Altersheimalltag

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macancas

Mitglied
Vergreist

Tage schlurfen vor sich hin
in dumpf betäubter Öde,
still gemacht mit Medizin
welkt das Leben spröde.
Gleichförmiges Einerlei
erduldet ohne Macht,
wenigstens im Geiste frei
wird auch der Tag zur Nacht.

Lange weilet jede Stund
apathisch monoton.
Sprache abgeblockt im Mund,
nur brabbelnd leis ein Ton.
Weltfremd die gefühlte Zeit,
unerfülltes Warten
in der stillen Einsamkeit.
Schicksal der Bejahrten.

Eingebüsst die Mündigkeit
bleibt nur Erinnerung,
hergeträumt die Früher-Zeit,
als Greise waren jung.
Alles nun Vergangenheit,
es kommt der letzte Schritt.
Heimkehr in die Ewigkeit,
doch leise Angst weht mit.
 
Hallo Macancas,

Von der Sprache und vom Sinn her perfekt. Die traurige Atmosphäre hast Du genau getroffen.
Ich bin nur über 2 Stellen gestolpert:
Damit die Metrik stimmt, müsste man in der 1. Strophe 'Gleichförmiges' auf der 3. Silbe betonen. Das ist sicher nicht in Deinem Sinn
Auch aus Gründen der Metrik sollte man in der 3. Strophe der 'Erinnerung' den Artikel 'die' voranstellen.
Insgesamt prima!
Gruß vom Schriftsteller-Lehrling (81 Jahre alt)
Eberhard Schikora
 
F

Fettauge

Gast
Ich finde das Gedicht gut. Du hältst das Reimschema ab, ab sauber durch bis zum Ende. Du wechselst zeilenmäßig zwischen Trochäus und Jambus, da geht nichts schief. Bon.

Inhaltlich triffst du die Sache auf den Punkt. Wenn du Politiker fragst, warum das so ist, dann werden sie auf das fehlende Geld hinweisen, das den Heimen Therapien und sinnreiche Beschäftigung der Alten unmöglich macht. Die Pflegeversicherung! Man kann es schon nicht mehr hören.
Besonders dann nicht, wenn man weiß, dass sie gestern den Banken wieder mal, beinahe nebenbei, etliche Milliarden rübergeschoben haben, um den Euro, Europa, die Welt und Merkel zu "retten".

Gruß, Fettauge
 
A

AchterZwerg

Gast
Natürlich pendelst du nicht zwischen Jambus und Dactylus hin und her. Das wäre auch ziemlich ungewöhnlich ...
Es gibt nur wenige reparaturbedürftige Stellen:

Vergreist

Tage schlurfen vor sich hin
in dumpf betäubter Öde,
still gemacht mit Medizin
welkt das Leben spröde.
[blue]Gleichgeformtes[/blue] Einerlei
[blue]duldet[/blue] ohne Macht.
Bist du nur im Geiste frei,
wird [strike]auch [/strike]der Tag zur Nacht.

Lange [blue]weilt dir [/blue]jede Stunde
schläfrig-monoton.
Sprache abgeblockt im Munde,
brabbelnd leis ein Ton.
Weltfremd die gefühlte Zeit,
unerfülltes Warten
in der stillen Einsamkeit.
Schicksal der Bejahrten.

[blue]Eingebüßt[/blue] die Mündigkeit
(bleibt [strike]nur[/strike] Erinnerung),
hergeträumt die Früher-Zeit,
als [blue]wir[/blue] Greise waren jung.
Alles nun Vergangenheit.
Jetzt kommt bald der letzte Schritt:
[blue]Heimkehr, hin zur [/blue]Ewigkeit.

Leise Angst weht mit.
So würde sich der Klang fühlbar verbessern. Kannst ja mal schauen, ob du mit diesen kleinen Veränderungen leben kannst.

Das Thema hast du schlüssig behandelt. - Mir gegenüber ist ein Altersheim gelegen, an dem ich oft ähnliche Beobachtungen mache.
Und: Herzlich Willkommen auf Lupinien.
Der 8. Zwerg
 

HajoBe

Mitglied
Hallo,
du triffst die Sache im Kern und man ist einfach nur traurig und bestürzt, wenn man sich vor Augen hält, wie es uns allen einmal ergehen könnte....
Kleine Holprigkeiten noch .....Keine Kritik.
Ein zeitkritisches Thema gut erkannt und gut beschrieben...
LG HajoBe
 

Thylda

Mitglied
Hallo macancas

Sehr schön treffendes und gekonntes Gedicht zum Einstand. Schön, daß Du zu uns in die Leselupe gefunden hast.


Heigh Ho, 8.Zwerg

Natürlich pendelst du nicht zwischen Jambus und Dactylus hin und her. Das wäre auch ziemlich ungewöhnlich ...
aber:

Du hältst das Reimschema ab, ab sauber durch bis zum Ende. Du wechselst zeilenmäßig zwischen Trochäus und Jambus, da geht nichts schief.
Lesebrille im Ulmenhof vergessen?

Liebe Grüße
Thylda
 

HajoBe

Mitglied
Schönes Gedicht, schockierender Inhalt....
Man bekommt Angst davor in wenigen Quadratmetern einer Altersheimzelle dem Lebensende entgegen zu siechen.
Letzt sah ich im Fernsehen die Zelle eines Lebenslänglichen, fast feudaler und größer als die in Heimen. Und die kosten......
Knast ist gratis auf Kosten der Steuerzahler.
Vivat dementia....dann kriegst du es nicht mehr mit....
Gute Nacht
HajoBe
 

macancas

Mitglied
Herzlichen Dank für die Rückmeldungen, die mich freuen und zum Weitermachen motivieren. Leselupe finde ich eine sehr hilfreiche Plattform. Muss mich nur noch besser mit all ihren Möglichkeiten vertraut machen.
macancas
 



 
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