Blutige Heilige Nacht - 3. Handarbeit

ahorn

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3. Handarbeit

Tamban war genervt. Die Arme vor der Brust verschränkt, zeterte der nachgemachte Weihnachtsmann wie der Suppenkasper, stampfte mit den Beinen wie Rumpelstilzchen, welchem die Königin ihr Kind verweigert. Wobei der Nachwuchs Badelatschen, die Windel ein schneeweißer Schutzanzug, den Lackierer trugen und der Waldwicht die Gabe ablehnte.
»Ich zieh das nicht an!«
Herbert verdrehte die Augen. »Warum?«
»Diese Anzüge sind mit Silikon beschichtet«, bescheinigte der rotgekleidete Wicht.
»Das wissen sie?«
Tamban wandte das Gesicht seiner Mitarbeiterin zu. Die zur Antwort mit den Achseln zuckte.
»Ich habe eine Silikon-Allergie«, unterrichtete der zu kurz geratende, dabei zitterte seine Nase, wie die Nüstern eines witternden Hundes.
Die Augenbrauen emporgezogen, die Stirn in Falten, starrte Herbert ihn an. »Ich dachte Latex-Allergie«, grub er aus seiner Erinnerung aus.
»Latex-Unverträglichkeit!« Baum-Ständer versenkte den rechten Zeigefinger in seinen Rachen. »Nur am Mund«, nuschelte er und befreite die Mundhöhle. »Nicht ich, sondern …«

Herbert winkte ab. Kriminalkommissarin Ferigart warf das falsche Kind auf den Boden, beugte, die Hüfte schwenkend, ihren Oberkörper vor, bis der Anhänger ihrer goldenen Halskette in Form eines Herzens, der Schwerkraft folgte, sodann auf der Tischplatte aufschlug. Vom Griff des Tops befreit, baumelten, pendelten, angetrieben durch das Schaukelns ihres Beckens, ihre Brustwarzen wie Kirchenglocken. Ihre Nippel läuteten tonlos zur Andacht, luden, wie die Wölfin ihre Findelkinder Remus und Romulus, zum Mahl ein.
Tambans Magen knurrte, woraufhin seine Synapsen das Geräusch mit dem Anblick zu Vanillepudding mit Sahne verbanden.

Herbert senkte den Kopf bis zur Schreibtischplatte und linste unterhalb des Tops hindurch. »Nackt?«
»Ja!«
»Vollkommen?« Herbert kreiste mit seinem rechten Zeigefinger. »Ich mein unter dem Kostüm.«
»Splitterfaser nackt!«
Tief einatmend hob Tamban sein Haupt bis auf Höhe des Dekolletés. »Genug!«
Monika Ferigart zerrte an ihrem Ausschnitt, betrachtete ihre Weiblichkeit. »Danke!«
Herbert schlug auf den Schreibtisch. »Es reicht« Er stieß mit dem Zeigefinger gen Stirn seiner Mitarbeiterin, verfehlte diese, da sie sich erhob, und bohrte den Finger zwischen ihre Brüste.
»Dann suchen sie irgendetwas anderes«, grummelte er und befreite die Hand aus den Fängen des Stoffes. »Wenn es das Nachthemd der Großmutter ist.«
Monika richtete ihren Busen, warf den Kopf gegen den Nacken, stampfte zur Bürotür, um diese nach dem Durchqueren zuzuschlagen.

Tamban quetschte die Starttaste des Diktiergerätes. »Weiter 20 26«, grummelte er ins Mikrofon und drehte es Baum-Ständer entgegen. »Ihnen war es eine Schmach, inwieweit ihre Nachbarn mitbekamen, dass ihre Frau einen Lover hatte.«
Der Kostümträger grinste. »Mätresse«, zwitscherte er. »Einen Sex-Partner hatte sie«, konterte er. »Blamabel! Genervt hat Petra mich jedes Mal.« Er streckte die Zunge heraus. »Ich sollte ihr erzählen. Ihr Tipps geben, wie sie es schaffen könnte« – »Na ja! Mit ihrem Frank läuft es halt nicht mehr so« – »Kriegt keinen hoch. Sie verstehen mich« – »Männer!«

Herbert stöhnte, ergriff den Kugelschreiber und malte Wellenlinie auf ein Briefpapier. »Erzählen sie einfach weiter«, forderte er sein Gegenüber auf, wobei er die Zimmerdecke betrachtete.
»Wenn sie sich zumindest ein Frotteehandtuch untergelegt hätten.«
»Ein Handtuch im Bett?«, harkte Herbert gähnend nach.
Christ hob die weißen aufgeklebten Augenbrauen. »Ach was! Das Bettlaken habe ich immer am nächsten Morgen abgezogen, wie die Bettwäsche gewaschen.« – »Ist selbstverständlich«, brummelte er und zog den linken Mundwinkel empor.
»Selbstverständlich«, hüstelte Tamban.
Der zu einem Weihnachtsmann verkleidete Wichtel klopfte mit dem Zeigefinger an seine Wange. »Gemein war es von ihr, als hätte sie es darauf angelegt, mich zu quälen.«

Herbert war darüber erleichtert, dass sie letzten Endes wieder auf dem Weg zum Motive waren. Die scheinheilige Art, wie sein Gegenüber die amourösen Abenteuer seiner Frau abtat, den Mord verschleierte, obwohl nur er ihn begangen konnte.

Christ presste die Lippen. »Immer bei der Sportschau kamen sie sich auf dem Sofa näher.«
Den Schnurrbart zwirbelnd, schmunzelte Tamban. »Auf dem sandfarbenen Samtsofa.«
»Wir haben nur eins«, wetterte die rot gekleidete zwergenhafte Gestalt. »Dabei war er so reinlich.« – »Wenn wir zusammen gekocht haben. War die Küche wie geleckt.« Er zuckte mit den Schultern. »Na ja kochen konnte er nicht.« – »Aber hilfsbereit war er.« Er verdrehte die Augen. »Wie er Hähnchenbrüste marinierte. Mit seinen männlichen Händen über sie hinweg strich«, schmachtete er. »Gurken schälte.« – »Erotisch!«

Herbert verfluchte den Spaß mit dem Sofa. Er hatte ihm wieder einen Pass zugespielt.
Er beugte den Oberkörper vor, überkreuzte seine Unterarme und sah ihn, wie ein Vater an. »Das hat sie extrem belastet, dass ihre Frau vor ihren Augen mit ihm,« er tippte auf das Tatortfoto, »hat.«

»Wie kommen sie darauf«, Christ lehnte sich zurück. »Egal war es mir, ob er an ihren Brustwarzen saugte, seine Zunge in ihrem Mund versenkte oder sein«, er nickte, »sie wissen an ihren Schwammlippen rieb.« – »Die Eichel in ihre Vagina flutschte, sie dabei lustvoll stöhnte, sein Glied massierte.« – »Machte mir eher sorgen um sie. Hatte Angst, er könne ihr schmerzen bereiten mit seiner enormen Männlichkeit.« – »Mehr als ein Prachtexemplar.«

Ein Verdacht keimte in Tamban auf. Galt der Mord, dieses Verbrechen, welches ihm Abscheu, Ekel entgegenschleuderte, nicht dem Nebenbuhler, sondern ihr. Der Mann auf dem Foto definitiv Tod, zwei Einstiche in seiner Brust, dagegen sie wie hingerichtet. Das Gesicht bis zur Unkenntnis zerschnittet, die Genitalien tranchiert. Eine Ehetragödie ohne Zweifel, obschon eher das einer Furie, welche ihren Ehemann mit der Geliebten ertappt, diese verstümmelte. Die Tatwaffen der Unzucht vernichtete. Was für ein Drama?
Herbert sortierte seinen Gedanken, beleuchte das Erfahrende mit einem anderen Licht. Nicht sie das Opfer, hatte für sich einen Geliebten gesucht, sondern für ihn ihrem Mann. Die Erektionsprobleme gedeutete und ihm ein Geschenk präsentiert, dann mit dem Prinz …
Er musste die Fragestellungen anpassen, umdrehen.

»Es war schrecklich, entwürdigend für sie, zu sehen wie ihre Frau mit Sascha Sex hatte.«
»Fangen sie wieder damit an. Nein. Nein! NEIN!«
Er leugnete seine Homosexualität, dieses spürte Herbert mit jedem Wort, was über die Lippen jenes Wichtes flog.
Baum-Ständer verschränkte die Arme. »Es war ein Kraftakt«, er klopfte auf den Schreibtisch. »Wuchten sie eine Frau hoch, in der ein Mann steckt.«
Herberts Stirn fiel in Falten, zupfte an seinem Bart.
»Meinen sie es ist einfach, ein Badetuch unter das Becken zu legen, während er auf sie einhämmert.« Er blickte zur Seite. »Abermals besser, als stundenlangen Sperma sowie Scheidenflüssigkeit vom Sofa zu entfernen.« – »Samt ist sensibel.« Er verdeckte den Mund. »Allein daneben zu sitzen. Sich darüber das Gehirn zu martern, welches Mittelchen am besten geeignet ist.«

Eine Qual musste es für ihn gewesen sein, seinem Sascha beim Liebesakt mit der eigenen Frau zuzusehen - deswegen das Handtuch. Auseinander die beiden zu treiben seine Absicht. Hin und hergerissen zwischen dem Geliebten und der Ehefrau.

»Der Sascha, der kannte sich aus. Das Letzte holte er heraus. In die tiefste Ecke stach er hinein. Er verstand es Glück, Freude zu bringen – beherrschte alle Mittel.« Christ schüttelte den Kopf. »Ihn konnte ich nicht fragen, das hätte ich ihm nie angetan.« Er lächelte. »Nein. Das hätte ich nicht über mein Herz gebracht – zu unromantisch. Sein erleichtertes Lächeln abzuwürgen. Ihm das entspannte Kuscheln mit ihr zu versagen – wegen Putzmittel. Vorbeugen ist Besser.«

Herbert hielt sich die Ohren zu.
»Er war so ein richtiger Kuschelbär, soweit wir das sagen können. Haben als ...«, er blinzelte, »nicht so viel Erfahrung. Sie verstehen mich Herr Kommissar.« – »Trotzdem, seine flinken Hände waren beeindruckend, obwohl sie eher Pranken glichen. Wie er die Nadeln aneinanderschlug, das Garn verknüpfte. Ich halte mehr vom Sticken, beruhigt die Nerven.« Er hob den Kopf. »Tät ihnen gut. Schön ist er geworden, richtig süß.« – »Der Pullover. Ein wenig lang.« Er sah zu Boden. »Bin halt nicht groß.«
Herberts Gehirnmasse verknäulte sich. Ein paar weiteres Sätze dieses Kerls und er konnte sich selbst in die Physiatrie einweisen.

»Warum sind sie nicht gegangen?«, brummte Tamban.
»Wo?«
»Vom Sofa!«
»Wir haben nur einen Fernseher!«
Herbert blähte seine Wangen. »Wie bitte!«
Der rote Zwerg verdrehte die Augen, öffnete den Mund. »Ich habe ihnen längst gesagt, inwiefern ich es pflege«, sprach er gedehnt, »die Sportschau zu sehen.« Er klimperte mit den Wimpern. »Das Feld wollte ich ihnen nicht überlassen.« Er klopfte mit dem Zeigefinger auf den Tisch, hob diesen, wedelte. »Die Ottomane ist meine!« Er strich über sein Kinn. »Obwohl belegen wollten sie die Liege. Mehr Platz!«

Herbert platze langsam der Kragen. Er kam mit diesem weinen, in Selbstmitleid ertrinkenden Typen nicht weiter – typisch Homo.

»Einmal habe ich sie erwischt!«, triumphierte Herberts Täter. »Da lag sie rücklings auf meinem Revier, ihre Beine gespreizt, wie auf einem Gynäkologenstuhl, seine Hände an ihren Fußsohlen.« – »Diese Athletik von ihm.« Er biss auf die Unterlippe, leckte über die Oberlippe. »Sein Haupt zwischen ihren Schenkeln.« Er zuckte mit dem Kopf. »Schauten sich ein Schmuddelporno an.« Er drohte erneut mit dem Finger. »Gezeigt habe ich es ihnen, verjagt auf ihren Dreisitzer. Aufgehört haben sie nicht, nur die Stellung gewechselt. Er setzte sich hin, zerrte sie auf seinen Schoss und sie hopste wie ein Hüpfball. Ohne ihre Arbeit zu unterbrechen, sah sie mich über ihre Schultern an, nahm die Haare zur Seite und schob ihre Pobacken auseinander. Er wäre weiterer ein Platz frei, stöhnte sie.«

Tamban riss die Augen auf, erwachte aus der Lethargie. »Und?«
»Ich bitte sie!«, erboste sich der Gefragte. »Ich bin ins Schlafzimmer.«
Herbert hob die Schultern. »Ach so«, raunte er und entschwand im Geist.
»Hab den Dildo geschnappt und ihn in ihren Allerwertesten versengt.« Der gemeine Wicht, schlug auf seine Schenkel und lachte. »Dann den Staubsauger geholt und …«
Die rechte Augenbraue emporgezogen blickte ihn Herbert an.
»Das Wohnzimmer gesaugt! Was denken sie!«

Herbert benötigte eine Pause. Ausatmend stoppte er das Band, ergriff die Kaffeetasse und hielt sie unter die Augen. Leere! Ein letzter zäher Rest bildete eine Form wie eine Banane. Tamban knetete seinen Bauch, schloss die Lider und sein Gehirn gaukelte ihm das Bild von Bratwurst, Sauerkraut sowie Kartoffelbrei vor - selbst gestampft und mit viel guter Butter.


Weiter zum nächsten Teil 4. Zungenkuss
 



 
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