BLIMP Teil 3 von 3

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Michael Kempa

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Leonard Talbot traf sich mit Simon Rosen.
„Wie war der Urlaub?“, fragte Rosen.
„Wie geplant, soweit man eine Woche planen kann.“
Simon lehnte sich zurück. „Pactola könnte unser Resort werden, eine Urlaubsbasis, sozusagen. Die Blimps sind jetzt alle fertig und pendeln von Norden nach Süden, die Siedler sind bis Oktober im Feld. Die Energieversorgung steht und unsere Quellen im Dorf sind voll.“
„Blimper hatte ein kleines Problem.“
„Blimper?“
„Hannah Susandottir.“
„Das Mädchen, das nicht zur Pilotin werden sollte? Ich erinnere mich. Nicht so gut in Physik und Mathe...“
„Dafür hat sie eine starke Bindung zum Programm entwickelt, was sie nicht berechnen kann, erledigt sie mit Gefühl. Die Leute nennen sie deshalb Blimper.“
„Was ist passiert?“
Leonard erzählte von dem Experiment der Sweatlodge und dass extreme Belastungen möglicherweise die Realität beeinflussen können.
Rosen strich sich über den Mund. „Ja, die Realität...“, sinnierte er. „Die sollen nicht solche Experimente starten! Wir haben schon genug Probleme in diese Richtung. Ich erinnere an die Akte Emrell!“
„Emrell hantiert mit Psychodrogen, sie geht an die Grenzen, sie hat ein ganzes Arsenal an Drogen und sie hat eine ganze Bandbreite an Anwendungsmethoden.“ Leonard wartete.
„Emrell wird stillgelegt.“
„Ach, und was willst du mit Prisca Annadottir tun? Die ist die Freundin von Dana.“
„Wir werden sehen.“
„Wer ist wir?“
„Das bin ich und George und Simone.“
Talbot war erregt. „So, das Welttribunal also?“
„Es gibt keine Welt mehr.“
„Also gibt es dich, George und Simone?“
„So, und du willst den Rest der Welt schützen?“
Simon Rosen war mit seinen 60 Jahren noch sehr sportlich, er hatte sehr kurze Haare und sein Körper war perfekt. Mit seiner Körpergröße konnte er beeindrucken, unter dem Shirt waren seine Muskelpakete sichtbar. So baute er sich vor Talbot auf.
„Du kannst ja langsam verfallen, solltest aber keine Vorträge über die Relativität halten!“
„Wissen ist für alle!“
„Nein!“, wurde Simon laut.
„Das ist mein Wissen!“
Rosen setzte sich auf den Schreibtisch. „ Wir werden alle im Dorf durch gerechte Gesetze und Gerichte schützen! Ich werde das kontrollieren. George und Simone sehen das auch so. Du hast hier nichts zu bestimmen. Sind wir uns da einig?“
Leonard schwieg.
„Was nun kommt“, setzte Rosen an, „ist die Umsetzung des des alten Plans.“
„Das Weltgericht? Wo es doch keine Welt mehr gibt?“, fragte Leonard.
„Pass auf dich auf, Freund!“
Leonard war gewarnt.
„Natürlich erledigt unser Server die meisten Fälle, wirklich wichtige Fälle kommen vor das Gericht!“
Leonard erkannte das Flackern in Rosens Augen. Das Flackern eines Fanatikers. Er erkannte die Gefahr und es lief ihm eiskalt den Rücken runter. Er erinnerte sich an das Monument und er wusste, dass dies ein zentraler Teil der Ideologie war.
Lass alle Nationen ihre eigenen Angelegenheiten selbst regeln und internationale Streitfälle vor einem Weltgericht beilegen.
Das Weltgericht. Nur hatte Leonard Talbot nie daran gedacht, dass Rosen das Gericht sein würde.
Rosen setzte sich wieder in seinen Sessel und füllte vorher zwei Gläser. Ungefragt drückte er Leonard ein Glas in die Hand.
„Wir waren sehr erfolgreich!“
Leonard hörte.
„Die Menschheit ist unter 500 Millionen Exemplaren gesunken.“
„Exemplare?“
„Individuen.“
Rosen genoss den Whisky.
„Ja, die Menschheit ist steuerbar, kein Chaos. Die Gesetze können greifen und alles ist vorbereitet!“
„Wir sind kaum 5000 im Dorf...“
„Bald werden es mehr!“
Soll ich dich erinnern?“, fragte Rosen.
„Halte die Menschheit unter 500 Millionen, im Gleichgewicht mit der Natur. Lenke die Fortpflanzung weise... Die Tauglichkeit und die Vielfalt muss verbessert werden.“
Talbot schluckte. Er schaute in das Glas und erkannte seine Niederlage und er machte das Beste daraus. Er hob das Glas zu Rosen und stürzte den Alkohol in einem Zug runter.

Mit Simone Ford traf sich Leonard ein paar Tage später.
Beide standen auf dem Grund des Dorfs, tiefer ging es nicht. Alleine die Sicherheitsabsperrungen zu überwinden, brauchte einen halben Tag. Hier unten gab es keine Menschen. Simone und Leonard kannten sich gut und verstanden sich auch ohne Worte. Gemeinsam standen sie vor dem Konverter. Der strahlte in hellem Violett.
Der Konverter war voll geladen und arbeitete in Viertellast. Optimal. Die Reserven waren unerschöpflich und ihre Anwesenheit reine Routine. Simone trat in eine Pfütze.
„Der tiefste Punkt.“
„Sozusagen“, antwortete Leonard.
„Wir sind am Grund. Niemand kann uns hören. Vor uns liegen die Konverter, die Basis unseres Unternehmens. Die Teile sind voll, ich kann kein Problem erkennen.“
„Es läuft perfekt“, bestätigte Leonard.
„Wir haben Energie ohne Ende“, sagte Simone.
„Wir sind völlig abhängig davon, weil wir nicht mehr wissen, wie das funktioniert. Das System ist gestartet worden und es läuft. Weißt du warum?“
Simone war nun auch in die Jahre gekommen, sie hatte einen durchtrainierten Körper, war eins-siebzig groß und hatte kein Gramm zu viel. Alleine die grauen Haare verrieten ihr Alter, doch das trug sie mit Stolz.
Leonard war ähnlich gut trainiert und grauhaarig. Beide um sechzig Jahre alt.
Leonard kannte seine Freundin. „Wir haben nichts zu verlieren, das Leben war gut zu uns.“
„Deshalb stehen wir in dieser Mine und schauen uns einen Reaktor an?“ Simone wurde bissig.
„Keine Ahnung zu haben, das macht mich sehr unzufrieden“, erklärte sie.
„Du weißt, dass es Erklärungen gibt.“
„Deine Theorie?“
„Ja.“
Simone war immerhin die militärische Leiterin der Zitadelle. Sie hatte keine wirkliche Bedeutung mehr, weil es keine Bedrohung von außen gab, aber sie leitete das Dorf zusammen mit Rosen. Leonard war nur der technische Leiter. Leonard Talbot hatte keine politische Macht, er hatte nichts zu sagen, er hatte dafür zu sorgen, dass alles funktionierte, doch wie und warum, das sollte nicht seine Aufgabe sein, das war ihre Aufgabe, zusammen mit Rosen und Mansfeld.
„Deine Theorien zur Relativität verstehe ich nicht“, gab sie zu.
„Es ist ganz einfach. Du musst nur annehmen, dass „C“ keine Konstante ist.“
„Was bedeutet das?“
„Dass Zeit und Raum extrem gedehnt werden kann, wenn genug Energie da ist!“
„Wir haben unendlich viel Energie!“
„Deshalb haben wir auch Raum und Zeit...“
Leonard holte aus. „Unsere Blase funktioniert. Zeit spielt keine Rolle, Raum spielt keine Rolle. Das mit der Zeit ist ziemlich verrückt, doch in Wirklichkeit spielt sie auch keine Rolle. Unsere Blase steht und mit den Packs können wir das exportieren. Unsere Realität wird gerade erweitert. Die Realitäten treffen aufeinander. Geringe Realitäten verbrauchen wenig Energie. Harte Realitäten verbrauchen viel Energie. Die Packs kommen an ihre Grenzen. Ich kann das nicht genau berechnen, doch es gibt kleine Durchbrüche. Die Blimper kommen an Grenzen.“
„Blimper?“
„Ja, die Leute in den Blimps, die Leute, die unser Energiezentrum verlassen und andere Erfahrungen machen. Manchmal kommt eine andere Realität einfach durch. Manchmal für Sekunden.“
„Was ist mit den Siedlern?“, fragte Simone.
„Die sind durch die Standleitung gut geschützt, da gibt es kein Problem. Die Energiemengen sind riesig, doch die Konverter leisten das problemlos und die Standleitung in den Norden und in den Süden steht!“
Simone war zufrieden und öffnete das Tor zur Zentralversorgung. Nur alle zehn Jahre war das nötig. Das violette Licht war zu sehen, es umschloss die Anlage. Sie packte zwei Ultraversorger in eine Siegeltasche und gab das Paket an Leonard.
„Mehr kann ich für dich nicht tun, mein Freund.“
Leonard nahm die Aktentasche.
„Rosen will dich beseitigen, er will die Macht. Ich habe auch Probleme mit ihm und er will mehr. Er wird über Leichen gehen und er wird unsere Prinzipien für sich alleine anwenden. Er wird gefährlich werden, ich kann dir das nur hier sagen, nur hier unten ist die Strahlung so hart, dass Abhören unwahrscheinlich ist. Unser Programm ist gescheitert und es liegt einzig und alleine an Rosen. Er wird beseitigen, was ihm nicht passt. Er kann die Energiequelle nicht reproduzieren, doch das ist ihm egal, sie hält noch gut zweihundert Jahre!“
Leonard war so überrascht, dass er den Koffer einfach an sich drückte.
„Die Blimper?“
„So gut wie tot.“
Der Rückweg war genauso lange wie der Abstieg. Der Arbeitstag war getan. Leonard und Simone trennten sich.

Leonard saß in seinem Büro und wusste dass die Zeit knapp war.
Seine Tage waren gezählt.
Als erstes nahm er die „Omsk“ aus dem Fahrplan. Die „Omsk“ sollte nun die Route Ost-West erkunden. Paul war der einzige Pilot dafür. Blimper die Begleitung.
Was niemand wusste, war, dass die „Omsk“ eine ANACONDA hatte. Die ANACONDA war ein Miniblimp, der im Heck der „Omsk“ schlummerte. Die ANACONDA war für Rettungsaktionen konzipiert und konnte im Prinzip überall starten, besonders im Flug von der „Omsk“. Das Teil war schnell und wendig, hatte aber nur Platz für zwei Leute. Die Anzeigen waren rudimentär, wer das Teil steuern wollte, musste auch auf die Anzeigen verzichten können und Leonard kannte nur einen Blimper, der mit dem Arsch fliegen konnte: Blimper.
Die ANACONDA konnte linear fliegen, sie war klein, stark und gehorchte der Aerodynamik. Mit 400 km/h durchpflügte sie die Luft und war mit einem Pack für 800 km Reichweite ausgelegt. Ein Allround-Rettungsflieger.
Nur fliegen konnte ihn niemand.

Leonard begleitete den nächsten Flug der „Omsk“.
„Wo sind wir?“, fragte Leonard.
„40 Kilometer östlich der Route“, antwortete Paul.
Leonard drückte ganz sanft den roten Notschalter. Der Blimp begann zu sinken. Dann klappte er das Panel herunter und zog den roten Stift. Der Blimp hatte absolut keine Energie mehr. Langsam kam der Erdboden näher. Absturz.
„Blimper?“
Blimper war schon aus der Kabine und warf die Abdeckungen für die manuelle Bedienung in die Tiefe. Der Blimp sank.
Blimper war nun außerhalb der Kabine und hielt das Seilende mit dem Hook in der Hand. Grundwissen. Den Hook schleuderte sie in eine Baumgruppe, dort verfing sich das Seil und der Blimp stellte sich in den Wind. Die Winde betätigte Blimper mit ihrem eigenen Gewicht, Zug um Zug ging der Blimp zu Boden, dann schoss sie den Anker. Der Blimp war sicher am Boden.
„Meisterleistung“, staunte Leonard.
„Was soll das?“, fragte Paul.
„Lasst uns aussteigen!“ Leonard war der Chef.
Talbot aktivierte die ANACONDA, das kleine Teil war im Vergleich zur „Omsk“ winzig.
Leonard erklärte seine Aktion. „Ich will, dass ihr wisst, das dieser Flieger an Bord der „Omsk“ ist und ich will, dass Blimper sie fliegen kann. Es gibt noch eine zweite ANACONDA, im Hangar im Dorf. Die Kiste ist versiegelt und man braucht ein Passwort um die Kiste öffnen zu können. Das ist nur für absolute Notfälle gedacht.“
Die ANACONDA lag friedlich am Boden, es gab einen seitlichen Einstieg mit einem Material, das etwas anders als der große Blimp war. Leonard gab Blimper einen kleinen Schubs und sie kletterte in das Gerät, wie in ein niedriges Zelt.
Leonard und Blimper lagen nebeneinander auf dem Boden, wie auf einer Luftmatratze. Es gab keine Anzeigen, es gab nur einen Stik vor Blimpers Nase und eine Minikonsole, ein kleiner Bildschirm. Leonard sortierte seine Knochen und konnte keine bequeme Lage finden. Seltsam angespannt lag er auf dem Bauch. Blimper wartete. „Und?“
„Der rote Knopf auf dem Stik startet die ANACONDA. Dann musst du einfach denken, wohin du willst, den Rest macht das System. Der Bildschirm ist zur Orientierung, damit du die „Omsk“ nicht verlierst...“
Leonard drückte für Blimper den Startknopf.
Blimpers Körper zuckte kurz und schon war die ANACONDA in der Luft.
Blimper lernte ohne zu denken. Die ANACONDA folgte ihrem Willen und den Bewegungen ihres Körpers. Blimper legte sich in die Kurve und die ANACONDA folgte. Blimper zog den Oberkörper hoch und das Gerät stieg. Im Boden des Fliegers brummte eine Energie und sie lagen auf einem violett schimmernden Teppich, der doch den Blick auf die Badlands erlaubte. Schneller!, dachte Blimper und das Rauschen in den Ohren nahm zu. 632 stand auf dem Display.
„Höhe?“ fragte Leonard.
98 stand auf dem Display.
„Mein Gott!“, entfuhr es Leonard. „Blimper, mach langsam! Halte die Höhe! Uns muss niemand sehen. Fliege noch ein paar Kurven und komm zurück zur „Omsk“. Das muss reichen!“
Blimper und die ANAKONDA waren eins. Es gab eine weite Kurve in niedriger Höhe und die Geschwindigkeit nahm deutlich ab. Leonard fühlte sich wohler. Dann sahen sie die „Omsk“ und den kleinen Punkt, der davor gekennzeichnet war. Paul.
„Yiiiihaaaaa!“, das war Blimper.
Die Anakonda richtete sich vor der „Omsk“ auf, zog senkrecht in den Himmel. Dann war der Boden der Himmel und die Sonne drehte sich um die ANACONDA. Mal war rechts auf der linken Seite und links war woanders. Ein Looping mit Rolle.
Die ANACONDA jagte fast in Bodenhöhe auf die „Omsk“ zu und Leonard hätte schwören können, das Quietschen von Reifen zu hören. ANACONDA stand still vor der „Omsk“.
Talbot rollte aus dem Gerät und war nicht mehr zu sehen. Blimper stand dann auch vor dem Fluggerät, das unscheinbar auf dem Boden lag, nicht sehr hoch, etwa Hüfthoch und sich zusammenfaltete. Übrig blieb ein großes, rucksackähnliches Gebilde; Paul, der sich aus dem Staub erhob und ein paar würgende Geräusche hinter dem nächsten Gebüsch.
„Geil!“, das war alles was Blimper sagte und sie rieb sich die Unterarme.
Etwas blass erschien Talbot, klopfte sich den Staub aus der Montur und schüttelte den Kopf.
„Du hast etwas übertrieben!“
„Hat Spaß gemacht!“, Blimper hüpfte wie ein kleines Mädchen auf der Stelle und beobachtete, wie der „Rucksack“ in den Blimp gezogen wurde.
„Was soll das?“, fragte Paul.
Leonard führte beide weg vom Blimp. „Das Programm ist größer als ihr denkt und ich habe Probleme. Es läuft aus dem Ruder.“
Blimper rieb sich wieder die Unterarme.
Der linke Arm war rot. Leonard untersuchte das kurz und sah, dass Blimpers Chip deutlich unter der Haut zu sehen war. Die Stelle um den Chip war heiß. Leonard wusste, dass ANACONDA mit dem Pilotenchip arbeitete, doch so deutlich hatte er das noch nie gesehen.
„Das lässt bald nach“, beruhigte er Blimper.
„Viele wollen aus dem Dorf raus“, begann er.
„Jeder auf seine Weise, und wir haben viel Wissen erlangt, konnten es aber noch nicht geeignet weitergeben. Ich habe mich mit der Energie beschäftigt, andere mit Steuersystemen und herausgekommen ist so etwas wie zum Beispiel ANACONDA. Ich habe ein persönliches Problem mit Simon Rosen. Ich habe deshalb beschlossen, mein Wissen weiterzugeben. Ihr wisst nun was ANACONDA kann, die Sache mit der Energie gebe ich an andere weiter, soweit ich kann. Euch gebe ich auf den Weg, dass die Konstante möglicherweise keine ist und das soll nun erst mal genügen. Wir sollten nun den Flug fortsetzen und ihr solltet möglichst vergessen, was heute war. Es ist für die Zukunft.“
Die „Omsk“ zog wieder ihre stabile Bahn am Himmel und nahm ihren Platz am Fixpoint ein.
Der Blimp flog noch ein paar Aufklärungen in den Osten und wurde von Paul und Hannah zum Nordstützpunkt gebracht. Von dort ging es zurück in das Dorf.

Hannah hatte Zeit, besuchte Denise und Diane in der Bakery. Denise freute sich besonders: „Bliiimpeeeeer!“
Das Wiedersehen war herzlich und Denise erzählte wie ein Wasserfall.
Blimper versuchte ihre alten Zeiten im Schwimmbecken aufzufrischen und sah, wie manche ihre natürliche Muskulatur bewunderten und die braune Haut. Es musste wohl besonderes Training und ein geschickter Umgang mit dem Bräuner dahinter stecken.
Alaska war im Norden unterwegs. Der Stützpunkt würde bald geschlossen werden und Alaska würde bald im Dorf auftauchen.
Blimper bereitete sich darauf vor, sie telefonierte so oft es ging mit Alaska, renovierte das Apartment und trainierte im Sportbecken.

Dann wurden die Siedler geholt. Viele wollten dann doch nicht überwintern und es gab eine reiche Ernte.
Die Blimps bauten eine Luftbrücke zum Südstützpunkt und zeigten was sie leisten konnten. Blimp für Blimp. Ladung für Ladung. Das Dorf machte sich winterfest.
Es gab sogar einen Flug mit der „Milano“ zusammen mit Alaska, ein Rückflug für eine Gruppe Siedler.
Alaska gehörte nun fest zum Team.

Dann gab es das Fest. Eine Art Erntedank, mit allen, die etwas mit dem Programm zu tun hatten.
Natürlich hielt Rosen eine Rede. Er bedankte sich für den Einsatz aller Beteiligten und erinnerte auch daran, dass es nicht ohne Risiko war, für das Programm zu arbeiten.
Immerhin hatte die „Cairo“ einen Unfall gehabt.
Es gab wohl auch einige Zwischenfälle und aktuell gab es keine Spur von Leonard Talbot.
Talbot war also verschwunden, nun war es gewiss.
Paul suchte den Blick in der Menge und fand Blimper sofort. Alaska stand wie versteinert und sah, wie Prisca den Saal verließ.
Die Bombe war geplatzt. Leonard Talbot war verschwunden.
In den nächsten Tagen gab es wilde Telefonate. Alaska und Hannah zogen zusammen, alleine wollten sie nicht mehr sein. Im Arena-Bad trafen sich die Flieger. Es war ein stillschweigendes Abkommen, ein Treffpunkt, der unauffällig war. Wer konnte schon etwas daran finden, wenn man sich in einem Schwimmbad traf?
Prisca war eigentlich diejenige, die am meisten litt. Dana vermisste sie sehr. Dana war nicht da. Dana kannte niemand wirklich. Dana war aber der Spiegel Priscas, ein gemeinsames Leben, das nicht gelebt werden konnte.
Der nächste Leidende war Sabrina. Sabrina hatte niemanden mehr, mit dem sie ihre Ideen teilen konnte. Da war kein Ziel mehr.
Die Truppe zog Sabrina mit. Sie konnte wirklich gut schwimmen, zog so durch das Wasser, dass Blimper nur mühevoll überholen konnte, doch Sabrina entwickelte keinen Ehrgeiz und gab einfach auf.
Paul hatte dann eine Idee. Er organisierte eine Nachtwanderung. Die Runde ums Dorf, mit Fackeln und einem Stand auf halber Strecke.
Gut zwanzig Leute versammelten sich. Jeder perfekt ausgerüstet. Taschenlampen, Rucksäcke, Notfallequipment, alle waren versammelt.
Paul verteilte den Glühwein. Jeder bekam genug davon und er musste nur aufpassen, dass der Rückweg sicher war.
Prisca hatte den dritten Becher in der Hand und suchte Halt an Petra. Sabrina hatte Emily gefunden, jeder hatte einen, den es zu halten gab und für jeden gab es jemanden den er halten musste.
Paul war zufrieden und schloss die Bude. Der Rückweg war nicht lang, doch es durfte niemand zurück bleiben. Ricarda tauchte auf und nahm den besoffenen Trupp in die Führung. Der Abend war gelungen.
Es gab dann viele Telefonate.
Der neue Treffpunkt war das Bad. Das Bad hatte ein Becken mit 25 Metern Länge. Da waren Wettkämpfe möglich. Alle kämpften um ihre Zeiten und Blimper erfand eine neue Disziplin. Tauchen.
Es ging darum, das Becken zu durchtauchen. Zunächst vom Startblock bis zum Beckenrand. 25 Meter. Das schafften viele. Doch dann setzte Blimper einen drauf, blieb unter Wasser, stieß sich wieder ab und tauchte in langen Zügen bis zur nächsten Wand. 50 Meter. Das brauchte Training, das war aber auch machbar. Es ging nun um 75 Meter. Sprung vom Block. Tauchen. Orientieren. Ein langer Zug. Wende. Durchziehen. Wende. Atemnot. Auftauchen?
Mit einigen erreichte Blimper erstaunliche Weiten, doch den dritten Anschlag schaffte sie nicht. 75 Meter unter Wasser waren einfach weit. Eine sportliche Herausforderung.
Sabrina nahm nun doch die Herausforderung an, zusammen mit Blimper verbrachte sie jeden Tag im Bad. Petra kam dazu, passte schnell die Leistungen an und 75 Meter wurden Standard. Prisca schaffte knapp die 75-Meter Marke.
Dann bot sich Prisca an, die Gruppe zu trainieren.
Nach dem Schwimmen trafen sie sich abwechselnd und verkürzten so den Winter. Prisca hatte dann die Idee, den 75-Meter-Grenzbereich zu erweitern. Sie begannen zu meditieren.
Petra fragte nach dem Sinn der Unternehmung und Prisca erklärte, dass es nicht so sehr um die Strecke ging und dass es ja auch niemanden im Dorf gab, der 75 Meter tauchen konnte. Es ginge um mehr.
Die Mädchen trafen sich in Priscas Apartment. Es war gemütlich. Die Möbel waren an die Seite geräumt und es entstand ein Übungsraum. Sie machten Atemübungen, hörten Musik und entspannten sich. Irgendwie wie ein Yogaabend.
Prisca bestand auch auf diese Bezeichnung, wenn jemand danach fragte, sollte es einfach Yogaabend genannt werden.
Dann schauten sie auf die Kerze in ihrer Mitte. Prisca erklärte, dass nun keine Esoterik kommen würde, sondern knallhartes Körpertraining. Sie hechelten wie die Hunde und atmeten Kohlendioxid aus.
Der Anreiz zum Atmen kam zum erliegen.
Prisca erklärte den Zusammenhang von Kohlendioxid und Sauerstoff. Sauerstoff braucht das Gehirn. Den Anreiz zum Atmen gibt das steigende Kohlendioxid!
Die Atemnot kann weg-gehechelt werden. Doch, das war fatal, der Sauerstoff war einfach nötig! Deshalb war vor dem Hecheln Sauerstoffaufnahme nötig, durch tiefe Atemzüge, die den gesamten Körper mit Sauerstoff überfluten sollten.
Nach diesen Abenden ging es in das Bad und Sabrina knackte als erste die 100 Meter Marke. Einhundert Meter tauchen, mit einem einzigen Atemzug. Das war ein gewaltiger Rekord!
Die Übungen in Priscas Apartment gingen weiter.
Bald waren alle in der Lage, für drei Minuten die Luft anzuhalten.
Zunächst wurde diese Übung durch Kicherattacken unterbrochen, doch es kam zu einer gewissen Ernsthaftigkeit.
Drei Minuten und fünfzig Sekunden, das war der Rekord von Petra; beobachtet von allen, die da waren.
Prisca stellte die entscheidende Frage: „Was habt ihr erlebt in dieser Zeit?“
Blimper erzählte von einer dröhnenden Glocke.
Petra erzähle von Farben, die immer dunkler wurden und schließlich schwarz wurden.
Sabrina erzählte von Musik, die sie nicht beschreiben konnte.
Dann erweiterten sie ihre Meditation auf fünf Minuten und verwendeten eine Sauerstoffflasche zur Unterstützung. Sie nannten sich die Apnoenauten.
Im Bad wurde die 100-Meter Marke geknackt. Einsprung vom Startblock, gleiten bis zur Wand, abstoßen, durchziehen, zweite Wand und 50 Meter geschafft. Weiter. Ruhig durchziehen und den Boden anvisieren. 75 Meter geschafft. Wenden. Abstoßen. hecheln, ohne zu atmen. Die Orientierung behalten, den Atemantrieb unterdrücken und den Beckenrand erkennen. Ein letztes mal durchziehen. 100 Meter!
Emily, Sabrina, Blimper und Prisca hatten das geschafft!
Apnoenauten!
Prisca war stolz auf ihren Erfolg und die 5-Minuten-Meditation wurde Kult.
In dem nächsten Treffen erzählte Prisca von DMT.
DMT war ein Botenstoff im Gehirn, der vieles möglich machte: DMT war der Schlüssel an dem Dana Emrell und Prisca gearbeitet hatten. Viel genauer wurde Prisca nicht.
Blimper verstand das nicht und überprüfte ihre Leistungen im Schwimmen. Sehr viel schneller wurde sie nicht. Dann legte sie mehr Wert auf ihre Muskulatur und trainierte hart. Sie wurde schneller.
Dann kam der harte Winter.

Über dem Dorf tobten die Stürme. Schnee und Eis. Im Dorf war davon nichts zu spüren und Blimper war wieder mit Denise in der Bakery.
Brötchen verkaufen kam ihr nun irgendwie langweilig vor.
Denise versorgte sie aber mit den neuesten Informationen und Blimper wurde langsam wieder zu Hannah und gewann Bodenkontakt.
Die neuen Kunden waren Sabrina und Petra und mit Alaska baute Hannah eine stabile Beziehung auf.
Bis der Notruf kam.
Die Siedler waren in Not geraten, sie mussten zurück in das Dorf. Die „Dallas“ wurde reaktiviert.
Zusammen mit Paul wartete Blimper auf ein Zeitfenster. Es brauchte stabile Temperaturen und geringe Winde.
Tage warteten sie. Dann konnte die „Dallas“ starten.
Sehr schnell flogen sie zum Südstützpunkt und es waren auch Mediziner dabei. Nicht Leute vom Clan, sondern Medi-Teams; Ärzte und Sanitäter. Die „Dallas“ wurde zum fliegenden Krankenhaus.
Die Siedler waren halb erfroren und halb verhungert. In zwei Flügen brachten sie diese Leute in das Dorf zurück. Hannah erkannte kaum den Bärtigen, doch der erkannte sie: „Es war ein Traum“, stammelte er.
Blimper verteilte heißen Tee und Brötchen.
Die „Dallas“ glitt durch die schwarze Nacht. Im Schneetreiben sahen sie die Energiestrahlen, es waren zwei. Der eine Strahl leuchtete dunkel violett, der andere Strahl, dicht daneben, unnatürlich grün.
„Das ist nur durch den Schnee zu sehen“, erklärte Paul. „Eine Linie, vom Dorf zum Südstützpunkt! Ich denke es ist Energie.“
„Unser Turm vom Sommer?“, fragte Blimper.
„Wahrscheinlich.“
Blimper brachte dem Bärtigen heißen Tee, den er dankbar mit den Händen umschloss.
„Was ist passiert?“, fragte sie.
„Keine Energie mehr. Wir hatten bis vor zwei Wochen mehr als genug davon, dann hatten wir keine Heizung, kein warmes Wasser. Dann fiel das Licht aus. Wir konnten nur noch einen Notruf absetzen. Einige wollten durchhalten, doch es sind ja auch Kinder dabei. Es hätte Tote geben können. Wir sind einfach zu abhängig, nicht autark genug. Nichtmals zwei Wochen im Schnee halten wir aus...“
Blimper sah die Gangway runter, sah drei kleine Kinder, die auf dem Schoß der Mütter waren. Eine Frau war schwanger. Zwei Schulkinder lagen auf den letzten Sitzen, eingewickelt in warme Decken.
„Ich verstehe.“

Prisca veranstaltete weitere Übungen.
Vom einfachen Luftanhalten ging es zu Meditationen.
Paul wurde begeisterter Teilnehmer. Neben Prisca und Petra saß er in einer Selbstverständlichkeit auf dem Boden im Schneidersitz, dass Blimper nur staunte.
Sabrina und Alaska waren nicht immer dabei, doch relativ oft, Blimper eigentlich immer. Sie mochte das eingenebelte Gefühl ihrer Gedanken, die Geschichten, die ihre eigene Fantasie nur ihr selbst erzählte. Eigentlich auch das Gefühl betrunken zu sein, ohne etwas getrunken zu haben. Nach den Treffen war sie voller Tatendrang und hatte ein seltsam reines Gefühl im Kopf.
An einem Abend waren sie nur vier.
Prisca, Paul, Alaska und Blimper. Nach den Übungen zog Prisca einen Beutel in die Mitte der Gruppe. „Ihr erinnert euch an die Sweat-Lodge? Da hatte ich euch einige Kräuter vorgestellt.“
Prisca war wieder ganz das Biest.
„Fang nicht wieder an zu heulen“, witzelte Paul unsicher.
In einer Schale glimmte die Holzkohle.
„Räucherkohle“, erklärte das Biest.
Sie schüttelte eine kleine Portion auf die Kohle und der Geruch war wieder da, wie in der Schwitzhütte und Blimper erinnerte sich in allen Einzelheiten an den Abend. Dann folgte ein winziges Kügelchen; „Harz“, sagte Prisca.
Der Geruch verschwand, die Luft war wieder klar. Die Köpfe unter Tüchern, den Blick auf die Räucherschale gerichtet, so saßen sie da, fast wie in der Schwitzhütte.
„Passt auf, es geht nicht lange!“
Es stank bestialisch nach verbranntem Plastik und ein Würgereiz überkam Blimper. Dann traf es sie wie ein Hammer.
Sie fühlte die Hitze, die sie verbrannte, sie sah das Feuer, das sie verbrannte, sie schmeckte die scharfe Glut, die sie verbrannte, sie hörte das Prasseln und das Fauchen, das sie verbrannte, sie roch den Rauch, der ihre letzte Spur war.
Es war, als ob sie in einen Feuertrog stürzte. Dann löste sich das Gefühl auf, zusammen mit ihrem Schrei, mit dem sie in den Tod stürzte.
Ein unendlicher Trichter, der sie aufsog und in Fetzen wirbelte, die sich in Farben auflösten und mit einem Donner begleitet waren. Irgendwie in diesem Sturz begleitete sie ein Schmetterling in wunderbaren Farben. Sie sah in sein insektoides Gesicht und sah jede einzelne Facette seiner Augen und gleichzeitig sah sie die wunderbaren Farben der Flügel, die sich von ihr lösten und den Blick auf das gesamte Universum freigaben. Sie war im freien Fall. Dann kam der Spiegel, in dem sie all das sah und fühlte und er kam rasend schnell auf sie zu, ohne Chance auf einen Stopp. Die Scherben zerstoben in tausend Farben, sangen in allen Tönen und es entstand etwas wie Musik.
Sie wusste einfach, das Zeit Bewegung ist, niemals stehen kann. Früher. Später. Jeder trennt sich von allem.
Wörter bildeten sich und glitten in Farben davon. Sie wusste, dass Zeit ein Geschenk der Liebe war und vergaß es im selben Moment. Sie war Liebe und löschte ihre eigene Geschichte und alle Begegnungen, die sie je hatte.
Von Hinten nach Vorne.
Ich bin unendlich und unauslöschlich.
Bald, das wurde eine Ewigkeit. Dann hing sie am Blimp an einem Seil und pendelte mit der Zeit in einem Universum, das blau, tiefblau und grün wie Neon leuchtete. Sie öffnete eine Tür und sah Al am Tisch sitzen, drehte sich um und rannte weg. Dann ging sie zurück und schloss die Tür, setzte sich und begann zu angeln.
Sie warf den Köder in den See und Al sagte ihr, dass es hier keine Fische gibt, doch sie hatte ihren Spaß.
Dann wurden die Farben schwächer, die Musik leiser und sie begann zu atmen, mit einem hörbaren Ton, mit einem Bein auf der Erde. Sie wusste einfach alles und alles war so klar.
Al lag auf Hannahs Schoß. Hannah war wieder nach hinten gekippt und versuchte aus dieser unangenehmen Position zu kommen.
„Was war das?“, stammelte Paul.
Das Biest sammelte sich und stieß ihren Atem mit einem langen „Pffffft“ aus.
Das Tuch hatte einen Brandfleck und der Rauchmelder blinkte wild.
Prisca wählte die Notrufnummer und gab Entwarnung, die Firefighter mussten nicht kommen.
„Heftig!“, stöhnte Alaska.
Alle rieben sich am linken Arm, jeder hatte dort eine Rötung, die stark juckte.
„Wir waren nur kurz auf der Reise, weniger als 10 Minuten“, erklärte das Biest.
„Das war mein Rest, mehr DMT habe ich nicht.“
„DMT?“, fragte Alaska.
„Dimethyltryptamin.“
„Was ist das?“
„Ein Projekt, das ich mit Dana erforschte, im Auftrag des Dorfs. Es ging um Neurotransmitter und die Chips.
„Chips?“, fragte Blimper.
„Die Chips, die wir alle haben, implantiert und die uns nie stören, die einfach Teil unseres Lebens sind.“
Prisca zeigte ihren Arm. Paul streckte seinen Arm aus und Alaska betrachtete ihren. Blimper streckte den Arm aus und alle hatten die gleiche Rötung.
„Das wird bald nachlassen,“ erklärte Prisca. „Die Chips sind extrem gereizt worden, das hat mit dem Abbau von DMT zu tun. DMT, also Dimethyltryptamin ist ein natürlicher Botenstoff in fast allen Lebewesen. DMT ist also keine Droge, sondern natürlicher Bestandteil von uns allen! DMT wird allerdings sehr rasch abgebaut, es gibt körpereigene Enzyme, die das DMT in Sekunden deaktivieren. Wir benutzten das DMT und hatten auch Testpersonen. Immer berichteten diese von anderen Dimensionen und erzählten unbegreifliche Dinge, wie das Blaue eines Wüstenhimmels, oder andere Planeten. Jenseits aller Dimensionen, das wurde oft gesagt. Dann gab es Wahrnehmungen von nichtmenschlichen Wesenheiten. Ungesehene Welten. Es wurden rote und grüne Spiralen wahrgenommen. Ab diesem Zeitpunkt befassten wir uns mit dem Fermi-Paradox. Es gibt einfach keine andere Intelligenz, als unsere eigene... Wir berechneten die Drake-Gleichung und kamen zu dem Ergebnis, dass Technik uns nicht zu anderen Wesen auf anderen Sternen bringt. Wir müssen ohne unseren Körper reisen.
Wir brauchen Spalten im Raum und der Zeit, dann gelangen wir zu nicht-materiellen Wesen. Dana und ich arbeiteten an der Kontaktaufnahme und wir entdeckten einen Plan. Es gab Feststellungen und Beobachtungen von unendlichen Varianten der Wirklichkeit. Dana entdeckte die Wächter und Hüter und wir entdeckten zusammen die Grundpfeiler: Das Selbst, die Zeit und den Raum. Dann gab es keine persönliche Identität mehr, Dana entdeckte eine Abhängigkeit von der Existenz. Dana hatte dann einen Traum und sie wurde gefragt: „Du wagst es, hierher zu kommen?
Wir entdeckten, dass das Gehirn nur ein Empfänger der Wirklichkeit ist, dass Informationen hauptsächlich extrakorporal gespeichert sind.
Wir betraten unsichtbare Welten, Regionen, die normalerweise nicht wahrnehmbar sind und die wir uns kaum vorstellen konnten. Was uns unglaublich überrascht hat, war, dass diese Bereiche bewohnt waren. Wir erforschten auch die dunkle Materie. Wir gingen sehr tief in die Materie. Dann merkten wir, dass die Gegenseite für uns real wurde, in dem wir sie für real erachteten und da waren wir bereits in der Quantenphysik.
Ob die Wesen uns direkt beobachten konnten, das haben wir nicht herausgefunden. Aber es gibt eine Anwesenheit intelligenter Wesen! Wir wollten die Erforschung fremder Wesen und der Paralleluniversen und der Dunkelmaterie.
Wie sieht es in anderen Realitäten aus? Das war unsere Frage.
Sie hießen uns willkommen: „Erkennst du es jetzt?“ Das war die Gegenfrage. Mit einem ungeheuren Druck auf unserem Geist. „Endlich!“ Das war die Antwort.
Das war mein Gebiet zusammen mit Dana und Dana ist einfach verschwunden, weg! Ich hänge in der Luft, habe keine Fragen und erst recht keine Antworten. Das war mein letztes, was ich von Dana noch hatte und ich wollte es mit euch teilen...“
Den Rest des Abends fegten sie das Biest zusammen.
Prisca brach einfach zusammen, weinte, legte sich auf die Seite und war fast nicht ansprechbar. Ein Häufchen Elend.
Paul hielt das nicht aus. Er zog sich an und verließ still den Raum. Alaska und Hannah blieben noch einige Stunden.
Alaska zuckte mit den Schultern, nahm die Decken und baute ein Lager. Die Nacht war fast wie am Pactola-Lake aber mitten im Dorf im Zimmer von Prisca. Zum Frühstück war Prisca wieder richtig ansprechbar und stabil und verabschiedete ihre Freundinnen.

Das Leben pendelte sich wieder ein. Die Bakery war in Betrieb und es gab wieder Zimtstangen. Alaska holte den Rekord im Streckentauchen und Hannah wog fünf Kilo mehr. Denise war nun der treibende Teil. Kinoabende und Salsa vertrieben die Zeit ohne Sonne, die Zeit unter der Erde in der Zitadelle.
Dann meldete sich Prisca nicht mehr, sie war einfach weg.
Das einzige Schiff, das im Winter flugbereit gehalten wurde, war die „Caracas“, doch die „Caracas“ lag seit Tagen im Norden fest. Mit einem Blimp konnte Prisca nicht gereist sein.
Prisca war verschwunden, kein Bericht, keine angesteckte Schleife. Einfach nichts. Die Rufnummer war gelöscht und Alaska ging zu Priscas Apartment. Ein anderer Name stand an der Tür. Alaska klingelte nicht. Selbst eine Anfrage an den Entscheider lief einfach ins Leere. Keine Antwort.
Talbot war auch nicht zu erreichen, es fehlten nun zwei wichtige Leute, die einfach totgeschwiegen wurden.

Denise lud in den Italiener ein.
Zusammen hatten alle genügend Punkte, um den Abend zu bestreiten aber sie mussten zusammenlegen.
Paul hatte natürlich keine Punkte, ließ sich aber die Pizza schmecken.
Das Biest fehlte. Leonard Talbot fehlte.
Denise war nun der feste Anker. Denise fühlte sich im Dorf wohl und war ein Teil davon, sie lebte das ganz selbstverständlich.
„Was soll das alles? Ich verkaufe Brötchen und Zimtstangen! Was macht ihr Gesichter? Es geeeeht weiter!“
Denise in Reinkultur.
Selbst Paul verging der Appetit, er schob die halbe Pizza von sich und schaute auf sein Glas. Er ließ den tief dunklen Wein darin langsam kreisen und war in seinen Gedanken versunken. Sabrina sprach mit gesenktem Kopf, fast so, dass es niemand hören sollte, der es nicht hören musste.
„Simon Rosen hat die Macht übernommen, die Wahrheit ist nicht mehr wichtig.“
Denise horchte auf, hatte nur die Hälfte verstanden und echote: „Das ist nicht wichtig?“
Denise stand auf und hielt ihr Glas in der Hand. „Es ist wichtig! Es ist wichtig, dass wir heute hier sind. Es ist wichtig, dass wir an Leonard und Prisca denken! Leonard Talbot – mein Gott, ich kannte ihn persönlich! Diesen genialen Wissenschaftler, der sogar mir die Relativität in Farben erzählt hat! Der Talbot, der Leonard, der fragte, woher das Zimt kommt. Wegen ihm suchte ich Infos zu Zimt. Versteht ihr das? Er fragte nach Zimt! Er fragte nach meiner Arbeit. Er fragte mich! Und ich suchte nach der Antwort. Tagelang suchte ich Informationen zu Zimt und hatte dann die Antwort. Der Zimt kommt aus dem Replikator! Ein gespeichertes Rezept. Wie gerne hätte ich das Leonard gesagt. Aber dann kam Prisca und ich will nicht lügen – sie ist ein Biest. Wie hat sie sich die Tüten mit Zimtstangen vollgestopft und hat gesagt, ich sei schon am richtigen Platz. Und? An welchem Platz ist sie jetzt? Trotzdem vermisse ich sie. Sie fehlt mir jeden Morgen! An Prisca und Leonard denke ich und ich denke jede Stunde an sie!“
Denise war richtig in Schwung und schwenkte das Glas in hohem Bogen über alle und alle bekamen etwas ab.
An der Bar hoben sich ein paar Köpfe und einige Leute drehten sich um. Denise war ja laut genug.
Eine Frau im Abendkleid suchte sich den Zugang zur Gruppe. Langsam ging sie auf Alaska zu und tippte sie an die Schulter. Alaska ging mit zur Theke und verschwand für eine Weile.
Blimper beklatschte mit den anderen Denises Rede und fühlte sich für den Abend bestens unterhalten.
Alaska kam zurück und konzentrierte sich auf die Reste ihres Salates.
Denise hatte eindeutig zu viel.
Paul kümmerte sich um sie und die Gruppe löste sich langsam auf.
„Alles OK?“, fragte Hannah.
„Hmmm“, kaute Alaska. „Geht so.“
„Aha.“
„Lass uns auch gehen“, schlug Alaska vor, legte ihre Hand auf Hannahs Schulter und lenkte so unauffällig ihren Willen auf Hannah.
Hannah verstand und sie gingen.
Den Abend beendeten sie in ihrem Apartment.
„Weißt du, wer das an der Theke war?“, fragte Alaska.
„Nein.“
„Simone Ford und Georg Mansfeld.“
„Ach?“
„Ford leitet das Militär und Mansfeld leitet die Basis!“
„Wichtige Leute?“
„Wichtige Leute!“
„Und?“
„Wir sollen aufpassen!“
Alaska schlüpfte unter die Decke.
„Ihnen hat die Rede von Denise nicht gefallen.“
„Denise war besoffen!“
„Trotzdem.“
„Und nun?“
„Schlafen.“

Der Morgen kam bleiern. Zerknüllt saßen beide da und hielten den Kaffee schweigsam in den Händen.
Hannah erzählte. „Ich hatte einen Traum.“
„Ja?“
„Wir sollten gehen.“
„Wohin?“
„Zum Hangar,“, murmelte Hannah.
„Jetzt?“
„Genau die richtige Zeit.“
In ihren Outdoorsachen gingen beide durch die Gänge.
Denise würde erst in zwei Stunden die Bakery öffnen. Kaum jemand war unterwegs und Hannah kannte den Weg. Die letzten Ebenen nahmen sie mit den Treppen, möglichst leise. Dann standen sie im Hangar. Eine riesige Halle und im Moment unbelebt. Nichts war zu sehen, kein Blimp, kein Mensch. Die „Caracas“ lag im Norden fest und seit Wochen gab es keinen Flugbetrieb. Der Hangar war verlassen, die Saison lag fest unter Schnee, der das Fliegen unmöglich machte.
Hannah griff Alaska wortlos an der Hand und zog sie durch die Halle auf die andere Seite, durch einen Durchgang und zwei Etagen runter.
„Ich bin sicher, dass das die Kiste ist“, flüsterte Hannah und deutete auf den Container.
„Das Siegel ist gebrochen“, flüsterte Alaska.
„Das Siegel gibt es seit einem Jahr, überall. Ein Stern, grün, mit einem Blauem Punkt. Das Zeichen für die Zitadelle. Dorfeigentum.“
„Mach auf!“
Alaska stemmte die Platte auf. Leer. Im Container war nichts.
„Das wollte ich wissen.“ Hannah sah sich um.
„Zeit für Kaffee und Zimtstangen.“

Denise war blass und schweigsam. Hannah und Alaska waren sich einig. Hannah übernahm die Bakery und Alaska hatte Denise im Schlepp. Denise brauchte Schlaf.
Erst am Abend trafen sich Hannah und Alaska an der Bar im Italiener.
„Es ist viel passiert“, begann Blimper.
„Ja, es sind viele weg, mir fehlen Prisca, Leonard und Dana!“
„Dana?“ Blimper wirkte erstaunt.
„Ja, sie ist der Schlüssel, ich glaube, sie weiß worum es geht. Wir sollten sie suchen.“
Blimper war etwas überfordert. „Wo sollen wir da anfangen? Ich weiß von Dana praktisch nichts.“
Alaska hatte Feuer gefangen. „Ich könnte wetten, dass die drei zusammenstecken und ich will Antworten haben. Das, was im Dorf läuft, ist nicht mehr so, wie es mal war. Simon Rosen wird mir unheimlich. Ich habe das Gefühl, dass wir benutzt werden und das hinter dem Programm noch etwas anderes steckt.“
Alaska holte ein leeres Blatt Papier aus der Tasche und begann Notizen zu machen.
„Einer von den Historys wollte sich um das Finanzsystem kümmern und wurde gestoppt...“
„Einer von den Foods, jedenfalls nicht Dana Emrell, stürzte mit der Cairo ab“, ergänzte Blimper.
„OK, und Simon Dorison ist von den Historys, er hatte es mit der „New York“, soweit ich weiß. Damit ist klar, dass Simon Dorison das Geld im Dorf einführen wollte.“
„Was wissen wir noch?“, fragte Blimper.
„Prisca ist nicht die Pilotin, die wegen ihrem Wissen verschwunden ist! Prisca ist doch von den Mechanics, oder?“
Der Zettel von Alaska wurde schnell voll.
„Das Biest ist nicht mit der „Caracas“ geflogen, das wissen wir !“, gab Blimper dazu.
Der Stift kreiste über das Papier. Alaska dachte laut: „Einer der Piloten, weder Prisca, noch Leonard ist mit der Idee gekommen, die Blimps zu bewaffnen und war auf der „Boston“, die Boston hat aber mit dem Clan der Mediziner nichts zu tun.“
„Mehr wissen wir nicht?“, fragte Blimper.
„Ich glaube, das reicht.“
Alaska nahm ein zweites Blatt und zeichnete eine Tabelle. „Es kann nicht anders sein, Prisca war mit der „London“ unterwegs. Die „Caracas“ muss zum Clan der Mediziner gehören. Das ist logisch zwingend und daraus folgt direkt, dass die „Boston“ zum Clan der Energys gehören muss. Weil Dana unsere Drogenexpertin ist, bleibt für Jean Carmenson nur die Position des Waffenexperten.“
„Fast klar...“ Blimper starrte auf das Blatt mit den Tabellen.
Alaska holte aus: „Jean hatte mit dem Waffenprogramm auf der „Boston“ zu tun, da bleibt für Leonard Talbot nur noch die „Cairo“ übrig. Dana verschwand also mit der „Caracas“! Das mit der Clanzugehörigkeit ist noch ein wenig kniffelig.“
Hannah schnappte sich das Blatt und kritzelte die Spalten mit den fehlenden Plus- und Minuszeichen voll.
„Dass Dana zu den Medizinern gehört, hätten wir auch so herausgefunden.“
„Gut“, gab Alaska zu. „Aber so ist es logisch, es ist alles in sich schlüssig. Wir haben einen Fahrplan, wir wissen wer, wo verschwunden ist!“
„Und? Wissen wir warum? Wissen wir jetzt, was zu tun ist?“
„Nein, doch wir haben einen Fahrplan!“ Alaska schob den zerknitterten Zettel in ihre Tasche.

Hannah wurde zu Simon Rosen gerufen. Sie betrat neugierig das Büro. Rosen stand am Fenster. „Es kann kein Fenster sein“, dachte Hannah, „wir sind gut 100 Meter tief unter der Erde.“
„Schöne Aussicht“, begann Rosen. „Ich arbeite gerne mit Illusionen...“
Hannah wartete.
Rosen erklärte unumwunden, dass Hannah mittlerweile zu den Besten des Programms gehörte. Spezialaufgaben konnte man mit Hannah besonders gut durchführen.
„Was mir gefällt, ist, dass du keine Fragen stellst...“
Hannah schwieg.
Rosen deutete auf die Couch an der Seite des Büros und Hannah setzte sich. Rosen kam mit einem Glas. „Orangensaft.“
Er selbst setzte sich in seinen Sessel und rollte neben seinen mächtigen Schreibtisch. So saßen sie gegenüber.
„Wir haben ein Problem“, sinnierte er scheinbar. „Das Projekt hat zu viele Verluste. Vor einiger Zeit verloren wir Dana Emrell, den Blimp hatten wir damals gefunden, er trieb steuerlos in den Badlands. Das war damals mit der „Caracas“. Den Blimp konnten wir reparieren - Dana blieb verschwunden. Dann verschwand Talbot mit der „Cairo“; für einige Tage. Die „Cairo“ liegt sauber zusammengepackt im Hangar, nur von Talbot fehlt jede Spur. Dann ist Prisca Annadottir verschwunden, zusammen mit Talbot. Es fehlen also Leonard Talbot, Dana Emrell und nun auch Prisca Annadottir! Das ist nicht gut. Es gibt Fragen. Die Leute im Dorf werden unruhig und das Programm ist bedroht. Du kennst dich mit dem Programm aus?“
„Ich denke, ich habe einiges gesehen.“
„Du kennst den elften Blimp?“
Hannah schaute auf den Boden.
„Also, du kennst ihn...“ Rosen tastete sich weiter vor.
„Sicher verpackt in einer Kiste, die nun aufgebrochen ist.
Der elfte Blimp ist etwas Besonderes, klein und wendig und damit ist Leonard unterwegs und Annadottir!“
„Es gibt zwei...“ Blimper biss sich auf die Zunge. „Es gibt zwei Sachen, die ich nicht verstehe.“
„Die wären?“
„Wo sollen wir suchen, wer soll suchen, womit sollen wir suchen?“
„Das waren drei Fragen“, lächelte Simon. „Es wird zwei Teams geben, ein Team für den Norden und ein Team für den Süden. Den Norden übernimmt Alaska Carmendottir und du wirst mit Paul den Süden absuchen. Du wirst mit der „Omsk“ unterwegs sein.“
Hannah war überrascht, überfahren. „Wann soll das losgehen?“, fragte sie.
„Sofort und ich leite die Aktion persönlich, jeden Abend werden wir in Kontakt sein.“
Blimper stand mit dem Glas in der Hand vor Rosens Büro und stellte es auf den Vortisch, dann kam auch schon ein Grounder, der sie zur „Omsk“ brachte. Ihr Gepäck lag schon in der Gondel, die Motoren liefen und Paul lächelte etwas gezwungen Blimper an.
„Die Saison ist eröffnet!“
„Anders als erwartet,“ gab Blimper zu.

Dass Hannah so plötzlich von Alaska getrennt war, gefiel ihr nicht und Alaska gefiel das auch nicht. In endlosen Schleifen flogen sie in rauem Wetter durch die Badlands und waren auch tagelang am Stützpunkt gebunden. Alaska ging es noch schlechter. Das Wetter war im Norden rauer.
Natürlich genossen sie die einwandfreie Kommunikation und es gab auch Stunden, in denen die „Omsk“ und die „Caracas“ direkt verbunden waren, wenn beide Schiffe in der Luft waren. Abhörsicher und direkt.
Simon Rosen mischte sich selten ein, er war mit dem täglichen Bericht scheinbar zufrieden.
Dann sollte Paul eine neue Peilanlage in Betrieb nehmen, zusammen mit Alaska auf der „Caracas“. Beide Schiffe standen nun oft einfach still in der Luft. Die „Caracas“ wurde zum Südstützpunkt verlegt.
Endlich konnten sich Alaska und Hannah wieder sehen, die Boxen legten sie einfach zusammen.
Der Suchmodus wurde verändert, zwischen den Blimps mussten mindestens hundert Kilometer liegen, dann startete die Maschine. Hammerharte Beats wurden ausgelöst, Schläge, die die Blimphülle zittern ließen.
„Was ist das?“, fragte Blimper.
Paul wusste es auch nicht. „Klar ist, dass aktive, hohe Energie abgegeben wird, es werden Impulse geschickt.“
Die Crew der beiden Schiffe kam am Südstützpunkt zusammen. Alaska mit Ricarda, ihrer Begleiterin, Hannah und Paul.
„Wir wissen nicht, was wir tun“, begann Alaska.
„Wir wissen fast nichts“, bestätigte Paul. „Vom Dorf bekommen wir die Koordinaten, wohin die Blimps fliegen sollen und die versiegelten Kisten an Bord beginnen mit ihrer Arbeit. Ich habe keinen Einfluss auf das Geschehen, ich bin lediglich der Pilot, der den Blimp in Position bringt.“
Alaska erklärte ihre Theorie: „Die Energie wird von den Blimpspitzen abgegeben, immer dann, wenn der Abstand groß genug ist. Ich habe das hier aufgezeichnet!“ Sie zog wieder einen Zettel aus der Gesäßtasche. „Die Winkel der Schiffe sind nicht parallel, es gibt eine Schnittlinie. Die Linien treffen sich in sehr großer Entfernung, es entsteht ein sehr langgezogenes Dreieck. Es geht um Peilung.“
Ricarda berichtete von den Energiepacks, es gab davon einige auf der „Caracas“ und sie sollte einige auf die „Omsk“ liefern. Der Energieverbrauch war gigantisch, denn jeden Tag wurden einige Packs verbraucht, wo sonst ein einziges Pack für eine Tagesreise ausreichend war.
Ohne freien Willen wollten sie nicht arbeiten, die Peilungen schnitten sie nun heimlich mit. Der Abstand zwischen den Blimps wurde erweitert, das hatte Alaska vorhergesagt. Es ging eindeutig um Peilung. Das Ziel lag über 2000 Kilometer entfernt, im ehemaligen Bundesstaat Georgia, irgendwo in der Nähe von Atlanta. Genauer konnten sie nicht peilen.
Paul nahm Blimper zur Seite und schlug einen Spaziergang um den Canyon Lake vor. Sie zogen ihre Outdoorsachen an und machten sich auf den Weg.
„Ich habe da eine wilde Theorie,“ begann er. „Die Peilung deutet auf den Südosten Nordamerikas. Atlanta. Georgia. Da gibt es uralte Geschichten davon. Es soll einen wichtigen Stein geben, in dem Informationen stecken, die etwas mit Energie zu tun haben sollen. Die Art Energie, die wir benutzen und brauchen. Rosen hat ja immer gesagt, dass wir kein Problem mit Energie haben und wir gehen ja wirklich verschwenderisch damit um. Warum zeigt aber die Peilung nach Atlanta? Ich glaube Prisca, Dana und Leonard sind in Georgia, in der Gegend um Atlanta.“
„Verrückt.“ Blimper hob einen Stein auf.
„Deshalb erzähle ich dir das nur hier am See...“ Paul setzte sich dicht an das Ufer.
„Wir haben die ANACONDA und Rosen weiß das nicht...“
Paul holte Luft. „Du bist verrückter wie ich!“ Er stand auf und ließ einen flachen Stein über den See hüpfen. Blimper zählte leise mit. Fünf Hüpfer. „Flippstone!“
Paul schaute fragend.
„Na, ein Flippstone! Ein Stein, der über das Wasser hüpft, deiner hat eben fünf Sprünge geschafft, ich kenne niemanden, der das so gut kann wie du!“
„Das liegt am Winkel, muss ganz flach sein und der Stein schnell, der muss sich auch ganz schnell drehen“, brummte Paul.
Blimper warf einen Stein, einen flachen Stein. Sie warf den Stein hoch in die Luft und er verschwand im See mit einem leisen „Flupp“, er warf kaum Wellen auf und nach einer Weile kamen Luftbläschen an die Oberfläche. „Meine Spezialität“, lachte Blimper.
„Fluppstone“, lachte Paul.
„Die ANACONDA ist sehr schnell“, überlegte Blimper.
„Sie hat kein Peilsystem“, sagte Paul.
Beide beendeten den Spaziergang, doch es arbeitete in beiden.

Die Energieausstöße der Peilungen wurden weiter erhöht und Rosen rief eine Videokonferenz ein.
Für die nächste Woche sollte eine präzise Aktion vorbereitet werden. Paul sollte das Handbuch genau lesen und die Gondeln der zwei Blimps energetisch abschirmen. Die Gondeln würden etwas ähnliches wie ein Käfig werden, Schleppseile mussten jederzeit die Erde berühren.
Alaska war unruhig. „Es ist nicht gut, was hier läuft!“
Paul zeigte sein Tablet. „Ich habe gefunden, wonach wir suchen, es sind die Signaturen der Chips. Die Chips von Leonard, Prisca und Dana. Mit diesem Tablet können die Signaturen geortet werden und ich habe herausgefunden, dass nicht nur gesucht wird, es wird ständig ein Befehl wiederholt. Die Basisanzeige der ANACONDA sollte kompatibel sein.“
„Anaconda?“, fragte Alaska.
„Komm!“, Paul konnte sich nicht vorstellen, dass Alaska nicht davon wusste. Ricarda lächelte verschmitzt.
Ein offenes Geheimnis.
„Welcher Befehl wird wiederholt?“, fragte Alaska.
„Ich weiß es nicht genau, es sind immer nur drei gleiche Buchstaben in Folge: DDD.“

Die „Caracas“ hielt der Belastung nicht stand. Auf einen Meter riss die Hülle auf und das kostbare Helium entwich unkontrolliert in den Himmel. Der Blimp musste mitten in den Badlands auf den Grund. Alaska und Ricarda gaben die „Caracas“ auf. Die schlaffe Fronthülle berührte den Boden.
Paul und Blimper schafften die „Omsk“ auf die Absturzstelle und holten Alaska und Ricarda ab. An Bord der „Omsk“ erklärte Alaska den Zwischenfall.
„Die Impulse waren so stark, dass die Hülle zitterte, Rosen wollte nicht, dass wir aufhören. Ich habe dein Tablet-Programm genommen und gesehen, dass wir eigentlich nur DDD sendeten, im Megawattbereich. Es hat die Hülle zerrissen!“
Es war klar, dass etwas geschehen musste.
Paul und Ricarda blieben zurück und hielten die Stellung auf der „Omsk“.

Die „Omsk“ hatte eine Überraschung an Bord, von der Alaska und Hannah wussten. Alaska erklärte die Packung: „Wir haben eine ANACONDA, ein Automatic Navigation Conzept of Dynamic Aviation! Es gibt vermutlich zwei davon, eine im Dorf, die gestohlen wurde und eine hier auf der „Omsk“. Die ANACONDA ist ein kleiner Blimp mit extremen Fähigkeiten, die bisher nie ausgetestet wurden. Die Steuerung wird direkt mit dem Chip des Piloten verbunden, es gibt keine Displays mehr. Das Gehirn des Piloten ist mit ANACONDA direkt verbunden. Der Miniblimp und der Pilot sind eine Einheit. Die Chips und die Blimpsteuerung sind gekoppelt. In die ANACONDA passen nur zwei Menschen, zusammen mit dem Pilot. Wir glauben, dass Prisca und Leonard die ANACONDA aus dem Dorf gestohlen haben, um zu fliehen. Wenn wir Antworten wollen, müssen wir das Biest und Leonard finden!“
Alaska und Blimper packten die ANACONDA aus.
Ein heißer Ritt stand ihnen bevor und Blimper versprach, dass es nicht lange gehen würde.
Die ANACONDA gab was sie hatte, nach drei Stunden kreisten sie im Raum von Atlanta. Alaska hatte eine Peilung. Blimper verband irgendwie das Tablet mit sich selbst und der ANACONDA.
Blimper begann zu singen, sie war nicht mehr richtig ansprechbar und die dunklen Augen von Hannah erschreckten Alaska. Blimper war in Trance, ihre Augen waren weit und schwarz wie die Nacht. Der Arm von Blimper lag angewinkelt vor ihrem Kopf und selbst Alaska konnte spüren, dass Blimpers Geist außerhalb ihres eigenen Körpers war. Es war, als ob ANACONDA atmete, was Hannah war. Alaska war dieser Szene ausgesetzt, sie konnte nichts tun, sie konnte nur beobachten.
Blimper warf im Rhythmus der Melodie den Kopf zur Seite. ANACONDA flog.

Wir sind wie Sterne, wir können im Dunklen sehen!“
Wir sind die , die zu den Sternen fliegen...“


Alaska schüttelte ihre Freundin.

Wir sind Milliarden wunderschöner Herzen,
und wer hat uns den Bach runtergehen lassen?
Was ist mit uns?
Was ist mit den Antworten, die ihr hattet?
Was ist mit uns?
Glücklich bis zum Ende?
Was ist mit den Plänen und dem Desaster?
Was ist mit Liebe, was ist mit Vertrauen?
Was ist mit uns?
Hier sind Probleme, die gelöst werden wollen,
hier sind Kinder die geliebt werden sollen.
Wir sind bereit, wir kommen, weil du rufst.
Und ihr belügt uns.
Genug ist genug.
Was ist mit uns?
Was ist mit den Antworten?
Was ist mit Liebe,
was ist mit Vertrauen?
Stöcke und Steine mögen vielleicht meine Knochen brechen,
aber ich bin bereit.
Bist du es auch?
Das ist der Start von uns,
wach auf, komm schon!
Bist du bereit?
Ich bin bereit,
ich möchte keine Kontrolle, ich will loslassen.
Jetzt ist die Zeit, es sie wissen zu lassen.
Was ist mit uns?“


Alaska war verzweifelt, Hannah sang und ANACONDA flog, sie hatte keine Kontrolle und Blimper stieß ein finales „Yeahhhh“ aus.
Tausend Lichter unter ANACONDA, eine singende Blimper und keine Kontrolle und ein Aufschlag. Das Boot schlitterte über den Acker.
Es war dunkel und es wurde ruhig. Blimper drehte sich auf den Rücken und warf die Hände gegen die Hülle.
Leonard Talbot steckte sein Gesicht in den Flieger und Alaska brach in Tränen aus.
„Da seid ihr nun“, sagte er einfach.
Alaska sah Dana in die Augen und tiefes Verstehen entstand. Talbot zog Blimper aus der Hülle.
Prisca las das Tablet.
„Was habt ihr gesendet?“, fragte Talbot.
„DDD“, sagte Alaska.
„Die, die, die! Der RFID-Fluch, der allerletzte Fluch!“ Leonard war erschüttert. „Rosen hat es getan...“

Leonard erklärte die Situation. Hier in Georgia gibt es Informationen die Rosen braucht, es geht um das Experiment. Jeder in der Zitadelle trägt einen RFID-Chip, Radio Frequency Identification. Die Chips sind unter der Haut implantiert und sind Teil des Lebens von allen, die in der Zitadelle leben. Die Chips haben alle eine Grundprogrammierung und eine davon ist der Fluch: DDD!
Leonard war der Quantenexperte und erklärte: „Es geht um Energie, Zeit und Raum. Es geht um die Erschaffung einer separaten Raumzeit. Das ist machbar,“ erklärte Leonard. „Mit viel, sehr viel Energie, lässt sich die Raumzeit beugen. Das ist Physik. Die Zeit bestimmt unser Leben. Doch, was ist die Zeit? Scheinbar fließt sie immer in die gleiche Richtung, von der Vergangenheit zur Gegenwart in die Zukunft. Wir unterliegen hier einer Täuschung, einer Illusion. Zeit ist eine persönliche Erfahrung, eine gemeinsame, gleich fließende Zeit gibt es nicht.
Vielmehr gibt es die Raumzeit, in der sich Raum und Zeit wie Variablen verhalten, eine Gleichung! Um das zu verstehen, betrachten wir eine einzige Qualität der Zeit: Das Jetzt!
Ich stelle mir die Raumzeit wie einen Laib Brot vor, den ich in Scheiben schneiden kann - Zeitscheiben -, oder Slices. Bewegung verändert das Zeitgeschehen, bewegt sich etwas von mir fort, werden die Slices in die Vergangenheit gebogen; relativ zu mir. Der Effekt verstärkt sich mit dem Abstand, also dem Raum. Bewegt sich etwas auf mich zu, wird der Slice in die Zukunft gebogen. Vergangenheit und Zukunft bleiben dabei Wirklichkeit. Die Zukunft existiert bereits. Allerdings gibt es Sub-Slices - andere Wirklichkeiten. Unendlich viele! Die Dinge verändern sich nur aus unserer subjektiven Perspektive.
Dabei habe ich nun nur die Zeit beschrieben, es gibt noch den Raum.“
Mit Rosen startete Leonard das Projekt, es war begrenzt und sollte zum Ursprung zurückführen, jederzeit! Rosen hat das erweitert und sein eigenes Universum erschaffen, seine eigene Zeit!
Leonard verbarg sein Gesicht.
„Rosen will uns töten! DDD!“
Alaska schaute ungläubig.
Leonard erklärte weiter:
„Das erste D steht für Kardioversion. Herzstillstand. Das zweite D steht für Hypoglykämie, Hirntod! Das dritte D steht für Hyperkaliämie, unwiderruflicher Herzstillstand! Das ist das Killer-Signal, es bringt jeden um, der einen Chip trägt. Auf der Stelle! Wir haben es so in der Grundroutine verankert.“
Leonard war völlig aufgelöst. „Die Chips müssen raus! Sofort!“

Talbot war mit dem Eingriff beschäftigt. Es war ein kleiner Eingriff. Betäubung, Schnitt. Chip fassen und ein kurzer Ruck. Nähen.
Die explantierten Chips reinigte Talbot und legte sie ihren Besitzern mit einem Band an den Hals.
„Das sind eure Chips, die verbinden euch mit Rosens Welt!“
Leonards Chip blinkte und das Tablet zeigte DDD.
Dana betrachtete die verbundenen Arme von Alaska und Hannah. „Zuerst möchte ich euch in Georgia begrüßen, es ist schön, dass ihr hier seid, aber es ist auch kompliziert. Ihr seid nun dekonnektiert, für Rosen und das Dorf zwei Tote mehr...“
Dana nahm sich einen Stuhl und setzte sich.
„ANACONDA haben wir gesichert, wir sind hier in Georgia. Das Dorf ist nur ein Produkt der Forschungen, die hier betrieben werden. Wir bezeichnen uns als Guides, wir führen durch das Programm. Es gibt mehr Guides als ihr vermutet, es ist ein großes Programm und ganz ehrlich, es ist uns entglitten, wir haben die Kontrolle verloren und wir möchten es beenden, wissen aber nicht wie. Mein Gebiet ist der Raum und neurale Botenstoffe, die wie Drogen wirken können und Auswirkungen auf die Realität haben. Im Gegensatz zu Leonard betrachte ich die Zeit weniger, doch natürlich arbeiten wir zusammen. Raum und neurale Botenstoffe, das passt auf den ersten Blick nicht zusammen.“
Alaska horchte auf. „Sind wir auf einem Trip?“
„Nein, sicher nicht! Es geht um die Auswirkungen auf die Realität. Zuerst dachten wir bei einigen Rauschzuständen von Probanden, dass Fantasie und die Droge ein persönliches Scheinuniversum erschafft, doch dann bemerkten wir den Unterschied zwischen Fantasie und Realität. Wir nahmen Kontakt auf und es gab Kommunikation mit anderen Realitäten.
Es gab einen neuen Raum. Leonard wird die nächste Schicht des Programms erklären.“
Leonard Talbot sah Dana lange an. In Leonards Gesicht spiegelte sich ein Kampf.
„Ich war mir nicht sicher, ob ihr viel von diesem Programm erfahren solltet, doch Dana hat mich überzeugt, dass ihr ein Recht darauf habt und dass Lügen die Sache nur noch komplizierter machen. Mein Gebiet ist die Relativität und insbesondere der erste Buchstabe der Gleichung. E. Energie.
Viel Energie erzeugt Kraftfelder und mit diesen Kraftfeldern haben wir gearbeitet und wir haben gemerkt, dass Kraftfelder neurale Netze beeinflussen. Danas Drogen erlaubten einen Zugang zu anderen Realitäten und meine Kraftfelder veränderten die Realität. Ich mache es nun kurz: Wir erhielten einen Plan, gewissermaßen einen Bauplan - das Programm.“
Hannah hörte nur noch passiv zu, sie warf einen hilflosen Blick auf Alaska.
Alaska sagte einfach: „Weiter!“
Dana übernahm den Part. „Wir hatten nun also den Kontakt zu alternativen Realitäten und es stellte sich heraus, dass es autarke, sehr intelligente, Entitäten gibt.“
„Außerirdische?“, platzte Hannah heraus.
„So eher nicht... Es ist schwer zu erklären, es geht eher um andere Dimensionen, wir forschen noch daran.“
Leonard half aus. „Wir haben keinen Kontakt zu Außerirdischen im engeren Sinne. Es sind auch keine biologischen Lebensformen; wir nennen diese Erscheinungen Entitäten. Die Relativität lässt keine Reisen zwischen den Sternen zu. Die Lichtgeschwindigkeit ist eine Grenze, die nicht einfach überwunden werden kann. Reisen zu anderen Sternen können lange Jahre dauern. Wir haben allerdings Kontakt zu fremden Wesen gefunden, die mit uns reden wollen. Es spielt sich viel hier ab!“ Leonard deutete auf seine Stirn. Er erklärte weiter: „Die Energie ist mein Gebiet, doch dann kommt in der Gleichung Masse vor. Masse ist Materie und die kann verändert werden. Neben der Masse steht die Lichtgeschwindigkeit und die ist Strecke mal Zeit. Also Raum. Sehr schnell sind wir beim Begriff Raumzeit. Ich mache es wieder kurz: Zeiten und Räume wechseln sich in Energien ab. In dieser Raumzeit gibt es Leben und eine Lebensform sind wir Menschen. Eine Lebensform, von unzähligen...“
Dana fragte Alaska: „Verstehst du jetzt, wie komplex das Ganze ist? Warum wir ein Problem haben?“
Alaska sank in sich zusammen.
Leonard machte einfach weiter. „Wir arbeiten also mit der Raumzeit und das unter Anleitung nichtmenschlicher Wesen. Deshalb gibt es die Zitadelle 11, das Dorf, als Versuchsfeld. Weil wir nun wieder bei Feldern sind... Die Zitadelle ist eben nun die Nummer 11. Es gab zehn Vorgänger. Die Zitadellen sind durch Energiefelder geschützt, die Außenwelt, also unsere Welt, ist für die Zitadelle nicht wahrnehmbar. Andererseits kann die Zitadelle von der Außenwelt nicht wahrgenommen werden. Damit wir interagieren können sind gewisse Kniffe nötig. Diese Kniffe bekommen wir gerade beigebracht.“
Prisca saß still im Raum und beobachtete. Sie stand nun auf und schlich wie eine Katze zur Gruppe. „Mein Part ist, Schwachstellen zu finden und ich habe welche gefunden! Es gibt manchmal Risse in der Raumzeit, in den Raumzeiten...
Das hängt mit dem DMT zusammen. Dimethyltryptamin senkt im Menschen die Barriere zur Wahrnehmung außergewöhnlicher Erscheinungen. Zusammen mit den Chips und starker Energiefelder können wir die Realität modifizieren, wobei dann manches durchaus real ist. Die Entitäten werden natürlicherweise aus unserer Realität gedrängt, ein erhöhter DMT-Spiegel und eine veränderte Raumzeit erschafft einen neuen Lebensraum, der gleichberechtigt neben der reellen Realität steht; gewissermaßen ein alternatives Universum. Mit den Entitäten entschieden wir uns, ein Experimentierfeld zu erzeugen. Gibt es Störungen im Feld oder beim DMT-Spiegel, kann die Illusion unvollständig werden.
Blimper, erinnerst du dich an die Nacht nach der Schwitzhütte? Daran, was du gesehen hast?“
Blimper erinnerte sich. „Sterne, da waren viele Sterne.“
Prisca half nach. „Blinkende?“
„Ja, da war der eine, ich nannte ihn Rot, Rot, Rot.“
„Den meine ich,“ sagte Prisca. „Dieser Stern war einfach das Positionslicht eines Flugzeugs. Das hättest du nie sehen dürfen. Doch die Drogen, die Hitze und der Ausnahmezustand erzeugten einen Riss in der abgeschirmten Realität. Die Kraftfelder außerhalb des Dorfs sind zu schwach, trotz der Energiepacks. In diesem Moment warst du für die Außenwelt real. Zum Glück war niemand da, der das gesehen hat. Es gab noch ein paar Unregelmäßigkeiten, kurze Momente, in denen sich die Realitäten vermischten. Hannah, ich möchte dir sagen, dass in diesem Moment starke Rechner dafür sorgen, die Realitäten zu trennen und wieder eine einzige zu schaffen. Die ist dann ohne DMT stabil. Gewissermaßen die reelle Realität...“
Leonard unterbrach Prisca. „Das Energieproblem haben wir fast gelöst, es stehen unglaubliche Mengen an Energie zur Verfügung. Zitadelle 11 lebt davon. Die Energiepacks transportieren gewaltige Mengen an Energie. Wir arbeiten an Anwendungsmöglichkeiten.“
Dana ergriff das Wort. „Das Programm ist wirklich groß und wir nehmen es ernst. Nordamerika ist praktisch menschenleer. Es gab diesen nuklearen Zwischenfall und die biologische Verseuchung, allerdings keine globale Katastrophe. Wir haben das Gebiet geräumt und im Zentrum ist Zitadelle 11.“
Leonard setzte dazu: „Wir möchten das Programm beenden, zurückfahren, selbst die Wesen wollen das und alle arbeiten daran. Wir wissen nur nicht wie. Selbst die Zeit ist aus den Fugen geraten, es sollten maximal ein paar Monate sein, nun haben wir Verwerfungen, die hundertmal größer sind. Das Programm hat sich verselbstständigt!“
„Was können wir tun?“, fragte Alaska.
„Zurück nach Zitadelle 11, zurück in das Dorf. Rosen stoppen, das Universum frei arbeiten lassen“, sagte Dana.
„Wir könnten vieles vorbereiten, es würde wie Zufall aussehen“, ergänzte Leonard.
Alaska nickte und Hannah schlief.

Die Zeit verging wie im Flug, es kamen noch einige Guides und es gab viele Fragen zu beantworten. Vom Georgia-Stützpunkt waren Hannah und Alaska mehr als beeindruckt und sie genossen es von Prisca geführt zu werden.
Es gab viel zu lernen und sie akzeptierten die Sperren, weil sie spürten, dass es da mehr gab, als sie verkraften konnten. Insgesamt fühlten sie sich irgendwie falsch in der Zeit.
Zwischen den Zeiten.
Dann stand Alaska mit Blimper am Ufer des Canyon Lake, in den Rucksäcken trugen sie die Energypacks. Hinter ihnen lag das verlassene Resort, von dem sie nur noch die Ruinen in Erinnerung hatten. Erinnerungen an die Zukunft, dachte Alaska und zog ihre Jacke enger.
Blimper suchte den Himmel ab und fand was sie suchte, den hellen Doppelstreifen, der seine Bahn am Himmel zog.
„So wie sie es gesagt haben...“,flüsterte sie. „Schau! Siehst du das? Wenn du genau hinsiehst:“
„Rot, Rot, Rot, das rote Blinken, ich sehe es deutlich,“ sagte Alaska und nahm ihre Freundin in die Arme und stützte sie, weil Hannah in den Himmel starrte, den Kopf tief in den Nacken gelegt und dabei fast das Gleichgewicht verlor.
„Ist das schön!“ Blimper war wie verzaubert.
Vor ihnen stand wie besprochen das Eingabegerät. In die leeren Schächte passten die Energypacks und der Steindeckel glitt zur Seite.

ENTER YOUR PALINDROME.

Alaska stand ratlos vor dem Terminal und zeigte Blimper die Anzeige.
Blimper wusste Bescheid, es war ein besonderer Gruß von Talbot und sie wusste, dass sie das Palindrom war.
Der Kondensstreifen verzog sich und am anderen Ufer des Canyon Lake tauchte wie aus einem Nebel die „Omsk“ auf. Majestätisch und in voller Pracht sicher am Fixpoint.
Blimper ging an das Ufer und warf einen Stein. Ein perfekter Flupp, dachte sie.
Alaska und Blimper machten sich auf den Weg und am Terminal erlosch das Palindrom.

HANNAH










Nachwort​


Die Georgia Guidestones standen seit 1980 in der Nähe von Elberton im US-Bundesstaat Georgia.
Über die Erbauer des rund 100 Tonnen schweren Monuments ist wenig bekannt. Nach etwas mehr als 40 Jahren wurden die Stones von Unbekannten gesprengt.
Die Guidestones enthielten 10 Regeln, die in acht verschiedenen Sprachen in Granit gemeißelt waren:

Halte die Menschheit unter 500 Millionen
in fortwährendem Gleichgewicht mit der Natur.

Lenke die Fortpflanzung weise
um Tauglichkeit und Vielfalt zu verbessern.

Vereine die Menschheit
mit einer neuen, lebendigen Sprache.

Beherrsche Leidenschaft – Glauben – Tradition
und alles sonst
mit gemäßigter Vernunft.

Schütze die Menschen und Nationen
durch gerechte Gesetze und gerechte Gerichte.

Lass alle Nationen ihre eigenen Angelegenheiten selbst/intern regeln
und internationale Streitfälle
vor einem Weltgericht beilegen.

Vermeide belanglose Gesetze
und unnütze Beamte.

Schaffe ein Gleichgewicht zwischen den persönlichen Rechten und
den gesellschaftlichen/sozialen Pflichten.

Würdige Wahrheit – Schönheit – Liebe
im Streben nach Harmonie mit
dem Unendlichen.

Sei kein Krebsgeschwür für diese Erde
Lass der Natur Raum
Lass der Natur Raum.





DMT ist eine psychoaktive Substanz, die dem Körper zugeführt werden kann und auch vom Körper selbst hergestellt wird. Höhere Dosierungen führen zum Erleben anderer Wirklichkeiten, die als real existent wahrgenommen werden.






ENDE
 



 
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