Blütenknöpfe

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Ubertas

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Lieber Hansz,
du hast ein Gedicht geschrieben, dessen Schönheit ich nicht in Worte fassen kann!
Lieben Gruß ubertas.
 

mondnein

Mitglied
Danke, liebe Ubertas, für dieses überschöne Lob!

Danke auch Dir, liebe Petra, für Deine Reflektion über den Gemütszustand des Lyri. Ich denke, man kann es auch als selbstironische Melancholie lesen, als Versuch, das Scheitern eines Verliebten durch Poesie zu bewältigen: etwa, weil die meisten Gedichte, wenn sie von Liebe handeln, von ungücklich Verliebten gesungen worden sind. Und da die meisten Liebeswerbungen unglücklich ausgegangen sind, haben wir eine Fülle von Gefühlslyrikergüssen.
Es kann dann auf zwei Dinge ankommen:
1. die Form so klein und knapp wie möglich zu halten, im Kontrapunkt zu dem Ausschweifenden des Gefühls, also am passendsten in der Gestalt eines schlichten Volkslieds,
2. und auch darauf kann es ankommen: in der Trennung von Lyri und Dichterinnenquell der Versifizierung die ästhetische Distanz zu wahren und damit dem Leserinnenohr entgegenzukommen, das diese Distanz und unschuldige Neutralität sowieso mitbringt. Obwohl ein verliebtes Gemüt die gefühlstrunkene Identifizierung mit dem Leserinnenauge sucht, genauso wie die vielen Gefühlsversschmiede auch sonst allzu oft so eine Identifizierung suchen, all die zahllosen, die vielzuvielen, all die narzistischen und echoverlorenen: "Keiner versteht mich!"

grusz, hansz
 

mondnein

Mitglied
Ein herzliches Dankeschön den vier leidlosen Werthern, und überhaupt der überschaubaren Schar der heimlichen Leser.
Ist ja besser als das verlorene Niemandnichts des Vergessens (zweite Seite), in das dieses bescheidene Kinderliedchen bald versunken sein wird (in etwa zwei drei Wochen, wetten daß?) ...

grusz, hansz
 

Ubertas

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Lieber Hansz,
die Schar der Leidlosen ist gewiss weitaus größer. So ein Gedicht vergisst man nicht!
Das verlorene Niemandnichts lässt mich an meine Kindheit denken. Es beinhaltet ein bedächtiges Etwas deiner Blütenknöpfe.
Das Nachbargrundstück war eine Wiese. Ich saß gerne darin und rupfte den Sauerampfer aus, um ihn zu zerkauen. Es gab fein duftende Kamille, Schafgarben und mein Hauptaugenmerk galt den vierblättrigen Kleeblättern. Ich sah auch einige Mutanten, die mehr als vier Blätter hatten. Sie erstaunten mich, aber nichts mehr wollte ich, als die Glücksbringer finden. Also fand ich sie, packte sie in das Gewicht schwerer Bücher, legte sie zwischen die Seiten und wartete. Das Nachbargrundstück ist heute das Gelände einer Zahnarztpraxis. Es gibt Pflastersteine und durchdachte Strauchkulturen auf Rindenmulch. Wenn ich den Deckel der kleinen Holzschachtel, die ich heute noch besitze, abhebe, sehe ich die Kleeblätter.
Lieben Gruß ubertas.
 

mondnein

Mitglied
Es gab fein duftende Kamille
Das gefällt mir, Ubertas,

daß Du dieses Liedchen nicht auf die metaphorische Ebene reduzierst, also das Abzähl-Orakel verliebter Zweifler, die sich im strengen Wechsel der gezupften Kronblätter beglückwünschen und bemitleiden, sondern auch auf die kleinen Korbblütler eingehst, die in mindestens vieren der zwölf Verszeilen genauer zur Sprache kommen, z.B. als "Feinspiralenköpfe".
Das könnte ja für das Zupfgleichnis ganz gleichgültig sein, geht ja auch ein wenig noch über das bescheiden-Idyllische des Blümchenwiesen-Picknicks hinaus, indem das mathematische Naturwunder der einander überkreuzenden Spiralreihen in allen Kompositen angesprochen wird, die ja, wenn man sie nachzählt, z.B. bei Sonnenblumen, wo es meinen schwachen Augen leichter fällt als bei den Kamilleknöpfen, in Fibonacci-Zahlen die Runde machen: also 21 gegen 34 und etwas steiler 55, oder gar 89 bis zu 144 für fleißige und genauigkeitsbegabte Beobachter.

grusz, hansz
 

Ubertas

Mitglied
Lieber Hansz,
es wäre gänzlich überzogen, von mir selbst zu behaupten, ich wäre mir der Kamillenknöpfe jederzeit bewusst. Eine Sonnenblume reicht auch.
Was mir besonders an deinen Gedichten gefällt ist, dass sie etwas beinhalten, das sich nicht selbstgefällig aufzeigt. Es sind Häutungen, kleine, hineingelegte Schatzkisten, die sich öffnen, wenn man nicht oberflächlich nach ihnen sucht.
Was die Feinspiralenköpfe innehaben, haben wir, begonnen in uns als verschlungene Bandbreite in ihren Anfängen, als Doppelhelix bis zum Spiralnebel und darüber hinaus. Sind doch die Wunder der Natur die Grundlagen der Mathematik. Nicht einmal umgekehrt - sie sind in ihr Philosophie.
Lieben Gruß von der Kleeblattsammlerin.
 



 
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