All die Jahre

ALL DIE JAHRE

Eine Frau läuft langsam und in sich versunken über den Gang des großen alten Hauses, in dem sie seit vielen Jahren arbeitet. Sie wirkt behäbig und es scheint fast so, als würde sie ihr Ziel niemals erreichen.

Was man sich gar nicht vorstellen könnte, wäre eine Entwicklung dieser Situation in der Art, dass die Frau ruckartig stehen bliebe und lautstark oder sogar gellend jene Worte in schneller Abfolge über den Gang schreien würde, die ihr gerade durch den Kopf gehen. Daraufhin würden sich die mitunter schweren Türen aller umliegenden Büros gleichzeitig öffnen und die Kollegen der Frau kämen herausgestürmt. Sie würden in heller Aufregung geradezu auf die Frau losrennen und sie heftig schütteln. Warum sie denn - in all den Jahren - sich nicht schon eher so verhalten habe. Man hätte es sich doch sehr gewünscht. Und alle nun Herausgestürmten hätten nur aus diesem einen Grunde die ganze Zeit vergeblich in ihren Büros ausgeharrt.

Aber auf diese Frage wüsste die Frau keine ehrliche Antwort. Sie würde sich stattdessen nur über ihre Kollegen wundern. Nach all den Jahren so plötzlich herausgestürmt zu kommen.

Am hinteren Ende des Ganges wird in dem Moment unverhofft eine einzelne Tür ganz langsam und weithin hörbar tatsächlich geschlossen.
 



 
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