Seufzender Stein
Mitglied
Ich wache auf.
Auf einer Couch,
Model Chaiselongue.
Künstliche Sonnen verglühen meine Netzhaut.
Blitzartiger Schmerz in meiner Schläfe,
verstörende Orientierungslosigkeit.
Was ist passiert?
Wo bin ich?
Was ist geschehen?
Viele Fragen, keine Antwort.
Dann eine Stimme:
„Und wie fühlen Sie sich?“
Neben mir sitzt ein Mann.
Mitte fünfzig, schätze ich mal.
Volles, graues Haar, nach hinten gekämmt,
Brillantine.
Schlecht gebügeltes Gesicht, leichte Falten,
lassen auf eine nicht allzu schwere Vergangenheit schließen.
Zufriedenes Lächeln.
„Ich fühle mich irgendwie....
Irgendwie......“
Der Mann nickt zustimmend, gibt mir das Gefühl von Geborgenheit.
„Ich fühle mich…
Einsam.“
„So wie ich mich halt immer fühle.
Irgendwie versuche ich ja, Kontakt zu anderen Menschen aufzubauen, aber irgendwie hasse ich sie alle.
Sie haben mich immer nur verarscht.
Und mich verlassen.
Die Schweine.
Ein Beispiel dafür war mein erster, wie ich dachte, richtiger Kumpel
Fabian.
Wir hatten da einen Hamster...
Also unsere gesamte Klasse, in der Grundschule.
Fridolin.
Und jedes Kind durfte ihn an einem anderen Wochenende mit zu sich nach Hause nehmen.
Irgendwann war halt ich dran, Fridolin mit nach Hause zu nehmen.
Gefühlt mein halbes Leben habe ich auf diesen Moment gewartet, nachdem ich die ganzen Stories von den anderen Kindern gehört habe, wie geil es doch war, mit Fridolin abzuhängen.
Ich wollte also auch mit ihm abslangen und hab halt eben auch Fabian zu mir nach Hause eingeladen, damit wir zusammen mit Fridolin was machen können.
Fabian war ein kleiner, blonder Spasti, mit Schlitzaugen, chronischem Sonnenbrand in der Fresse und Zähnen, die eigentlich auch einem siebzigjährigen Kettenraucher gehören könnten.
Seine Mom war eine rothaarige Singlebraut, welche sich jeden morgen bei offenem Fenster den BH anzog. Außerdem hat sie mit unserem Klassenvorstand gebumst, was sicher nichts damit zu tun hatte, das Fabian eine Lernschwäche hat und im ersten Jahr sitzen geblieben wäre.
Egal, wir sind dann zusammen mit Fridolin an den Froschteich gefahren und haben ihm am Wasser rumlaufen lassen. Ich war voll happy und hab mir die wildesten Abenteuer vorgestellt.
Fridolin der Bergmann, Fridoljana Jones, the new WWE champion THE FRIDOTAKER ! DOM DOOOO DOOO DOM
Zu dem Abenteuer gehörten auch die Frösche, welche Fridolins größte Feinde darstellten, denn die satanistische Froscharmee versuchte Fridolin zu killen.
Mit ihrer ultraüblen Heuschreckeninfanterie und ihren megakrassen Amselstealthbombern.
Fridolin war immer bei mir. Er war mein neuer bester Freund.
Ich ließ ihn nie aus den Augen.
Die anderen Kinder würden alle ne blöde Fresse machen über meine wilden Fridolin-Stories.
Tja, irgendwann ließ ich Fridolin dann halt doch aus den Augen, weil ich pissen musste, und als ich dann zurück kam...
war er verschwunden.
Ich schob natürlich gleich mal so richtig Paranoia, bin wie ein Geisteskranker herumgerannt und hab überall nach Frido gesucht.
Nur Fabian schien das ganze am Arsch vorbei zu gehen.
FRIDO! FRIDO! Schrie ich, voll am heulen, und als ich Fabian dann am Ärmel packte, damit er sich mal in Bewegung setzt, um mir zu helfen, fanden wir ihn.
Fridolin.
Zermatscht auf einen halben Zentimeter Dicke.
Seine Augen quollen aus seinem Kopf.
Seine Innereien zogen sich wie Kaugummi an Fabians Schuhsohle hoch.
Wäre ich schlau gewesen, hätte ich das Gleiche gemacht wie Fabian.
Hätte mir Fridolin vom Fuß gewischt und wäre weggelaufen.
War ich aber nicht.
Ich war unter Schock, meine Welt wurde zerstört, mit nur einem Fußtritt.
Fridolin war am Arsch.
Und ich auch.
Dann sah ich ihn mir noch mal an, den zerfetzten Hamster.
Noch immer hatte er den Abdruck von Fabians Sneakers auf dem Rücken und fette, gemeine Fliegen nagten an seinen Augen.
Ich grub ein Loch, wickelte Frido in ein Stück Farn und warf ihn rein.
R.I.P. FRIDO
Und das war‘s.
Ich hab niemandem davon erzählt, nicht mal meiner Mutter.
Als sie mich fragte, wo Frido sei, log ich sie an.
Er wäre bereits im Käfig und würde knacken.
Danach rannte ich in mein Zimmer, vergrub mich wie Frido und heulte die ganze Nacht.
Am Montag dann in der Schule brachte ich nur den leeren Käfig mit und sagte allen, Fridolin sei abgehauen.
Niemand kaufte es mir ab.
Und warum?
Weil Fabian der Pisser vor mir in die Schule gekommen war und allen erzählt hatte,
ich sei der gewesen, der Fridolin kalt gemacht hat.
Das war dann meine Beerdigung.
Alle haben mich gehasst.
Sie mieden mich wie die Seuche.
Keiner redete mehr mit mir, sie schauten mich nicht mal mehr an.
Auf dem Schulhof stand ich immer alleine in irgendeinem Winkel.
Keiner wollte mehr Räuber und Gendarm mit mir spielen.
Auf dem Schulklo pisste ich alleine.
Niemand wollte mehr Schwanzvergleich machen.
Das war der Anfang meiner Einsamkeit.
Und so blieb es dann auch.
Als ich dann mit der Grundschule fertig war und auf eine neue Schule wechselte, konnte ich zwar von vorne anfangen, eine komplett neue Persönlichkeit erschaffen und jemand ganz anderes sein.
Aber irgendwie gelang mir das nicht.
Ich konnte den Menschen nicht mehr vertrauen.
Jeder von ihnen war in der Lage, mein Leben einfach so völlig zu zerstören.
Irgendwann, nach einem Jahr oder so auf der neuen Schule, fand ich dann doch so etwas wie einen Kumpel.
Sein Name war Alex.
Er hatte dicke Brillengläser und schulterlange, fettige Haare, die an der Stirn schon ausfielen.
Sein Dad hatte beim Bau seines Einfamilienhauses einen Herzinfarkt erlitten und war noch auf der Baustelle gestorben. Seitdem lebte er mit seiner Mutter und seiner Schwester. Seine Schwester war das hotteste Mädchen an der ganzen Schule.
Alle Typen haben immer nur über sie gesprochen.
Das war wahrscheinlich auch der Grund warum keiner Alex mochte.
Alle waren eifersüchtig auf ihn, weil er so eine scharfe Schwester hatte.
Wir fingen dann also an, miteinander abzuhängen.
Zockten GTA San Andreas bei mir zu Hause und so.
Aber tief in meinem Inneren habe ich ihn nie richtig gemocht.
In Wahrheit hatte ich sogar Angst vor ihm.
Er war eine potenzielle Bedrohung.
Also wollte ich sein Leben zuerst zerstören.
Hab mich so richtig bei ihm eingeschissen und so getan, als wäre ich voll sein bester Freund.
Und als ich ihn dann soweit hatte, dass er mich zu sich nach Hause einlud, damit ich bei ihm übernachten konnte, habe ich ihm einfach seine Pokemonkarten abgezogen....
Das Traurige daran ist,
Seine Pokemonkarten waren mir scheißegal, echt, ich wollte mich einfach nur an jemandem rächen.
Scheiße für ihn, dass es halt genau ihn erwischt hatte.“
Ein erbärmlicher Seufzer, Tränen hart wie Kieselsteine.
„Und als ich dann auf die nächste Schule wechselte, ging‘s genauso weiter.
Wieder fand ich keine Freunde.
Aber mittlerweile wollte ich schon gar keine mehr finden.
Ich wollte aber auch nicht, dass andere welche hatten.
Und da gab es Zwei, die triggerten mich so richtig.
Die Beiden waren wie dick und doof,
wie Bud Spencer und Terence Hill,
wie Bauern-Superman und der fette Pickel-Batman.
Sie waren die Superstars.
Sie lieferten immer witzige Aktionen ab.
Jeden Tag hörte man nur: ‚Hast du gehört, was Dominik und Stöcker schon wieder abgezogen haben?‘
Alle lachten über sie und bewunderten sie.
Und ja, ich hab auch gehört, was die beiden wieder abgezogen haben.
Aber ich wollte, dass man diese Geschichten über mich und meinen besten Freund erzählt, nicht über diese Zwei...
Also was habe ich gemacht?
Ich hab die beiden auseinander gebracht.
Ich erzählte Dominik, der seine Mutter mehr als alles andere auf der Welt liebt, Stöcker hätte erzählt, dass er seine Mom flachgelegt hätte.
Stöcker erzählte ich, Dominik hätte gesagt, er sei fett und der einzige Grund, warum er ihn möge, sei, weil er immer die Schuld auf ihn abschieben kann.
Ich tat es unbewusst, aber ich nutzte das menschliche Ego dazu, die beiden gegeneinander auszuspielen.
Waren beide erstmal aufeinander angefressen, würde keiner von beiden das Gespräch mit dem Anderen suchen.
Und so übernahm ich erst mal Stöckers Platz in Dominiks Internatzimmer.
Und ein Jahr später, als ich meine eigene Wohnung hatte, ließ ich Stöcker bei mir einziehen.
Nach einem halben Jahr schmiss ich ihn dann raus und hielt ihm vor, dass er keine Miete bezahlen würde, obwohl ich zuerst mit ihm ausgemacht habe, es ginge in Ordnung, wenn er gratis bei mir wohnt.“
Mehr Tränen fließen, ich heule wie ein Kleinkind, welches zum ersten Mal die heiße Herdplatte berührt hat.
„Und das habe ich alles immer nur gemacht, weil ich immer jemand anderen suchte anstatt mich selbst.“
Rotz auf meinem weißen Hoodie, es war ein zähflüssiges Wochenende.
„Bitte helfen sie mir!“
Der Herr neben mit blickt mich stoisch an.
Er wechselt seine Sitzhaltung,
schlägt nun das rechte über das linke Bein.
Er scheint sich Notizen auf einem Zettel gemacht zu haben und sagt schließlich:
„Die Couch kostet 395 Euro.
Wenn sie eine Kundenkarte haben, kann ich ihnen zwei Prozent Rabatt geben.“
Auf einer Couch,
Model Chaiselongue.
Künstliche Sonnen verglühen meine Netzhaut.
Blitzartiger Schmerz in meiner Schläfe,
verstörende Orientierungslosigkeit.
Was ist passiert?
Wo bin ich?
Was ist geschehen?
Viele Fragen, keine Antwort.
Dann eine Stimme:
„Und wie fühlen Sie sich?“
Neben mir sitzt ein Mann.
Mitte fünfzig, schätze ich mal.
Volles, graues Haar, nach hinten gekämmt,
Brillantine.
Schlecht gebügeltes Gesicht, leichte Falten,
lassen auf eine nicht allzu schwere Vergangenheit schließen.
Zufriedenes Lächeln.
„Ich fühle mich irgendwie....
Irgendwie......“
Der Mann nickt zustimmend, gibt mir das Gefühl von Geborgenheit.
„Ich fühle mich…
Einsam.“
„So wie ich mich halt immer fühle.
Irgendwie versuche ich ja, Kontakt zu anderen Menschen aufzubauen, aber irgendwie hasse ich sie alle.
Sie haben mich immer nur verarscht.
Und mich verlassen.
Die Schweine.
Ein Beispiel dafür war mein erster, wie ich dachte, richtiger Kumpel
Fabian.
Wir hatten da einen Hamster...
Also unsere gesamte Klasse, in der Grundschule.
Fridolin.
Und jedes Kind durfte ihn an einem anderen Wochenende mit zu sich nach Hause nehmen.
Irgendwann war halt ich dran, Fridolin mit nach Hause zu nehmen.
Gefühlt mein halbes Leben habe ich auf diesen Moment gewartet, nachdem ich die ganzen Stories von den anderen Kindern gehört habe, wie geil es doch war, mit Fridolin abzuhängen.
Ich wollte also auch mit ihm abslangen und hab halt eben auch Fabian zu mir nach Hause eingeladen, damit wir zusammen mit Fridolin was machen können.
Fabian war ein kleiner, blonder Spasti, mit Schlitzaugen, chronischem Sonnenbrand in der Fresse und Zähnen, die eigentlich auch einem siebzigjährigen Kettenraucher gehören könnten.
Seine Mom war eine rothaarige Singlebraut, welche sich jeden morgen bei offenem Fenster den BH anzog. Außerdem hat sie mit unserem Klassenvorstand gebumst, was sicher nichts damit zu tun hatte, das Fabian eine Lernschwäche hat und im ersten Jahr sitzen geblieben wäre.
Egal, wir sind dann zusammen mit Fridolin an den Froschteich gefahren und haben ihm am Wasser rumlaufen lassen. Ich war voll happy und hab mir die wildesten Abenteuer vorgestellt.
Fridolin der Bergmann, Fridoljana Jones, the new WWE champion THE FRIDOTAKER ! DOM DOOOO DOOO DOM
Zu dem Abenteuer gehörten auch die Frösche, welche Fridolins größte Feinde darstellten, denn die satanistische Froscharmee versuchte Fridolin zu killen.
Mit ihrer ultraüblen Heuschreckeninfanterie und ihren megakrassen Amselstealthbombern.
Fridolin war immer bei mir. Er war mein neuer bester Freund.
Ich ließ ihn nie aus den Augen.
Die anderen Kinder würden alle ne blöde Fresse machen über meine wilden Fridolin-Stories.
Tja, irgendwann ließ ich Fridolin dann halt doch aus den Augen, weil ich pissen musste, und als ich dann zurück kam...
war er verschwunden.
Ich schob natürlich gleich mal so richtig Paranoia, bin wie ein Geisteskranker herumgerannt und hab überall nach Frido gesucht.
Nur Fabian schien das ganze am Arsch vorbei zu gehen.
FRIDO! FRIDO! Schrie ich, voll am heulen, und als ich Fabian dann am Ärmel packte, damit er sich mal in Bewegung setzt, um mir zu helfen, fanden wir ihn.
Fridolin.
Zermatscht auf einen halben Zentimeter Dicke.
Seine Augen quollen aus seinem Kopf.
Seine Innereien zogen sich wie Kaugummi an Fabians Schuhsohle hoch.
Wäre ich schlau gewesen, hätte ich das Gleiche gemacht wie Fabian.
Hätte mir Fridolin vom Fuß gewischt und wäre weggelaufen.
War ich aber nicht.
Ich war unter Schock, meine Welt wurde zerstört, mit nur einem Fußtritt.
Fridolin war am Arsch.
Und ich auch.
Dann sah ich ihn mir noch mal an, den zerfetzten Hamster.
Noch immer hatte er den Abdruck von Fabians Sneakers auf dem Rücken und fette, gemeine Fliegen nagten an seinen Augen.
Ich grub ein Loch, wickelte Frido in ein Stück Farn und warf ihn rein.
R.I.P. FRIDO
Und das war‘s.
Ich hab niemandem davon erzählt, nicht mal meiner Mutter.
Als sie mich fragte, wo Frido sei, log ich sie an.
Er wäre bereits im Käfig und würde knacken.
Danach rannte ich in mein Zimmer, vergrub mich wie Frido und heulte die ganze Nacht.
Am Montag dann in der Schule brachte ich nur den leeren Käfig mit und sagte allen, Fridolin sei abgehauen.
Niemand kaufte es mir ab.
Und warum?
Weil Fabian der Pisser vor mir in die Schule gekommen war und allen erzählt hatte,
ich sei der gewesen, der Fridolin kalt gemacht hat.
Das war dann meine Beerdigung.
Alle haben mich gehasst.
Sie mieden mich wie die Seuche.
Keiner redete mehr mit mir, sie schauten mich nicht mal mehr an.
Auf dem Schulhof stand ich immer alleine in irgendeinem Winkel.
Keiner wollte mehr Räuber und Gendarm mit mir spielen.
Auf dem Schulklo pisste ich alleine.
Niemand wollte mehr Schwanzvergleich machen.
Das war der Anfang meiner Einsamkeit.
Und so blieb es dann auch.
Als ich dann mit der Grundschule fertig war und auf eine neue Schule wechselte, konnte ich zwar von vorne anfangen, eine komplett neue Persönlichkeit erschaffen und jemand ganz anderes sein.
Aber irgendwie gelang mir das nicht.
Ich konnte den Menschen nicht mehr vertrauen.
Jeder von ihnen war in der Lage, mein Leben einfach so völlig zu zerstören.
Irgendwann, nach einem Jahr oder so auf der neuen Schule, fand ich dann doch so etwas wie einen Kumpel.
Sein Name war Alex.
Er hatte dicke Brillengläser und schulterlange, fettige Haare, die an der Stirn schon ausfielen.
Sein Dad hatte beim Bau seines Einfamilienhauses einen Herzinfarkt erlitten und war noch auf der Baustelle gestorben. Seitdem lebte er mit seiner Mutter und seiner Schwester. Seine Schwester war das hotteste Mädchen an der ganzen Schule.
Alle Typen haben immer nur über sie gesprochen.
Das war wahrscheinlich auch der Grund warum keiner Alex mochte.
Alle waren eifersüchtig auf ihn, weil er so eine scharfe Schwester hatte.
Wir fingen dann also an, miteinander abzuhängen.
Zockten GTA San Andreas bei mir zu Hause und so.
Aber tief in meinem Inneren habe ich ihn nie richtig gemocht.
In Wahrheit hatte ich sogar Angst vor ihm.
Er war eine potenzielle Bedrohung.
Also wollte ich sein Leben zuerst zerstören.
Hab mich so richtig bei ihm eingeschissen und so getan, als wäre ich voll sein bester Freund.
Und als ich ihn dann soweit hatte, dass er mich zu sich nach Hause einlud, damit ich bei ihm übernachten konnte, habe ich ihm einfach seine Pokemonkarten abgezogen....
Das Traurige daran ist,
Seine Pokemonkarten waren mir scheißegal, echt, ich wollte mich einfach nur an jemandem rächen.
Scheiße für ihn, dass es halt genau ihn erwischt hatte.“
Ein erbärmlicher Seufzer, Tränen hart wie Kieselsteine.
„Und als ich dann auf die nächste Schule wechselte, ging‘s genauso weiter.
Wieder fand ich keine Freunde.
Aber mittlerweile wollte ich schon gar keine mehr finden.
Ich wollte aber auch nicht, dass andere welche hatten.
Und da gab es Zwei, die triggerten mich so richtig.
Die Beiden waren wie dick und doof,
wie Bud Spencer und Terence Hill,
wie Bauern-Superman und der fette Pickel-Batman.
Sie waren die Superstars.
Sie lieferten immer witzige Aktionen ab.
Jeden Tag hörte man nur: ‚Hast du gehört, was Dominik und Stöcker schon wieder abgezogen haben?‘
Alle lachten über sie und bewunderten sie.
Und ja, ich hab auch gehört, was die beiden wieder abgezogen haben.
Aber ich wollte, dass man diese Geschichten über mich und meinen besten Freund erzählt, nicht über diese Zwei...
Also was habe ich gemacht?
Ich hab die beiden auseinander gebracht.
Ich erzählte Dominik, der seine Mutter mehr als alles andere auf der Welt liebt, Stöcker hätte erzählt, dass er seine Mom flachgelegt hätte.
Stöcker erzählte ich, Dominik hätte gesagt, er sei fett und der einzige Grund, warum er ihn möge, sei, weil er immer die Schuld auf ihn abschieben kann.
Ich tat es unbewusst, aber ich nutzte das menschliche Ego dazu, die beiden gegeneinander auszuspielen.
Waren beide erstmal aufeinander angefressen, würde keiner von beiden das Gespräch mit dem Anderen suchen.
Und so übernahm ich erst mal Stöckers Platz in Dominiks Internatzimmer.
Und ein Jahr später, als ich meine eigene Wohnung hatte, ließ ich Stöcker bei mir einziehen.
Nach einem halben Jahr schmiss ich ihn dann raus und hielt ihm vor, dass er keine Miete bezahlen würde, obwohl ich zuerst mit ihm ausgemacht habe, es ginge in Ordnung, wenn er gratis bei mir wohnt.“
Mehr Tränen fließen, ich heule wie ein Kleinkind, welches zum ersten Mal die heiße Herdplatte berührt hat.
„Und das habe ich alles immer nur gemacht, weil ich immer jemand anderen suchte anstatt mich selbst.“
Rotz auf meinem weißen Hoodie, es war ein zähflüssiges Wochenende.
„Bitte helfen sie mir!“
Der Herr neben mit blickt mich stoisch an.
Er wechselt seine Sitzhaltung,
schlägt nun das rechte über das linke Bein.
Er scheint sich Notizen auf einem Zettel gemacht zu haben und sagt schließlich:
„Die Couch kostet 395 Euro.
Wenn sie eine Kundenkarte haben, kann ich ihnen zwei Prozent Rabatt geben.“