Mockingbird
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Entschlossen fällt die Tür hinter mir ins Schloss, während ich die Hände in den Jackentaschen vergraben meine gewohnte Route angehe. Der herbstliche Wald mit seinen bunten Farben bietet die perfekte Kulisse für meine letzte Flucht ins Freie. Gelb, rot und braun fächern sich die Baumkronen vor mir auf, bis alles in einem reißenden Strudel zu einem wässrigen Nichts verschwimmt. Ganz von selbst führen mich die Füße weiter zu meinem Ziel. Wie Motoren, die ich nicht steuern kann, feuern sie die steifen Schritte meiner Maschine an, während sich das ewige Blau ruhig erstreckt begleitet vom Leben, das in vollster Blüte durch die Äste tanzt. Einzig ein klirrender Vogelschrei vermag es, die Stille meines Atems zu durchbrechen. Er erinnert mich an den letzten Sommer. Lachend liefen Kinder über die schmelzenden Straßen, während die alten Herren auf der Bank neben der Poststation über die Temperaturen klagten. „33 Grad sollen es morgen werden, Bob, 33 Grad bei Gott. Wenn mich nicht die Kochkünste meiner Frau ins Grab bringen, wird es dieser Sommer sicherlich“. Mit ihrem warmen Blick taucht die Sonne das gesamte Geschehen in goldenen Samt, der kurz tröstend meine Sinne verhängt. Die warm säuselnde Brise trägt sanft ihre Worte zu mir rüber, nur damit sie wie leere Hülsen an den Scherben meiner Seele zersplittern. Auch Traumbilder vermögen mich nicht zu stoppen. Unerschüttert setzte ich meinen Weg fort, während jede Faser meines Seins im wilden Chaos Pirouetten dreht. Noch einmal durchkreuzt der Vogel meinen Sinn, bevor er sich mit schweren Flügeln schwarz auf die Steine der Brücke niederschwingt. Majestätisch erhebt sie sich vor meinen Augen als Bindeglied zwischen zwei Welten. Ich werfe einen letzten Blick nach hinten, ein Eichhörnchen raschelt im Busch, aber niemand kommt raus, um meinen Marsch aufzuhalten. Also steuere ich weiter auf die Brücke zu, die Augen einzig auf das graue Monument gerichtet- meine Tür zum Paradies.
Meine scheinbare Ungestörtheit wird von einer schwarzen Figur durchbrochen. Kurz denke ich, dass sie sich gleich als Vogel in die Lüfte erheben wird, doch der gesenkte Kopf und sein brauner Schal im Wind lassen mich innehalten. Dürr steht der Mann im Sturm. Den Blick starr auf die Weite unter der Brücke gerichtet hat er seinen Platz auf der Brüstung eingenommen. Ein Wanderer an der Gabelung zwischen Licht und dem Nichts. Langsam tragen mich meine Füße weiter zur Schwelle. Das Knirschen eines Astes unter Schuhen lässt die Stirn des Fremden nach oben fahren. Erschrocken schaut er mich aus Augen an, die weit hinter Linse und Pupille von Leid und Trauer sprechen, während das Braun des Schals als letzte Grenze weht wie eine Linie zwischen unseren Gedanken. Stumm blicke ich als Spiegel zurück. Das Warum, zwar von keinem gesprochen, bildet als stiller Mitwisser den zweiten Gefährten in unserem Kreis. Zitternd ziehe ich den Schal fester, nur um mich für den letzten Schritt hin zu meinem Komplizen zu rüsten. Direkt neben ihn stehend werden mir die Schnittpunkte unserer Parallelen umso bewusster. Die Ferne hatten ihm eine unsterbliche Größe verliehen, die jedoch jetzt mit jedem Strahl der sinkenden Sonne an Haltung verliert. Einen kurzen Moment warte ich noch, dann beginnt er zu erzählen. Müde berichtet er von dem Druck, der ihn zu erschlagen droht. Knochen, die wie ein Gefängnis seine Brust zusammendrücken, und Anspannung, die er nicht loslassen kann. Mit beiden Füßen steht er am Boden, aber ertrinkt langsam im Sog der Wellen. Manche Menschen atmen und ich ersticke mit jedem Luftzug. Seine Gesinnung scheint ziemlich sicher. Kein einziges Mal wendet er den Blick vom Boden ab, doch er wird nicht springen. Das wird er nie. Seine Probleme kann er noch erkennen, mit Worten Namen für seine Dämonen finden und das bedeutet, dass er bleiben wird. Erst wenn die Verworrenheit mit spitzen Stacheln wie ein Kranz den Kopf umarmt, wird er den letzten Schritt tun. Also trete ich zurück, um ihn Platz zu machen, während er mit festgefrorenen Füßen langsam zurück in die alte Welt stolpert. Dankend schaut er mich an, als ob ich seine Rettung gewesen wäre. Dabei wissen wir beide, dass die Sonne schon längst untergegangen war. Niemand würde blind dieser Welt entfliehen. Schon im ersten Moment war die Zukunft festgeschrieben. Doch plötzlich flattert der Rabe neben mir auf, der Blick wird verhängt wie von Wolken und er muss wieder an den letzten Sommer denken. Lachend liefen Kinder über die schmelzenden Straßen, während die alten Herren auf der Bank neben der Poststation über die Temperaturen klagten. „33 Grad sollen es morgen werden, Bob, 33 Grad bei Gott. Wenn mich nicht die Kochkünste meiner Frau ins Grab bringen, wird es dieser Sommer sicherlich“. Mit ihrem warmen Blick tauchte die Sonne das gesamte Geschehen in goldenen Samt, der kurz tröstend seine Sinne verhängte, und ein stechender Schmerz fährt ihm durch die Brust. Die warm säuselnde Brise schreit mir seine Gedanken entgegen. Erschrocken schnellt meine Hand nach vorne. Doch mein Griff geht ins Leere, während ich den Wind im Haar die Brücke hinabsegle. Farben verschwimmen als finales Crescendo vor meine Sinnen-blau, rot und das Braun meines Schals.
Meine scheinbare Ungestörtheit wird von einer schwarzen Figur durchbrochen. Kurz denke ich, dass sie sich gleich als Vogel in die Lüfte erheben wird, doch der gesenkte Kopf und sein brauner Schal im Wind lassen mich innehalten. Dürr steht der Mann im Sturm. Den Blick starr auf die Weite unter der Brücke gerichtet hat er seinen Platz auf der Brüstung eingenommen. Ein Wanderer an der Gabelung zwischen Licht und dem Nichts. Langsam tragen mich meine Füße weiter zur Schwelle. Das Knirschen eines Astes unter Schuhen lässt die Stirn des Fremden nach oben fahren. Erschrocken schaut er mich aus Augen an, die weit hinter Linse und Pupille von Leid und Trauer sprechen, während das Braun des Schals als letzte Grenze weht wie eine Linie zwischen unseren Gedanken. Stumm blicke ich als Spiegel zurück. Das Warum, zwar von keinem gesprochen, bildet als stiller Mitwisser den zweiten Gefährten in unserem Kreis. Zitternd ziehe ich den Schal fester, nur um mich für den letzten Schritt hin zu meinem Komplizen zu rüsten. Direkt neben ihn stehend werden mir die Schnittpunkte unserer Parallelen umso bewusster. Die Ferne hatten ihm eine unsterbliche Größe verliehen, die jedoch jetzt mit jedem Strahl der sinkenden Sonne an Haltung verliert. Einen kurzen Moment warte ich noch, dann beginnt er zu erzählen. Müde berichtet er von dem Druck, der ihn zu erschlagen droht. Knochen, die wie ein Gefängnis seine Brust zusammendrücken, und Anspannung, die er nicht loslassen kann. Mit beiden Füßen steht er am Boden, aber ertrinkt langsam im Sog der Wellen. Manche Menschen atmen und ich ersticke mit jedem Luftzug. Seine Gesinnung scheint ziemlich sicher. Kein einziges Mal wendet er den Blick vom Boden ab, doch er wird nicht springen. Das wird er nie. Seine Probleme kann er noch erkennen, mit Worten Namen für seine Dämonen finden und das bedeutet, dass er bleiben wird. Erst wenn die Verworrenheit mit spitzen Stacheln wie ein Kranz den Kopf umarmt, wird er den letzten Schritt tun. Also trete ich zurück, um ihn Platz zu machen, während er mit festgefrorenen Füßen langsam zurück in die alte Welt stolpert. Dankend schaut er mich an, als ob ich seine Rettung gewesen wäre. Dabei wissen wir beide, dass die Sonne schon längst untergegangen war. Niemand würde blind dieser Welt entfliehen. Schon im ersten Moment war die Zukunft festgeschrieben. Doch plötzlich flattert der Rabe neben mir auf, der Blick wird verhängt wie von Wolken und er muss wieder an den letzten Sommer denken. Lachend liefen Kinder über die schmelzenden Straßen, während die alten Herren auf der Bank neben der Poststation über die Temperaturen klagten. „33 Grad sollen es morgen werden, Bob, 33 Grad bei Gott. Wenn mich nicht die Kochkünste meiner Frau ins Grab bringen, wird es dieser Sommer sicherlich“. Mit ihrem warmen Blick tauchte die Sonne das gesamte Geschehen in goldenen Samt, der kurz tröstend seine Sinne verhängte, und ein stechender Schmerz fährt ihm durch die Brust. Die warm säuselnde Brise schreit mir seine Gedanken entgegen. Erschrocken schnellt meine Hand nach vorne. Doch mein Griff geht ins Leere, während ich den Wind im Haar die Brücke hinabsegle. Farben verschwimmen als finales Crescendo vor meine Sinnen-blau, rot und das Braun meines Schals.