Als ich für einem Moment nicht existierte.

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Der Prolet

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Wenn ich meine Existenz daran bemessen würde ob ich, und in welcher Form, von meinen Mitmenschen bemerkt und damit auch als existierend wahrgenommen werde, dann komme ich zu dem Schlusse, das ich, über den Tag verteilt, immer mal wieder komplett vom Erdboden verschwinde. Einfach so.
Dazu brauche ich nichts zu tun, als zu sein, so wie ich bin. Vorurteile und Vorverurteilungen sorgen dann für mein Verschwinden.
Ich sehe, anscheinend, nicht sehr vertrauenswürdig aus und so blendet man mich lieber aus. Leugnet also meine Existenz nur um eine, egal in welcher Form, Konfrontation zu vermeiden. Wenn ich zum Beispiel nach dem Weg frage, und der Mensch dem ich diese Frage stelle einfach an mir vorbei läuft, als würde ich eben nicht existieren, und mich aus seinem Leben „ausblendet" und er der einzige im selben Raum, nicht im Sinne von einem Zimmer, ist, dann ist der Gedanke zu meinem Verschwinden, meiner Meinung nach, nicht so weit her geholt.
Aber dieses Thema ist ein alter Hut. Wie der Baum der im Wald, ohne Beisein eines hörenden Wesens, umfällt.
Jetzt ist das vorherige Beispiel zwar recht nett, aber nicht ganz, im engeren Sinn, zutreffend, da in dieser Situation höchst wahrscheinlich auch andere, mehrere, Menschen miteinbezogen werden können die, auch wenn nicht aktiv, teilhaben und so meine Existenz bemerken und bestätigen.
Ein flüchtiger Blick reicht.
Aber was ist wenn man in einer „Random“ Situation mitten am Tag, bei strahlend schönem Sonnenschein und bei bester Laune das Unglück hat sich den Raum nur mit einer Person zu teilen die einen partout nicht wahrnehmen will?

Ich wollte lediglich meinen Respekt, einer älteren Dame gegenüber, mit einem höflichen Gruß bezeugen. Wie man es halt macht, vor allem in der Gegend in der man ansässig ist. Bevor ich jedoch dazu kam, die Dame hat meine Existenz nämlich kurz anerkannt hat sich aber aufgrund einer Vorverurteils-Problematik Ihrerseits, spontan um entschieden,und wendete sich von mir ab um Ihre volle Aufmerksamkeit der Fassade zu widmen. Ja, du hast richtig gelesen, der Fassade, der Hausfassade.
Sie hat sich einfach um 90° gedreht und auf die Fassade gestarrt. In unserem Raum waren nicht mehr Sie und ich. „unser“ Raum war gar kein Thema. Es gab nur noch Sie und die Fassade. Und ich wanderte an Ihr und der Fassade vorbei in meinem, für mich existenten, Raum. So eine Situation zu verbildlichen ist nicht leicht, vor allem könnte es sich ja auch nur in meinem Kopf so abgespielt haben und da war wirklich etwas sehr interessantes an dieser Fassade, und ich konnte es lediglich nicht sehen, aus meinem Raum aus. Als ich aber an der Dame vorbei war war auch das Interesse an der Fassade verschwunden und Sie schritt weiter Ihren Weg, in Ihrer Welt, in Ihrem Raum. Aber ich werde nie diesen, vollends interessiert wirkenden und komplett in der Sache versunkenen, Blick vergessen. In Ihrer Welt, die den Raum zwischen uns trennte und zugleich meinen Auslöschte aus Ihrem, war kein Platz für meine Existenz. Und es hat mir, zumindest mehrere Tage, zu denken gegeben.
Einen Menschen zu ignorieren bedeutet weit mehr als wir denken. Einen Menschen zu ignorieren bedeutet Ihn seiner Existenz zu berauben. Auch wenn es nur für einen kurzen Moment sein mag. Jedes Mal wenn wir es vorziehen wegzusehen, anstatt teilzuhaben, vernichten Wir Existenzen, verleugnen Identitäten, Separieren Menschen und reduzieren Sie auf ein Häufchen nichts. Dabei würde ein flüchtiger Blick, vielleicht sogar ein freundlicher, genügen um jemandes Dasein, wenigstens, anzuerkennen.


Gott segne alle Lektoren ;)
 

Ji Rina

Mitglied
Hallo Der Prolet,
Das hat mir gefallen: Es gab nur noch Sie und die Fassade. ;)
Da fragt man sich tatsächlich, was geht in manchen Menschen vor. Und sehr oft können die Gründe für ihr Verhalten die seltsamsten sein.
Aber: Du bist nicht allein.;)
Da gibts dann immer noch diejenigen, die einem freundlich gegenübertreten und sich selbst auch über solche wundern.
Herlich Willkommen hier und noch viel Spass bei Lesen, Schreiben und Austauschen!
Ji
 



 
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