arabeske

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G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Arabeske


Als ich in einem Küstenstadtcafé in fremdem Land
Die Speisekarte überflog mit federleichter Hand
Mein Rätsel in die flamboyante Zeichenspur gebannt
Die Buchenstäbe als mein eignes Los geworfen fand –
Da sprang aus Zungenbrecherstein aus Konsonantkrokant
Mir ein geheimes Knistern zu wie Perlmutt bricht zu Sand
So fein als trüg es in sich aller Klanggeschmäcker Band

Des Herzens Puls – wie er durch meine Regung tönte – schien
In sattem Donner vor dem leisen Blitzen zu entfliehn
So gab ich mich durch aller Zungen Endgericht dahin
Dem Knospenmund der Zeit dem zarten Nun der Zärtlichkeit
Dies wählt ich gern und hätt es als mein Leibgericht benannt
Und auf den Farbenfächer der Empfindung aufgespannt
Jedoch es zu benennen blieb der Schlüssel unbekannt

Noch müht ich mich es auszusprechen sann und suchte Sinn
Doch als der Mundschenk kam mußt ich ihm zeigen was ich bin
Du kommst mit altem Wein? sprach er: Die Braut die Königin
Verließ bereits das Fest - die Gäste wollen weiterziehn
Den alten Wein gibt man zuerst: Wer hat nun den Gewinn?
Die Antwort blieb ich schuldig - was der Meister mir verliehn
Nahm er in sich zurück - da steh ich nun - weiß nicht wohin - -


Siehe: Hochzeit zu Kana:
 
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G

Gelöschtes Mitglied 16867

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Schon in den ersten vier Zeilen überforderst Du die Leserschaft, lieber Hans. Wer soll das kommentieren geschweige denn bewerten?

Uns allen ist schon klar, dass Du ein gerechtigkeitsliebendes Kerlchen bist - aber Du musst uns auch die Chance geben, Dich zu bewerten.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Ist doch eigentlich nicht so schwer zu verstehen,
dear Abrakedavra,

da geht einer in ein Café, wo die Speisekarte nur in arabischer Schrift geschrieben ist. Es ist aber eine Welt, wo in den Klang geschrieben wird, die Innenwelt des Dichters. In der Klangessenz der Gerichte auf der Speisekarte macht er eine mystische Erfahrung.

Das Lyri sieht sich nämlich in die Hochzeit zu Kana versetzt:

grusz, hansz
 
G

Gelöschtes Mitglied 16867

Gast
Für einfache Gemüter wie mich, lieber Hänsel, die im Alltag von Döner mit Pommes überleben, ist das freilich kaum zu entdecken.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Was, bitte sehr, ist "freilich kaum zu entdecken"? Was suchst Du denn?
 
G

Gelöschtes Mitglied 23450

Gast
Die metrischen und klanglichen Ausschmückungen sind doch überzeugend. Der Dichter Mondnein zieht den Leser in eine quirlige und duftende Welt; ich bin da gerne mitgegangen.

flamboyante zeichenspur - buchenstäbe...geworfen - konsonantkrokant - perlmutt...zu sand (gebrochen)

Die erste Strophe hats mir besonders angetan!


Schönen Tag
Rudi
 
G

Gelöschtes Mitglied 23673

Gast
Wenn ich von Rudi gelobt werden würde, wäre ich vorsichtig
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Die metrischen und klanglichen Ausschmückungen sind doch überzeugend. Der Dichter Mondnein zieht den Leser in eine quirlige und duftende Welt
Ich kratze mich am Kopf: Sollten es nicht die Inhalte sein, die "überzeugen", statt der Form? Aber vermutlich ist mit "überzeugen" der werbende Aspekt der Stilmittel gemeint, wie wenn man sagt "Die Rhythmus-Verschiebung im ersten Satz der Eroika überzeugt mich". Von dem listigen Spiel Beethovens mit der metrischen Erwartung des Hörers. Ästhetisches "Überzeugen".
Aber der "konsonantkrokant" ist nicht Ausschmückung, sondern die Klangsubstanz der Verse selbst. Das Mehl ist nicht die Ausschmückung des Brotes, die Buchenstäbe sind nicht die Ausschmückung des Orakels.
"Quirlig" mag sein, aber "duftend" paßt schlecht auf ein Erleben, das vom Geschmacklichen ausgeht und im zentralen Vers der zentralen Strophe in die unio mystica mit dem ewigen Jetzt einmündet.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
und hier ist er auch, der Bewertungstroll. Dieses d. A.
 
Guten Abend Mondnein,

mir gefällt der synästhetische Charakter einiger sprachlicher Bilder - besonderes Highlight nach meinem Empfinden bilden dabei die folgenden Verse:
da sprang aus zungenbrecherstein aus konsonantkrokant mir ein geheimes knistern zu wie perlmutt bricht zu sand so fein als trüg es in sich aller klanggeschmäcker band
Wenn das keine Synästhie ist ... einladend und ansprechend ist es allemal.

Gruß,
Artbeck
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Danke, lieber Artbeck,

ja, das ist auf den ersten Blick der "arabische" Anteil dieser "Arabeske", außer dem Haufenreim, der für die ältesten Koransuren so üblich ist wie für amerikanische Gangsterrapper.
Also das arabische (und hebräische) Alif, und noch auffälliger: das Ajin.
Alif ist der feinere Laut, und er ist im Deutschen so zuhause wie der Anlaut Deines Vornamens; das gröbere Ajin allerdings "bekomme ich nicht hin". Ein kleiner Scherz, denn es geht im Grunde um subtilere Geheimnisse als diese beiden Buchstaben des Alpha-Bets: den unscheinbaren ewigen Jetzt-Punkt, aus dem die Zeit herausströmt.

grusz, hansz
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Ich finde, daß eine Bewertungsfunktion für ein sersiöses Literaturforum unangemessen ist.
Wir sollten uns mit Worten bewerten und nicht mit einem Knopfdruck!
Völlig richtig, Prakaduum.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Ich nehme es aufs Frontispiz der "12 Körbe", für längere Zeit.

Dort in der alten Fassung, d.h. mit Großbuchstaben, wie es im "Siebenstern" vor vierzig Jahren geschrieben worden ist. Die Fassung hier oben entstammt der Integration des "Siebensterns" in das 11. Hundertliederbuch "aleph null lailah wa lailah".
 
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