Am Rhein

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Die Kronen der Bäume leeren sich
Sie müssen nichts mehr halten.
Nichts bleibt,
nur rauschendes Blätterfallen.
Und wie sie im Winde die Zweige
falten,
unter den einstigen Waldnachthallen
treibt unendlich friedlich
dort unten der Rhein.

Noch steht der Städter im Sonnenschein,
doch schon wächst Wind zwischen das Kahle,
nimmt das letzte sichtbare
Blatt und bläst es herein
in die gehäufte Vergänglichkeit
anderer Blätter.
Die Kinder springen jubelnd hinein,
nur der Städter
bleibt mit sich allein
und dem alten Lied von der Loreley,
den Blick auf den dunkelblauen
Rhein
gelegt

wie ein Gebet.

Wie in Schlaf gewiegt
weht der Wind nun
und sammelt die Zeit,
und nichts bleibt mehr ohne
Einsamkeit.
Auch du streifst dein
Königinnenkleid
vom Leib,
bis deine Nacktheit,
die letzte Krone
des Sommers,
bleibt.

Die Kronen der Bäume leeren sich,
sie müssen nichts mehr halten.
Und wie sie der Wind formt zu Wintergestalten,
dein Kleid rauscht in seine schneeweißen Falten,
wird deine Nacktheit
Geborgenheit.

Text Dve
Musik ki

 

Frodomir

Mitglied
Hallo Dionysos von Enno,

ich finde, in letzter Zeit haben deine Gedichte nochmal eine neue Stufe erreicht, wenn es darum geht, lyrische Bilder sinnlich erfahrbar zu machen. Ich kann in der ersten Strophe den Herbst förmlich riechen, so eindringlich ist deine Wortwahl. Und dir typisch liegt in deinen Zeilen immer eine tiefe Verwurzelung, ein Frieden, eine Kraft - man fühlt sich angekommen und in der Welt am richtigen Ort, wenn man deine Gedichte liest. Dafür danke ich dir!

Liebe Grüße
Frodomir
 



 
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