Mein Gott, Walther!
Du bischd jô a reachter Schwôb! Wenn i dees au noo gwießt hett’! Nô hett’ i no ganz anders midd’r gschwätzt!
Jetz’ aber erschd a’môl zu dei’m Sonettle (aab’r fei ’uf „Schriffddeidsch”, gell?)
Auch wenn die Verkleinerung fester Teil schwäbischer Mentalität ist, trifft deine Umschreibung „A Sonettle” hier wörtlich zu. Es ist kein „14+1-zyklisches”, sondern ein „1-zyklisches”. Zwei Quartette, zwei Terzette, in den Reimschemata – abba – baab – cdc – dcd.
In den Übergängen zwischen den Strophen findet stets eine klangliche Abwechslung im Endreim statt: a zu b, b zu c und c zu d. Und würde man die beiden Terzette zusammenfassen, hätte man sogar ein cd-cd-cd. Das alles klingt sehr harmonisch, gefällt mir!
Vers 5 und 8 leiten mit einem Daktylus ein, Vers 11 mit einem Trochäus, nachdem Vers 10 mit zwei Daktylen schloss (korrekter Plural lt. Wörterbuch) und Vers 6 mit 1 Daktylus. All das und vereinzelte Verwendung hochdeutscher Wörter (11: Feuer, 12: deiner, 13: Haar) erzeugt etwas Unruhe beim Lesen sowie beim Vortragen, vor allem in Mundart (dô brichsch’ d’r d’Zong’ a’!) Da aber „Feuer” neben „abgekühlt” steht (beides hochdeutsch), sehe ich das als Formfreiheit an.
Meintest du in Vers 12 Ein- oder Mehrzahl? Vermutlich letzteres...
„Komm, lass mi di an deirer Hüfte fassa,” (Singular)
„Komm, lass mi di an deine Hüfta fassa” (Plural)
Ich stoße im täglichen Umfeld immer wieder auf endemische (scheinbar nur regional - nirgendwo sonst - existierende), schwäbische Wörter: was heißt „gruppa”? Weiter verwendest du unterschiedliche Apostrophe. Und „Am morga” schreibt man groß.
Dein Werk ist ein gutes Beispiel dafür, wie „sprachbequem” man im Ländle ist, und dass wir wahre Meister darin sind, eine Fülle von Informationen in „wenigste” Wörter zu packen: „’s Licht aus ond schao gsägt.” würde auf Hochdeutsch heißen: „machten das Licht aus und schliefen sofort ein (elf Silben im Ggs. zu fünf).” Ähnlich wie bei „doch i hao’s grad no gfühlt,”
Aber aus der Sprache geht auch eindeutig hervor, dass es eine lyrische Bitte um Vergebung zwischen zwei Leuten ist, die bereits alle Hochs und Tiefs miteinander durchgestanden haben. Somit bleiben solche Unreinheiten, wenn schon bemerkt, unkommentiert (vom Partner, ist ja kein Kritiker).
Dein (sehr persönliches) Gedicht zeigt, dass du nicht nur saumäßig sprachgewandt bist, sondern auch saumäßig aufmerksam und sensibel gegenüber deinen nächsten Angehörigen, auch wenn das nicht immer wahrgenommen wird: „der hôt di v’rgessa, ’etz ben i v’rlassa,” Die letzte Strophe zeigt allerdings ganz klar, wie’s um die Liebe tatsächlich steht! Sie ist unbescholten.
Und das alles in urschwäbischer Art präsentiert – wia oi’m d’ Gosch halt gwachsa isch!
Heilig’s Herzegle vo’ Biberach! Sauguat!
D’r Markus vo’ Reitleng’