Als wir jung waren

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sufnus

Mitglied
Als wir jung waren

Ich hab mich Dir ans Herz gelegt -
erregt und leicht verlegen,
dann hat die Welt sich fortbewegt,
sie ging mit unsrem Segen.

Die Nacht hielt uns die Türe auf,
wir blieben zögernd stehen.
Man konnte lang im Glücksverlauf
den Zeitpfeil stecken sehen.

Ich hab mich Dir ans Herz gelegt -
beschädigt hinbeschieden
und eigenmächtig eingehegt,
so gings mit uns hienieden.

Ans Herz gelegt - so steht es hier,
doch das ist nie passiert:
Hab nur zum Spiel (avec plaisir)
ein Du und Ich fingiert.
 

petrasmiles

Mitglied
Ach ja, wieder so schöne Wörter und Gedöns, und dann (wieder?) ein großes: Ätsch, war nicht so gemeint.
Mich frustriert das, warum die Mühe, wenn nicht ernst gemeint? Manchmal spürt man sie deutlich, die Abgründe ...
bitte verzeih der, ja was eigentlich?

Liebe Grüße
Petra
 

klausKuckuck

Mitglied
Das Schöne an solcher Lyrik ist es, dass sie so ungeheuer konventionell daherkommt – und gerade drum unmittelbar Wirkung bei den Lesenden hinterlässt.
KK
 

sufnus

Mitglied
Hey Petra & KK!

Lieben Dank fürs Feedbacken! :)
Mit "schöne Wörter & Gedöns" (Petra) und "ungeheuer konventionell" (KK) meint Ihr, denke ich, so ungefähr etwas Ähnliches und wenn ich es richtig interpretiere, meint Ihr das nicht unbedingt kritisch (Petra) oder sogar lobend (?) (KK) ... :)
Ein kritischer Punkt ist natürlich noch von Dir, Petra, angeschnitten worden und offenkundig habe ich da, zumindest bei Dir, die angestrebte Wirkung verfehlt. Denn ein frustrierendes Ätschgefühl war jetzt eher nicht so Bestandteil meiner Planung - ich verstehe aber, wie und warum das zustande kommt.

Meine (offensichtlich nicht so ganz geklappt habende) Idee war eigentlich, dass mit der letzten Strophe zwar klar wird, dass wir es hier mit einem "unzuverlässigen Erzähler" zu tun haben, aber damit ja nicht gesagt ist, dass der erste Teil (die Strophen 1-3) gelogen wurde und dann in Strophe 4 der Durchbruch zur Wahrheit erfolgt ist. Es könnte ja auch die letzte Strophe eine glatte Unwahrheit darstellen und es ist alles tatsächlich genauso passiert wie in Strophe 1 bis 3 geschildert.
Von dieser Unschärfe ausgehend, so dachte ich, könnte man zuletzterdings auch noch zu der Lesart gelangen, dass sich das "Reversement" der letzten Strophe nicht auf das Gedicht bezieht, sondern nur auf das behauptete "ans Herz legen": Dann würde hier schon von einer unfiktionalen und irgendwie zu keinem guten Ende gelangten Liebesgeschichte berichtet, aber die Lüge steckte dabei bereits in der (tatsächlich stattgefunden habenden) Anbandelei: Das verliebt tuende Lyr.-Ich hat dem umworbenen "Du" bloß was vorgemacht.

Ich bin mir jetzt beinahe gewiss, dass ich damit Deine Frustration eher erhöhe als verringere, Petra.
Aber das ist nicht die Intention von dat janze! Ährlich!
Es ist eher so ein "Beziehungsstatus: Kompliziert"-Gesang, der in seiner offenkundigen Unwahrhaftigkeit (und ja: natürlich auch Fiktionalität) doch auch ganz ernste Schwingungen enthält.

LG!

S.
 

petrasmiles

Mitglied
Lieber S.,

doch, doch, doch, ich meinte das kritisch, aber ich weiß jetzt auch, warum. Und das hat (natürlich) mehr mit mir selbst zu tun als mit Deinem Gedicht: Mir fehlt einfach dieser spielerische Sinn, der Spaß an Wortjongliererei, Bedeutungsschubsen und um die Ecke denken. (Klingt ziemlich langweilig, ich weiß ...)
Ich lese Gedichte mit dem Gefühl und suche eine Stelle zum Andocken - da hat mich Dein Gedicht erst abgeholt und dann - im Regen stehen lassen.
Aber Deine Erläuterung hat mich dann gar nicht mehr frustriert, sondern eher intellektuell angesprochen.
Vielleicht muss ich bei Dir einfach einen Moment warten, von Emotion auf Verstand umschalten und dann kann es was werden :)

Liebe Grüße
Petra
 

sufnus

Mitglied
Sag' mal Kuckuck: Diese Bindenweisheiten, produzierst Du die alle selbst oder hast Du sie irgendwo billig im Hunderterpackt geschossen?
Lieber Anders,

bei Deiner rhetorische Frage an KK hat man schon ein wenig den Eindruck, von einem gänzlich unfreiwilligen Beobachtungsposten Ausblick zu nehmen, um ein erhobenes Beinchen nebst zugehörigem Pieselrundbogen studieren zu "dürfen".
Jetzt frag ich mich natürlich schon , ob Dein letzter Beitrag womöglich einfach eine enenso humor- wie liebevoll gemeinte Neckerei war (die aber für mich Außenstehenden aber doch etwas forciert rüberkommt) oder ob Du uns da tatsächlich eine unnachgefragte Krawalleinlage spendiert hast - ggf. in der Hoffnung auf eine ebenso spontane wie virtuelle Kneipenschlägerei?
Wir haben ja hier keinen Bild- und Toneindruck, der die Zielrichtung Deiner Bemerkung etwas klarer machen würde.

Also... ich setz da dür mich zunächst mal ein Fragezeichen, aber wenn Deine Frage tatsächlich im Dienste der Herabwürdigung von KKs Kommentar steht, dann ist sie ein Fall für den Melde-Knopf. Vielleicht könntest Du Licht ins reichliche Dunkel bringen? Idealerweise bevor KK zurückbeißt, der sich (für mich verständlicherweise) angemacht fühlen könnte.
Sprich: Ein Versuch der Wogenglättung zur Güte? Oder lieber nicht?

Grüße!

S.
 

sufnus

Mitglied
Hey Petra!

Vielleicht muss ich bei Dir einfach einen Moment warten, von Emotion auf Verstand umschalten und dann kann es was werden :)
Dass meinem Text offenbar eine zweite Chance bei Dir eingeräumt wird, bei der er - wenns sehr gut läuft - vielleicht durch die Verstandeshintertür doch noch Einlass findet, das freut mich und es berührt mich sogar. :)
Und warum schreib ich was von Verstandeshintertür?
Weil der Text, es ist immerhin eine Art Liebeslied, tatsächlich zunächst bei der Herztür vorspricht - ich hab ihn durchaus mit viel Fühlelan (nicht: Fühle-LAN sondern Fühl-Elan) auf die rezeptive Reise zu schicken versucht. Aber das hat ja halt nicht so hundertpro geklappt - dann ist die Teilnahmemöglichkeit an einer zweiten Ausscheiderunde ein durchaus wertvolles Geschenk. :)

Liebe und fröhliche Grüße vom

S.! :)
 

Ubertas

Mitglied
Lieber sufnus,
weißt du, was mir so an deinem Gedicht gefällt?
Ich weiß es! Juhuu!
ALLES!
Mir machte ja jüngst schon der Titel zu schaffen, so vor 45 Sekunden, weil er mir "jüngst" wieder ins Gedächtnis, sozusagen (ins) Gedanken infiltrierte. Ja und dann ist da noch eins: Ein gedachtes als wir alt waren. Da stelle ich fest, ohne Altersfestsetzung: Dein Gedicht geht mir ans Herz. Die Transportgeschwindigkeit meiner Inhaltsübermittlung lahmt. Was bewiesen ist, dein Gedicht hat meinen Zeitpfeil wieder gezogen, mit deinem Gedicht wird er nicht mehr zeitgeschuldet, na er wird wieder lebendig. Liegt wohl am Sternzeichen;-)


Ans Herz gelegt - so steht es hier,
doch das ist nie passiert:
Hab nur zum Spiel (avec plaisir)
ein Du und Ich fingiert.
Wenn das kein Liebeslied ist, lieber sufnus, warte ich gerne draußen vor der Tür!
Das ist so wunderschön und schön ist bei mir ein Herzenswort, so wundervoll ist es, dass die Sterne nur im Hintergrund leuchten können:). Sehr hell, aber sie reichen nicht aus, um den hier für mich großen, gelungenen Spagat zwischen Träumerei, Echtheit und entfernter Abrede wie Anrede an die zutiefst innerlich empfundene Liebe mit ihrer Sprunghaftigkeit, ihre Flucht, die gleichsam ihre Anwesenheit wagt, zu beschreiben.. Dieses fingierte Du und ich sind meine Lieblinge, sie treffen sich, finden sich,
Ich hab mich Dir ans Herz gelegt -
beschädigt hinbeschieden
und eigenmächtig eingehegt,
so gings mit uns hienieden.
Bevor ich irgendetwas zerrede, bade ich lieber in deinen Zeilen:)
Lange!
Liebe Grüße, ubertas
 

Ubertas

Mitglied
Sag' mal Kuckuck: Diese Bindenweisheiten, produzierst Du die alle selbst oder hast Du sie irgendwo billig im Hunderterpackt geschossen?
<-------> versus

Das Schöne an solcher Lyrik ist es, dass sie so ungeheuer konventionell daherkommt – und gerade drum unmittelbar Wirkung bei den Lesenden hinterlässt.
KK
VESUV: kurze Schweifklammerung um versus, vorher eckig, aber innen rund:
also an @Anders Tell

Kurze Unkung, lieber Anders Tell - nicht mein post, nicht mein Revier.
Doch ich lese von Bindenweisheiten. Ich schätze, du meintest Binsen. Wurscht. In der Not...
Verschreiben dürfen wir uns alle, ich bin zum Beispiel der Dativ-Genitiv-Töter. Im allgemeinen und im besonderen Kontext.
DEMzufolge ich jetzt dem kompl(im)entativen Beitrag von KK nur eines entnehme und zwar, dass ihm das Gedicht richtig und zwar richtig gut gefällt. Das konventionelle Daherkommen ist doch ein Lobgesang und kein Vorwurf. Stünde in der Ründe: das ist mainstream wärs ein kompletter Kompott-Komplott. Doch hier steht exziplizit, dass sie nur so daher kommt. Die Dichtung ist formidabel! Diesem Wortlaut, dem eines Hundertpacks - pakts- packt - packerakatschakalaka billig anzugedeihen, ist wohl die Frucht eines Missverständnisses? Und Missverständnisse gibt es immer wieder:)
uberfunk funk funk:)
 

petrasmiles

Mitglied
Sag' mal Kuckuck: Diese Bindenweisheiten, produzierst Du die alle selbst oder hast Du sie irgendwo billig im Hunderterpackt geschossen?
Da möchte ich mich Sufnus und Ubertas anschließen - war jetzt nicht so der Bringer - und hat auch unter dem Gedicht nichts verloren.
Ich gehe mit, dass dies ein Missverständnis gewesen sein muss.

Liebe Grüße
Petra
 

Anders Tell

Mitglied
Oh Gott, ich entschuldige mich, Kuckuck. Ich dachte, Du wolltest dieses starke Gedicht als schnulzigen Schlagertext herabwürdigen. Da ist die Empörung mit mir durchgegangen, bevor ich richtig gelesen hatte. Es tut mir leid. Jetzt würde ich mir wünschen, es nie geschrieben zu haben.
 

mondnein

Mitglied
Man konnte lang im Glücksverlauf
den Zeitpfeil stecken sehen
Ich sehe, Sifnus,

ein Problem zwischen dem "Zeitpfeil im Glücksverlauf" und dem "stecken":
Jeder Verlauf, auch der des Glücks, hat dieselbe Dimension wie der Zeitpfeil, nämlich gleichsinnig an der Zeit entlang, sei er gerade abgeschossen und fliegt noch, sei er im Herzen gelandet und steckt nun drin.
Ich würde, damit das Bild nicht gebrochen wird, den Pfeil einfach "fliegen" lassen und mich dann dem "sehen" widmen: ob die Wahrnehmung des Zeitpfeils im Glücksverlauf so optisch ist oder nicht vielleicht vielmehr akustisch, in der Spannungslogik der Musik. Aber das könnte die Strophe sprengen.

Du brauchst natürlich nicht zu antworten, wieso denn auch,

grusz, hansz
 



 
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