Sein Kopf schmerzte mörderisch und als er die Augen öffnete, sorgte das helle Sonnenlicht dafür, dass er sie sofort geblendet wieder schloss.
Marc hatte keine Ahnung, was mit ihm geschehen war, konnte sich nur noch bruchstückhaft an die letzten Ereignisse erinnern. Er war beim Kanufahren im Tal der Ardèche gewesen, in einer Stromschnelle hatte es ihn mit seinem Kanu auf einen Felsen geworfen … und er war in einem Gestrüpp wieder zu sich gekommen. Diese Leute … es waren merkwürdige Leute in sonderbarer Kleidung und mit absonderlichem Benehmen … hatten ihn gefunden und versorgt, allerdings auf eine denkbar primitive Art und mit einfachsten Mitteln. Das Denken fiel ihm schwer, sein Kopf drohte zu zerspringen. Er öffnete vorsichtig die Augen, drehte den Kopf zur Seite, um nicht wieder direkt in den gleißend hellen Himmel zu blicken. Er lag auf ebener Erde, offenbar auf einer dünnen Wolldecke und mit einer ebensolchen zugedeckt. Er spürte einen Verband, der die Wunde an seinem Hinterkopf bedeckte. Stöhnend versuchte er, sich aufzurichten, sank aber sofort wieder zurück, als sich die Welt um ihn zu drehen begann. Etwas Kühles berührte seine Stirn und er öffnete erneut die Augen. Über sich sah er das Gesicht der Frau, die er bereits vorher – in der letzten Nacht? - gesehen hatte. Sie war noch jung, vielleicht Anfang oder Mitte zwanzig, ihr Haar hatte die Farbe herbstlicher Ahornblätter und ihr Gesicht war ebenmäßig und ausgesprochen apart.
„Du solltest es langsam angehen lassen.“ Ihre Stimme war sanft. „Dein Kopf hat ganz hübsch etwas abbekommen.“ Sie lächelte und drehte den feuchten Lappen um, den sie ihm auf die Stirn gelegt hatte.
Marc versuchte ein schwaches Lächeln.
„Danke … du hast mich verbunden … wie lange …?“
Er verstummte, als ihn erneut Schwindel überfiel.
„Du hast die ganze Nacht und den halben Tag geschlafen. Aber ich denke, du wirst dich bald erholen. Sundasch hat dir eine Medizin gegeben. Ich bin übrigens Rocarla.“
Sie deutete nach hinten, wo Marc die hagere Gestalt des alten Mannes erkennen konnte, an den er sich dunkel erinnerte.
„Ist er Arzt?“, erkundigte er sich.
Das Mädchen lachte hell auf.
„Arzt? Sundasch?“ Sie lachte wieder, etwas, woran man sich durchaus gewöhnen könnte, dachte Marc bei sich. „Nein, ein Arzt ist er nun wirklich nicht, aber er kennt sich mit allerlei Kräutern aus.“
In Marcs schmerzendem Schädel jagten die Gedanken.
„Kannst du mir sagen, wo ich hier bin?“
„Wir lagern hier an der Landstraße von Skarding nach Groldfall, ungefähr zwanzig Meilen von Skarding entfernt.“
Marc schüttelte den Kopf, was zu einem neuen Schwindelanfall führte.
„Ich glaube, ich habe mehr Schaden genommen, als ich gedacht habe. Alle diese Namen sagen mir gar nichts. Wie bin ich hierher gekommen? Ich war an der Ardèche und dann bin ich hier erwacht.“
Rocarla runzelte die Stirn.
„Du warst … wo?“
„An der Ardèche, das ist ein Fluss in Südfrankreich, ein Seitenfluss der Rhone.“
Rocarla schüttelte den Kopf und lachte unsicher.
„Vielleicht hast du wirklich ein wenig Schaden genommen. Ich habe von diesen Orten noch nie gehört.“
Ein Schatten fiel über die beiden, und als Marc aufblickte, sah er die hochgewachsene Gestalt des alten Sundasch vor sich stehen. Der alte Mann lächelte.
„Wie ich sehe, bist du erwacht. Das freut mich. Wie fühlst du dich?“
Marc versuchte ein Grinsen.
„Als wäre ich von einem Zug überfahren worden. Außerdem scheine ich geistigen Schaden genommen zu haben.“
„Was hat dich überfahren?“, fragte Sundasch verdutzt.
„Na, ein Zug … Eisenbahn … du weißt schon ...“
„Keine Ahnung, wovon du redest, Junge.“ Sundasch schüttelte den Kopf, lachte aber dann. „Ich glaube, ich kann dir einige Erklärungen geben, mein Freund.“
Er ließ sich neben Marc und Rocarla in den Schneidersitz nieder.
„Ich wette, du hast keine Ahnung, wo du dich befindest und wunderst dich sehr über uns und deine Umgebung.“ Ein verschmitztes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Dann wandte er sich an das Mädchen. „Hol bitte die anderen her, Rocarla, sonst muss ich alles dreimal erzählen.“
Die junge Frau schaute ihn zunächst fragend, dann erstaunt an, ging aber davon, um das zu tun, worum der alte Mann sie gebeten hatte.
Als alle sich versammelt hatten, begann Sundasch zu berichten. Zunächst wandte er sich an seine Gefährten.
„Ich denke, es ist an der Zeit, euch einige Dinge über mich zu offenbaren, die euch bisher unbekannt sind. Ich habe bewusst einiges für mich behalten, weil ich das für sicherer hielt – sowohl für mich selbst, als auch für euch.“ Er räusperte sich. „Ich bin nicht nur ein Scharlatan, der die Leute mit billigen Kartentricks hereinlegt und ihnen für Prophezeiungen das Geld aus der Tasche zieht. Ich bin ein Zauberer.“
Er machte eine Pause und schaute in die Runde, um die Wirkung seiner Worte zu überprüfen. Werla und Jor'ass schauten sich mit hochgezogenen Augenbrauen vielsagend an, während der junge Arkosch losprustete.
„Hast du jetzt endgültig den Verstand verloren, Alter“, erkundigte sich Werla nach einer Weile. „Du bist so wenig ein Zauberer wie ich ein Fürst.“ Er spuckte auf den Boden und schüttelte den Kopf.
Sundasch lächelte milde.
„Ich dachte mir schon, dass es etwas mehr als mein Wort brauchen würde.“
Er murmelte einige leise Worte und stieß die Hand nach vorn in Richtung der Feuerstelle, wo Arkosch kurz zuvor neues Brennholz aufgeschichtet hatte. Ein Feuerstrahl erschien, der das Holz entzündete und Arkosch mit einem Schrei auf die Füße springen ließ.
„Was? … bei den Feuerdämonen!“ Mit aufgerissenen Augen starrte er zunächst auf das Feuer, dann auf Sundasch.
Der Alte lachte leise.
„Es tut mir Leid, dass ich euch so lange über meine Fähigkeiten im Unklaren gelassen habe, aber es war notwendig. Allerdings scheint jetzt eine neue Zeit anzubrechen ...“
Er verstummte und schaute sinnend auf Marc. Dann erzählte er die Geschichte, die einige Tage zuvor ein anderer Zauberer namens Harbon einer anderen Gruppe von ungläubigen Zuhörern offenbart hatte.
„Und du, mein Freund“, schloss er und nickte in Richtung des jungen Neuankömmlings, „bist einer von denen, die – glaubt man dem Buch der Prophezeiung – für den Anbruch eines neuen Zeitalters sorgen werden.“
Eine Weile herrschte atemlose Stille.
„Also ...“ Marc schüttelte den Kopf. „Wenn ich ehrlich bin, möchte ich lieber wieder zurück in mein Kanu.“ Er versuchte ein Lächeln, was ihm aber einigermaßen misslang.
Jor'ass hatte bereits weiter gedacht.
„Was bedeutet das jetzt für uns, Sundasch? Wenn ich es richtig verstanden habe, muss Marc die anderen treffen, um seine Bestimmung zu erfüllen.“
Sundasch sah ihn ernst an.
„Es erstaunt mich immer wieder, wie schnell du dich auf neue Situationen einstellen kannst, mein Freund. Nun, was mich betrifft, so steht fest, dass ich mich um Marc kümmern muss, damit er keinen Schaden nimmt, bevor er sich mit den anderen Auserwählten vereinigen kann.“
Rocarla kniff die Augen zusammen.
„Und was bedeutet das?“, erkundigte sie sich.
„Marc muss zur Fakultät der Zauberer nach Renkar reisen und dort Prokurator Rovan treffen.“
„Die … Fakultät von … was?“ Werla kratzte sich am Kopf. „Davon habe ich noch nie gehört.“
Sundasch lächelte.
„Das glaube ich dir sofort. Die Fakultät ist eine uralte Institution, die seit mehr als zweitausend Jahren Zauberer ausbildet. Auch ich wurde dort einst gelehrt.“ Seine Augen glitten in die Ferne. Dann riss er sich mit Gewalt in die Gegenwart zurück. „Heutzutage existiert die Fakultät im Verborgenen und nur Zauberer wissen, wie und wo man sie finden kann. Für alle anderen – auch für Verline, ihre Schergen und die finstere Macht, die sie antreibt – ist Renkar ein Mythos.“
Jor'ass nickte langsam.
„Ich kann nicht für die anderen sprechen, aber ich für meinen Teil werde dir und Marc helfen. Verline und ihr Gezücht sind mir zuwider, und ich möchte meinen Teil dazu beitragen, ihre Herrschaft zu beenden, damit die Menschen in Trimandar wieder frei atmen können.“
Das war für seine Verhältnisse eine lange Rede gewesen. Er schaute die anderen an.
Werla kniff die Augen zusammen. Dann nickte er entschlossen.
„Ich bin dabei.“ Mehr musste er nicht sagen.
Rocarla lächelte Marc unsicher an.
„Ich verstehe zwar immer noch nicht so ganz, was hier geschieht, aber natürlich helfe ich, wo ich kann.“
Arkosch grinste breit.
„Das hört sich nach Spaß an. Dafür bin ich immer zu haben!“
Marc sah zum strahlend blauen Himmel.
„Nun“, meinte er dann sinnend. „Mir wird wohl nichts anderes übrigbleiben.“ Er fühlte sich, als würde er durch ein Meer von Watte waten, die ihm nur einen verschwommenen Blick auf die Realität gewährte.
Sundaschs Gesicht war plötzlich sehr ernst.
„Nein, ich fürchte nicht, mein Junge.“
„Wie sieht der Plan aus, Sundasch?“ Jor'ass schaute den Zauberer an.
Der überlegte kurz.
„Ich habe bereits in der vergangenen Nacht kurz Kontakt zum Prokurator gehabt ...“
„Kontakt?“, unterbrach ihn Werla. „Wie hast du das angestellt?“
„Wir Zauberer haben unsere eigenen Methoden“, grinste der Alte. „Wir können über unsere Kraftquelle, das Apaethon, mit anderen Zauberern kommunizieren. Ich werde später noch einmal versuchen, mehr in Erfahrung zu bringen. Dann können wir einen Plan machen.“
„In jedem Fall sollte unsere 'Tarnung' als Schauspieler und Gauklertruppe erhalten bleiben. Es dürfte nicht sehr klug sein, daran etwas zu ändern“, meinte Jor'ass.
Sundasch nickte.
„Das ist sicher richtig. Wir beraten später, was wir tun werden.“ Er schaute Marc an. „Du solltest die Zeit nutzen, wieder zu Kräften zu kommen. Ich fürchte, es stehen uns einige Anstrengungen bevor.“
Marc hatte keine Ahnung, was mit ihm geschehen war, konnte sich nur noch bruchstückhaft an die letzten Ereignisse erinnern. Er war beim Kanufahren im Tal der Ardèche gewesen, in einer Stromschnelle hatte es ihn mit seinem Kanu auf einen Felsen geworfen … und er war in einem Gestrüpp wieder zu sich gekommen. Diese Leute … es waren merkwürdige Leute in sonderbarer Kleidung und mit absonderlichem Benehmen … hatten ihn gefunden und versorgt, allerdings auf eine denkbar primitive Art und mit einfachsten Mitteln. Das Denken fiel ihm schwer, sein Kopf drohte zu zerspringen. Er öffnete vorsichtig die Augen, drehte den Kopf zur Seite, um nicht wieder direkt in den gleißend hellen Himmel zu blicken. Er lag auf ebener Erde, offenbar auf einer dünnen Wolldecke und mit einer ebensolchen zugedeckt. Er spürte einen Verband, der die Wunde an seinem Hinterkopf bedeckte. Stöhnend versuchte er, sich aufzurichten, sank aber sofort wieder zurück, als sich die Welt um ihn zu drehen begann. Etwas Kühles berührte seine Stirn und er öffnete erneut die Augen. Über sich sah er das Gesicht der Frau, die er bereits vorher – in der letzten Nacht? - gesehen hatte. Sie war noch jung, vielleicht Anfang oder Mitte zwanzig, ihr Haar hatte die Farbe herbstlicher Ahornblätter und ihr Gesicht war ebenmäßig und ausgesprochen apart.
„Du solltest es langsam angehen lassen.“ Ihre Stimme war sanft. „Dein Kopf hat ganz hübsch etwas abbekommen.“ Sie lächelte und drehte den feuchten Lappen um, den sie ihm auf die Stirn gelegt hatte.
Marc versuchte ein schwaches Lächeln.
„Danke … du hast mich verbunden … wie lange …?“
Er verstummte, als ihn erneut Schwindel überfiel.
„Du hast die ganze Nacht und den halben Tag geschlafen. Aber ich denke, du wirst dich bald erholen. Sundasch hat dir eine Medizin gegeben. Ich bin übrigens Rocarla.“
Sie deutete nach hinten, wo Marc die hagere Gestalt des alten Mannes erkennen konnte, an den er sich dunkel erinnerte.
„Ist er Arzt?“, erkundigte er sich.
Das Mädchen lachte hell auf.
„Arzt? Sundasch?“ Sie lachte wieder, etwas, woran man sich durchaus gewöhnen könnte, dachte Marc bei sich. „Nein, ein Arzt ist er nun wirklich nicht, aber er kennt sich mit allerlei Kräutern aus.“
In Marcs schmerzendem Schädel jagten die Gedanken.
„Kannst du mir sagen, wo ich hier bin?“
„Wir lagern hier an der Landstraße von Skarding nach Groldfall, ungefähr zwanzig Meilen von Skarding entfernt.“
Marc schüttelte den Kopf, was zu einem neuen Schwindelanfall führte.
„Ich glaube, ich habe mehr Schaden genommen, als ich gedacht habe. Alle diese Namen sagen mir gar nichts. Wie bin ich hierher gekommen? Ich war an der Ardèche und dann bin ich hier erwacht.“
Rocarla runzelte die Stirn.
„Du warst … wo?“
„An der Ardèche, das ist ein Fluss in Südfrankreich, ein Seitenfluss der Rhone.“
Rocarla schüttelte den Kopf und lachte unsicher.
„Vielleicht hast du wirklich ein wenig Schaden genommen. Ich habe von diesen Orten noch nie gehört.“
Ein Schatten fiel über die beiden, und als Marc aufblickte, sah er die hochgewachsene Gestalt des alten Sundasch vor sich stehen. Der alte Mann lächelte.
„Wie ich sehe, bist du erwacht. Das freut mich. Wie fühlst du dich?“
Marc versuchte ein Grinsen.
„Als wäre ich von einem Zug überfahren worden. Außerdem scheine ich geistigen Schaden genommen zu haben.“
„Was hat dich überfahren?“, fragte Sundasch verdutzt.
„Na, ein Zug … Eisenbahn … du weißt schon ...“
„Keine Ahnung, wovon du redest, Junge.“ Sundasch schüttelte den Kopf, lachte aber dann. „Ich glaube, ich kann dir einige Erklärungen geben, mein Freund.“
Er ließ sich neben Marc und Rocarla in den Schneidersitz nieder.
„Ich wette, du hast keine Ahnung, wo du dich befindest und wunderst dich sehr über uns und deine Umgebung.“ Ein verschmitztes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Dann wandte er sich an das Mädchen. „Hol bitte die anderen her, Rocarla, sonst muss ich alles dreimal erzählen.“
Die junge Frau schaute ihn zunächst fragend, dann erstaunt an, ging aber davon, um das zu tun, worum der alte Mann sie gebeten hatte.
Als alle sich versammelt hatten, begann Sundasch zu berichten. Zunächst wandte er sich an seine Gefährten.
„Ich denke, es ist an der Zeit, euch einige Dinge über mich zu offenbaren, die euch bisher unbekannt sind. Ich habe bewusst einiges für mich behalten, weil ich das für sicherer hielt – sowohl für mich selbst, als auch für euch.“ Er räusperte sich. „Ich bin nicht nur ein Scharlatan, der die Leute mit billigen Kartentricks hereinlegt und ihnen für Prophezeiungen das Geld aus der Tasche zieht. Ich bin ein Zauberer.“
Er machte eine Pause und schaute in die Runde, um die Wirkung seiner Worte zu überprüfen. Werla und Jor'ass schauten sich mit hochgezogenen Augenbrauen vielsagend an, während der junge Arkosch losprustete.
„Hast du jetzt endgültig den Verstand verloren, Alter“, erkundigte sich Werla nach einer Weile. „Du bist so wenig ein Zauberer wie ich ein Fürst.“ Er spuckte auf den Boden und schüttelte den Kopf.
Sundasch lächelte milde.
„Ich dachte mir schon, dass es etwas mehr als mein Wort brauchen würde.“
Er murmelte einige leise Worte und stieß die Hand nach vorn in Richtung der Feuerstelle, wo Arkosch kurz zuvor neues Brennholz aufgeschichtet hatte. Ein Feuerstrahl erschien, der das Holz entzündete und Arkosch mit einem Schrei auf die Füße springen ließ.
„Was? … bei den Feuerdämonen!“ Mit aufgerissenen Augen starrte er zunächst auf das Feuer, dann auf Sundasch.
Der Alte lachte leise.
„Es tut mir Leid, dass ich euch so lange über meine Fähigkeiten im Unklaren gelassen habe, aber es war notwendig. Allerdings scheint jetzt eine neue Zeit anzubrechen ...“
Er verstummte und schaute sinnend auf Marc. Dann erzählte er die Geschichte, die einige Tage zuvor ein anderer Zauberer namens Harbon einer anderen Gruppe von ungläubigen Zuhörern offenbart hatte.
„Und du, mein Freund“, schloss er und nickte in Richtung des jungen Neuankömmlings, „bist einer von denen, die – glaubt man dem Buch der Prophezeiung – für den Anbruch eines neuen Zeitalters sorgen werden.“
Eine Weile herrschte atemlose Stille.
„Also ...“ Marc schüttelte den Kopf. „Wenn ich ehrlich bin, möchte ich lieber wieder zurück in mein Kanu.“ Er versuchte ein Lächeln, was ihm aber einigermaßen misslang.
Jor'ass hatte bereits weiter gedacht.
„Was bedeutet das jetzt für uns, Sundasch? Wenn ich es richtig verstanden habe, muss Marc die anderen treffen, um seine Bestimmung zu erfüllen.“
Sundasch sah ihn ernst an.
„Es erstaunt mich immer wieder, wie schnell du dich auf neue Situationen einstellen kannst, mein Freund. Nun, was mich betrifft, so steht fest, dass ich mich um Marc kümmern muss, damit er keinen Schaden nimmt, bevor er sich mit den anderen Auserwählten vereinigen kann.“
Rocarla kniff die Augen zusammen.
„Und was bedeutet das?“, erkundigte sie sich.
„Marc muss zur Fakultät der Zauberer nach Renkar reisen und dort Prokurator Rovan treffen.“
„Die … Fakultät von … was?“ Werla kratzte sich am Kopf. „Davon habe ich noch nie gehört.“
Sundasch lächelte.
„Das glaube ich dir sofort. Die Fakultät ist eine uralte Institution, die seit mehr als zweitausend Jahren Zauberer ausbildet. Auch ich wurde dort einst gelehrt.“ Seine Augen glitten in die Ferne. Dann riss er sich mit Gewalt in die Gegenwart zurück. „Heutzutage existiert die Fakultät im Verborgenen und nur Zauberer wissen, wie und wo man sie finden kann. Für alle anderen – auch für Verline, ihre Schergen und die finstere Macht, die sie antreibt – ist Renkar ein Mythos.“
Jor'ass nickte langsam.
„Ich kann nicht für die anderen sprechen, aber ich für meinen Teil werde dir und Marc helfen. Verline und ihr Gezücht sind mir zuwider, und ich möchte meinen Teil dazu beitragen, ihre Herrschaft zu beenden, damit die Menschen in Trimandar wieder frei atmen können.“
Das war für seine Verhältnisse eine lange Rede gewesen. Er schaute die anderen an.
Werla kniff die Augen zusammen. Dann nickte er entschlossen.
„Ich bin dabei.“ Mehr musste er nicht sagen.
Rocarla lächelte Marc unsicher an.
„Ich verstehe zwar immer noch nicht so ganz, was hier geschieht, aber natürlich helfe ich, wo ich kann.“
Arkosch grinste breit.
„Das hört sich nach Spaß an. Dafür bin ich immer zu haben!“
Marc sah zum strahlend blauen Himmel.
„Nun“, meinte er dann sinnend. „Mir wird wohl nichts anderes übrigbleiben.“ Er fühlte sich, als würde er durch ein Meer von Watte waten, die ihm nur einen verschwommenen Blick auf die Realität gewährte.
Sundaschs Gesicht war plötzlich sehr ernst.
„Nein, ich fürchte nicht, mein Junge.“
„Wie sieht der Plan aus, Sundasch?“ Jor'ass schaute den Zauberer an.
Der überlegte kurz.
„Ich habe bereits in der vergangenen Nacht kurz Kontakt zum Prokurator gehabt ...“
„Kontakt?“, unterbrach ihn Werla. „Wie hast du das angestellt?“
„Wir Zauberer haben unsere eigenen Methoden“, grinste der Alte. „Wir können über unsere Kraftquelle, das Apaethon, mit anderen Zauberern kommunizieren. Ich werde später noch einmal versuchen, mehr in Erfahrung zu bringen. Dann können wir einen Plan machen.“
„In jedem Fall sollte unsere 'Tarnung' als Schauspieler und Gauklertruppe erhalten bleiben. Es dürfte nicht sehr klug sein, daran etwas zu ändern“, meinte Jor'ass.
Sundasch nickte.
„Das ist sicher richtig. Wir beraten später, was wir tun werden.“ Er schaute Marc an. „Du solltest die Zeit nutzen, wieder zu Kräften zu kommen. Ich fürchte, es stehen uns einige Anstrengungen bevor.“