Charlottes Blick 4 - Delta Echo Bravo Nine
(eine Geschichte basierend auf dem Charakter ‚Vickie‘ der TV-Serie ‚Haven‘ von 2010-2015)
(eine Geschichte basierend auf dem Charakter ‚Vickie‘ der TV-Serie ‚Haven‘ von 2010-2015)
Klappentext:
"Der Flug nach Vancouver gerät kurz nach dem Start in eine überaus gefährliche Lage. Kann Charlotte den Gefahren etwas entgegensetzen? Sie entdeckt einen neuen Aspekt ihrer Gabe, doch es bleibt nur wenig Zeit für Experimente, denn Phil benötigt ihre Hilfe. "
Charlotte rollte genervt mit den Augen hinter ihrer Sonnenbrille. Seit die ältere Dame sich vor einer Viertelstunde in den benachbarten Sitz hatte fallen lassen, redete sie ohne Unterbrechung. Charlottes Reaktion beschränkte sich auf ein gelegentliches angedeutetes Lächeln, auf ein Kopfnicken oder eine kurze, wenig informative Äußerung der Form „Aha“.
Die erste Klasse mit ihren fünf Reihen war fast ausgebucht. In Flugrichtung links vom Gang befanden sich Einzelsitze, rechts Zweiergruppen. In Reihe 3 saß Charlotte am Gang und blickte in diesem Moment nach vorne, als dort eine freundliche Stimme ertönte.
„Meine Damen und Herren, wenn Sie mir bitte Ihre Aufmerksamkeit schenken würden“, sagte die Chefstewardess vom Kopf des Gangs, direkt vor dem Durchgang zum Cockpit.
In ihrem Rücken hörte Charlotte eine weitere weibliche Stimme, die in der zweiten Klasse fast wortgetreu das Gleiche sagte. Erleichtert wandte sie den Blick nach vorne und legte ihre Sonnenbrille ab. Die Gespräche in der Kabine erstarben, und auch die anderen Passagiere richteten ihre Augen nach vorne, als die Flugbegleiterin begann, über das Verhalten im Notfall zu sprechen und die Funktionsweise der Schwimmwesten vorzuführen.
Nach Ende der Sicherheitseinweisung kramte Charlotte in ihrer kleinen Bordtasche, die sie unter dem Vordersitz verstaut hatte, und nahm eine Schachtel Medikamente gegen Übelkeit heraus.
Ein Nachteil von guten Augen, dachte sie, drückte, wie schon kurz nach dem Kauf des Flugtickets, eine Kapsel aus dem Blister und schluckte diese trocken. Sie schloss die Augen, um ihren Hauptsinn auszuschalten, sodass nur noch das Innenohr Bewegungen wahrnahm und zur Verarbeitung ans Gehirn schickte. Den Kopf legte sie an die Stütze der Rückenlehne zurück und atmete flach und gleichmäßig. Dann wartete sie auf die Wirkung des Medikaments. Es würde nur wenige Minuten dauern.
„Meine Damen und Herren“, ertönte es aus dem Deckenlautsprecher, „bitte schnallen Sie sich an und klappen Sie die Tische hoch. Wir warten nur noch auf die Freigabe des Towers und werden in ein paar Minuten unterwegs sein.“
Das Flugzeug rollte langsam auf das Startfeld hinaus. Kaum hatte es gewendet und war zum Stillstand gekommen, heulten auch schon die Motoren im Leerlauf mit einem ohrenbetäubenden Lärm auf. Charlottes Hände krampften um die Stuhllehnen, als der Kapitän die Bremsen löste, und das Flugzeug nach vorne schoss. Für einen kurzen Moment schwoll ihre Übelkeit gewaltig an, und Charlotte musste einen Würgereiz unterdrücken. Nach wenigen Sekunden hob die Maschine der größten landesweiten Fluglinie ab und stieg in den Himmel.
Charlotte entspannte sich langsam wieder. Ein, zwei weitere Kapseln während der kommenden fünf Stunden würden den Flug halbwegs erträglich machen. Schließlich öffnete sie die Augen. Jetzt, wo die Übelkeit zum größten Teil unterdrückt wurde, nahm sie auch das Kabinenlicht nicht mehr als zu grell wahr. Nur die Kopfschmerzen blieben hartnäckig. Charlotte glaubte zu spüren, wie die rechte Schläfe pulsierte. Es fiel ihr schwer, den Blick auf einen Punkt zu fokussieren. Ihre Augen sprangen immer wieder umher.
Dennoch hatte sie keine Lust, sich mit ihrer Nachbarin zu unterhalten, und zog stattdessen den Roman heraus, den sie sich in der Flughafenbuchhandlung gekauft hatte. Sie begann, langsam zu lesen.
Ein Gong ertönte, und die Stimme eines Mannes drang aus den Lautsprechern. „Guten Morgen, meine Damen und Herren. Hier spricht Ihr Kapitän. Mein Name ist Jacques Lefébre, und ich begrüße Sie auf dem Flug DEB9 von Montréal nach Vancouver. Wir haben unsere Reiseflughöhe von 29.500 Fuß erreicht. Die Route zeigt keine Wetterunbilden. Wir werden unser Ziel pünktlich in viereinhalb Stunden erreichen. Das gesamte Bordteam wünscht Ihnen einen angenehmen Flug.“
Es knackte, als die Durchsage endete. Die Lebhaftigkeit unter den Passagieren nahm weiter zu. Bordgepäck wurde geöffnet, Tische heruntergeklappt. Zwei Männer standen auf und gingen an das Kopfende des Gangs. Vor dem Vorhang, welcher den kleinen Raum der Stewardessen vom Kabinentrakt abtrennte, ging es links zur Bordtoilette.
Am Gangende angekommen, zogen die Männer blitzschnell wuchtig aussehende Revolver unter ihren Wintermänteln hervor. Der kleinere Mann griff sofort nach der Frau, welche in der vordersten Reihe auf dem Gangplatz der Zweiergruppe saß, und zog sie rücksichtslos empor. Die Mündung seiner Waffe presste er ihr in die Nierengegend. Das Gesicht der Frau verlor schlagartig sämtliche Farbe, und sie begann zu zittern. Sie quiekte vor Angst und Überraschung, doch der Angreifer zischte drohend: „Ruhe!“
Der andere Mann, der seinen Komplizen um fast einen Kopf überragte, zog den Vorhang zur Seite. Die beiden Stewardessen drehten die Köpfe. Ihr im ersten Moment noch geschäftsmäßig freundliches Lächeln verschwand sofort, als sie die Waffe sahen. Ihre Körperhaltung versteifte, doch sie blieben nach außen hin ruhig und ließen sich die Angst, falls sie welche verspürten, nicht anmerken.
Der größere holte ein Walkie-Talkie unter dem Mantel hervor, arretierte eine Taste und sprach sowohl in das Gerät als auch zu den Fluggästen vor ihm: „Entschuldigen Sie, meine Damen und Herren, wir müssen Ihnen leider ein wenig Unannehmlichkeiten bereiten.“
Seine Stimme stand in scharfem Kontrast zu den jovialen Worten und klang eisig kalt.
Charlotte lief unwillkürlich ein Schauer über den Rücken. Dieser Mann war hochgefährlich. Sie war sicher, er würde, um seine Ziele zu erreichen, über Leichen gehen.
„Ich bitte Sie alle, Ruhe zu bewahren. Wir möchten nach Möglichkeit vermeiden, jemandem Schaden zuzufügen. Falls es jedoch nicht anders geht, sind wir auch dazu bereit.“
In der zweiten Klasse müssen weitere Bewaffnete sein, vermutete Charlotte. Darauf deutet das Sprechfunkgerät ja wohl hin.
Für einen Moment wandte sich ihre Aufmerksamkeit nach hinten. Aber die Maschine war zu laut, sodass sie nicht hören konnte, was dort vor sich ging.
Der Mann am Walkie-Talkie ging an den Stewardessen vorbei zum Cockpit und hämmerte mit einer Faust an die Tür. Mit der anderen Hand hielt er den Oberarm der Chefstewardess, deren Namensschild an ihrer blauen Bluse sie als ‚Elaine‘ auswies.
„Kapitän Lefébre, öffnen Sie die Tür. Ich zähle gleich von 10 herunter. Danach werde ich Ihre Kollegin Elaine erschießen. Und dann wird jede weitere Minute einer Ihrer Passagiere sein Leben verlieren. Die erste wird sein...“
Er rief über die Schulter in die erste Klasse: „Ben, wie heißt die Kleine bei dir?“
Nach ein paar Sekunden kam die zitternde Antwort der Frau: „Myers. Stephanie Myers.“
Der Mann am Cockpit wandte sich wieder der immer noch geschlossenen Tür zu. „Miss Myers hat möglicherweise nur noch 70 Sekunden zu leben, Mr Lefébre. Aber das liegt einzig und allein an Ihnen. Sie sollten übrigens nicht versuchen, mich überwältigen zu wollen. Mein Kollege steht, nicht sichtbar für Sie, in der Kabine. Sollte mir etwas zustoßen, werden Sie für viele Todesfälle verantwortlich sein.“
Er ließ zwei Sekunden Pause, um seine Drohung wirken zu lassen. Elaines Gesicht war nun doch weiß geworden. Charlotte sah von ihrem Platz aus, wie sich die Stewardess an der Kabinenwand abstützte.
„10 - 9 - 8...“
Mach doch auf, du Idiot!, ging es Charlotte durch den Kopf. Der meint es todernst!
Der Mann an der Cockpittür, den sie als Anführer einstufte, hob seine Waffe und drückte sie Elaine direkt auf das Herz. Der Frau versagten die Beine, und ihre Kollegin musste sie stützen. Die Augen weit aufgerissen, starrte sie auf das tödliche Metall.
„...5 - 4...“
Da knackte das Türschloss vernehmlich. Der Anführer drückte die Klinke und zog die Tür nach außen auf. „Es freut mich, dass Sie so vernünftig sind“, sagte er mit lauter Stimme. „Es ist alles ganz einfach. Dies ist eine simple Entführung. Wir fordern 5 Millionen kanadische Dollar von der Fluggesellschaft. Dann geschieht niemandem hier etwas. Bleiben Sie auf Kurs, bis Sie von mir anderslautende Anweisungen erhalten.“
Er bedeutete Elaine, dass sie zurück zu den Passagieren gehen sollte, betrat das Cockpit und schloss die Tür von innen. Charlotte konnte nicht mehr hören, was weiter gesprochen wurde.
Ben, der nun ebenfalls ein Sprechfunkgerät in der Hand hielt, rief in das Mikrophon: „Heh, Colin! Alles in Ordnung bei dir in der Holzklasse?“ Er lachte meckernd.
Eine leicht krächzende Stimme antwortete: „Alles roger. Hier wird keiner aufmucken.“
Da öffnete sich die Tür des Cockpits wieder, und der Entführer trat heraus. Er wandte sich an die Passagiere. „Falls jemand mit mir sprechen möchte, können Sie mich Arthur nennen.“
Wieder schob er seine Hand unter den langen Mantel. Und was er nun hervorzog, verschlug Charlotte den Atem.
Eine Bombe!
Oder zumindest ein Teil einer Bombe, denn auch Ben zog ein elektronisch aussehendes Gerät hervor. Er gab es Arthur, lief dann mit raschen Schritten den Gang hinunter und durch den Vorhang in die zweite Klasse. Dort verschwand er für ein paar Sekunden. Als er wiederkam, hielt er ein weiteres kastenförmiges Gerät in der Hand.
Charlotte sah Zylinder, unzählige Drähte, eine Platine und elektronische Bauteile, die sie auf diese Entfernung nicht identifizieren konnte.
Arthur schob die drei Einzelapparate so zusammen, dass das fertige Gerät die Form eines Schuhkartons ohne Deckel bekam. Gut sichtbar für alle drückte er auf einen Knopf neben einer reinen Zifferntastatur, und das große Display schaltete sich ein. Es erschien ‚3:00:00‘. Sofort begann die Anzeige die Sekunden herunterzuzählen. Er legte die Bombe auf den Fenstersitz direkt neben Miss Myers ab. Diese drückte sich an die linke Stuhllehne, um noch ein paar Zentimeter mehr zwischen sich und die Gefahr zu bringen.
„Diese kleine Bombe ist problemlos durch einen Zahlencode zu deaktivieren. Das werde ich auch tun, wenn alles zu meiner Zufriedenheit abläuft. Die Bombe enthält nicht allzu viel Sprengstoff. Direkt tödlich wird es wohl nur für die Sitze in unmittelbarer Umgebung sein. - Miss Myers, es ist ja nicht mit anzusehen, wie sehr Sie zittern. Sie setzen sich besser an einen anderen Platz.“
Stephanie Myers sprang sofort auf, drängte sich an Arthur und Ben vorbei und verließ die Zweiersitzgruppe. Der Anführer wartete, bis sie sich auf dem freien Platz in der hintersten Reihe der ersten Klasse gesetzt hatte, und sprach dann weiter.
Die Bombe wird ein Loch in die Wand reißen. Nun, Sie können sich alle vorstellen, was dann geschieht.“
Charlotte bemerkte, wie ihre Übelkeit zurückkam. Entweder wirkte die Kapsel in dieser Situation nicht so lange wie gewöhnlich, oder...
Sie lauschte in sich hinein. Und wirklich! Sie glaubte, einen ganz leichten Fall nach vorne zu spüren.
Die Maschine sinkt, dachte sie. Landen wir etwa?
„Elaine“, wandte sich Arthur an die Stewardess, „würden Sie uns bitte drei der Fallschirme geben, die Sie mitführen?“
Wortlos öffnete die Angestellte der Fluglinie ein großes Fach im Fußbereich gegenüber der Toilette und holte das Geforderte hervor. Arthur lächelte breit, als er die Schirme entgegennahm und seinen Mantel auszog. Darunter trug er eine dunkle Lederjacke, deren Fellfütterung am Kragen gut zu erkennen war. Einen Fallschirm legte er auf einem unbelegten Sitz ab und reichte zwei an Ben weiter, der wiederum einen nach hinten zu Colin brachte.
Sie sinken auf Absprunghöhe, schlussfolgerte Charlotte. So wollen sie also entkommen. Aber wie wird das Geld übergeben? Klar ist, dass es drei Entführer sind.
„Ich möchte Sie noch darauf hinweisen“, sprach Arthur wie beiläufig weiter, „dass die Bombe ein paar Besonderheiten besitzt. Den Zeitzünder sehen Sie ja. Aber es gibt auch einen Funkzünder. Einen Auslöser habe ich, einen weiteren meine Freunde am Boden, die unsere Flugroute überwachen. Die Bombe weiß, wo sie sich befindet, und wo sie sein soll. Es wäre nicht empfehlenswert, sie einfach aus dem Flugzeug zu werfen.“
Dann verschwand er wieder im Cockpit. Die Tür fiel zu.
Ben lehnte mit dem Rücken an der Wand neben dem Durchgang zum Stewardessbereich. „Ihr bleibt auf euren Sitzen. Meinetwegen könnt ihr euch unterhalten. Aber leise!“
***
Die nächste Stunde verging nur langsam. Die Passagiere unterhielten sich miteinander, und man erlaubte ihnen auch, die Toilette im Heck zu benutzen. Die drei Ganoven blieben weiter an ihren Plätzen - Arthur im Cockpit, Ben in der ersten, Colin in der zweiten Klasse. Beide Vorhänge waren geöffnet. Anspannung und Nervosität im Fluggastraum wuchsen. Nicht nur Charlotte schaute immer wieder auf ihre Armbanduhr.
Da öffnete sich die Tür des Cockpits, und Arthur trat zu seinem Komplizen. Leise flüsterte er ihm etwas ins Ohr, was niemand verstehen konnte. Bens Haltung spannte sich an, und er nickte. Danach informierte Arthur den dritten Entführer und schloss sich dann wieder im Cockpit ein.
Die haben mit einem schnelleren Ablauf gerechnet, dachte Charlotte alarmiert. Vielleicht ist irgendetwas schiefgegangen, oder es dauert besonders lange, das Geld zu beschaffen. Simpel ist diese Entführung für sie nicht mehr. - Was bedeutet das für uns?
Charlotte entschloss sich zum Handeln.
Vorsichtig zog sie ihre Tasche mit einem Fuß unter dem Vordersitz hervor, klemmte sie zwischen die Knöchel und hob die Knie in Zeitlupe an, bis sie die Tasche greifen konnte. Leise öffnete sie den Reißverschluss. Zum Glück war es mittlerweile durch die vielen, wenn auch gedämpft geführten Gespräche noch lauter in der Kabine geworden. Zusammen mit den Geräuschen der Motoren ging das Rascheln beim Aufheben unter.
Charlotte nahm einen Bleistift aus der Tasche und ließ diese langsam wieder zu Boden gleiten. Dann schlug sie den Roman wieder auf und täuschte vor zu lesen. Sie blätterte ein wenig darin und schrieb hinein. Sie wollte testen, wie Ben auf diese Aktionen reagierte. Doch nach einem flüchtigen Blick, als er entweder ihre geneigte Kopfhaltung, das Rascheln der Buchseiten beim Umblättern oder das leichte Kratzen des Stiftes auf dem Papier bemerkte, interessierte er sich nicht mehr dafür, was sie tat. Er schien weder von ihr, noch von den anderen Passagieren, Gefahr zu erwarten.
Charlotte schätzte seinen Blickwinkel ab und war sicher, dass er über die Köpfe der Passagiere hinweg nicht direkt sehen konnte, was sie genau tat. Schließlich blätterte sie zu einer leeren Seite und fing an zu zeichnen. Sie konzentrierte sich zuerst auf den Bereich neben und über Ben: die verschiedenen Griffe von kleineren oder größeren Stauräumen, der Faltenwurf des Vorhangs, die Düsen der Luftumwälzung und Teile der Kopfstützen in der vordersten Reihe. Charlotte konnte nur langsam zeichnen, sollte es doch wie das Niederschreiben von Notizen aussehen. Weiter bereiteten ihr die Kopfschmerzen Probleme. Immer wieder verlor sie den Fokus, und ihr Blick schweifte ab. Mehrmals musste sie blinzeln, um die leichte Unschärfe besonders im rechten Auge loszuwerden.
Als die statische Szenerie schließlich festgehalten war, wandte sie sich Ben zu. Der Entführer wechselte seine Haltung so gut wie nicht. Starr stand er da, ließ gelegentlich seinen Blick über die Fluggäste schweifen und hielt seinen Revolver locker in einer Hand, die Mündung zu Boden gerichtet. Für eine Minute starrte Charlotte den Ganoven bei gesenktem Kopf regelrecht an und prägte sich jede Einzelheit ein: sein eckiges Gesicht mit dem leicht schiefen Kinn, den Schnitt seiner Augen, die Frisur der blonden Haare. Auch die Falten, die seine Lederjacke schlug, brannten sich in ihr Gedächtnis ein.
Nun musste es schneller gehen, denn je länger sie benötigte, desto größer wurde die Gefahr, dass Ben sich vielleicht doch einmal stärker und damit aus dem Bild bewegte. Charlottes Finger fuhren flinker über das Blatt und brachten Ben in weniger als einer Minute in hoher Detailtreue zu Papier. Charlotte faltete das Buch so, dass die gezeichnete Seite einzeln herausragte, und legte diese auf ihren Oberschenkel.
Sie signierte das Bild - und schlug aus zehn Zentimetern Entfernung mit der Unterkante der zur Faust geballten Hand auf den Kopfbereich des gezeichneten Mannes.
Die weiche Unterlage führte dazu, dass das Papier dem Druck der Hand ungleichmäßig nachgab, es sich sogar an der ein oder anderen Stelle ein wenig zerknitterte. Der übertragene Schlag wurde durch die Kopplung verstärkt, wirkte aber an vielen Stellen von Bens Körper lokal in leicht unterschiedliche Richtungen. Ein Schlag auf eine harte Unterlage hätte unweigerlich zu ernsten Verletzungen bei Ben geführt. Charlotte legte es nicht direkt darauf an, obwohl ihr ein solches Vorgehen durch den Notwehrparagraphen erlaubt gewesen wäre. Sie und alle anderen wurden mit tödlichen Mitteln bedroht, sie durften mit tödlichen Mitteln antworten. Charlottes Ziel war es jedoch, Ben mit einem einzigen Hieb bewusstlos zu schlagen, damit er seine Komplizen nicht warnen konnte.
Noch während des Schlagens auf das Papier zuckte ihr Blick nach vorne. Bens Kopf wurde nach hinten geschleudert und schlug gegen die Kabinentrennwand. Es knallte verhalten, und Charlotte, die darauf vorbereitet gewesen war, empfand das Geräusch als recht laut. Ben rutschte an der Wand nach unten und blieb reglos liegen.
Charlotte war sicher, dass Arthur sich vorerst nicht um das kümmern würde, was in den Fluggastbereichen geschah. Dafür hatte er seine Leute. Aber was würde Colin tun?
Auf die anderen Passagiere, von denen einige noch gar nicht bemerkt hatten, was an der Stirnwand geschehen war, achtete Charlotte nicht. Sie sprang auf, huschte leise die drei Meter zum Durchgang zur zweiten Klasse und stellte sich neben die Öffnung. Einige Personen folgten ihren Bewegungen, und Charlotte bedeutete ihnen mit einem Finger auf den Lippen, Ruhe zu bewahren. Dem Mann in der letzten Reihe auf der anderen Seite des Gangs machte sie ein Zeichen, es ihr gleichzutun und sich auf seiner Seite des Durchgangs zu postieren. Der Mann zögerte einen Moment, kam dann der Aufforderung aber nach. Nicht nur er erkannte in diesem Moment, dass das Blatt im Begriff war, sich zugunsten der Passagiere zu wenden.
Mit stark klopfendem Herzen und pochendem Kopfschmerz stand Charlotte in leicht gebückter Haltung und war bereit, sich sofort auf den zweiten Entführer zu stürzen, sollte er den Gang hinaufkommen.
Doch nichts passierte. Colin schien nicht bemerkt zu haben, was mit seinem Komplizen geschehen war.
Charlotte machte dem Mann auf der anderen Gangseite ein Zeichen, hierzubleiben und aufzupassen. Als dieser nickte, schlich sie zurück zu Ben und nahm ihm den Revolver ab, den er immer noch umklammert hielt. Sie entfernte die Patronen aus der Trommel und ließ sie zusammen mit der Waffe in einer Tasche ihres Kleids verschwinden.
Die ganze Aktion hatte nicht einmal dreißig Sekunden gedauert. Charlotte wunderte sich ein wenig darüber, dass die anderen Passagiere so bereitwillig akzeptierten, dass sie das Kommando übernommen hatte. Aber es kam ihr absolut gelegen. So konnte sie ihre Pläne weiter verfolgen. Sie winkte weitere Personen herbei und flüsterte den vier zu: „Passt auf ihn auf. Nehmt jeder einen Arm oder ein Bein. Haltet ihm den Mund zu, falls er zu sich kommen sollte.“
Dann machte sie den anderen ein Zeichen, ihre Gespräche wieder aufzunehmen. Alles musste so normal weitergehen wie in der letzten Stunde, um Colin noch ein paar Minuten in Sicherheit zu wiegen.
Charlotte trat zur Chefstewardess. „Ich brauche eine Gabel aus Metall.“
Elaine zog die Besteckschublade auf. Es klirrte leise, und sie stoppte erschrocken. Doch Charlotte bedeutete ihr, weiterzumachen. Elaine holte ein Dutzend mit einem breiten Gummi zusammengebundene Essgabeln hervor. Charlotte nahm sich eine und versteckte sie im linken Ärmel ihres Kleids. Dann flüsterte sie Elaine eine weitere Anweisung zu. Die Flugbegleiterin zog den Snackwagen aus seiner Verstauung unterhalb der Schublade hervor und schob ihn vor die Cockpittür, ohne an diese jedoch anzustoßen. Nachdem sie die Räder arretiert hatte, ließ sie sich auf dem Boden nieder und lehnte den Rücken an den Wagen, sodass sich die Tür zum Kapitän nicht mehr nach außen öffnen ließ. Ihre Kollegin setzte sich neben Elaine, um für den Fall, dass Arthur in den nächsten Minuten das Cockpit verlassen wollte, helfen zu können.
Charlotte wandte sich an einen korpulenten Mann, dessen Stimme sie während des Flugs schon öfters gehört hatte. „Wenn ich Ihnen ein Zeichen gebe, rufen Sie laut und schnell nur dieses eine Wort: ‚Toilette‘. Ihre Stimme klingt Bens recht ähnlich. Verstellen Sie sie noch ein wenig, okay?“
Der schwitzende, kurzatmige Mann nickte. Sein Blick schwenkte zur Anzeige der Bombe hinüber. Noch knapp eindreiviertel Stunden. Charlotte straffte sich, gab dem Mann ein Zeichen und ging los.
„Toilette!“
Colin rief gelangweilt zurück: „Schon wieder? Na gut, soll kommen.“ Doch er zeigte sich nicht im Durchgang. Wo er sich aufhielt, wusste Charlotte noch nicht. Aber das gedachte sie herauszufinden.
In normalem Tempo lief sie den Gang hinunter. Als sie die zweite Klasse mit den vier Sitzen pro Reihe betrat und sich umblickte, zuckte sie absichtlich erschrocken zurück, als der Ganove ihr ein gelangweiltes „Mach hin!“ zurief.
Charlotte schloss die Tür des Restrooms. Sie holte die Gabel aus ihrem Ärmel und umgriff sie fest mit der linken Hand. Die Zinken schauten in voller Länge aus ihrer Faust heraus. Nachdem sie den kleinen Wasserhahn betätigt hatte, trat sie wieder hinaus.
Die linke Hand hielt sie etwas nach hinten versetzt nahe am Körper, sodass der Ganove diese aus seiner Position heraus nicht sehen konnte. Colin stand rechts neben dem Durchgang und hielt den Revolver in der rechten Hand. Er blickte Charlotte entgegen und verfolgte ihre Bewegungen mit den Augen. Er war aufmerksam, machte aber nicht den Eindruck, eine drohende Gefahr für sich zu wittern.
Als Charlotte auf gleicher Höhe mit dem Entführer war, explodierten ihre zuvor langsamen Bewegungen regelrecht. Die linke Hand stieß die Gabel mit immenser Wucht in die Seite von Colins rechtem Oberschenkel. Gleichzeitig drückte Charlotte ihren Körper an den Ganoven und schränkte für kurze Zeit den unmittelbaren Freiraum von dessen Waffenhand ein. Charlotte holte mit der rechten Hand aus und schmetterte Colin die Faust wuchtig auf den Kehlkopf. Der beginnende Schrei, den der unerwartete Schmerz des Stichs der Gabel hervorgerufen hatte, ging nach nicht einmal einer halben Sekunde in ein ersticktes Röcheln über. Colin wollte die Arme hochreißen, doch es gelang ihm nur mit dem linken. Er schlug in Richtung Charlotte und traf ihre Bauchgegend. Charlotte stöhnte schmerzerfüllt auf. Für einen Sekundenbruchteil blieb ihr der Atem weg. Doch sie fing sich schnell wieder und rotierte die Gabel, was Colin einen weiteren, unterdrückten Schmerzenslaut ausstoßen ließ. Charlotte riss mit einer Hand an seiner linken Schulter. Der Ganove beugte sich ein Stück nach vorne. Schon rammte Charlotte ihm mit voller Wucht das Knie ins Gesicht. Das Brechen von Knochen erklang.
Die Überrumpelung hatte nur wenige Sekunden benötigt. Charlotte hob die Waffe auf, die Colin fallengelassen hatte, und entfernte auch hier alle Patronen. Revolver und Munition verschwanden in ihrer Kleidtasche. Colins Walkie-Talke ließ sie auf dem Sitz, auf dem es lag.
Alles war so schnell gegangen, dass die Passagiere, als Charlotte sich zu diesen umdrehte, erst im Begriff waren, aufzustehen und ihr zu helfen.
„Mama, die Frau kommt her“, sagte ein junges Mädchen in einer der hinteren Reihen. „ich hab Angst.“ Sie klammerte sich an den Arm der Frau neben ihr.
„Das musst du nicht, Amber“, antwortete ihre Mutter. „Sie ist auf unserer Seite“
Charlotte sagte, gerade so laut, dass man sie verstehen konnte: „Wenn er zu sich kommt, haltet ihm den Mund zu.“
„Ist er... tot?“, fragte eine junge Frau, die in der Reihe direkt am Durchgang saß.
Charlotte schüttelte den Kopf. „Bewusstlos. Wenigstens für ein paar Minuten. Haltet ihn irgendwie fest oder fesselt ihn.“
„Warum knallen wir den Kerl nicht einfach ab?“, brummte ein älterer, grauhaariger Mann, der sich mühsam von seinem Platz erhob und sich dem Vorhang näherte. „Gib mir die Waffe, dann mache ich es.“
Schweigen antwortete ihm. Doch Charlotte sah in nicht wenigen Gesichtern Zustimmung. In gewisser Weise konnte sie diesen Wunsch verstehen. Er würde ihr Problem im Heck des Flugzeugs lösen.
„Ihn überwältigen, das war Selbstverteidigung. Jetzt ist er in unserer Gewalt.“ Sie deutete auf Colin, der verkrümmt am Boden lag. Die Gabel steckte weiter in seinem Oberschenkel. Ein wenig Blut quoll an den Zinken hervor.
Charlotte legte soviel Autorität wie möglich in ihre Stimme und ihren Blick, als sie antwortete: „Ihn jetzt zu erschießen, das wäre kaltblütiger Mord. Außerdem könnte die Kugel danebengehen oder seinen Körper durchschlagen und wieder austreten. Dann wäre die Kabinenwand in Gefahr.“
Sie wartete ein paar Sekunden, doch es kam keine Widerrede.
„Was ist mit den anderen Entführern?“, fragte eine Frau, die ihr quängelndes Kleinkind auf dem Arm hielt und es leicht schaukelte.
„Two down, one to go“, zählte Charlotte vor.
Sie ging zurück in die erste Klasse. Leise sagte sie: „Colin ist keine Gefahr mehr. Geht ihr bitte alle ins Heck, macht den Vorhang zu und bleibt vom Gang weg. Nehmt Ben mit. Aber seid leise.“
Da quäkte das Walkie-Talkie. „Ben, Colin, meldet euch.“
Mit Gesten trieb Charlotte die Passagiere zur Eile an. Nur den Mann, der Bens Stimme bereits einmal nachgemacht hatte, hielt sie zurück, gab ihm das Funksprechgerät und erklärte ihm, was er zu sagen hatte. Sie selbst lief zum Servierwagen, zog ihn einen Meter zurück und arretierte die Räder wieder. Die Tür des Cockpits ließ sich nun wieder öffnen, aber der Wagen versperrte immer noch den freien Zugang zum Passagierbereich.
Charlotte stellte sich links neben den Durchgang und gab ihrem Helfer ein Zeichen.
Mit zitternden Fingern drückte der Mann den Sprechknopf. Er schob seinen Mund so nahe an das Mikrophon heran, dass seine Lippen fast das Gerät berührten. Er versuchte, seiner Stimme Aufregung beizumischen, als er laut sagte: „Verdammt, Arthur! Technischer Defekt...“ Er ließ das Funkgerät zu Boden fallen und trat darauf. Das Plastik splitterte. Dann lief er sofort in Richtung Heck.
Charlotte war sicher, dass die Stimme stark verzerrt in Arthurs Empfänger angekommen war.
Das müsste ausreichen, dachte sie, damit er aus dem Cockpit kommt und nicht misstrauisch ist.
Sie hielt einen Revolver am Trommelbereich in der rechten Faust. Zwischen ihren Fingerknöcheln ragte ein Teil des Griffstücks hervor. Da hörte sie, wie sich die Cockpittür öffnete. Nach einem „Merde!“ von Arthur, hörte Charlotte, wie der Speisewagen den Gang hinuntergeschoben wurde. Die Arretierung der Rollen verhinderte, dass Arthur schnell vorankam.
Einer wie er legt die Waffe nicht ab, wenn er schiebt, schätzte Charlotte. Aber es verzögert seine Schussbereitschaft. Und das werde ich ausnutzen.
„Ben, Colin! Wo seid ihr? Warum habt ihr die Geiseln weggebracht?“, schrie Arthur, erhielt aber keine Antwort.
In seiner Stimme glaubte Charlotte, Ärger und auch ein wenig Nervosität zu erkennen.
Nun schob sich das Ende des Servierwagens an Charlotte vorbei. Arthurs Hände kamen in ihr Blickfeld, doch Charlotte wartete noch. Sie hatte das Überraschungsmoment auf ihrer Seite. Ihr Körper spannte sich. Ihre rechte Faust umklammerte die Waffe mit hartem Griff, ihre Oberarmmuskeln traten hervor.
Und dann, als Arthur, der leicht nach vorne gebeugt den störrischen Wagen schob, mit dem Kopf voran den Durchgang verließ, donnerte Charlotte ihm die Revolverfaust auf die rechte Gesichtshälfte, direkt auf Höhe der Augenhöhle.
Sie verzog das Gesicht, als ihre Hand den harten Knochen traf. Doch sie wusste, dass Arthur in diesem Moment unsägliche Schmerzen verspürte, die ihn für ein, zwei Sekunden der Fähigkeit beraubten, bewusst geplante Handlungen durchzuführen. Nur perfekt ausgebildete Soldaten waren in der Lage, diese Schmerzintensität zu ignorieren und instinktive Reaktionen zu unterdrücken. Aber militärisch präzise gingen die Entführer nicht vor.
Arthur riss seine Arme hoch, im unterbewussten Bemühen, einen möglichen zweiten Angriff abzuwehren. Doch darauf hatte Charlotte nur gewartet. Sie griff mit der linken Hand nach Arthurs Nacken und schmetterte seinen Kopf in Richtung Servierwagen. Erst zum Schluss der Bewegung, als die Nase schon fast auf der Oberfläche aufschlug, spürte sie, wie Arthurs Nackenmuskeln dem Druck ihrer Hand entgegenarbeiteten. Doch es war schon zu spät. Der Aufprall seines Kopfs war hart. Gleichzeitig ließ Charlotte die Waffe in ihrer Hand fallen, schlang den rechten Arm um Arthurss Hals und nahm ihn in den Schwitzkasten. Unterstützt vom anderen Arm hielt sie diesen Griff, bis Arthur bewusstlos zusammenbrach.
Charlotte lief zum Vorhang im Heck. „Der dritte Entführer ist überwältigt. Könnt ihr auf ihn auch noch aufpassen?“
Drei Männer rannten los und schleiften den Ganovenchef nach hinten zu seinen Komplizen.
„Kennt sich jemand mit Bomben aus?“, fragte Charlotte in die Runde. Ihre ohnehin nur minimale Hoffnung fiel auf Null, als alle den Kopf schüttelten.
„Bitte bleibt ruhig und hier im Heck. Der Kapitän und ich haben noch Möglichkeiten.“
Mit den beiden Stewardessen lief sie zum Cockpit. Der Copilot hatte sich unterdessen am Servierwagen vorbeigedrängt und wollte offensichtlich nachschauen, was im Rest des Flugzeugs vor sich ging. Doch Charlotte bedeutete ihm, mit ihr zurück ins Cockpit zu gehen, nachdem er den Wagen wieder in seinem vorgesehenen Stauplatz verankert hatte.
Sie wandte sich an den Kapitän. „Ich bin Charlotte Bernstedt, Unteroffizierin der Streitkräfte. Kontaktieren Sie bitte Polizei oder Militär. Man muss uns aus der Ferne beim Entschärfen der Bombe helfen.“
Sie wartete keine Antwort ab, sondern lief zurück in die Kabine und suchte das Buch, konnte es aber nirgends finden. So nahm sie ihren kleinen Zeichenblock aus der Tasche und rannte zur Bombe. Die Zeitanzeige war auf ‚1:12:49‘ heruntergelaufen.
Charlottes Augen fuhren das Innere der Bombe ab. Sie sah drei undurchsichtige Zylinder, deren Oberflächen glänzten, als bestünden sie aus Glas. Die Röhren endeten in einer schwarzen Box, aus der ein dicker Strang aus sechs umeinander verdrillten Kabeln unterschiedlicher Farbe heraustrat und nach ein paar Zentimetern in einem kleinen, schwarzen Gehäuse auf der Platine verschwand. Daneben war ein flaches, rechteckiges elektronisches Bauteil aufgebracht, das dunkelgrau glänzte. Von diesem gingen mehrere Dutzend kleiner, metallener Anschlüsse nach unten ab.
Das muss einer der neuen integrierten Schaltkreise sein, vermutete Charlotte.
Auf dessen Oberfläche gab es winzige, weiße Markierungen. Charlotte glaubte, Buchstaben und Ziffern erahnen zu können, doch sie vermochte ihren Blick nicht lange genug auf die feinen Details zu fokussieren, um die Schrift wirklich als solche entziffern zu können. Immer wieder drifteten ihre Augen langsam weg.
Sie fluchte leise.
Kleinste Bewegungen, die ihr sonst keine Mühe bereiteten, waren unter den aktuellen Kopfschmerzen nicht möglich. Auch die silbern schimmernden Füßchen, die ausgehend von den beiden langen Seiten des Chips, auf der Platine in Leiterbahnen übergingen, verschwammen vor ihren Augen.
„Shit! So wird das nichts.“
Sie sprang auf und rannte ins Heck der Maschine. „Hat jemand eine Lupe dabei? Wenn nicht, gebt mir bitte eure Brillen. Ich brauche etwas zum Vergrößern.“
Eine Minute später hielt Charlotte ein halbes Dutzend Brillen in der Hand und lief zurück. Rasch probierte sie die Gläser durch, bis sie zwei gefunden hatte, die hintereinandergehalten als Lupe dienen konnten. Sie zerbrach das filigranere der beiden Gestelle und legte das linke Glas auf die andere Brille. Mit ein wenig durchsichtigem Klebeband, das einer der Passagiere in seinem Handgepäck mit sich führte, klebte sie die provisorische Lupe zusammen.
Charlotte schob das Konstrukt auf die Nase, justierte den Abstand zu ihrem linken Auge und begann, die Bombe zu zeichnen.
Zwei Minuten später stand Elaine neben ihr. „Miss Bernstedt, wir haben eine Verbindung zu Major Lagarde vom Bombenentschärfungskommando der Streitkräfte. Sein Stationierungsort liegt auf unserer aktuellen Flugroute.“
Ohne das Zeichnen zu unterbrechen, antwortete Charlotte: „Sagen Sie ihm, die Bombe hat einen Chip, bei dem alle Leiterbahnen zusammenlaufen. Er trägt die Aufschrift ‚2022C, MicroSystems, Ltd.‘ Ich komme in wenigen Minuten mit einer schematischen Zeichnung des Layouts nach vorne.“
Elaine machte kehrt und lief zurück. Kurz darauf hörte Charlotte undeutlich, wie am Funk gesprochen wurde.
Konzentriert, aber unterbrochen von gelegentlichen, ein paar Sekunden dauernden Pausen, in denen sie die Augen kurz schloss, arbeitete sie weiter an ihrer zweiten Teilzeichnung. Um die Bombe deutlich vergrößert zeichnen zu können, war ihr Block zu klein. So hatte sie das Layout in drei horizontale Streifen aufgeteilt. Der 2022C‑Chip lag zentral im mittleren.
Da hörte sie Tumult aus der zweiten Klasse. Stimmen schrien, doch Charlotte konnte nicht verstehen, was. Ein dumpfes Poltern folgte, dann ein lauterer Aufschrei.
„Elaine!“, rief sie. „Können Sie nachschauen, was da hinten los ist?“
Die Stewardess lief den Gang hinunter und verschwand im hinteren Teil des Flugzeugs. Stimmengewirr ertönte. Eine Minute später trat Elaine neben Charlotte. „Einer der Entführer ist aufgewacht. Die Passagiere haben ihn erneut k.o. geschlagen.“
„Danke“, sagte Charlotte und wandte sich dem unteren Rand der Bombe zu.
Schließlich war die dritte und letzte Übersichtszeichnung vollendet.
Im Cockpit setzte sie sich die Ersatzkopfhörer auf und nahm das kabelgebundene Mikrophon vom Kapitän entgegen. „Bernstedt, Sanitäts-Reserve, Stabsunteroffizierin“, stellte sie sich vor.
„Aufbau der Bombe?“, kam es unter leichtem Knistern zurück.
Charlotte beschrieb in präzisen Worten das Layout, die Verläufe der Kabel und die Platzierung der Chips auf der Platine. „Brauchen Sie die genaue Lage der Kondensatoren, die Farben der Widerstände oder ähnliche Details? Dann müsste ich eine weitere Zeichnung anfertigen.“
„Nein.“
Für eine Minute war nur statisches Rauschen zu hören. Charlotte wartete ohne nachzufragen geduldig. Die drei Crewmitglieder im Cockpit griffen nicht in das Gespräch ein.
„Soldatin Bernstedt, wir kennen diese Bombenart. Eine Entschärfung ist fachfremden Personen nicht möglich.“
Charlotte sah, wie die Gesichter der Piloten, die am anderen Kopfhörer mithörten, sich weiß verfärbten.
Auch sie selbst musste schlucken. Rasch ging Charlotte die Optionen durch. Landen, die Bombe im Flug hinauswerfen, Zufallscodes zur Entschärfung eingeben, irgendwelche Kabel herausreißen - alles war mit unkalkulierbarem Risiko verbunden, da sie nicht wussten, welche Aussagen Arthurs der Wahrheit entsprachen.
„Es gibt nur eine Möglichkeit, die aber nur eine geringe Wahrscheinlichkeit auf Erfolg bietet. Sie müssen...“
Der Major erklärte in wenigen Sätzen, was Charlotte tun sollte.
***
Charlotte kauerte vor dem Sitz, auf dem die Bombe ruhte. Neben ihr lagen Nagelfeilen, Taschenmesser und sogar ein Schraubenzieher, den einer der Fluggäste ihr gereicht hatte, als die Crew nach entsprechenden Gegenständen gefragt hatte.
Ihre Aufgabe war es, die Bombe vom Funkzünder zu trennen. Laut den Aussagen der Experten würde dies im beschriebenen Layout nicht zu einer sofortigen Detonation der Sprengmasse führen.
Charlottes Augen folgten den Leiterbahnen, die von den Füßchen des 2022C‑Hauptchips abgingen. Mit der provisorischen Lupe kam sie zwar nur langsam voran, da sie stark schwitzte, und die Brille nicht selten von den Ohren zu rutschen drohte. Immer wieder muste sie das Gestell die Nase hinaufschieben. Aber nur so war es ihr möglich, einer Leiterbahn von Anfang bis Ende zu folgen.
Sie suchte einen bestimmten Widerstand mit den Farbringen Rot-Rot-Gelb-Grün.
„T minus 49 Minuten“, verkündete Elaine. Sie fühlte sich offensichtlich hilflos, ihre Hände rieben nervös ineinander. Außerdem stieg ihre Angst mit jedem Umspringen der Displayanzeige. „Noch 8 Minuten, bis wir den Sinkflug beginnen müssen. So oder so.“ Ihre Stimme zitterte leicht.
Ich weiß, dachte Charlotte und verfolgte verbissen die nächste Leiterbahn. Gerade kam sie an einer besonders dicht bepackten Stelle auf der Platine vorbei. Mehrere identisch aussehende Bahnen und verwirrend viele Bauteile machten ein Verfolgen eines bestimmten Weges noch mühsamer. Charlotte verlangsamte ihr Tempo.
Die Sekunden rannen herunter, dann die Minuten.
Schließlich aber fand sie das gesuchte Bauteil. „Rechts, neun.“
Elaine schrieb die Ortsangabe auf die rudimentäre Zusatzzeichnung, die nur aus einem Rechteck, der Chip-Bezeichnung und den Füßchen bestand. Einige davon waren durchgestrichen, andere enthielten die Angabe ‚Res‘, um anzuzeigen, dass diese Leiterbahn zumindest einen Widerstand passierte.
„Gehen Sie besser ebenfalls ins Heck“, sagte Charlotte. „Wenn es schiefgeht, haben Sie dort immerhin noch eine Restchance auf Überleben.“
Elaine zögerte, legte Charlotte für einen Moment die Hand auf die Schulter und lief dann nach hinten zu ihrer Kollegin und den anderen Passagieren. Im vorderen Teil des Flugzeugs befanden sich jetzt nur noch Charlotte und die beiden Piloten.
Charlotte blickte durch die Lupe und nahm ein neues Blatt Papier. Noch detaillierter und größer als in der dreiteiligen Layoutübersicht zeichnete sie nun den Widerstand als zentrales Objekt ein und achtete darauf, die Dicke seiner Farbringe und deren Abstand zueinander und zum Ende des Bauteils akkurat wiederzugeben. Einige Bauteile in der direkten Nachbarschaft brachte sie ebenfalls zu Papier. Nur auf die Platinenlöcher verzichtete sie, da deren repetitives Muster die Identifizierbarkeit der Zielregion innerhalb der gesamten Platine nicht erhöhte.
Das reicht für eine Kopplung, dachte Charlotte schließlich und legte die Zeichnung auf den kurzflorigen, dunkelgrauen Teppichboden direkt vor den Bombensitz. Einen Blick auf das Display vermied sie. Sie arbeitete ohnehin schon, so schnell sie konnte.
Charlotte signierte das Bild. Dann nahm sie zwei Nagelfeilen und legte sich flach auf den Boden. Vorsichtig stützte sie die Unterkanten der Hände auf freien Bereichen des Papiers ab, um dieses auf dem Boden zu fixieren. Wenige Millimeter vor demjenigen Ende des Widerstandes, das näher zum 2022C-Chip lag, befand sich eine T-Kreuzung. Rechts, von ihrem aktuellen Blickwinkel betrachtet, ging es zum Widerstand, links zum Hauptchip, und nach oben ging eine weitere Bahn ab.
Charlottes Aufgabe war es, die Kreuzung nach rechts und nach oben zu durchtrennen. Ein Durchstoßen der Platine war, hatte der Major ihr schonungslos mitgeteilt, aufgrund deren Härte und Splitterneigung ohne spezielles Werkzeug und Haltevorrichtungen in der geforderten Schnelligkeit, Präzision und Vollständigkeit so gut wie nicht möglich.
Aber bei Papier wird es sicher klappen, sprach sich Charlotte Mut zu.
Die Spitzen der Feilen näherten sich dem Blatt.
Nun musste es schnell und in der richtigen Reihenfolge gehen. Charlotte stieß die linke Hand herunter. Die Nagelfeile drückte sich durch das Blatt in den Teppichboden hinein. Als sie das Papier reißen sah, stieß sie mit deutlich höherem Krafteinsatz der rechten Hand zu und durchtrennte die zweite Leiterbahn.
Es knackte zweimal laut kurz hintereinander, und Charlotte radierte sofort ihre Signatur aus. Dann sprang sie auf und schaute auf die Platine der Bombe. Zwei etwa fünf Millimeter lange Bruchspalten befanden sich direkt neben der T‑Kreuzung. Sie nahm die Lupe und vergewisserte sich, dass an beiden Stellen die Leiterbahnen in ihrer vollen Breite durchtrennt waren. In der Umgebung konnte sie keine Beschädigung sehen. Charlotte faltete ihre Zeichnungen zusammen, schob sie in ihre Tasche und erhob sich.
Das Display der Bombe tickte weiter herunter. Aber nichts explodierte.
Und nun brach nachträglich die Anspannung, die unter der Konzentration auf die vor ihr liegende Aufgabe verborgen gewesen war, über Charlotte herein. Sie begann zu zittern und hielt sich an einer Kopfstütze fest, als sie daran dachte, wie knapp sie dem Tod entronnen war. Der Steuerchip 2022C fragte alle zwei Sekunden beim Funkchip nach, ob er zünden sollte. Eine erste unbeantwortete Anfrage wurde toleriert. Eine zweite hätte die Detonation ausgelöst. Und innerhalb der maximal zwei Sekunden - sie wusste ja nicht, wann die verheerende zweite Abfrage kommen würde - musste sie die beiden Verbindungen getrennt haben, um eine technische Fehlfunktion auf der Platine vorzutäuschen.
Sie rief ein lautes „Entkoppelt“ in Richtung Cockpit. Ihre Stimme klang etwas schriller als sonst. Dann ging sie langsam zu ihrem gebuchten Platz und setzte sich. Der Landeanflug auf den kleinen Sportflughafen begann.
Das Display der Bombe hatte noch etwas über 42 Minuten angezeigt. Es sollte reichen.
Die Stewardessen informierten die Passagiere. Bald darauf sah es im Flugzeug oberflächlich betrachtet wieder so aus, wie es in jedem Flugzeug im Landeanflug aussah. Die meisten Menschen saßen angeschnallt auf ihren Sitzen und warteten. Der Pilot verzichtete auf Durchsagen. Es ging nur noch darum, möglichst schnell zu landen. Ob es dabei Turbulenzen gab, das Aufsetzen sanft oder ruppig vonstatten ging, interessierte niemanden.
„Papa!“, rief ein junges Mädchen in diesem Moment.
Charlotte drehte den Kopf und erkannte Amber wieder. Sie kroch gerade unter einem Sitz hervor und hielt Charlottes Roman in der Hand. Das Mädchen lief nach hinten in die zweite Klasse.
Soll sie ihre Beute behalten, dachte Charlotte und lächelte. Meine Zeichnung ist ohnehin nicht mehr aktiv. Die Situation, die sie darstellt, gibt es ja nicht mehr.
***
Die Maschine rollte am Ende der Landebahn aus, weit weg von dem einzigen Gebäude. Die Passagiere standen bereits vor den beiden Notausgängen und hielten sich an Sitzen fest. Charlotte glaubte, Anzeichen von Panik in den Gesichtern zu sehen. Nun, da die Rettung so nahe war, wollte jeder der erste sein, der die Maschine, die in 12 Minuten explodieren würde, verließ. Die Crew versuchte, mit beruhigenden Worten dagegenzuhalten.
Das Flugzeug stoppte, und die Notausgänge über den Flügeln wurden herausgesprengt. Gleichzeitig bliesen Treibsätze die Notrutschen auf. Auch die normale Tür öffnete sich, und eine Treppe wurde von außen davor geschoben.
Die Frau mit dem Kleinkind verließ die Maschine zuerst über die Treppe. Amber und den beiden anderen Mädchen, die allesamt beim Herunterrutschen kreischten, als wären sie in einem Vergnügungspark, folgten ein Mann und eine Frau. Die Eltern der drei, wie Charlotte aus den Gesprächen der anderen Passagiere erfuhr. Nach und nach rutschten oder stiegen alle Fluggäste aus der Maschine aus.
Die Menschen rannten zu den beiden bereitstehenden Bussen, die mit laufenden Motoren am Rand der Landebahn warteten. Während Charlotte schon im Bus saß und darauf wartete, dass sie losfuhren, sah sie, wie drei in schwere Schutzanzüge gekleidete Männer die Treppe hinaufrannten und im Flugzeug verschwanden. Wenig später kamen zwei zurück und schleppten einen der Entführer mit sich. Sie ließen den immer noch bewusstlosen Mann hinab, wo ihn zwei weitere Soldaten in Empfang nahmen.
Dann rasten die Busse los.
Charlotte drehte den Kopf und konnte noch sehen, wie ein weiterer Entführer aus dem Flugzeug gebracht wurde. Ein dritter Soldat, der mit der Bergung der Verbrecher offenbar nichts zu tun hatte, verließ nun ebenfalls das Flugzeug, schüttelte den Kopf und machte eindeutige Zeichen. Alle rannten davon.
Charlotte wusste sofort, was das bedeutete.
Als die Busse zwei Minuten später an der Baracke des Sportflughafens ankamen, ertönte eine Explosion in ihrem Rücken, die auch auf die Entfernung von vielen Hundert Metern noch deutlich zu vernehmen war.
Der Zeitzünder hatte seine Arbeit verrichtet.
***
„Miss Bernstedt, wenn Sie mir bitte folgen würden“, bat Major Lagarde Charlotte, als diese das Gebäude des Sportflughafens betrat. Der Major führte sie in ein kleines Büro und schloss die Tür hinter ihnen. Zwei weitere Männer in Uniform saßen bereits neben dem Schreibtisch.
„Das sind die Leutnants Wagner und Donnell. Wir möchten Sie bitten, uns ein paar Fragen zu beantworten.“
Charlotte setzte sich. Eine Art Debriefing, dachte sie. Typisch Militär.
„Warum haben Sie eingegriffen?“
„Die beiden Entführer in der ersten Klasse, die sich Arthur und Ben nannten, wurden nach rund einer Stunde nervös. Ich gewann den Eindruck, dass für sie nicht alles nach Plan verlief. Mein Leben ist mir zu kostbar, um einfach still abzuwarten und dem Wort von Verbrechern zu trauen.“
„Wie geschah die Überwältigung von Ben?“, fragte Donnell.
„Ich habe keine Ahnung. Noch bevor ich mir genau überlegen konnte, wie ich ihn ausschalten sollte, klappte er plötzlich zusammen. Es ging die Vermutung um, er habe einen Schlaganfall erlitten“, erwiderte Charlotte. Ihr Gesicht blieb unbeteiligt bei dieser Unwahrheit.
Wagner stand auf. „Sie gehören der Sanitätsreserve an. Und dennoch haben Sie sich zugetraut, drei bewaffnete Männer zu überwältigen?“
Charlottes Antwort bestand aus einem Kopfnicken. „Sie haben sich sicherlich über mich erkundigt und wissen, was ich beruflich mache. Wenn auch eine Flugzeugentführung ein Novum für mich darstellt, sind mir derartige Gefahrsituationen doch nicht unbekannt.“
Major Lagarde, der sie bis dahin mit einem durchdringenden Blick gemustert und jede Muskelzuckung in ihrem Gesicht bewertet hatte, griff nun seinerseits in die Befragung ein. „Dass Sie andere dabei gefährden könnten, spielte in Ihren Überlegungen keine Rolle?“
„Natürlich tat es das. Ich traf jedoch die Einschätzung, dass Handeln besser als Abwarten sei. Wie schon angemerkt: Ob dem Wort der Ganoven zu trauen war, erschien mir mehr als fraglich. Jeder andere im Flugzeug hätte ebenfalls aktiv werden können. Ich war schlicht die erste. Und danach halfen ja auch alle.“
Charlotte gab ihre Antworten weiter in neutralem Tonfall. Natürlich wurde ihr Vorgehen hinterfragt. Das hatte sie erwartet.
„Schildern Sie uns bitte, was nach dem Zusammenbruch des Entführers namens Ben geschah“, bat der Major. Auch seine Stimme klang nüchtern.
Charlotte erklärte ihre Anweisungen an die anderen Fluggäste und ihr Vorgehen, um Colin zu überwältigen. Anschließend schilderte sie im Detail, wie sie den Anführer der Gruppe aus dem Cockpit gelockt und ausgeschaltet hatte.
„Kommen wir zur Bombe“, wechselte Lagarde zum nächsten Punkt.
Charlotte beschrieb auch hier ihr Vorgehen, bog die Wahrheit jedoch dahingehend, dass sie die Platine mittels des Schraubenziehers in zwei sehr schnellen Stichen durchbrochen hätte.
Die Soldaten schienen zufrieden mit ihren Antworten. Man glaubte ihr offensichtlich.
„Dürfte ich ebenfalls ein paar Fragen stellen?“, wagte Charlotte einen ungewöhnlichen Vorstoß. Sie war jedoch als Privatperson hier, nicht als Angehörige des Militärs.
Mit leichtem Erstaunen hob Lagarde eine Augenbraue, nickte aber.
„Wie stark war die Bombe? Hätte sie wirklich nur ein Loch in die Kabinenwand gerissen? Und wie wollten die Entführer an das Lösegeld kommen?“
Eigentlich, fand Charlotte, waren dies Dinge, die unter Geheimhaltung fallen mussten, um keine Nachahmer anzulocken. Andererseits wussten zuviele Personen von der Entführung, und das Landen einer Passagiermaschine auf einem abgelegenen Sportflughafen und die anschließende Explosion konnte man schlicht nicht geheimhalten.
Der Major schien ebenso zu denken, denn er beantwortete ihre Fragen.
„Die Bombe hat das Flugzeug in einem Kugelbereich von drei Metern Durchmesser völlig zerstört. Teile der Kabinenwand fehlen, mehrere Sitze wurden zerfetzt. In der ersten Klasse hätte niemand überlebt. Und das Flugzeug wäre danach unsteuerbar geworden.“
„Also hat Arthur gelogen, als er von einem kleinen Loch sprach, das die Bombe erzeugen würde“, konstatierte Charlotte.
„Wahrscheinlich. Oder er hatte sie schlicht falsch eingeschätzt. Das werden die kommenden Befragungen sicherlich ergeben.“ Der Major gab Wagner einen Wink.
„Das Bereitstellen des Lösegeldes dauerte den Entführern, ihrer Reaktion am Funk zufolge, wohl zu lange. Es ließ sich aber von unserer Seite nicht beschleunigen. Die Übergabe fand dann auf einem Rastplatz am Highway H4 statt. Zu diesem Zeitpunkt waren, Ihren Angaben zufolge, alle Luftpiraten bereits bewusstlos. Die Komplizen am Boden übernahmen die Koffer mit dem Geld und fuhren davon. Wir hatten neuentwickelte Miniatursender in den Behältern versteckt. Als die Meldung kam, dass das Flugzeug außer direkter Gefahr einer Fernzündung sei, schlugen wir zu.“
„Die Komplizen sind also alle verhaftet?“, wollte Charlotte wissen.
Wagner nickte. „Wir haben, dank Ihrer Hilfe, insgesamt neun Personen in Gewahrsahm. Die drei Flugzeugentführer befinden sich im Militärkrankenhaus. Arthur lag während der Explosion noch in der zweiten Klasse, wurde aber nicht lebensgefährlich verletzt.“
Lagarde schob seinen Stuhl zurück und erhob sich. „Das wäre alles, Miss Bernstedt.“
***
Am Abend des Folgetages stand Charlotte in der Dämmerung in eine dicke Wolldecke gehüllt auf ihrem Balkon. Sie hielt eine dampfende Tasse Tee in den Händen und genoss die kühle, erfrischende Luft. Aus der geöffneten Tür zur Wohnung drang leise Musik eines amerikanischen Duos heraus. Charlottes Blick streifte den abgedeckten Dachpool des Nachbarhauses. Im Sommer, wenn er bis zum Rand mit Wasser gefüllt war, vermittelte er an sonnigen Tagen die Illusion, er sei endlos.
Weit unten pulsierte das Leben der Großstadt. Charlotte aber liebte die relative Ruhe hier oben. Gerade nach der Aufregung vom Vortag war ihr dies ein willkommener Kontrast.
Die Türklingel unterbrach den entspannten Moment. Charlotte seufzte, ging zurück in die Wohnung, stellte den Tee auf dem Wohnzimmertisch ab und warf die Wolldecke auf das Sofa. Sie öffnete und sah sich einer jungen Frau in Jeans und dick gepolsterter Winterjacke gegenüber. Die Besucherin zog sich gerade die Mütze von den blonden Haaren und machte einen sehr aufgedrehten Eindruck.
„Ja?“, fragte Charlotte.
„Hi! Ich bin Julia Loeb. Ich würde Sie gerne interviewen. Es geht um die Flugzeugentführung...“
Charlotte unterbrach. „Ich gebe keine Interviews für die Presse. Sie haben sich umsonst herbemüht.“
Sie wollte schon die Tür wieder schließen, als sie das enttäuschte Gesicht der Besucherin sah, während diese hastig antwortete: „Ich bin nicht von der Presse. Ich will erst Journalistin werden, jetzt, nachdem ich gerade die High-School beendet habe.“
„Ich verstehe nicht ganz.“
„Ich wohne in Cheesapeak, also da, wo Sie heruntergekommen sind. Ich habe die Landung live gesehen. Ich dachte, wenn ich einen Essay über Sie schreibe, werde ich mit Sicherheit in meinem Traum-College angenommen. Bitte, nur fünf Minuten!“
Charlotte zögerte einen Moment, aber Julias enthusiastische Antwort ließ sie ihre Meinung ändern. Sie bat die junge Frau herein. Rasch brühte sie eine zweite Tasse Tee auf, und die beiden ließen sich in der Sofalandschaft nieder.
„Toll haben Sie es hier. Super eingerichtet“, lobte Julia.
Charlotte lächelte angedeutet. „Wie haben Sie mich eigentlich gefunden?“
„Och, das war ganz einfach. Ich habe mich mit ein paar von den Passagieren unterhalten, und alle haben von Ihnen gesprochen. Das Ziel des Fluges war ja bekannt. Und Sie stehen im Telefonbuch. Im Haus habe ich dann einfach an verschiedenen Türen geklingelt und mich durchgefragt.“
„Warum haben Sie nicht direkt bei mir geläutet? Mein Name steht draußen, vor dem Apartmentkomplex, an der Tafel.“
Julia grinste. „Es fällt Menschen schwerer, jemandem direkt eine Bitte abzuschlagen, als unpersönlich über eine Gegensprechanlage.“
Clever, dachte Charlotte und nippte an ihrer Tasse. „Was möchten Sie wissen, Miss Loeb?“
„Sagen Sie bitte Julia zu mir. Miss Loeb klingt so nach meiner Mutter. - Meine erste Frage wäre: Hatten Sie Angst, als Ihnen klar wurde, dass Sie in einer Entführung steckten? Angst vor den Revolvern oder mehr vor der Bombe? Und später: Hatten Sie Angst, als Sie gegen die Ganoven vorgingen? Hat Sie das gelähmt oder eher beflügelt?
Auch Charlotte bot der angehenden Journalistin an, auf Vornamenbasis zu wechseln. Das Mädchen gefiel ihr. Julia sprühte vor Eifer über die selbstgewählte Reportage. Und für diese extra halb über den Kontinent zu fliegen, um bei jemandem an der Tür zu klingeln und Gefahr zu laufen, nach einer Minute ohne Erfolg abgewiesen zu werden - dieser Drive imponierte Charlotte und ließ sie für einen Moment an ihre Ankunft als 18-jährige in Vancouver zurückdenken.
„Ich hatte Angst. Ziemlich große sogar. Alles andere wäre Irrsinn. Mut ist etwas anderes als Angstlosigkeit. Der heruntertickende Countdown setzte optisch einen klaren Endzeitpunkt. Das machte alles noch viel bedrohlicher als nur Revolver alleine. Entweder ist die Entführung dann abgewickelt, die Ganoven über alle Berge...“
„Oder dein Leben ist schlagartig zu Ende“, unterbrach Julia.
Charlotte nickte. „Wenig einfühlsam ausgedrückt, aber es trifft natürlich den Kern der Sache. Ich konnte nichts gegen meine Angst tun. Aber ich konnte etwas gegen die Hilflosigkeit im Flugzeug tun. Denn ob die Lösegeldforderung erfüllt würde oder nicht, das befand sich außerhalb meiner Kontrolle.“
„Und du hast wirklich zwei Ganoven alleine überwältigt? Einen mit einer Gabel, den anderen mit einem Servierwagen? Die Storys, die ich bei meinen Recherchen gehört habe, klangen schlicht ausgedacht.“
Charlotte lachte laut auf. „Wenn du es so erzählst, klingt es hanebüchen, das stimmt. Du musst aber wissen, ich sehe sehr gut und reagiere auch schnell. Ich rechnete mir also sehr gute Chancen aus, das Überraschungsmoment ausnutzen zu können. Ein Stich mit der Gabel, ein Schlag, ein Kniestoß, das reichte für Colin aus. Und bei Arthur war es dann der klassische Schwitzkasten. Es war, wie gesagt, nur eine Frage der Schnelligkeit. Prinzipiell kann das jeder.“
Julia machte sich eifrig Notizen. Ihre Augen zeigten offene Bewunderung. „Cool!“
Die beiden unterhielten sich noch über eine halbe Stunde. Julia sprang zwischen den Themen hin und her. Charlotte fand, dass ihrem Interview die innere Struktur fehlte, doch das machte die junge Reporterin mit ihrer Freude am Tun mehr als wett.
„Ich würde gerne auch Photos in meinen Essay einbauen“, sagte Julia und zog ein paar entwickelte Positive aus ihrer Reisetasche, die zwischen ihren Füßen stand. Sie legte die Bilder, die von Postkarten- bis zu Briefpapiergröße rangierten, auf dem gläsernen Couchtisch ab. „Darf ich ein Portrait von dir machen?“
Charlotte schüttelte den Kopf. „Nein. Gegen Gruppenphotos habe ich nichts, aber bitte keine Großaufnahme von mir. Und kein vollständiger Name.“
„Okay“, erwiderte Julia. Sie klang ein wenig enttäuscht.
Charlottes Blick glitt über die ausgebreiteten Bilder. Sie zeigten das Gebäude des Sportflughafens von der Straßenseite aus. Menschenmassen quollen auf den Bürgersteig hinaus. Zwei dunkle Transporter verortete Charlotte gleich im Militärbereich. Daneben stand ein Sendewagen eines lokalen TV-Kanals. Polizisten sperrten das Gelände großräumig mit Trassierband ab.
„Du hast ein Tele benutzt?“, wollte Charlotte wissen.
Julia nickte. Stolz glomm in ihren Augen auf. „Ja. Ich photographiere gerne. Gehört ja irgendwie auch zum Beruf der Journalistin. Das Teleobjektiv ist zwar recht klobig, wenn es auf der Kamera angebracht ist, und das Ding dann auch ziemlich schwer, aber man kriegt tolle Bilder damit.“
„Die Farben sind wirklich realistisch.“
„Ja, ich nutze einen speziellen Farbfilm, den es erst seit ein paar Monaten gibt. TRC24 heißt er.“
„Nur die blauen Artefakte hier stören etwas. Da muss der Hersteller noch nachbessern“
„Was meinst du?“, fragte Julia erstaunt.
Charlotte wies auf ein briefpapiergroßes Photo. „Hier, auf dieser Aufnahme sind blaue Ringe um meine Iris. Aber vielleicht ist es nur ein Fabrikationsfehler des Films.“
Julia beugte sich nach vorne. „Ich kann nichts erkennen. Du siehst auf dem Photo aus wie jetzt in der Realität.“ Sie nahm das Bild in die Hand und drehte es in verschiedene Richtungen, um den Lichteinfall zu variieren.
Charlotte brachte ihr eine Lupe aus dem Arbeitszimmer.
Julia schaute erneut. „Du hast wirklich klasse Augen. Jetzt, wo du es sagst, glaube ich, einen ganz dünnen Blauschimmer zu sehen. Aber das wäre mir nie aufgefallen.“
Charlotte zuckte mit den Achseln. Doch so ruhig sie sich nach außen gab, so aufgeregt war sie innerlich. Sobald es um ihre Augen ging, war sie äußerst vorsichtig. „Darf ich dieses Bild behalten?“
Julia schob es ihr hin. „Klar.“ Dann erhob sie sich. „Danke für deine Zeit. Darf ich mich in ein paar Tagen noch einmal melden? Natürlich kriegst du den Essay zur Freigabe, bevor ich ihn beim College einreiche.“
„Du bleibst länger in der Stadt?“
„Ja. Ich suche mir jetzt ein Hotel. Und dann wollte ich Sightseeing mit Schreiben abwechseln, wenn ich schon einmal hier im Westen bin.“
Den Impuls, Julia zu sagen, dass es keine gute Idee sei, am Abend in einer Großstadt ziellos umherzulaufen, um eine Bleibe für die Nacht zu finden, unterdrückte Charlotte. In diesem Alter hätte sie einen solchen Ratschlag ebenfalls nicht hören wollen. Spontan bot sie an: „Ich habe ein Gästezimmer. Wenn du möchtest, kannst du dort ein paar Tage wohnen.“
Julia sprang auf. „Das wäre klasse! Du musst dann allerdings damit rechnen, dass ich dir weitere Fragen stelle.“
Charlotte lachte. „Das halte ich aus.“
***
Um die Mittagszeit zwei Tage später schloss Charlotte ihre Apartmenttür auf.
„Julia?“, rief sie laut, doch ihre junge Besucherin meldete sich nicht. Auf dem Küchentisch fand Charlotte eine kurze Nachricht, dass Julia ein paar Hintergrundrecherchen über das Flugzeug anstellen wollte und erst am späten Abend zurück wäre.
Charlotte ging in ihr Arbeitszimmer, in dem sie ihr technisches Equipment in dem stabilen Eisenschrank lagerte. In die Wand hinter dem Schreibtisch war ein kleiner Safe modernster Bauart eingelassen. Charlotte legte die gekauften Filterfolien, die jeweils bestimmte Wellenlängenfenster im infraroten, im sichtbaren und sogar im ultravioletten Bereich abblockten, auf der Tischplatte ab. Sie öffnete den Verschluss an der Rückseite der neuen professionellen High-end-Kamera und fädelte einen TRC24-Film ein.
„Dann wollen wir mal“, murmelte sie und begann mit ihren Experimenten.
Sie montierte die Kamera in Kopfhöhe auf das Stativ und stellte sich in einem Meter Abstand davor. Mittels des langen Kabels zum Fernauslösen photographierte sie ihre weit aufgerissenen Augen unter verschiedenen Lichtverhältnissen und Blickwinkeln.
Charlotte nahm Block und Stift und fixierte knapp am Objektiv der Kamera vorbei das Buch auf dem Schreibtisch und schoss von nun an in regelmäßigen Abständen Photos. Dann begann sie zu zeichnen. Der Stift huschte über das Papier, die Kamera klickte, und die Zeichnung wurde immer realer. Schließlich signierte sie das Bild und tippte leicht mit dem Zeigefinger auf das gezeichnete Buch, dessen realer Gegenpart daraufhin über die Tischplatte glitt.
Als der Film verbraucht war, kurbelte sie ihn zurück, warf sich den Mantel über und brachte ihn zum Photogeschäft. Die Expressentwicklung, die dort neuerdings angeboten wurde, dauerte drei Stunden, dann hielt sie die großformatigen Bilder in den Händen und fuhr zurück nach Hause.
Sie unterteilte die Bilder in drei Gruppen: ‚Augen alleine‘, ‚Augen beim Zeichnen‘ und ‚Augen nach dem Signieren‘. Dann untersuchte sie jeden Abzug akribisch und nahm auch die Lupe zur Hilfe.
Die erste und die dritte Gruppe waren eine Enttäuschung. Nirgends konnte sie einen blauen Ring zwischen Iris und weißem Augapfel ausmachen. Doch als sie zu den Photos kam, die sie kurz vor und während des Zeichnens geschossen hatte, rief Charlotte laut: „Ja!“
Ihre Augen zeigten einen blauen Ring am Rand der Hornhaut.
Charlottes Puls beschleunigte sich. Irgendeinen Zusammenhang mit ihrer Gabe hatte sie vermutet, denn kein Augenarzt hatte ihr je mitgeteilt, dass es blaue Ringe in ihren Augen gab.
Und jetzt war ihre ganz spezielle Vermutung bestätigt worden. Denn während der Wartezeit auf dem Sportflughafen hatte sie das getan, was sie schon als Teenager immer gerne getan hatte. Sie hatte sich die Umgebung angeschaut und überlegt, was sich davon als Motiv für eine Zeichnung eignen könnte. Und dabei hatte Julia sie einmal abgelichtet.
„Wenn ich zeichne oder vorhabe zu zeichnen, aber nicht, wenn ich ein signiertes Bild nutze, wird etwas von meinen Augen ausgestrahlt, das mit den Photoemulsionen dieses speziellen Farbfilms reagiert“, fasste Charlotte ihre Gedanken laut zusammen. „Und im Film entsteht etwas, das man als Blau wahrnimmt.“
Unruhig lief sie ein paar Schritte hin und her. Dies waren die ersten Hinweise auf eine mögliche Ursache ihrer Gabe. „Jetzt wollen wir mal schauen, was genau ich ausstrahle.“
Charlotte wandte sich den Filterfolien zu und nummierierte sie willkürlich. Die erste Folie befestigte sie mit Klebeband am Stativ, sodass diese vor dem Objektiv hing. Wieder begann sie, das Buch zu zeichnen und machte dabei Photos. Nach und nach verwendete sie alle Folien auf diese Weise.
Nach einer weiteren Expressentwicklung ging Charlotte an ihrem Schreibtisch die neuen Abzüge durch und notierte, bei welchen Filterfolien sie den blauen Ring sah.
Im ersten Moment enttäuschend war, dass alle Bilder den Ring zeigten. Aber einen feinen Unterschied bemerkte Charlotte bei der Folie, welche die kürzesten Wellenlängen abblockte. Auf dem dazugehörigen Bild war der Ring etwas weniger intensiv ausgeprägt.
„Ein Produktionsfehler?“, murmelte Charlotte. Zwar wäre dies möglich, aber es gab eine einfachere Erklärung. „Wenn ich zeichne, emittieren meine Augen irgendetwas. Ob Licht oder Materie, das ist unklar. Auf jeden Fall etwas, das sich so verhält, als wäre es Licht, das weit im Ultravioletten liegt. Vielleicht sogar noch darüber hinaus. Und ein bisschen davon wird von dieser einen Folie geschluckt.“
Charlotte lehnte sich im Sessel zurück.
„Unglaublich! Und jetzt ist wohl klar, was die Funktion dieser Pyramidenzellen in meinen Augen ist.“
Ganz in ihr Experiment und ihre Schlussfolgerungen versunken, schrak Charlotte richtiggehend zusammen, als plötzlich das Telefon läutete. Sie sprang auf und lief in den Flur hinaus.
„Charlotte Bernstedt“, meldete sie sich.
„Hi, Char“, tönte Phils Stimme vom anderen Ende her. „Hast du Zeit für einen Auftrag, oder musst du gleich los zu einer neuen Rettungstat? Vielleicht wird irgendwo gerade eine Segelyacht gekapert?“
„Haha“, gab Charlotte zurück. „Ich hätte dir besser nichts davon erzählen sollen.“
Phil lachte. „Wie soll das gehen? ‚C.B. legt Entführertrio flach‘. So und so ähnlich lauten die Schlagzeilen in den Zeitungen. Selbst ohne dich persönlich zu kennen, ist es ja nicht schwer, herauszufinden, wer damit gemeint ist. Das hat ja auch deine neue Freundin Julia problemlos geschafft.“
„Akzeptiert. - Also, worum geht es bei dem Job?“
Phil wurde übergangslos ernst. „Du warst im Flugzeug eine Art Bodyguard. Und genau so jemanden brauche ich gerade.“
„Wen soll ich schützen?“, wollte Charlotte wissen.
„Mich. Ich glaube, jemand beobachtet mich.“
ENDE
(Inspiration: Die Geschichte basiert in Teilen auf der ersten Flugzeugentführung in Amerika aus den 1970ern)