Bahnschranke - heute zu, morgen Zug !

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Hier Leute, jetzt muss ich mal eine Sache aufgreifen, die hat sicher jeden von uns schon mal geärgert. Denn die Bahn kann uns nämlich auch stressen, obwohl wir gar nicht drin sitzen, obwohl wir nicht einmal mit ihr fahren möchten.
Selbst, wenn man überhaupt nicht mal an sie denkt!

Und das geht so:

Man kommt an einen Bahnübergang gefahren und die verdammte Schranke geht einem direkt vor der Nase zu.
Und aus die Maus.
Motor abstellen und alt werden!
Jedenfalls an den Bahnübergängen, wo die richtigen Züge fahren, also nicht die kleinen Bimmelbahnen von Kaff zu Dorf, sondern die großen, dicken, eleganten ICEs zum Beispiel.
Weiß man natürlich nicht vorher, jedenfalls in einer richtigen Stadt. Kann ein Bummelzug sein und die Geschichte ist halbwegs schnell überstanden, kann aber auch übel ausarten. Und genau das ist mir in Frankfurt am Main in der Casella - Straße passiert …

… es war einmal ein schöner, sonniger aber auch sehr heißer Vormittag und ich hatte geschäftlich auf der Hanauer Landstraße zu tun. Als mein Termin vorbei war, musste ich weiter Richtung Riederwald und ich bog ahnungslos von der Hanauer in die Casella ab. Kaum hatte mein Wagen beschleunigt, sah ich vor mir schon einen Stau, so vielleicht 8 oder 9 Autos. Nur vage konnte ich mich erinnern, dass es da einen Bahnübergang gab.
Irgendwie war mir auf einmal nicht sehr gut, die Hitze drückte auf meine Konzentrationsfähigkeit. Und weil ich nun meinen Motor abstellte, lief auch die Klimaanlage nicht mehr. Ich fühlte mich ziemlich erschöpft und ehe ich mir weiter Gedanken machen konnte, fielen mir auch schon die Augen zu.
Mein letzter Gedanke war, hättest ruhig mal das Fenster aufmachen können.
Doch anscheinend war das nur vorübergehend, denn auf einmal hatte ich wieder eine kristallklare Wahrnehmung.
So, als ob nichts gewesen wäre.
Ich wischte mir den Schweiß aus dem Gesicht und schaute nach vorne. Immer noch Stau. Nichts hatte sich verändert. Obwohl, doch, da war etwas anders.
Aber was nur ?
Mein Gehirn versuchte noch zu analysieren, während die Augen schon ihren Job machten.
Jedenfalls sah ich ziemlich weit vorne etwas Rauch aufwallen, so dachte ich zunächst an einen Unfall. Ich stieg also aus und lief zur Quelle des Rauches. Das war aber gar kein geplatzter Kühler, aus dem erfrischend das Wasser zischte, es war schlicht und einfach ein Grill. Mit ordentlich glühenden Kohlen und viel leckerer Wurst auf dem Rost. Und dann entdeckte ich auch noch eine geschlossene Bahnschranke weiter vorne.
AHA.
Und direkt vor der Schranke saßen junge Leute in Klappliegestühlen in der Sonne. Jemand schüttete Kohlen in einen weiteren Grill. Ein schon älterer Mann hantierte unter einer offenen Motorhaube.
Noch mehr AHA.
Ich schlenderte hin und beugte mich auch unter die Motorhaube. Er hatte den Vergaser komplett zerlegt.
Ich sah auf die Schranke und dann zu seinem offenen Motor und fragte: „SO schlimm?“
Er sah von seinem offenen Motor zur Schranke und antwortete: „VIEL schlimmer!“
Einer der jungen Leute rief zu mir rüber:
„Des is de Herr Brabinsky, der wohnt da hinne im Viertel. Der is Bahnübergangsveteran!“
Die ganze Gruppe musste lachen. Der Herr Brabinsky nickte mir freundlich zu.
„Ja, das dauert ein wenig hier, da sollte man die Zeit sinnvoll nutzen. Musste eh mal meinen Vergaser reinigen.“
AHA.
„Wenn’se zufällig was zum Trinken dabei haben, können wir ihnen eine Wurst anbieten“, rief der vom rauchenden Grill zu mir.
„Ja, ich habe Sprudelwasser und eine Cola dabei, auch zwei Tafeln Schokolade.“
„Komm bei. Haste was zum Sitzen?“
Klar, in meinem Auto lag ja ein Campingklappstuhl, so für alle Fälle und anscheinend war jetzt so ein Fall. Ich holte ihn raus und benutzte ihn nach Anweisung des Herstellers. Die angebotene Wurst war sehr lecker. Doch kam ich nicht umhin zu fragen:
„Hier Leute, das ist jetzt aber nicht immer so, oder? Die beschissene Schranke da vorne ist nur kaputt, oder?“
Der Bahnübergangsveteran kam unter seiner Motorhaube hervor, in der rechten Hand einen sehr großen Schraubenschlüssel.
„Doch, leider ist das Realität hier. Es wurden schon welche abgeschleppt, weil denen beim Warten auf das Passieren vom Zug der TÜV abgelaufen war!“

Ne, oder?
Wo stand die versteckte Kamera?

Dann war auf einmal ein ganz leises Rauschen zu hören, weit entfernt noch aber nun immer lauter werdend. Und ehe wir uns versahen, donnerte einer von diesen supermodernen ICEs vorbei.
ZISCH !!!
Vorne an der Schranke blieben sie alle ruhig. Hinter mir rief jemand:
„Oh Mist, meine Würstchen sind noch nicht gar.“
„Das ist überhaupt kein Problem“, antwortete eine schöne Frau, „wir haben noch viel Zeit“, und warf zwei frische Steaks auf den erst später entfachten Grill.
„Äh, das war aber doch ein Zug eben, oder?“, fragte ich in die Runde.
„Ja, das war einer“, wurde mir unisono geantwortet.
Ich zeigte auf die immer noch geschlossene Bahnschranke.
„Und die hier, die ist trotzdem noch zu?“
Man nickte übereinstimmend.
„Warum?“
„Weil noch einer kommt.“
AHA.
Ich drehte meinen Klappstuhl in Richtung Sonne und holte ein richtig fettes Buch hervor, über 1000 Seiten und begann zu lesen. Um mich herum lockere Stimmung, es duftete lecker nach Grill, man hörte leises Flaschenanstoßen und wenn diese verdammte Schranke nicht wäre, man könnte glatt meinen, wir wären auf einem Campingplatz. Sah schon hübsch aus, mit den Zelten etwas weiter hinten.
ZELTEN ?
Plötzlich wurde es vorne wieder laut.
RUMPEL, SCHEPPER !
Der Güterzug war recht langsam und hatte genau 82 Waggons.
Ich starrte die Schranke an, doch die blieb erbarmungslos wie angeschweißt in ihrer Halterung.
Unglaublich, das hier.
Ich lief zu denen mit den Zelten hinten hin.
„Warum habt ihr denn Zelte hier aufgebaut? Und wieso habt ihr überhaupt welche DABEI?“
Sie schauten mich wie jemand an, der zum ersten mal vom Internet hörte.
„Ganz einfach, weil sie für heute Abend Gewitter gemeldet haben. Und weil man als Schrankenprofi immer gut ausgerüstet sein sollte. Gehört einfach zur Standardausrüstung, wenn man in Gegenden mit beschränkten Bahnübergängen unterwegs ist.“

Ich war geschockt.
„Die haben WAS?“
„Gewitter, die haben Gewitter für heute Abend gemeldet. Ist doch nichts Ungewöhnliches im Sommer, oder?“
Ich starrte auf meine Uhr, es war exakt 10:58 Uhr.
„Aber – ÄH – aber JETZT ist es 10:58 Uhr!“
Jemand, der gerade die Spannseile von seinem Zelt überprüft hatte, sah auch auf seine Uhr.
„Ja, genaugenommen sogar schon 10:59 Uhr“, und grinste mich an.
Ich zeigte hilflos auf die Bahnschranke, die mittlerweile so aussah, als ob sie noch niemals je offen gewesen wäre.
Und sie schien dicker - ja - irgendwie sogar SOLIDER geworden zu sein!
„Und was ist mit DER da?“
„Och, das dauert, da kommen noch ein paar Züge. Vielleicht nach den Gewittern, vielleicht aber auch erst morgen im Laufe des Tages …“
Nun sah die Schranke so aus wie ein quer über die Straße gelegter Stamm von einem Mammutbaum. Aber eben rot und weiß angemalt.
Ein Ding für die Ewigkeit !!

Äh, ich musste hier im völlig falschen Film sein. Mein Kopf fing sich plötzlich rasend schnell zu drehen an. Und mir wurde zunehmend schwindelig. Ich eilte zu meinem Auto und setzte mich hinein und klappte die Sitzlehne zurück. Dann wurde mir schwarz vor Augen und ich verließ diese Welt.

Zumindest optisch, denn hören konnte ich anscheinend noch. Denn da näherte sich wohl wieder ein Zug. Jedenfalls tutete der ziemlich nervtötend. Na super, die tun immer nur so und wenn sie vorbei sind, bleibt die gottverdammte Schranke doch wieder die nächsten 10.000 Jahre unten.

TRÖÖÖÖÖÖÖT !!

Das war jetzt aber ziemlich aufdringlich. Den Lokführer sollte man von seinem Stahlross holen und am besten mit der Schranke windelweich kloppen!!!
Ich stellte mir das gerade bildlich vor, als ich auf einmal eine Stimme rufen hörte, wann ich denn endlich weiterfahren könnte.
Was für eine Pappnase. Wie denn, wenn die Schranke ständig zu war?
Ach ja, die vermaledeite Schranke …

… die – UUPS – die war ja oben, also auf!

Wann war das denn passiert?

Jemand klopfte an mein Seitenfenster. Ich ließ es herab.
„Geht es ihnen nicht gut?“, wurde ich gefragt, „bei ihnen ist es ja brutal heiß im Auto. Sie haben sicher einen Hitzschlag bekommen.“

Ich benötigte einige Minuten um die Situation zu begreifen. Dann fuhr mein Verstand wieder hoch wie eine eingeschaltete Festplatte.
Meine Blicke wanderten einmal herum. Keine Grills, keine Zelte, die Schranke stand kerzengerade hoch in den blauen Himmel und mir lief der Schweiß in Strömen runter, es war tatsächlich mörderisch heiß in meinem Auto. Ich sah auf die Uhr: 11:09.
Und auf das Innenthermometer: 48,3 Grad Celsius.
OHA!
Jetzt wurde mir einiges klar.
Derweil hupte es wieder irgendwo hinter mir.
TRÖÖÖÖÖT!

Verlegen schaute ich die Person an meinem Fahrerfenster an, auch die Leute dahinter. Froh, dass alles nur ein blöder Alptraum gewesen war, sagte ich dann:

„Äh, es tut mir leid, ich hatte wohl einen kleinen Blackout durch die Hitze hier. Aber es geht schon wieder. Ich fahre jetzt über diesen Bahnübergang und werde dann wohl eine kleine Pause machen.“

Erleichtert gingen sie wieder zu ihren Autos und ich hörte, wie die Motoren hochgefahren wurden. Das tat ich dann auch mit meinem Motor und legte den ersten Gang ein. Dann wollte ich gerade die Kupplung kommen lassen, als es DING, DING, DING machte, mich ein rotes Licht blendete und …

… die Schranke sich langsam senkte!
 

Ironbiber

Foren-Redakteur
Willkommen auf der Leselupe

Eine amüsante Geschichte, wie ich meine. Was mir nicht so gefällt, sind die vielen Wörter in SPERRSCHRIFT, also in Großbuchstaben. Unerwünscht, aber als gelegentliches Stilmittel durchaus erlaubt, verschandeln sie im Übermaß einen literarischen Text, wozu natürlich auch satirische Beiträge gehören.

Hervorhebungen stören den Lesefluss weniger, wenn sie kursiv oder fett dargestellt werden. Das aber nur am Rande.

Ich wünsche viel Spaß beim Schreiben und verbleibe in freudiger Erwartung mit Grüßen … der Ironbiber
 

herziblatti

Mitglied
Hallo Rudolf, gut geschriebene Geschichte, gerne gelesen; beim nächsten geschlossenen Schranken werde ich nach Herrn Brabinsky fragen, der Vergaser meines Autos... :)
zum Handwerklichen: die ersten beiden Absätze braucht es m.E. nicht.
LG - herziblatti
 
Danke für den Tipp, ich werde das beherzigen.

Dieser Text ist übrigens keine eigenständige Kurzgeschichte, er ist ein einzelnes Kapitel aus meinem neuesten Buch mit dem Titel:

[red]Die unmögliche Bahnfahrerei
[/red]
Das habe ich mal geschrieben, weil ich fast jeden Tag irgendjemanden über die Bahn klagen höre. Ein Thema, was also weit verbreitet ist, so wie die Bahn.

Einen Einblick samt Leseprobe in diese Satire findet Ihr auf meiner Homepage:

[red]http://die-unmoeglichen-dinger-satiren.de.tl/7-.---Die--unm.oe.gliche--Bahnfahrerei.htm
[/red]
Da ist auch der Link zu meinem Verlag, wo Ihr dieses und alle meine anderen Bücher erwerben könnt.

[blue]Ich wünsche viel Spaß, herzlichst, Euer Rudi[/blue]
 
Hier Leute, jetzt muss ich mal eine Sache aufgreifen, die hat sicher jeden von uns schon mal geärgert. Denn die Bahn kann uns nämlich auch stressen, obwohl wir gar nicht drin sitzen, obwohl wir nicht einmal mit ihr fahren möchten.
Selbst, wenn man überhaupt nicht mal an sie denkt!

Und das geht so:

Man kommt an einen Bahnübergang gefahren und die verdammte Schranke geht einem direkt vor der Nase zu.
Und aus die Maus.
Motor abstellen und alt werden!
Jedenfalls an den Bahnübergängen, wo die richtigen Züge fahren, also nicht die kleinen Bimmelbahnen von Kaff zu Dorf, sondern die großen, dicken, eleganten ICEs zum Beispiel.
Weiß man natürlich nicht vorher, jedenfalls in einer richtigen Stadt. Kann ein Bummelzug sein und die Geschichte ist halbwegs schnell überstanden, kann aber auch übel ausarten. Und genau das ist mir in Frankfurt am Main in der Casella - Straße passiert …

… es war einmal ein schöner, sonniger aber auch sehr heißer Vormittag und ich hatte geschäftlich auf der Hanauer Landstraße zu tun. Als mein Termin vorbei war, musste ich weiter Richtung Riederwald und ich bog ahnungslos von der Hanauer in die Casella ab. Kaum hatte mein Wagen beschleunigt, sah ich vor mir schon einen Stau, so vielleicht 8 oder 9 Autos. Nur vage konnte ich mich erinnern, dass es da einen Bahnübergang gab.
Irgendwie war mir auf einmal nicht sehr gut, die Hitze drückte auf meine Konzentrationsfähigkeit. Und weil ich nun meinen Motor abstellte, lief auch die Klimaanlage nicht mehr. Ich fühlte mich ziemlich erschöpft und ehe ich mir weiter Gedanken machen konnte, fielen mir auch schon die Augen zu.
Mein letzter Gedanke war, hättest ruhig mal das Fenster aufmachen können.
Doch anscheinend war das nur vorübergehend, denn auf einmal hatte ich wieder eine kristallklare Wahrnehmung.
So, als ob nichts gewesen wäre.
Ich wischte mir den Schweiß aus dem Gesicht und schaute nach vorne. Immer noch Stau. Nichts hatte sich verändert. Obwohl, doch, da war etwas anders.
Aber was nur ?
Mein Gehirn versuchte noch zu analysieren, während die Augen schon ihren Job machten.
Jedenfalls sah ich ziemlich weit vorne etwas Rauch aufwallen, so dachte ich zunächst an einen Unfall. Ich stieg also aus und lief zur Quelle des Rauches. Das war aber gar kein geplatzter Kühler, aus dem erfrischend das Wasser zischte, es war schlicht und einfach ein Grill. Mit ordentlich glühenden Kohlen und viel leckerer Wurst auf dem Rost. Und dann entdeckte ich auch noch eine geschlossene Bahnschranke weiter vorne.
Aha.
Und direkt vor der Schranke saßen junge Leute in Klappliegestühlen in der Sonne. Jemand schüttete Kohlen in einen weiteren Grill. Ein schon älterer Mann hantierte unter einer offenen Motorhaube.
Noch mehr AHA.
Ich schlenderte hin und beugte mich auch unter die Motorhaube. Er hatte den Vergaser komplett zerlegt.
Ich sah auf die Schranke und dann zu seinem offenen Motor und fragte: „SO schlimm?“
Er sah von seinem offenen Motor zur Schranke und antwortete: „VIEL schlimmer!“
Einer der jungen Leute rief zu mir rüber:
„Des is de Herr Brabinsky, der wohnt da hinne im Viertel. Der is Bahnübergangsveteran!“
Die ganze Gruppe musste lachen. Der Herr Brabinsky nickte mir freundlich zu.
„Ja, das dauert ein wenig hier, da sollte man die Zeit sinnvoll nutzen. Musste eh mal meinen Vergaser reinigen.“
Aha.
„Wenn’se zufällig was zum Trinken dabei haben, können wir ihnen eine Wurst anbieten“, rief der vom rauchenden Grill zu mir.
„Ja, ich habe Sprudelwasser und eine Cola dabei, auch zwei Tafeln Schokolade.“
„Komm bei. Haste was zum Sitzen?“
Klar, in meinem Auto lag ja ein Campingklappstuhl, so für alle Fälle und anscheinend war jetzt so ein Fall. Ich holte ihn raus und benutzte ihn nach Anweisung des Herstellers. Die angebotene Wurst war sehr lecker. Doch kam ich nicht umhin zu fragen:
„Hier Leute, das ist jetzt aber nicht immer so, oder? Die beschissene Schranke da vorne ist nur kaputt, oder?“
Der Bahnübergangsveteran kam unter seiner Motorhaube hervor, in der rechten Hand einen sehr großen Schraubenschlüssel.
„Doch, leider ist das Realität hier. Es wurden schon welche abgeschleppt, weil denen beim Warten auf das Passieren vom Zug der TÜV abgelaufen war!“

Ne, oder?
Wo stand die versteckte Kamera?

Dann war auf einmal ein ganz leises Rauschen zu hören, weit entfernt noch aber nun immer lauter werdend. Und ehe wir uns versahen, donnerte einer von diesen supermodernen ICEs vorbei.
ZISCH !!!
Vorne an der Schranke blieben sie alle ruhig. Hinter mir rief jemand:
„Oh Mist, meine Würstchen sind noch nicht gar.“
„Das ist überhaupt kein Problem“, antwortete eine schöne Frau, „wir haben noch viel Zeit“, und warf zwei frische Steaks auf den erst später entfachten Grill.
„Äh, das war aber doch ein Zug eben, oder?“, fragte ich in die Runde.
„Ja, das war einer“, wurde mir unisono geantwortet.
Ich zeigte auf die immer noch geschlossene Bahnschranke.
„Und die hier, die ist trotzdem noch zu?“
Man nickte übereinstimmend.
„Warum?“
„Weil noch einer kommt.“
AHA.
Ich drehte meinen Klappstuhl in Richtung Sonne und holte ein richtig fettes Buch hervor, über 1000 Seiten und begann zu lesen. Um mich herum lockere Stimmung, es duftete lecker nach Grill, man hörte leises Flaschenanstoßen und wenn diese verdammte Schranke nicht wäre, man könnte glatt meinen, wir wären auf einem Campingplatz. Sah schon hübsch aus, mit den Zelten etwas weiter hinten.
Zelten ?
Plötzlich wurde es vorne wieder laut.
Rumpel, Schepper !
Der Güterzug war recht langsam und hatte genau 82 Waggons.
Ich starrte die Schranke an, doch die blieb erbarmungslos wie angeschweißt in ihrer Halterung.
Unglaublich, das hier.
Ich lief zu denen mit den Zelten hinten hin.
„Warum habt ihr denn Zelte hier aufgebaut? Und wieso habt ihr überhaupt welche DABEI?“
Sie schauten mich wie jemand an, der zum ersten mal vom Internet hörte.
„Ganz einfach, weil sie für heute Abend Gewitter gemeldet haben. Und weil man als Schrankenprofi immer gut ausgerüstet sein sollte. Gehört einfach zur Standardausrüstung, wenn man in Gegenden mit beschränkten Bahnübergängen unterwegs ist.“

Ich war geschockt.
„Die haben was ?“
„Gewitter, die haben Gewitter für heute Abend gemeldet. Ist doch nichts Ungewöhnliches im Sommer, oder?“
Ich starrte auf meine Uhr, es war exakt 10:58 Uhr.
„Aber – ÄH – aber jetzt ist es 10:58 Uhr!“
Jemand, der gerade die Spannseile von seinem Zelt überprüft hatte, sah auch auf seine Uhr.
„Ja, genaugenommen sogar schon 10:59 Uhr“, und grinste mich an.
Ich zeigte hilflos auf die Bahnschranke, die mittlerweile so aussah, als ob sie noch niemals je offen gewesen wäre.
Und sie schien dicker - ja - irgendwie sogar SOLIDER geworden zu sein!
„Und was ist mit der da?“
„Och, das dauert, da kommen noch ein paar Züge. Vielleicht nach den Gewittern, vielleicht aber auch erst morgen im Laufe des Tages …“
Nun sah die Schranke so aus wie ein quer über die Straße gelegter Stamm von einem Mammutbaum. Aber eben rot und weiß angemalt.
Ein Ding für die Ewigkeit !!

Äh, ich musste hier im völlig falschen Film sein. Mein Kopf fing sich plötzlich rasend schnell zu drehen an. Und mir wurde zunehmend schwindelig. Ich eilte zu meinem Auto und setzte mich hinein und klappte die Sitzlehne zurück. Dann wurde mir schwarz vor Augen und ich verließ diese Welt.

Zumindest optisch, denn hören konnte ich anscheinend noch. Denn da näherte sich wohl wieder ein Zug. Jedenfalls tutete der ziemlich nervtötend. Na super, die tun immer nur so und wenn sie vorbei sind, bleibt die gottverdammte Schranke doch wieder die nächsten 10.000 Jahre unten.

TRÖÖÖÖÖÖÖT !!

Das war jetzt aber ziemlich aufdringlich. Den Lokführer sollte man von seinem Stahlross holen und am besten mit der Schranke windelweich kloppen!!!
Ich stellte mir das gerade bildlich vor, als ich auf einmal eine Stimme rufen hörte, wann ich denn endlich weiterfahren könnte.
Was für eine Pappnase. Wie denn, wenn die Schranke ständig zu war?
Ach ja, die vermaledeite Schranke …

… die – uups – die war ja oben, also auf!

Wann war das denn passiert?

Jemand klopfte an mein Seitenfenster. Ich ließ es herab.
„Geht es ihnen nicht gut?“, wurde ich gefragt, „bei ihnen ist es ja brutal heiß im Auto. Sie haben sicher einen Hitzschlag bekommen.“

Ich benötigte einige Minuten um die Situation zu begreifen. Dann fuhr mein Verstand wieder hoch wie eine eingeschaltete Festplatte.
Meine Blicke wanderten einmal herum. Keine Grills, keine Zelte, die Schranke stand kerzengerade hoch in den blauen Himmel und mir lief der Schweiß in Strömen runter, es war tatsächlich mörderisch heiß in meinem Auto. Ich sah auf die Uhr: 11:09.
Und auf das Innenthermometer: 48,3 Grad Celsius.
OHA!
Jetzt wurde mir einiges klar.
Derweil hupte es wieder irgendwo hinter mir.
TRÖÖÖÖÖT!

Verlegen schaute ich die Person an meinem Fahrerfenster an, auch die Leute dahinter. Froh, dass alles nur ein blöder Alptraum gewesen war, sagte ich dann:

„Äh, es tut mir leid, ich hatte wohl einen kleinen Blackout durch die Hitze hier. Aber es geht schon wieder. Ich fahre jetzt über diesen Bahnübergang und werde dann wohl eine kleine Pause machen.“

Erleichtert gingen sie wieder zu ihren Autos und ich hörte, wie die Motoren hochgefahren wurden. Das tat ich dann auch mit meinem Motor und legte den ersten Gang ein. Dann wollte ich gerade die Kupplung kommen lassen, als es DING, DING, DING machte, mich ein rotes Licht blendete und …

… die Schranke sich langsam senkte!
 

Ironbiber

Foren-Redakteur
Noch eine kleine Anmerkung zum Selbstverständnis der Leselupe: Die Kommentarblöcke dienen der Textarbeit und für die freie Meinungsäußerung der Kritiker oder Autoren. Kostenlose Werbung in eigener Sache ist verständlich, aber nicht Teil des Angebots dieser Plattform.

Also, jetzt wissen wir alle, dass du literarisch rührig bist und interessierte Leser werden dies freudig aufnehmen, wollen es dabei aber auch belassen.

Es grüßt der Ironbiber
 



 
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