Bahnhofstränge

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Rachel

Mitglied
Sinngefügig (oh!) steckt Geschichte
in vielerlei Schichten drin,

im Kind
noch unerforscht :)

Das ist mit deiner Art fein ausgebaut, lieber Scal.
 

Scal

Mitglied
Vielen Dank liebe Rachel!

Inzwischen ist mir aufgefallen (habe mich damit selbst überrascht), dass die Zeilen in eine missverständliche Richtung weisen könnten und somit einigermaßen korrekturbedürftig sind. Versuche ich jetzt.

LG
 

sufnus

Mitglied
Hey Scal,

ein Bahnhof mit integriertem Strand? Das scheint mir sowohl verkehrsplanerisch als auch touristisch eine unglückliche Lösung zu sein.
Vermutlich handelt es sich hier um einen Kopfbahnhof, der anders als der Name vermuten lässt, in der grauen Welt der Prosa weder der geeignete Ort für Kopfkino ist, noch ins Feld zu führen wäre, wenn man nur Bahnhof versteht.

Im Fall Deines Gedichts wäre es mir vielleicht sogar lieber, nichts zu verstehen - und da dieses Nichtverstehen nicht so recht gelingen will, stehe ich bekommen vor diesen Zeilen.

Blicke, die - seltsam rumpflos - Beine tragen, lassen mich an "Kopffüßler" in Kinderzeichnungen denken.
Dann aber im Rücken: Rückenrücken - das fühlt sich klaustrophobisch an.
Die Furche über dem Mund? Ist es das Philtrum, dieser Abdruck, den ein Engelsfinger über dem Mund des ungeborenen Kindes hinterließ: "Pssscht! Bleibe zunächst lieber stumm, wenn Du in diese Welt geborenen wirst, behalte Dein himmlisches Wissen für Dich."?
Und dann: Der Strang?!
Die beseelten letzten Zeilen lösen die Beklemmung nicht auf.

Und dann jetzt auf eine feinsäuberliche Punkt-für-Punkt-Dechiffrierung wartet, hat nicht verstanden (?), wie ein Gedicht funktioniert (?).

LG!

S.
 

seefeldmaren

Mitglied
Für mich steht der Bahnhofsstrand symbolisch für ein Kind, das seine Kindheit erlebt.

jenseits in die weite

zwischen kahlkopflichten quadern
tragen blicke beine
Diese naiven und "niedrigen" Wahrnehmungsschwellen erinnern mich daran, wie ein Geist durch das Erfahren wächst, eine Art arider Geisteszustand, den man später nur noch marginalisiert als Erinnerung betiteln kann, aber im Moment des Erlebens eben noch Kindfreiheit genießt und den Dingen wie der erste Mensch begegnet, der das erste Mal eine Vanilleschote entdeckt.

senkrechtfurche oberhalb
deines stummen mundes
drang und strang
und strang und drang
Hier vielleicht auch diese konzentrierte und selektive Wahrnehmung kleinerer Eigenschaften eines Gesamtbildes: Ein Kopf, diese kleinen Fältchen - dieser Mund, der meint und nicht weiß, wie viel er noch sagen wird und später zu sagen hat.

Andererseits lese ich es auch wie eine Abschiedshymne, wie eine Sehnsuchtsfurcht auf ein Ereignis, das bevorstehen könnte, aber noch nicht eingetreten ist. Wie die Angst vor dem Loslassenmüssen, das eigene Kind loslassen zu müssen. Und jetzt kommen die Gedanken. Da gäbe es vermutlich so viel.

Cool, Scal.

Maren
 

Scal

Mitglied
Hallo Sufnus,

danke Dir für den hilfreichen Kommentar!
Zunächst macht er (machst Du) mich darauf aufmerksam, dass der Titel änderungsbedürftig ist. Auf einem Bahnhof den Eindruck zu haben man sei hier "gestrandet" und daraufhin einen Text mit "Bahnhofstrand" zu betiteln, ist keine gute Idee. Ehrlich gesagt, war mir eh nicht recht wohl dabei. Wer erwartet, dass Lesende derartige Assoziationsbrücklein errichten würden, erweist sich als ein naiver Architekturlehrling (ich).

Das Übrige sind Impressionen, Bilder (in Galerien taucht mitunter dergleichen auf, gleichzeitig mit dem Liedtext "Ich weiß nicht, was soll es bedeuten").
Der Text beruht auf Notizen im Zug, nachdem...
Ich stieg ein mit einem Interesse für die allgemein in Gesichtern auffindbare, gleisartige Furche (Stränge) oberhalb des Mundes. Bei manchen ist sie sehr schön.
Gepäcksstücke sind Verhüllungsbeweise, eilende Beine tragen Blicke oder umgekehrt; stehst du hinten vor dem Stau, rücken Rücken Rücken (bildet sich der Maler in mir ein).
Hey, da war auch noch das Kind! Immer wieder herrlich!

Tja, Lyrik und die Entgleisungsgefahr! Schlecht gekoppelte Waggone. Schreiber brauchen Kontrolleure.;)
Heut war einer - dankeschön - heut war einer da.

LG
 

Scal

Mitglied
Liebe Maren,

Deine Anmerkungen (dergleichen ergibt sich ja immer wieder, wenn andere Augen in Gesagtes tauchen) empfinde ich als ein (mich bereicherndes) Hinfühltasten.
Du deutest auf einen weiteren, umfassenderen Raum hin, gewissermaßen auf einen längeren Zusatzwaggon. Ich müsste umsteigen, ihn ankoppeln.

Danke Dir!

LG
 

sufnus

Mitglied
Hey Scal!
Freut mich sehr, wenn mein "Die Fahrkarten bitte"-Auftritt (wusste gar nicht, dass ich was Eisenbahnschaffnerisches an mir hab *mich nachdenklich an die Dienstkappe fasse*) hilfreich für Dich war... mir (fahr)scheint indes, dass Du etwas zu streng mit Dir ins Gericht gehst.
Übrigens hab ich jetzt grad beim parallelen Surfen den schönen Ausdruck Schwarzkappler gelernt... :) Wikipedia verweist dann in diesem Zusammenhang auf eine sicher sehr tiefgründige Untersuchung mit dem, wie ich finde, sagenhaften Titel: "Die funktionelle Privatisierung der Sicherheitsvorsorge". Ist das nicht großartig?
Aber ich bin abgeschwiffen und dabei entgleist...
LG!
S.
 



 
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