunden war. Ein Hoffnungsschimmer kam Togan in den Sinn. Vielleicht war alles nur ein Missverständnis. Er würde Deryan zur Rede stellen. Er würde seinen Fehler einsehen und ihm das Geld geben.
Seine Schritte wurden schneller, neue Hoffnung trieb ihn voran, als er sich dem Haus am Ende der Gasse näherte. Es brannte nirgendwo Licht. Er klopfte an die Große metallbeschlagene Eichentür. Es rührte sich nichts. Togan wartete einen kleinen Moment, dann prüfte er ob er die Tür öffnen konnte, doch sie war verschlossen.
Erst langsam, dann immer schneller hämmerte Togan mit seinen Fäusten gegen die Tür. Schließlich schrie er verzweifelt: „Lasst mich endlich rein Ihr verdammten Betrüger!“ Nichts rührte sich und so gab Togan es schließlich auf.
Er konnte immer noch das richtige tun. Obwohl richtig oder falsch, Verrat oder Heldentat, schön oder hässlich, die Bewertung liegt letztendlich im Auge des Betrachters. Wenn er Cipriana, die ihm selbstlos und ohne zögern gegen gefährliche Orks geholfen hatte, an Sabâr auslieferte, dann war das so gut wie ihr Todesurteil. Wenn er herausfand, dass sie eine Waldelbin war, dann würde er bestimmt nicht freundlich mit ihr umspringen. Das tat er ja noch nicht einmal mit anderen Menschen, wenn er sich ihnen überlegen fühlte. In Gefangenschaft würde sie sicherlich schnell zu Grunde gehen, da sie bis jetzt nur die Freiheit in den Wäldern kannte. Außerdem war sie noch viel zu jung für so ein grausames Schicksal.
Die andere Möglichkeit; er ging auf Sabârs Erpressung nicht ein. Dann konnte er seine Händlerkarriere an den Nagel hängen, denn in jedem Handelsposten, müsste Togan Angst haben, auf Sabârs Leute zu treffen. Wahrscheinlich müsste er in einem abgelegenem Grenzort weit im Norden untertauchen, der wenig Kontakt zur Außenwelt hat. War er wirklich so wichtig, oder würde Sabâr nicht nach ihm suchen. Wahrscheinlich doch, denn Schulden trieb er unerbittlich ein um säumige Zahler abzuschrecken.
Togan schaute an sich herab. Was konnte er schon, außer als Händler durch die Gegend zu fahren. Er war nicht mehr der jüngste. Sein dicker Bauch verhinderte, dass er auf seine Füße blicken konnte. Was war er schon außer ein kleiner, dicker, wenig erfolgreicher Händler, der sich gerade eben über Wasser hielt. Nirgendwo hatte er echte Freunde oder Verwandte die ihm helfen konnten. Wenn er wenigstens etwas Geld gespart hätte, dann würde es ihm leichter fallen unterzutauchen.
Verzweifelt setzte er sich auf die Stufe vor der Tür. Seinen viel zu schweren Kopf stützte er auf seine Arme. Wie kam er nur hier heil wieder raus. Auf der Hauptstrasse öffnete sich die Tür eines Hauses. Aus ihm war undeutlich Musik und das Gegröle von angeheiterten Menschen zu hören. Ein Wirtshaus. Das war jetzt genau das richtige, seinen Kummer in Alkohol zu ertränken. Wenigstens würde er dann gut schlafen. Ein Entscheidung die sein ganzes Leben verändern würde, konnte er immer noch morgen treffen.
Als er die Tür öffnete sah er eine fröhliche Gesellschaft, die sich an Tischen um eine Bühne versammelt hatte. Dort führte gerade ein Feuerschlucker, unter tosendem Beifall des Publikums, seine Kunsttücke vor. Er gab einer der Kellnerinnen ein Zeichen. Sie lächelte ihn an und entgegnete etwas, was er wegen dem Lärm nicht verstand. Er quetschte sich zu anderen auf eine Bank. Der Raum war überfüllt. Wenig später hatte er einen Krug Bier in der Hand und seine Sorgen vergessen. Er folgte dem Schauspiel auf der Bühne und ließ sich von der Begeisterung der anderen anstecken ...
Cipriana hatte diese Nacht lange Meditiert und mit Kari gesprochen. Sie wollte am nächsten Tag noch einige Sachen in der Stadt eintauschen, die man im Wald nicht bekommen konnte. Dann wollte sie aber zurück in den Wald und diesen befremdlichen Ort mit den merkwürdigen Menschen verlassen. Das ganze musste erst mal verdaut werden.
Als sich Cipriana die Wagen im Innenhof der Händlergilde ansah, stellte sie fest, dass Togans Wagen nicht mehr darunter war. Heute wollte er weiterziehen, aber so früh und ohne sich zu verabschieden. Cipriana war enttäuscht.
Mit einem Schulterzucken wollte sie das ganze abtun und die Händlergilde zum letzten mal verlassen. Doch da spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter. Sie drehte sich erstaunt um und blickte in das Gesicht eines Händlers den sie Gestern beim Frühstück flüchtig kannengelernt hatte. Er war blond, blauäugig und überragte sie um einiges. Obwohl er wie Togan ein Mensch war, war er doch ganz anders gebaut, viel hellhäutiger und kräftiger. Er lächelte sie freundlich an, also lächelte sie zurück.
„Togan lässt sich entschuldigen, er hat gestern Abend noch irgendeinen Eilauftrag bekommen. Er hat noch in der Morgendämmerung die Stadt verlassen. Diesen Umschlag gab er mir und bittet Dich, ihn einem seiner Geschäftskollegen vorbeizubringen. Es ist eine kleine Wegbeschreibung draufgezeichnet.“
Sie nahm den Umschlag entgegen.
„Das werde ich gerne für ihn tun. Schade, das ich mich nicht mehr von ihm verabschieden konnte.“
„Ach, Togan ist immer und überall, denn siehst Du wieder früher als Dir lieb ist. Außerdem soll ich Dir noch sagen, das sich heute nach Marktschluss eine Karawane am Südtor trifft, der Du Dich anschlissen kannst.“
„Das ist schön dann muss ich den langen Weg nicht allein zurücklegen.“
„Und was habt Ihr heute noch vor?“
„Ich wollte noch einige Sachen auf dem Markt eintauschen, die mir im Wald nützlich sein können und die ich nicht selbst herstellen kann.“
„Viele Waldläufer rüsten sich hier in der Stadt aus. Ich bin auch auf dem Weg zum Markt. Meine Leute müssten unseren Stand inzwischen aufgebaut haben. Lasst uns gemeinsam dorthin gehen.“
Auf dem Weg zum Markt erzählte Cipriana was sie so benötigte. Atring erzählte ihr von seinem Leben im Norden, wo er im Sommer Robben jagte um die Felle und den Tran dann im Herbst hier zu verkaufen. Togan hatte er kannengelernt als dieser mal einige Handelsgeschäfte im Norden abgeschlossen hatte. Unter anderem hatte er ihm ein lukrativen Handel mit einem südlichen Kalifen verschafft. Die Felle waren im Süden sehr begehrt und da Atring immer nur im Grenzland gehandelt hatte war im der südliche Markt nie in den Sinn gekommen.
An seinem Stand zeigte er Cipriana einige seiner Stücke, doch da sie nicht daran interessiert war, verabschiedete sie sich höfflich. Erst mal verschaffte sich Cipriana einen Überblick über den Markt, der heute noch voller war als gestern. Deryan schien heute nicht hier zu sein, stellte sie erleichtert fest.
Also konnte sie ungehindert nach Sachen suchen, die ihr gefielen. Am Anfang war sie noch etwas verunsichert, da sie keine von den runden Metallstückchen hatte, die die Leute hier für die Waren eintauschten. Aber erleichtert stellte sie fest, dass die Kräuter, die sie bei sich trug und die für sie nur einen geringen Wert darstellten, da der Wald voll davon war, hier ein beliebtes Tauschobjekt waren. Bis zum Nachmittag hatte sie sich einen neuen sehr scharfen kleinen Dolch, einen kleinen Schleifstein, Besteck, eine schönes Amulette und ein sehr schönes buntes Tuch eingetauscht.
Es war inzwischen später Nachmittag. Mit ihren letzten Kräutern hatte sie sich einige Früchte eingetauscht. Sie verspeiste diese jetzt etwas abseits in einem Park zusammen mit Kari. Auf dem Markt begannen schon die ersten Händler, ihre Stände langsam abzubauen.
Kari hatte sich ein Stück von einer Frucht gepackt und war dann auf den Baum verschwunden, unter den sich Cipriana gesetzt hatte. Nachdem er sich auf dem Baum ausgetobt hatte, kam er wieder runter. Er setzte sich auf ihre Schulter. „Hey Kari, kleiner Schlingel, jetzt werde ich noch den Brief von Togan abgeben. Danach geht es zum Treffpunkt am Südtor und dann nach Hause. Endlich wieder Wald und nicht so viele Leute.“ Kari leckte begeistert ihre Wange. Dann sprang er zurück in ihre Tasche.
Cipriana hatte inzwischen den Umschlag, den sie in Togans Auftrag ausliefern sollte, hervorgekramt. Die Wegbeschreibung, die auf den Umschlag gemalt war, beschrieb ein Gebäude nahe der Händlergilde. Irgendwie war es merkwürdig, das Togan die Stadt so schnell verlassen musste, das er nicht noch vorher diesen Umschlag abgeben konnte. Vielleicht war es aber auch nur zu früh gewesen.
Inzwischen stand das Elbenmädchen vor dem Gebäude. Es war eines von diesen Gasthäusern, in denen es immer so übel roch. „Na ja schnell rein und wieder raus“, dachte sich Cipriana und schob die Tür auf. Drinnen war es noch ziemlich leer und die Luft gerade eben ehrtragbar. An den Festern waren zwei Tische mit einer zweier und einer dreier Gruppe besetzt, die in ein Gespräch verwickelt waren. In der Mitte saßen noch zwei einzelne Personen. Sonst war niemand im Raum. Aus der Küche waren Geräusche zu hören.
„Ich habe hier einen Umschlag von Togan abzugeben“, rief Cipriana so laut sie konnte, aber es kam ihr in dem großen Raum ziemlich leise vor. Die Leute am Fenster schauten nicht einmal auf. Die Aufmerksamkeit der beiden Personen in der Mitte hatte sie auf sich gezogen, aber sie sahen sie nur fragend an.
Unschlüssig schaute sich Cipriana noch einmal um. „Wenn sich keiner für den Umschlag interessiert, dann lege ich ihn einfach auf einen Tisch“, dachte sich Cipriana. Inzwischen betrat eine weitere Person den Raum und kam auf sie zu. Es war ein Südbewohner, wie Togan, ganz deutlich an der Größe und der dunklen Hautfarbe zu erkennen. Seine freien Oberarme waren muskelbepackt und er Trug ein Breitschwert über den Rücken geschnallt.
Mit einer tiefen Stimme sprach er sie an: „Bist Du Cipriana, der Lehrling von Togan?“
„Ähm nun ja wie man’s nimmt“, begann Cipriana rumzustammeln, „ich soll diesen Umschlag für Togan hier abgeben, seid Ihr der Empfänger?“
„Nein, aber ich bringe Dich zu meinem Anführer, folge mir!“
Er hatte eine tiefe durchdringende, vereinnahmende Stimme, die keinen Widerspruch duldete. Also folgte ihm Cipriana ohne ein weiteres Wort zu verschwenden.
Sie verließen die Gaststube und folgten jetzt einem schmalen Gang von dem auf der rechten Seite einige Türen abzweigten. Vor einer Tür blieb der Mann stehen und öffnete sie. Mit einer Handbewegung signalisierte er ihr, dass sie den Raum betreten sollte.
Cipriana betrat den Raum. Der Mann, der sie hergeleitet hatte, betrat nach ihr den Raum und zog die Tür wieder zu. Im Raum waren zwei weitere Männer. Einer saß an einem Schreibtisch über ein Schriftrolle gebeugt. Der andere lehnte an dem Schreibtisch und redete auf den anderen ein. Sie verwendeten einen Dialekt den Cipriana nicht verstehen konnte.
„Ist dies das Mädchen?“, fragte der Mann hinter dem Schreibtisch.
„So ist es.“, sagte der Mann hinter ihr.
Cipriana kam das ganze irgendwie nicht mehr geheuer vor. Sie spürte regelrecht, die negative Energie, die von diesen Männern ausging. Wie konnten sie einen solchen Hass gegen sie in sich tragen, wo sie sie doch zum ersten mal sahen. Irgendetwas musste sie tun, sonst würde gleich etwas schlimmes passieren.
„Ich soll diesen Umschlag hier , von Togan abgeben.“, sagte Cipriana und machte zwei Schritte nach vorne. Sie legte den Umschlag auf den Schreibtisch und wollte sich wieder umdrehen um den Raum zu verlassen. Doch bevor sie sich umdrehen konnte, merkte sie wie der Mann hinter ihr, ihre Arme packte und nach hinten zog, so dass sie sich nicht mehr wehren konnte.
Cipriana merkte wie die Angst in ihr hochstieg, die sie lähmte. Sie war zu keinem klaren Gedanken fähig. Je mehr sie sich wehrte, um so fester wurden ihre Arme zusammengedrückt, der Schmerz war jetzt kaum noch zu ertragen. Mit ihrem Fuß versuchte sie den Mann hinter sich zu treten, doch er trug einen Beinschutz. Den Tritt hatte er wahrscheinlich gar nicht gespürt. Doch ihr Fuß tat ziemlich weh.
Die beiden Männer vor ihr hatten ein fieses Lächeln auf den Lippen. Der Mann, der an den Schreibtisch gelehnt hatte, griff nach ihrer Kette aus Elbensteinen. Mit einem Ruck versuchte er ihr die Kette abzureißen. Doch da das Lederband nicht nachgab, riss er ihr fast den Kopf von den Schultern. Als er merkte das er die Kette so nicht bekommen konnte nahm er einen Dolch zur Hilfe und durchtrennte das Lederband.
„So ich habe die Kette, hat Sabâr gesagt was wir mit dem Mädchen machen sollen?“
„Nein, wir werden jetzt mit ihr unseren Spaß haben bevor sie für immer verschwindet.“
Der Mann, der ihre Kette geraubt hatte verließ den Raum. Unsanft wurde sie herumgeschleudert und kam schließlich auf einem Stuhl zum sitzen. Der Mann hinter ihr hatte immer noch mit einer Hand ihre beiden Handgelenke zusammengepresst mit der anderen Hand hatte er ihren Bogen, den sie über den Rücken getragen hatte an sich genommen.
Der Mann hinter dem Schreibtisch kam auf sie zu und schaute auf sie herab. Mit einer Hand packte er ihr Kinn. Grob riss er ihren Kopf nach oben, so dass er in ihre Augen sehen konnte.
Sie sah die Überheblichkeit in seinen Augen und verspürte nichts als Hass für diesen Mann. Er tätschelte jetzt ihre Wange und schob ihr Kopftuch beiseite. Als Ciprianas spitze Ohren sichtbar wurden, erschreckten sich beide Männer.
„Sie ist eine von diesen gefährlichen Waldgeistern, mach sie kalt“, schrie der Mann vor ihr plötzlich.
Für einen Bruchteil eines Momentes hatte der Mann hinter ihr seinen Griff um ihre Handgelenke gelockert. Flink hatte Cipriana ihren rechten Arm freigewunden. Blitzschnell zog sie jetzt ihren neuen Dolch vom Markt aus dem Gürtel und rammte ihn in die Hand des Mannes. Daraufhin ließ er mit einem Fluch auch die andere Hand frei.
Cipriana öffnete ihre Umhängetasche. Kari sprang dem Mann vor ihr in Gesicht und zerkratzte es. Bevor der Mann Kari abwehren konnte war er schon wieder auf Ciprianas Schulter gesprungen. Flink rannte Cipriana zur Tür riss sie auf und rannte den Gang entlang zur Gaststube.
In der Gaststube sahen die Leute sie erschreckt und verängstigt an. Sie verlangsamte etwas ihre Schritte und bewegte sich auf die rettende Tür zu. Doch inzwischen hatte auch einer ihrer Verfolger die Gaststube erreicht und rief: „Fünf Silberstücke für den, der sie aufhält.“
Die Männer am Fenster versperrten ihr den Weg nach draußen. Angst stieg wieder in Cipriana hoch. Sie musste sich nach einer anderen Fluchtmöglichkeit umschauen. Es führte eine Treppe nach oben. Sie sprang auf einen Tisch, dann über das Treppengeländer und war mit einem Satz im oberen Stockwerk. Ein Armbrustbolzen zischte an ihr vorbei und grub sich in die Täfelung. Sie hastetet weiter. Da war ein Fenster am Ende des Ganges. Sie schnappte sich einen Stuhl und schleuderte ihn gegen das Fenster. Er prallte ab. Sie schlug noch einmal auf das Fenster ein, da gab es nach. Das Dach verband das Gebäude mit dem nächsten.
Cipriana sprang aus dem Fenster und landete auf dem Dach des Gebäudes, das dieses mit dem nächsten verband. Hinter sich hörte sie ihre Verfolger auf dem Gang. Ohne sich umzudrehen lief sie los zum nächsten Gebäude, das einige Stockwerke größer war als dieses.
Sie hatte das andere Haus fast erreicht, als ein Armbrustbolzen dicht an ihr vorbeisauste. Vor schreck verlor sie den halt und rollte jetzt das schräge Dach hinunter. Verzweifelt versuchte sie sich irgendwo festzuhalten. Im Letzten Moment gelang es ihr den Sturz abzubremsen und sich festzuhalten. Sie hatte überall Abschürfungen an den Armen.
Als sie aufschaute, sah sie Kari. Er war auf einem Balkongerüst des Nachbargebäudes. Dort sprang er aufgeregt hin und her. Er versuchte ihr etwas zu signalisieren, doch sie war zu aufgeregt. Um seine Gedanken zu lesen musste sie sich konzentrieren und dazu fehlte ihr jetzt die Zeit.
Cipriana rappelte sich auf. Ein kleiner Sprung für ein Eichhörnchen, aber ein mörderischer Sprung selbst für eine durchtrainierte Waldelbin. Doch sie erwischte das Geländer des Balkons. Mit letzter Kraft zog sie sich vollständig über das Geländer. Ihre Verfolger waren inzwischen auf das Dach gestiegen und richteten ihre Armbrüste aus. Auch auf der Strasse war ein heilloses Durcheinander. Alle schienen zu ihr hochzusehen.
Schnell versuchte sie über die Balkontür ins innere des Gebäudes zu gelangen. Zu ihrer Verzweiflung ließ sich die Tür nicht öffnen.
Der nächste Balkon war nicht sehr hoch über ihr. Also kletterte sie auf das Geländer ein Stockwerk höher. Auch hier hatte sie kein Glück. Noch ein Stockwerk. Als sie auf diesem Balkon stand blickte sie in die Augen einer jungen Frau. Diese schaute sie an als würde ein Dämon der Unterwelt direkt vor ihr stehen. Sie war kreidebleich und konnte sich nicht bewegen.
Cipriana schaute sie überrascht an. Sah sie wirklich so gefährlich aus. Doch sie hatte jetzt keine zeit sich darum zu kümmern. Schnell lief sie ins Gebäude. Ein Wohnraum, eine Tür, dann ein Gang und eine Treppe nach unten. Hastig sprang sie die Stufen nach unten. Schnell war sie im ersten Stockwerk angelangt. Unter ihr wurde eine Tür aufgebrochen und wütende Stimmen drangen von draußen ein. Cipriana blieb vor einem offenen Fenster stehen, Vom Hof hinter dem Haus führte eine schmale Gasse weg. Es war keiner zu sehen und wahrscheinlich die einzige Fluchtmöglichkeit. Es war nicht sehr hoch, also sprang Cipriana und rollte sich ab. Sie hatte sowieso überall Schürfwunden, da kam es jetzt auf ein paar mehr oder weniger auch nicht mehr an.
Sie schaute rauf zum Fenster wo Kari noch saß. Er sprang in Ciprianas Arm. Weiter ging die Flucht. „Bloß weg hier und irgendwo untertauchen“, waren Ciprianas einzige Gedanken. Zum Glück war auf diesem Weg, der die Hinterhöfe der Häuser verband niemand unterwegs.
Da Vorne mündete der Weg wieder auf eine Hauptstrasse. Inzwischen hatte sie aber eine ziemliche Strecke zwischen sich und die Verfolger gebracht. Wenn sie noch ein paar Häuserblocks weiter kam, müssten sie eigentlich abgeschüttelt sein. Doch kaum betrat Cipriana die belebte Strasse, schauten sie wieder alle entsetzt an.
Solange noch alle wie erstart waren, rannte sie über die Strasse und verschwand wieder in einer schmalen Seitengasse. „Was habe ich nur plötzlich an mir, das mich alle so entsetzt anstarren.“, dachte Cipriana verunsichert, „ich konnte mich doch vorher ganz normal in der Stadt bewegen.“ Sie schaute im laufen an sich herab. Na ja sie sah schon ziemlich schlimm aus, die Arme waren blutverschmiert, die Hose hatte einen Riss, und sicherlich hatte sie auch Wunden im Gesicht. Aber andererseits hatte sie auch schon Menschen auf der Strasse gesehen, die auch keinen besseren Eindruck gemacht hatten. Also eigentlich kein Grund. Verzweiflung stieg in ihr auf. Zu allem Überfluss wusste sie nicht mehr genau in welcher Richtung die Händlergilde lag. Aber außer Togan kannte sie ja auch dort keinen. Wer sollte ihr also helfen.
Sie rannte weiter durch die Hinterhöfe. Dabei suchte Cipriana, nach einer Stelle wo sie sich verstecken konnte. Aber die Verfolger waren ihr dicht auf den Fersen, so dass sie sich nicht traute irgendwo stehen zu bleiben. Plötzlich sprang jemand aus einem Hauseingang. Er hatte eine Decke die er über sie warf. Dann erhielt sie einen leichten schlag gegen die Schläfe. Sofort war sie bewusstlos.
Ihr Kopf brummte. Sie war in die Decke gewickelt und saß gegen eine Wand gelehnt. Mehrmals presste sie die Augen zusammen, bevor sie ein klares Bild zu sehen bekam. Vor ihr standen in einiger Entfernung einige Männer mit gezogenen Waffen. Erschreckt wollte Cipriana sofort aufspringen, doch ihr brummender Kopf lies sie erst einmal abwarten.
Ein weiterer Mann, der in Lumpen gekleidet war, stand zwischen ihr und den Bewaffneten. Da er ihr den Rücken zuwendete, konnte sie nicht erkennen wer es war.
„Geehrte Bürger, bitte habt Erbamen, meiner Frau geht es nicht sehr gut und wir leiden Hunger, bitte spendet ein paar Kupferstücke, damit ich mir etwas zu essen kaufen kann.“
Es war die Stimme von Deryan. Was hatte er vor? Einer der Männer ging an ihm vorbei um sich seine angebliche Frau genauer anzusehen.
„Seit bitte vorsichtig, sie hat die ganze Nacht gehustet und erbrochen. Ich weiß nicht ob es ansteckend ist.“
Cipriana lies sich nach vorne sinken. Einerseits hatte sie ziemliche Kopfschmerzen und wollte ihre Stirn massieren, andererseits vermied sie es so, das der Mann ihr in die Augen sehen konnte.
„Sie wird doch nicht eines dieser fürchterlichen ansteckenden Fieber haben. Ihr wisst, dass ihr so etwas melden müsst.“, meinte einer der Männer.
„Sie ist erst gestern erkrankt, wenn es anhält werde ich es sofort melden. Könnt ihr uns bitte helfen, geachtete Bürger dieser Stadt.“
„Wir sind auf der suche nach einer Elbin. Eine Spionin, die sich in die Stadt geschlichen hat.“
„Ich habe jemanden hier vorbeilaufen sehen, in die Richtung.“
Deryan zeigte um den nächsten Block. Jemand warf ihm eine Münze zu dann entfernten sich die Männer schnellen Schrittes. „Habt vielen Dank“, rief Deryan ihnen hinterher. „Ihr Missgeburten eines Balrogs“, zischte er leise, als sie ihn nicht mehr hören konnten. Er setzte sich neben Cipriana.
„Deinen Auftrag hast du wohl gründlich in den Sand gesetzt, leichtsinnige Cipriana“.
Ein höhnisches Lächeln war in seiner Stimme nicht zu überhören.
„Deine Schutzgötter hatten heute wohl frei. Dabei kämpft ihr doch angeblich für das Gute und das soll doch angeblich unbesiegbar sein.“
Cipriana schaute ihn entgeistert an. Deryan grinste sich einen.
Als sie ihm nicht entgegnete fuhr er etwas ernsthafter fort,
„Ich habe keine Lust in diesem sinnlosen Krieg, der nicht meiner ist draufzugehen. Bis jetzt konnte ich mich immer rechtzeitig absetzen. Aber diesmal seit ihr sehr geschickt vorgegangen. Ich habe keine der sonst üblichen Vorzeichen bemerkt. Na ja bis ich dich getroffen habe. Also ehrlich, eine so schlechte Tarnung habe ich noch nicht erlebt. Selbst Sabâr, der ein ausgesprochener Dummkopf ist, hat den Braten sofort gerochen.“
Was faselte Deryan da? „Diese Kopfschmerzen bringen mich um“, dachte Cipriana.
„Tut mir leid, das ich dich kurz außer Gefecht setzen musste. Aber es war zu befürchten, dass du mir nicht vertrauen würdest und ich musste schnell handeln.“
Deryan reichte ihr eine Feldflasche. Cipriana trank einen Schluck. Langsam ließ der Schmerz etwas nach.
„Also hier mein Angebot: Ich helfe dir deinen Auftrag doch noch zu erfüllen, dann stehst du letztendlich doch noch gut vor deinen Leuten da. Im Gegenzug schleust du mich durch eure Truppen, wenn sie die Stadt angreifen. Was meinst Du?“
„Ich glaube, das eine Elster deinen Verstand geraubt hat. Mir ist schleierhaft wovon du die ganze Zeit redest. Ich will nur nach Hause.“
Ein Schrecken durchfuhr Cipriana. Wo war eigentlich Kari. Ihre Tasche lehnte neben der Wand, doch er war nicht drinnen. Verzweifelt schaute sie sich um. Als sie hochschaute, war sie erleichtert. Kari saß auf der Fensterbank über ihr. Er sprang auf ihre Schulter und leckte ihre Wange.
„Gehört die kleine Ratte etwa zu dir?“, fragte Deryan.
„Es ist ein Eichhörnchen, heißt Kari und ist mein bester Freund.“, fauchte Cipriana.
„Schon gut. Wollte mich ja nicht zwischen euch drängen.“
„Ich muss zum Südtor.“, fiel Cipriana plötzlich ein. Sie sprang auf und wollte die Decke abschütteln.
„Vorsicht!“, warnte Deryan, „wenn die Decke von deinem Kopf rutscht dann haben sie dich sofort. Schon vergessen, spitze Ohren sind hier unerwünscht.“
Cipriana fiel die Warnung von Togan wieder ein. Sie behielt die Decke, die ziemlich stank als Umhang um.
„Ich bringe dich zum Südtor, damit du deinen Auftrag durchführen kannst. Aber erinnere dich bitte auch zu gegebener Zeit an unsere Abmachung.“
Deryan stand auf und ging voran. Sie folgte ihm.
 

Andrea

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2 von 10 Punkten

Lieber Carsten,
ich habe auch diesen Teil gelesen, und wieder frage ich mich, ob du deine Sachen eigentlich noch einmal überarbeitest, ehe du sie hier reinstellst. Wenn du dies tun solltest, gratuliere ich dir zur wohl kreativsten Rechtschreibung, die ich seit Einführung der neuen Regeln zu bestaunen die Ehre hatte.

Was den Stil betrifft, scheinen wir in der Tat andere Ansprüche zu haben. Auf mich wirkt es an vielen Stellen zu holprig, gestückelt und gekünstelt, als daß eine Identifizierung mit den Figuren stattfinden könnte. Außerdem ist da dieses plakative Vortragen von Geschichten und Hintergründen, z.T. unrealistische Dialoge (z.B. „Es ist ein Eichhörnchen, heißt Kari und ist mein bester Freund.“, fauchte Cipriana. – In ihrer Situation dürfte Cipriana wohl bei Eichhörnchen bleiben; was geht es einen Kerl, den sie nicht leiden kann und der ihr unheimlich ist, wie es heißt und in welcher Beziehung es zu ihr steht?)

Insgesamt kann ich nur zu einem raten: Überarbeiten, und immer wieder überarbeiten. In den kleinen Handlungen muß man die Charaktere zeichnen, nicht dem Leser predigen, wie sie sich fühlen. Wenn Togan etwa zurück zu Deryans Haus geht, schreibe doch z.B.:
Togan wartete einen kleinen Moment, dann drückte er prüfend gegen die Tür. Verschlossen. Fluchend trat der Händler einen Schritt zurück. So durfte es nicht enden, seine Hoffnung nicht schon hier scheitern! Wenn Deryan nicht da war.. bloß nicht zu Ende denken. Deryan mußte einfach da sein, er mußte!
Togan hämmerte mit seinen Fäusten gegen die Tür, erst langsam, dann immer schneller. „Laßt mich rein“, schrie er heiser. „Laßt mich endlich rein, ihr verdammten Betrüger!“ Schließlich gab er das Trommeln auf und unternahm den halbherzigen Versuch, die Tür einzurennen, doch alles, was er dadurch erreichte, war eine vor Schmerz pochende Schulter. Hinter der Tür jedoch rührte sich nichts, und so gab Togan schließlich auf.

Naja, so oder so ähnlich würde ich es schreiben.
 



 
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