6. Immer diese Nachbarn

molly

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Manchmal hatte Michael das Gefühl, als wären David und Florian schon immer seine Freunde gewesen. Sie gehörten zu seinem Leben, wie seine Familie, wie die Nachbarn. Frau Wegmann und ihre Tiere besuchten Michael und Nele nicht mehr oft. Noch immer versuchte David die Häschen zu streicheln. Beim letzten Mal stellte sich Frau Wegmann vor David. Mit strenger, lauter Stimme sagte sie: „Michi und Nele dürfen mich jederzeit besuchen. Sie sind meine Nachbarn.“

David stemmte nun seine Arme in die Seiten, schaute zu Frau Wegmann und schrie: „Deine blöden Hasen will ich nie mehr streicheln, weißt du überhaupt, wie die stinken?“
Ohne eine Antwort abzuwarten sauste David davon und die Kinder sprangen in ihren Hof zurück. David zischte wieder: „Blöde Schlange!" „Ist sie nicht“, sagte Nele. Doch er zog mit der rechten Hand den linken Ärmel seines T-Shirts weit über die Achsel und streckte Frau Wegmann die Zunge raus.
„Hör auf damit“, verlangte Michael, und dabei grinste er seinen Freund an.

David ärgerte sich noch immer und fauchte nun Florian an: „Wann machst du endlich deine Prüfung? Du bist ein Angsthase!"
Florian wurde knallrot und erwiderte: „Nur, wenn die Förstersfrau nicht im Garten arbeitet!"
„Bist du blind? In ihrem Hof ist kein Mensch!" rief David.
„Sie wird im Haus sein“, meinte Nele. David legte den Kopf zurück und stierte in die Luft. Dann blinzelte er und ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Er sagte: „Wir schauen nach, ob sie daheim ist. Einer muss bei ihr klingeln!"
„Wer?" fragte Florian.
„Wir zählen aus!" sagte Nele und begann: "Ene, mene muh, aus bist du!" Michael musste klingeln.
David befahl: „Geh erst, wenn wir uns versteckt haben!" Sie schlenderten zum Haus, in dem Florian wohnte, und legten sich im Vorgarten hinter die Büsche. Michael schaute sich verstohlen um, sah niemand. Ihm zitterten die Knie und er schwitzte.

„Mach schon!" rief David. Michael gab sich einen Ruck, rannte die Treppe hinauf und klingelte. Ohne sich noch einmal umzudrehen, sauste er zu den anderen und sank atemlos neben Florian auf den Boden. Vorsichtig spähten sie durch die Büsche, beim Forsthaus regte sich nichts. David rieb sich vergnügt die Hände und sagte: „Günstig, günstig, niemand da!" Sie eilten in den Hof zurück, schleppten Gartentisch und Stuhl zum Zaun. Florian und Nele stiegen zuerst auf den Stuhl und von dort auf den Tisch. Nun hob Michael mit David den Stuhl hoch und sagte zu Florian: „Wirf ihn auf die andere Seite. Dann braucht ihr nicht über den Kompost zu kraxeln!"
Florian wollte gerade den Stuhl in Nachbars Garten befördern, als der Förster mit dem Auto in seinen Hof fuhr. Florian ließ den Stuhl auf ihrer Seite fallen und sprang, wie Nele, vom Tisch.
„Sauerei", schimpfte David, „immer kommen die, wenn man sie nicht brauchen kann!"

Die Kinder trugen die Möbel zurück und setzten sich auf die Gartenbank. Kurze Zeit beobachteten sie schweigend die Kühe, die gegenüber am Berghang weideten. Florian durchbrach die Stille. "Möchte wissen, was hinterm Berg ist!"
„Die Stadt natürlich“, antwortete David. Michael schüttelte den Kopf. „Hinterm Berg liegt ein Spielplatz und der Wald, da war ich schon mit Papa!" erklärte er. Nele meinte: „Wenn du in die Stadt willst, musst du auf der Landstraße bleiben."
„Aber ein ganz kleines Dorf könnte schon dahinter sein, Vielleicht auch nur ein paar Häuser!" erwiderte David.
„Ich habe nichts gesehen!" beteuerte Michael noch einmal.

„Und hinterm Spielplatz und hinterm Wald, da ist noch was!" beharrte Florian. Nele schlug vor, einen Ausflug dorthin zu machen, aber dazu hatte David keine Lust. Er sagte: „Den Weg können wir uns sparen. Wir steigen einfach auf den Kirchturm, da kann man weit ins Land schauen!" Die Kinder fanden Davids Idee wunderbar und wollten gleich los laufen. Doch David hielt sie zurück.
„Moment mal“, sagte er, „wir müssen erst noch etwas klären!" Der kürzeste Weg zur Kirche führte an Davids Elternhaus vorbei.
„Da gehen wir nicht durch, wenn mich der Opa sieht, muss ich helfen, wahrscheinlich wieder den Hof fegen. Und ohne mich kommt ihr nicht auf den Turm!" sagte David.
„Dann müssen wir durch den Bach auf die andere Straßenseite“, sagte Michael. In der Garage standen genügend Gummistiefel. Michael überließ den Freunden seine beiden Paar Stiefel und schlüpfte in die seiner Mutters. Die waren zwar noch etwas zu groß, doch für den kurzen Spaziergang würde er sie wohl tragen können.
Problemlos gelangten die Kinder auf die andere Bachseite, gingen auf der Straße weiter, an Frau Meiers Laden vorbei und schon standen sie vor der Kirche. Jetzt mussten sie nur noch in den Turm kommen.
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Ob die Kinder auf den Kirchturm steigen und Nele und Florian endlich die „Prüfung“ bestehen? Das erfahrt ihr in der nächsten Geschichte.
 



 
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