Am Weg

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fee_reloaded

Mitglied
Als hockte dort ein schwarzes Tier,
zum Sprung bereit, so schien es mir,
wenn ich mit Oma, Hand in Hand,
mich vor der Wegbiegung befand
auf schmalem Pfad am See entlang,
der feucht durch düstren Wald sich schlang.

Die Kreatur schien schwach zu glimmen,
doch schien die Farbe nicht zu stimmen.
Nicht Sonnenlicht, nicht Kerzenschein,
bloß Geisterhaftes konnt es sein!
Das wusste ich (mit vier) gewiss,
weshalb die Angst mich fast zerriss.

Wär Großmutter nicht da gewesen -
nie wär vorbei ich an dem Wesen
und bis zum Lieblingswirt gelangt!
Ich hätte viel zu sehr gebangt,
dass ich, anstelle selbst zu essen,
gleich würd zu einem Abendfressen.

Es war wohl Großmüttermagie,
die mir zuletzt den Mut verlieh,
dem guten Zuspruch zu vertrauen
und doch einmal genau zu schauen,
was jene Kreatur wohl sei.
Ab da war’s mit der Angst vorbei.

Zumindest fast. Ein leises Gruseln
fühl heut noch ich im Magen wuseln,
denk ich an diese Zeit zurück
und an das düstre Waldwegstück
mit jenem Baumstumpf – morsch und alt
in schauderhafter Tiergestalt.

Bloß Phosphor war’s, der leuchten ließ,
was einstmals Unheil mir verhieß.
Der Stumpf, schon seit Jahrzehnten fort,
erschuf damals den Zauberort,
der heut noch mir vor Augen schwebt
und macht, dass etwas in mir bebt.

Da ist ein Sehnen, ein Erinnern
an viel Zusammenhalt im Innern,
an Omas warme, feste Hand,
daran, wie sie dort mit mir stand,
mir half, die Angst zu überwinden
und meinen eignen Weg zu finden.





.okt_2024
 
Zuletzt bearbeitet:

petrasmiles

Mitglied
Liebe Fee,

schön, diese Erinnerungen. ich habe da gar nichts Gleichwertiges im Erinnerungskasten, keine solchen Momente, an denen man soetwas festmachen könnte:
Da ist ein Sehnen, ein Erinnern
an viel Zusammenhalt im Innern,
an Omas warme, feste Hand,
daran, wie sie dort mit mir stand,
mir half, die Angst zu überwinden
und meinen eignen Weg zu finden.
aber ich denke, es muss sie gegeben haben und beherztes Dichten bringt sie hervor.

Liebe Grüße
Petra
 

Ubertas

Mitglied
Hallo @fee_reloaded,
ich finde dein Gedicht hervorragend! Es ist nicht nur schön zu lesen, es hält auch eine sehr große Botschaft bereit: Es braucht im Leben den Rückhalt durch andere, die einen sicher durch die dunklen Abschnitte des Lebens tragen. Hier ist es die liebend und dankend angenommene Hand der Großmutter und ihr Zuspruch, um den Mut zu fassen und selbst zu erkennen.
Viele unserer kindlichen Ängste sind uns auch als "Erwachsene" noch bestens vertraut. Es gibt oft keine wirkliche Gefahr, aber unser Schaudern bleibt und lähmt. Nicht jeder hat das Glück so begleitet zu werden. Aus manchen werden Gespenster, die ursprünglich niemand erschrecken wollten und es dennoch tun. Oder sich nur noch fürchten. Es gibt nichts besseres als den Zusammenhalt. Sich selbst und dem anderen gegenüber. Ich finde diese Magie in deinen Zeilen.
Danke dafür.
Lieben Gruß ubertas
 

fee_reloaded

Mitglied
Hach, meinen herzlichsten Dank euch, ihr Lieben, @petrasmiles, @Ubertas und @Sidgrani !

Ich freue mich, dass meine (mir sehr wertvollen, weil wenigen) Erinnerungen bei euch so ankommen, wie ich mir das erhofft habe.

ich habe da gar nichts Gleichwertiges im Erinnerungskasten, keine solchen Momente...

...
aber ich denke, es muss sie gegeben haben
Hat es sicher! Vielleicht ist mir diese Erinnerung deshalb so lebendig und wichtig im Gedächtnis und Fühlen, weil außer meiner Großmutter meine Familie es nicht so hatte mit Nähe und Einfühlungsvermögen. Da war eher das Motto "Wir sind nicht zum Glücklichsein auf der Welt" und "sowas muss man aushalten lernen" angesagt. Ich habe meine Oma viel zu früh verloren (da war ich neun) und damit auch meine Mentorin und die Person, mit der ich am engsten verbunden war und im Gleichklang.

So eine Hand braucht jedes Kind, sie flößt Geborgenheit ein und verleiht ihm eine gewisse Stärke.
Dem kann ich nur uneingeschränkt beipflichten!
Schön, wenn ich dich in Kindheitserinnerungsstimmung versetzen konnte!


Viele unserer kindlichen Ängste sind uns auch als "Erwachsene" noch bestens vertraut. Es gibt oft keine wirkliche Gefahr, aber unser Schaudern bleibt und lähmt. Nicht jeder hat das Glück so begleitet zu werden. Aus manchen werden Gespenster, die ursprünglich niemand erschrecken wollten und es dennoch tun. Oder sich nur noch fürchten. Es gibt nichts besseres als den Zusammenhalt. Sich selbst und dem anderen gegenüber. Ich finde diese Magie in deinen Zeilen.
Was soll ich sagen...danke für diese wichtigen Worte und das Mitgehen!
Ja, nicht jedes Kind hat dieses Glück. Das hat viel mit Urvertrauen-Lernen zu tun. Wenn man das als Kind nicht kann, holt man das nie mehr vollständig nach...

Euch ein schönes Wochenende mit viel Herbstluft und -Sonne!
fee
 

Ubertas

Mitglied
Vielen Dank!
Dir auch ein schönes Wochenende mit ganz viel Sonnenschein und frischer Herbst- statt Heizungsluft :)
Gruß ubertas
 

Agnete

Mitglied
wow, liebe Fee, eine tolle Ballade, spannend, packend, über den Halt, den wir in Menschen als Kind finden. Und darüber, wie uns manche Erinnerungen eben immer noch viel später Magengrummeln machen.
Ich mag die Ballade sehr, denn Kinder brauchen eine Hand... und nicht nur Kinder. :)
lG von Agnete
 

wiesner

Mitglied
Ja, Ballade ist das richtige Stichwort. Auch wenn, liebe Claudia, die Architektur ein klein wenig wackelt (die Kadenzen sind wohl nicht präzise gesetzt), so liest sich doch alles sehr ansprechend und themafest. In der Empfehlliste taucht Deine Großmutter ja bereits auf.
Du hast wie immer keine Anstrengung gescheut, hier mal als Dichterin, sonst stets in Deinen Kommentaren.
Danke dafür!

Gruß
Béla
 

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Mitglied
eine tolle Ballade, spannend, packend, über den Halt, den wir in Menschen als Kind finden. Und darüber, wie uns manche Erinnerungen eben immer noch viel später Magengrummeln machen.
Ich mag die Ballade sehr, denn Kinder brauchen eine Hand... und nicht nur Kinder.
Herzlichen Dank, liebe Agnete,

für diese schönen Worte und dafür, dass du genau erspürt hast, wie dieser Halt, den ich damals finden durfte, heute noch trägt.

Ballade ist das richtige Stichwort. Auch wenn, liebe Claudia, die Architektur ein klein wenig wackelt (die Kadenzen sind wohl nicht präzise gesetzt), so liest sich doch alles sehr ansprechend und themafest.

Und auch dir, lieber Béla, einen ebenso herzlichen Dank fürs liebevolle Hinsehen und -lesen. Du weißt, ich gebe gerne (bis zu einem gewissen Maß) der Natürlichkeit der Sprache den Vorzug vor der Perfektion. Fein, dass ich da wohl noch innerhalb deiner Schmerzgrenze liege bei diesem Gedicht. ;)
Langsam komme ich wieder ins Lesen und Kommentieren...das geht mir um diese Zeit im Jahr (nach meinem üblichen "Spätsommerloch") immer weniger leicht von der Hand. Jetzt hoffe ich aber, pendelt sich das wieder auf das Level ein, das deinen und den Gedichten der anderen gerechter wird.

Liebe Grüße,
fee/Claudia
 



 
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