All He Needs Is Love - Ein Mann sucht sein Glück 14

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Es war sein freier Tag, und so konnte Frank schon um 9 Uhr zur Buchhandlung gehen. Das erwies sich als glücklich, denn es war noch ganz leer, Karin allein, ohne Kunden und ohne Chefin oder Kollegen.
"Hallo Herr Fröhlich, lange nicht mehr gesehen, Sie haben sich wirklich dünn gemacht und - Sie sind dünner geworden. Die Sport-Subliminals haben Ihnen wohl gut getan!"
Erst jetzt registrierte Frank: Er hatte in der Tat abgenommen. Worum er so lange vergeblich gekämpft hatte, nun war es passiert. Und wodurch? Zum einen sicher durch seine Krankheitsängste. Aber auch dank des Positiven Denkens. Zwar hatten die Werde-dünn-Suggestionen direkt wohl kaum geholfen, aber der Stress und die Hektik der unablässigen Denk-Übungen hatten an ihm gezehrt. Sicher mussten noch ein paar Pfunde bis zum Idealgewicht runter, doch Frank fühlte bereits ein phantastisches Dünn-Feeling in sich aufsteigen. Umgekehrt wurde sein Selbstbewusstsein sofort dicker und schwerer. So fasste er sich ein Herz:

"Frau Pfeifer, darf ich Karin zu Ihnen, nein zu dir sagen? Und Sie nennen mich, nein du nennst mich Frank. Einverstanden?"
"Na, endlich", meinte sie. "Wir Positiv-Denker sind doch ohnehin alle Vertraute. Genauer wir Positiv-Denker und Positiv-Denkerinnen, denn die Frauen sollen nicht auch hier noch zu kurz kommen." Sie lachte ihm zu, aber dieses Lachen schien ihm mehr Vertrautheit zu versprechen als nur zwischen einem Positiv-Denker und einer Positiv-Denkerin. Frank kam jetzt jedoch erst einmal auf den sachlichen Grund seines heutigen Kommens zu sprechen. Ohne die allzu peinliche "Krankengeschichte" zu schildern, erzählte er ihr von seinem Problem, genügend Zeit für das Positive Denken zu finden.
"Ach, du kennst wohl noch nicht die Subliminal-CDs?"
Frank war es zwar unangenehm, dass sie schon wieder mehr wusste als er. Aber da er nicht einmal das Fremdwort verstanden hatte, musste er seine Unkenntnis zugeben.
"Sapplimminell-CDs ? Was ist das?"
"Der Begriff 'subliminal' kommt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie unbewusst oder unterschwellig, gemeint ist unter der Schwelle des Bewusstseins. Bewusst hörte man auf diesen CDs nur schöne Musik oder Naturgeräusche, aber in diese Töne sind positive Suggestionen eingewoben. So leise, dass das Bewusstsein sie nicht registriert, aber das Unterbewusstsein nimmt sie sehr wohl auf." Sie zwinkerte ihm zu und fuhr fort: "So schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe. Denn erstens wird der kritische Verstand umgangen, der häufig die Suggestionen anzweifelt und damit ihre Wirkung schmälert. Zweitens können wir solche CDs praktisch ständig hören. Denn sie verlangen keinerlei Aufmerksamkeit, stören nicht bei irgendwelchen Tätigkeiten, es genügt, sie als leise Hintergrundmusik ablaufen zu lassen. Ehe ich auf diese Subliminals stieß, hatte ich wie du Probleme mit der vielen Positiv-Arbeit von Lesen, Hören und Üben. Jetzt verwende ich vorwiegend Subliminal-CDs, und da geht die Positiv-Beeinflussung ganz mühelos, wie von selbst."
Frank war begeistert. Das genau suchte und brauchte er auch. Andererseits waren seine Hoffnungen schon zu oft enttäuscht worden. Deshalb fragte er nach:
"Wenn ich auf den CDs keine Worte höre, woher weiß ich dann, dass wirklich welche darauf sind? Und dass es sicher positive Worte sind? Und kann ein CD-Hersteller den Hörer nicht auch ausnutzen, indem er ihm suggeriert, immer neue und neue CDs seiner Firma zu kaufen?"
"Aber Frank! So viel Vertrauen musst du schon aufbringen, du als Positiv-Denker!"
"Sicher, ich als Positiv-Denker, da hast du Recht", lenkte Frank etwas beschämt ein.
Karin musterte ihn: "Bei dir ist der skeptische Verstand noch sehr ausgeprägt. Um so wichtiger, dass er umgangen bzw. hintergangen wird. Je mehr du diese Subliminals hörst, desto weniger wirst du noch zweifeln. Probiere es doch einfach aus. Sie sind wirklich preisgünstig, das Stück nur 17,80 Euro."
"Das ist ja fast geschenkt", schluckte Frank.

Er entschied sich für die Grundausstattung, das Standard-Set mit 4 CDs: 1) Glück 2) Genuss 3) Gesundheit und 4) Geld. In diesem Augenblick wurde Karin zu ihrer Chefin gerufen. Das war zwar schade, aber so konnte er andererseits unbeobachtet noch die CD "Sex-Subliminal" hinzutun. Er bezahlte schnell und ging, ohne auf die Rückkehr von Karin zu warten. Schließlich sollte sie auch nicht denken, er sei zu sehr an ihr interessiert.
Die Subliminals waren die Wucht. Sanfte, ruhige und beruhigende Musik, fast himmlisch-harmonisch, gleich Engelschören. Oder Naturgeräusche wie Meeresrauschen, Bachplätschern, Windsausen oder Vogelsingen; natürlich alles künstlich, elektronisch erzeugt, doch diese Naturtöne aus dem Synthesizer klangen schöner und reiner als Natur live.
Die Suggestionen konnte er selbstverständlich nicht hören, nur manchmal ein leises Flüstern. Aber er stellte sich vor, wie sein Unterbewusstsein - ohne Umweg über das misstrauische rationale Bewusstsein - die Einflüsterungen von Glück, Genuss, Gesundheit und Geld direkt aufnahm, und sofort fühlte er sich viel besser, glücklicher, genussvoller, gesünder und geldgieriger, nein reicher.
Die Sex-CD wurde sogar zugleich von einem Mann und einer Frau besprochen, er kam auf dem rechten Kanal, sie machte es links. Das allein bereitete Frank schon ein erotisches Kitzeln, dennoch, gerade hier hätte er liebend gerne gehört und gewusst, was die beiden sagten oder womöglich stöhnten. Frank beschloss, noch einmal aufs Ganze zu gehen. Noch ein letztes Mal mit voller Power aufs Positive Denken einzusteigen. Mit Beschämung dachte er an seinen letzten verheerenden Rückfall ins negative Denken, an seine lächerlichen Krankheitsängste. Nie wieder! Sein Motto lautete von nun an: Gib dem negativen Denken keine Chance! Schluss mit diesem Gedanken-AIDS! Die Subliminal-CDs gaben ihm die Möglichkeit zu diesem Kraftakt. Er hatte einmal gelesen, in einer bestimmten Zeiteinheit, zum Beispiel einer Drittel Sekunde, könne ein Mensch bzw. sein Gehirn bzw. sein Geist nur einen (1!) Gedanken fassen. Wenn er also dafür sorgte, dass sein Kopf permanent, möglichst rund um die Uhr, mit positiven Suggestionen bombardiert wurde, dann blieb ihm gar keine Zeit bzw. gar kein Raum mehr für negative Gedanken. Mit Subliminals, die man anstrengungsfrei bei allen Tätigkeiten nebenbei hören konnte, war das machbar.
Aber der Feind hatte schon seine Kampfstärke bewiesen. Frank musste sich eine ausgefeilte Gegenstrategie überlegen. Entscheidend war das Dauerfeuer, die negativen Gedanken unter (positiven) Dauerbeschuss zu nehmen. Glücklicherweise war er bereits gut gerüstet. Denn er besaß drei CD-Player bzw. -Rekorder, mit dem im Auto sogar vier. Und CD-Geräte waren die wichtigste Waffe in diesem Gedankenkrieg. Zur Sicherheit überspielte Frank aber die CDS auch auf USB-Stick, Speichercard, MP3-Player - und auf die guten alten Cassetten. In seinem Wohnzimmer, stand ein Hifi-Turm, der noch ein Cassetten-Doppeldeck enthielt. Sehr gut. Stellte er das auf "Continous Play", liefen zwei Cassetten hintereinander ab, das waren zusammen 90 Minuten. Danach musste er die Cassetten umdrehen. Dabei wäre er allerdings ein paar Sekunden ungeschützt. Er testete, wie lang genau er für den Wechsel brauchte: 8 Sekunden. Aber das würde er durch Training sicher noch verkürzen!können. Auch in der Küche stand ein Rekorder, zwar nur ein kleiner mit einem CD-Laufwerk, doch für seine relativ kurzen Aufenthalte in der Küche dürfte das ausreichen. Schlecht war es dagegen um das Bad bestellt. Hier gab es kein Gerät, und er konnte doch unmöglich unter der Brause stehen, ohne sich zugleich positiv berieseln zu lassen. Frank überlegte eine Weile hin und her. Das einfachste war wohl, einen Lautsprecher im Bad anzubringen, den durch ein langes Kabel mit dem Hifi-Turm im Wohnzimmer zu verbinden und dann eine Lichtschranke zu bauen, so dass die Subliminals automatisch loslegten, wenn er das Bad betrat. Ach Unsinn, viel einfacher und billiger war es natürlich, noch einen preisgünstigen Extra-Rekorder fürs Badezimmer zu kaufen.
Frank wusste inzwischen ja um die Bedeutung der Schlaf-Suggestionen. Doch da brauchte er sich keine Sorgen zu machen. Sein uralter Rekorder im Schlafzimmer besaß zwar auch nur ein Cassettenlaufwerk, dafür aber Autoreverse; er wechselte automatisch von der ersten Seite auf die zweite und wieder zurück usw., so dass man ihn in einer Endlosschleife die ganze Nacht durchlaufen lassen konnte. Auch der Flur machte keinerlei Probleme. Der ließ sich beliebig vom Wohnzimmer oder Schlafzimmer oder von der Küche aus beschallen, in Zukunft auch noch vom Bad aus. Unterwegs war er ebenfalls für den Krieg der Gedanken gerüstet. Er hatte seinen MP3-Player aus der Schublade gekramt, die Nahkampfwaffe bei Spaziergängen. Und im Auto sorgte ein Superradio für den notwendigen Beschuss.
Wirklich Sorgen bereitete ihm nur die Situation im Büro. Zwar durften sie während der Arbeit Musik laufen lassen. Aber bisher hatte Karlo immer den Diskjockey gespielt, und dessen Musik klang wesentlich peppiger als das Meeresrauschen oder der ozeanische Klangbrei der Subliminal-CDs. Außerdem stand immer auf den CD-Beschreibungen, man dürfe keinen anderen ohne dessen Erlaubnis den Suggestionen aussetzen. Doch das wollte Frank schon auf seine Kappe nehmen. Die CD-Hersteller kannten eben Karlo nicht, sonst hätten sie ihren Warntext verändert. Karlo verbot einfach jeden Gedanken an Rücksichtnahme, er war ohnehin nicht zu beschädigen, dieser Erfinder des dicken Fells. Und dass Frank ihn nicht fragen konnte und sich dabei seinem Spott aussetzte, das verstand sich von selbst. Aber alle diesbezüglichen Sorgen erwiesen sich als überflüssig.
Karlo war begeistert von dem Meeresrauschen und Vogelgezwitscher, es versetze ihn in Urlaubsstimmung, sagte er. Als er dann - zu Franks Schrecken - auf der CD von den positiven Suggestionen las, war er noch begeisterter. Er behauptete sofort, er fühle sich noch besser als sonst, so dass Frank schon ärgerlich wurde, wie schnell dieser Mensch kostenlos von seinen teuren CDs profitierte. Nicht nur bei Karlo, sondern im ganzen Büro erregten die CDs Aufsehen. Alle versammelten sich zum Probehören in Franks Zimmer; selbst Gruppenleiter Toupet kam und fragte ihn hinter vorgehaltener Hand, ob es auch CDs gäbe, die zu mehr Arbeitseifer motivierten.
Ja, Frank war glücklich mit seiner Positiverei. Denn er hatte wirklich das Gefühl, - endlich! - den richtigen Weg, den Königsweg zum Positiven gefunden zu haben. Seit er die Subliminals hörte, ging es eindeutig aufwärts. Alles hatte sich bei ihm erigiert, sein ganzer Körper - er hielt sich viel gerader - und auch seine Seele. Jetzt konnte er wahrhaft mit Überzeugung sagen: "Es geht mir mit jedem Tag in jeder Hinsicht immer besser und besser.“ Oder „immer höher und höher."
Und in diesem Hochgefühl griff er - kaum hatte sich sein Bürozimmer wieder geleert - zum Telefon und rief Karin an:

"Hallo Karin, das war wirklich ein toller Tip mit den Subbys."
"Welche Subbys?"
Ha, sie kannte den Ausdruck noch nicht. 1 : 0 für ihn.
"Ich meine die Subliminals. Die haben mich echt hochgeputscht. Du kennst ja den Song: 'Fly, Frank, fly - up up to the sky'. Genau so."
Frank gab sich einen Ruck. Jetzt wurde es endlich wirklich Zeit, eindeutig von einem geschäftlichen zu einem privaten Kontakt überzugehen. Oder fast eindeutig.
"Karin, hast du Lust, heute zu einem gemütlichen Subliminal-Abend zu mir zu kommen? Wir könnten zusammen die neuen CDs hören."
"Ja, ich habe Lust", lächelte sie zweideutig.

Sehr zufrieden legte Frank den Hörer auf. Dann baute er seine Positiv-CDs zu einer Pyramide auf, die neuen oben drauf. Nur die Sex-CD legte er nicht dazu, er versteckte sie sogar im Bücherregal. Vielleicht würde er sie bei passender Gelegenheit klammheimlich in den Recorder schieben. Zwar musste er noch immer nicht, was genau drauf gesprochen war. Aber der Begleittext versprach: "Sexuelle Stimulation für sie und ihn". Das konnte nicht schaden. Dann holte er den Küchen-Rekorder ins Wohnzimmer. Denn er stellte es sich intimer vor, eng zusammen an dem kleinen Rekorder zu lauschen, anstatt die großen Lautsprecher der Anlage den ganzen Raum beschallen zu lassen.
Karin kam pünktlich. Sie trug ein zugleich schickes und sportliches Kleid, das viel Bein zeigte. Und sie hatte zugleich schicke und sportliche Beine. Er führte sie ins Wohnzimmer und holte Getränke. Als er wiederkam, schaute sie sich gerade interessiert im Raum um.
"Hier betreibst du also deine erfolgreichen Positiv-Übungen."
"Man tut, was man kann, ich meine, man denkt, was man kann", antwortete Frank halb stolz, halb bescheiden.
"Welche CD soll ich zuerst auflegen?"
Karin entschied sich für Naturgeräusche mit Glückssuggestionen. Meeresrauschen erklang, der Wind wehte leicht, Sand rieselte, man glaubte, sogar die Sonnenstrahlen zu hören.
"Ach wäre das herrlich, jetzt am Strand zu liegen und sich in der Sonne zu räkeln." Sie räkelte sich im Sessel, dabei rutschte das kurze Kleid noch höher und erlaubte weite bzw. tiefe Blicke. Frank wusste kaum noch, wo er hingucken sollte. So war er fast erleichtert, als Karin nach dem Ende der CD ins Bad ging.
"Jetzt oder nie", sagte er sich. Er griff die Sex-CD, rückte sie zurecht und führte sie vorsichtig in die geöffnete Schublade des Players ein. Der Tonträger begann sich zu bewegen und sehnsüchtige, schwülstige Musik ertönte. In diesem Moment kam Karin zurück. Sie hörte nur einmal hin und sagte:
"Ach, du hast die Sex-Subliminal aufgelegt."
"Nun ja, rein zufällig. - Nein, ehrlich gesagt ich wollte einmal testen, ob du sie rätst."
"Das ist wirklich eine sehr gute CD", meinte Karin. "Aber weißt du, Frank" - sie lächelte ihn ganz lieb an - "die
brauchst du gar nicht bei mir."
Und sie kam auf ihn zu. Frank nahm sie in den Arm, ihre Lippen fanden sich - zuerst fanden sich allerdings ihre Nasen. Weil sie sich so anzogen, zogen sie sich gegenseitig aus, wie beim Strippoker, abwechselnd ein Kleidungsstück nach dem anderen. Frank bewunderte Karins Figur: ein schlanker, aber doch ungeheuer weiblicher Körper mit wohlgerundeten Hüften und mittelgroßen, festen Brüsten. Um so mehr war er heilfroh, selbst derart abgenommen zu haben, dass sie an ihm kein Gramm Fett zu viel finden würde - oder wenigstens kein Pfund, ganz bestimmt kein Kilo.
"Ich bin dein Frank, sei du meine Fortuna, meine Glücksgöttin.“
Sie umarmten sich nackt, und ein tiefes Glücksgefühl überkam Frank. Auf einmal waren alle seine Probleme gar nicht mehr so wichtig. Aber auch das Positive Denken war nicht mehr wichtig. Nur der Augenblick zählte. Sie legten sich auf die Couch und versanken in einem Rausch von Begierde, Lust und Ekstase. Karin zeigte sich als fantastische Liebhaberin. Ihr Körper war einerseits weich und anschmiegsam, andererseits umklammerte sie Frank mit den Beinen wie eine Python oder eher noch wie ein Schraubstock. Er musste, ob er wollte oder nicht. Aber natürlich wollte er. Und er konnte. Er war sogar voll da. Keinerlei peinliche Schlappheit und Schlaffheit wie seinerzeit mit Rita. "Mit der richtigen Frau bin ich eben doch ein richtiger Mann", lobte er sich innerlich. Und je mehr er die heimliche Angst vor einem neuen "impotenziellen" Versagen abschüttelte oder besser abbumste, desto männlicher wurde er, so dass er Karin aufs Äußerste befriedigen und beglücken konnte. Was wiederum Frank sehr zufrieden machte. "Das Kapitel über Mehrfach-Orgasmen der Frau im Handbuch der Sexualkunde muss neu geschrieben werden", sagte er sich stolz.
Nachdem die Erregung abgeebbt und die CD abgelaufen war, flüsterte Karin: "Leg doch mal eine neue Subliminal auf! Gerade nach einem Orgasmus ist man besonders aufnahmefähig für positive Botschaften, weil man so entspannt ist. Verbinden wir das Angenehme mit dem Nützlichen." Frank fand zwar, dass sie etwas schnell in die Welt - des Positiven Denkens - zurückkehrte, aber sie war eben ein Positiv-Profi. Er wählte die Rückseite "Positiv Après Sex", passender ging es doch gar nicht. Sie schmusten, bis auch diese Seite zu Ende gelaufen war. Dann stand Karin auf und sagte, sie wolle nach Hause. Frank hätte sich gewünscht, sie würde über Nacht bleiben, aber Karin musste unbedingt noch ihre allabendliche Gute-Nacht-Subliminal hören. Frank beschloss, so schnell wie möglich diese CD zu kaufen. Aber für heute war er auch so vollauf befriedigt.

Er begleitete Karin zum Auto, und sie verabschiedeten sich mit einer zärtlichen Umarmung. Als sie abgefahren war, blieb Frank noch ein wenig draußen. Er atmete die kühle Abendluft ein, ließ seinen Blick zu den Sternen schweifen und dachte über heute nach: Ja, jetzt geht es mir wirklich gut. Ich habe eine tolle Freundin, ich fühle mich verliebt, ich bin nicht mehr allein. Und beim Positiven Denken mache ich endlich große Fortschritte. Was wichtiger war, die Liebe oder das Positiv-Programm? Er konnte es nicht sagen, beides hing auch eng zusammen. Hatte nicht auch Montag geschrieben, das Verlieben sei nützlich für das Positive Denken?! Jedenfalls würde er dran bleiben, an Karin wie an seinen positiven Gedanken. Jetzt ging es erst richtig los mit dem erfolgreichen Leben. Er würde endlich ernten, was er gedanklich gesäht hatte: beruflichen Erfolg, finanziellen Erfolg, gesellschaftlichen Erfolg, politischen Erfolg - nein, das ging zu weit, auf eine politische Ernte konnte er verzichten.
Als er die Treppe hochging, begegnete er Yvonne Lieblich, seiner schönen Nachbarin. Er sagte "guten Abend", ohne aber zu ihr hinzugucken. Wie hatte er sie früher angehimmelt, wie gewünscht, sie kennenzulernen! Jetzt war er mit Karin glücklich, so glücklich, dass er für Yvonne keinen Blick mehr hatte. So entging ihm, dass Yvonne ihn erstmals mit größerem Interesse ansah.
 



 
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