Aussprache von "Orchidee"

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Bernd

Foren-Redakteur
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Hallo,

gestern hatte ich einen Streit mit einem Freund über die Aussprache des Wortes "Orchidee".

Es geht darum, ob es hinten mit einem langen "e" oder mit 2 über einen Gleitlaut verbundenen "e" gesprochen wird.

Vereinfacht dargestellt:

langes "e" wie in "Tee"
oder e:e wie in "säe" (Orchideejä)

Mich interessiert, wie das Wort in verschiedenen Gegenden ausgesprochen wird.

Wichtig sind solche Untersuchungen zum Beispiel für Rhythmus und Reim.

(Im Wahrig und im Duden sind Hinweise über die Standardaussprache, diese sagt, es seien zwei Laute, soviel ich es interpretiere.)
 
Hi Bernd,

ich sehe und ich höre, ihr habt wahrlich Probleme. Aber diese kleinen Probleme sind ja das Schöne an der Sprache. Zur Sache selbst liegt für mich der Fall eindeutig:

Es heißt „Orchide-e“: Ausgesprochen mit einem langem e und einem zweiten e als Vokal in unbetonter Stellung, der in der Lautschrift auf dem Kopf steht. Exakt wie das zweite e in Zehe (Aber bitte ohne "j").

Da ich, wie du weißt, kein Freund von Dialekten bin, halte ich die genannte Aussprache für die einzig richtige. Das Aussprachewörterbuch des Dudens bestätigt dies. Und wie schön und sinnig, dass sich das Wort von Orchis (Hoden) ableitet.

Ganz scherzlich nach Dresden

Monfou
 

Bernd

Foren-Redakteur
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Hallo, Monfou, danke für die Antwort.

Da hab ich ja gewonnen !

Das "j" soll nur den leichten Gleitlaut andeuten, der beim Übergang von dem einen zum anderen "e" entsteht, kein wirkliches "j".
(Oder machst Du da eine Pause? - dann entsteht eine Art Knacklaut Orchidee'e.)

Leider kann ich in der Leselupe die linguistischen Zeichen nicht angeben. Im Duden und im Wahrig sind leichte Unterschiede.

Duden:

Ich setze hier für das umgedrehte "e" den Klammeraffen: "@"

Wahrig:
Or|chi|dee <[-çide:mad:]

Zur Herkunft steht das, was du sagst:

f.; -, -n> Vertreterin einer sehr umfangreichen Pflanzenfamilie, deren Blüten oft auffällige Farben u. ungewöhnliche Formen aufweisen: Orchidiaceae; → a. Orchidazeen [<frz. orchidée; <grch. orchis „Hode” (nach der Form der Wurzelknollen)]
 
Hi Bernd,

mein Aussprachewörterbuch von Duden entspricht in der Lautschrift deinem Beispiel. Ich schaue jetzt aber nicht noch in allen anderen Lexiken nach. Es mag winzige Betonungsunterschiede oder minimale Abweichungen in der Art der Lautschrift geben, aber es läuft ja alles darauf hinauf, dass das zweite e gesprochen wird, Gleitlaut natürlich.

Ein anderes Wort, das sehr häufig falsch ausgesprochen wird (jedenfalls höre ich es öfter falsch) ist "Zucchini". Jeder der italienisch spricht, weiß, dass dieses "cch" im Wortinneren einem gesprochenen "k" gleicht, aber viele sprechen es als "(t)sch" aus.

Man könnte diese Liste gewiss fortsetzen, ich glaube, ich habe zwei, drei Wörter auch jahrelang falsch ausgesprochen (im Umkreis, wo es auch falsch ausgesprochen wurde), bis irgendwann die Einsicht kam: Das wird ja anders ausgesprochen.

Wie viele sagen zum berühmten Maler Edvard Munch einfach "Munch" statt richtig "Mun(j)g" (hier nur eine Annäherung an die Lautschrift).

Aber das sind ja keine Katastrophen, nur schön, wenn man weiß, wie es richtig heißt.

Beste Grüße
Monfou
 

Bernd

Foren-Redakteur
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Ja. Und vor allem, dass mein Gedicht in der LL-Anthologie sich doch reimt ...
Ich dachte gestern schon, ich drehe durch, denn er sagte, es sei sehr schön, bis auf den groben Fehler mit "Orchidee", besonders, da ich ihn leicht hätte ausbügeln können. Als ich ihm sagte, es sei ja gar kein Fehler, meinte er, ich müsse eben dazu lernen.

Es gibt aber durchaus manchmal auch unterschiedliche Aussprachen des gleichen Wortes.
Teiweise entstehen sie durch unterschiedliches Filtern beim Hören. Man hört ja nicht wirklich alle Laute. Man nimmt Laute so wahr, wie sie das Ohr und die dahinterliegenden Prozesse im Ohr durchlassen.

So hörte ich Jahrzehntelang "Dylan" geprochen "Dülen" - mit "ü", wie in Potsdam "Film". Dabei wird es wie ein "i" gesprochen. Ich höre es immer noch so, aber versuche, es mit "i" zu sprechen.

Danke für die Beispiele, Monfou.

Leider steht das Lautalphabet hier nicht zur Verfügung, deshalb muss ich approximieren, was ich meine.

Viele Grüße von Bernd
 

Bernd

Foren-Redakteur
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Neuer Stand

Bei einer (mündlichen, nicht repräsentativen) Kurzumfrage ergab sich:

eine Silbe: 2
zwei Silben: 2
unentschlossen: 3

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Im Oxford Duden Deutsch-Englisch/ Englisch-Deutsch sind beide Ausspracheformen verzeichnet.
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Sehr offensichtlich aber geht die Sprachentwicklung zur Zeit von der langen Form zur kürzeren über Zwischenstufen, unterstützt durch die Schriftform mit doppel-"e", die die Zweisilbigkeit nicht erkennen lässt.

Trotzdem bevorzuge ich persönlich die Form mit zwei Silben.

Die Form mit einer Silbe ist aber ebenfalls jetzt Hochdeutsch (Standarddeutsch) - nicht eine Dialektform - wenn man den Oxford-Duden als Referenz nimmt.
 
Lieber Bernd,

ich würde nicht allein den Oxford-Duden als Referenz nehmen, sondern den Duden (Deutsches Universalwörterbuch) und vor allem den Brockhaus-Wahrig in sechs Bänden, der als umfassendstes aktuelles Deutsches Wörterbuch gilt (Also den Grimm ausgenommen, der sowieso keine Aussprache angibt).
In all diesen Wörterbüchern taucht bei mir ausschließlich die Aussprache mit zwei "e" auf.

Also muss ich die Variante, dass am Ende nur ein "e" gesprochen wird, für einen Ausnahmefall halten, jedenfalls ist diese Variante in keinem meiner Wörterbücher verzeichnet.

Ah, jetzt schaute ich noch einmal ins Reimlexikon - ein eher populäres Gebrauchswörterbuch - hier wird "Orchidee" auf "Odyssee" gereimt. Also ein langes "e". Na, damit wäre wieder alles offen.

Sächsische Grüße

Monfou
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Lieber Monfou,

für mich reicht ja die Offenheit der Frage aus, um sagen zu können, es war richtig, was ich geschrieben habe.
Aber ich danke dir dafür.

Die ältere Form ist die zweisilbige, was man sehr leicht auch durch internationalen Sprachvergleich erkennt.

Das "Abschleifen" (Verschlucken) von Endsilben ist eine sprachlich häufige Erscheinung.

Ich werde wohl damit leben müssen, dass allmählich die letzte Silbe verschwindet aus der gesprochenen Sprache. Das wird durch die Schrftform in Deutsch ja unterstützt: "ee"=langes "e" - fast immer.

PS: See:

Auf dem See

Ich geh auf dem See,
ich gehe auf dem See.
 

Mazirian

Mitglied
Kann man das überhaupt von der deutsch-sprachwissenschaftlichen Seite aus packen? Gibt es für die Eindeutschung lateinischer oder griechischer Formen verbindliche Regeln? Oder hängt die Richtigkeit von den Lateinkenntnissen des jeweils beschreibenden Taxononomen ab? Wohl eher nicht, denn in der Taxonomie gibt es solche Regeln.
Was ich damit sagen will: es gibt ja noch andere solcher Fälle:

Cacteae
Cereae

zu deutsch

Kakteen
Cereen (Säulenkakteen)

Die Einzahl lautet hier Kaktus und Cereus, weil das Geschlecht wohl männlich ist. Wäre es bei den Orchideen weiblich - was ich nicht sicher weiß - müsste die eigentlich richtige Bezeichnung Orchidea lauten, und Orchidee wäre nur eine französisch-umgangssprachliche Bildung über deren objektive Richtigkeit sich man weiter keine Gedanken machen müsste ;)... oder?

Zu den regionalen Besonderheiten: Bei uns sagt man Orschideh

schönen Gruß
Achim
 

GabiSils

Mitglied
Interessant ... ich wäre nie auf die Idee(!) gekommen, die Orchidee zweisilbig auszusprechen. Das mag daran liegen, daß ich von der französischen Grenze komme, ich hätte vermutet, das Wort sei aus dem Französischen. Siehstemal.

Gruß, Gabi
 

Bernd

Foren-Redakteur
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Ich kannte beide Formen und fasste die zweisilbige als Standard und die einsilbige als regionalen Dialekt auf, was ja auch in Übereinstimmung mit dem Aussprachewörterbuch ist.
Allerdings ändern sich Sprachen ...

Es hat mich nur getroffen, dass jemand, der nur eine Variante kannte, die andere sofort als "falsch" bezeichnete, was sich aber durch die Diskussion relativierte.

Wie es in Französisch gesprochen wird, weiß ich nicht.

Kakteen: da würde ichs auch zweisilbig sprechen, das ee.
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In Bulgarisch und Russisch gibt es die Form "Орхидея" "Orchideja" (in lateinischer Umschrift).
In Französisch schreiben sie es "orchidée".
In Tschechisch fand ich die Form: "orchideje"
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Im Duden-Aussprachewörterbuch steht er mit zwei Silben.

Orchide-e (Leider kann ich den linguistischen Zeichensatz nicht verwenden.)

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... ich bin ja so beruhigt.
 
Aber lieber Bernd,

genau das, dass es im Aussprachewörterbuch von Duden mit zwei "e:e" getrennt gesprochen wird, schrieb ich in meiner ersten Antwort. Darauf gründete sich ja meine Gewissheit, wenn sich auch später zeigte, dass es doch nennenswerte und berechtigte Abweichungen gibt.

Und zum anderen: Im Brockhaus-Wahrig, sechsbändig, gemeinhin als das beste neue Deutsche Wörterbuch angesehen, steht es auch als Orchidee am Ende mit zwei getrennt gesprochenen Vokalen, also e:ə

Du hast also die wichtigsten Wörterbücher auf deiner Seite.
Und dieser Thread wächst sich auch offenbar ins Orchideenhafte aus.
Viele Grüße
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Du hast ja Recht. Ich hab es halt jetzt selbst gesehen ... Ich lasse es nicht weiter wachsen. Sonst muss ich es in die Plauderecke schieben.
Ich danke dir für die tolle Unterstützung und schließe den Thread jetzt, damit ich nicht nochmals in Versuchung gelange.

Grüße von Bernd
 
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