Cuatro Amigos und die Präriewölfe (Ein Kinderkrimi für Kinder ab 10 Jahren)

Ana Lyst

Mitglied
Cuatro Amigos und die Präriewölfe

Freitag, 11. Oktober 2019
Nichts ist mehr, wie es einmal war!
Leon Kamp schnappt nur wenige Wortfetzen seiner Mitschüler auf. Unruhig rutscht er dabei im Klassenraum des alten Backsteingebäudes auf seinem Stuhl hin und her.
Es ist Freitag und Frau Wehner verliert kein einziges Wort über diese eine Sache.
An einem besseren Tag hätte sie das Problem auf den Punkt gebracht.
Nicht aber dieses Mal! Nichts lässt sie sich anmerken.
Und diese Ungewissheit vertreibt Leons Vorfreude auf die freien Tage.
Besorgt richtet er seinen ängstlichen Blick aus dem Fenster und das tosende Geschrei vom Klassenraum hallt über das gesamte Schulgelände.
Herbstferien!

Den Blick von seinem nagelneuen Fahrrad wieder losgelöst, welches dort unten im Fahrradkäfig der 14. Gesamtschule angeschlossen steht, schaut er zu Paul hinüber.
Der sitzt zwei Bankreihen weiter vorn und fuchtelte wie ein verrückt gewordener Schimpanse mit seinen Händen in der Luft herum und ruft ständig: »Ferien«.
Andere Kinder der 4b benehmen sich genauso.
Paul ist einer seiner besten Kumpels, etwas kräftiger gebaut und kann eine große Pizza schon einmal allein verdrücken. Genauso groß wie Leon, nur mit einer entschieden größeren Ansammlung von strohblonden Haaren auf dem Kopf, die sich für eine bestimmte Frisur noch nicht entschieden haben.
Außerhalb der Schule treibt Paul Judo und ist damit auch ziemlich erfolgreich. Was die schulischen Leistungen angeht, da sticht keiner der beiden Jungs durch Sternstunden hervor, was derer Freundschaft aber keinen Abbruch tut.

»Du freust dich ja gar nicht.« Celine, sie sitz am Tisch neben Leon, hat ihn angerempelt. Wuselig streckt sie die Arme nach oben und schwenkt sie hin und her.
Aber ihre sonst so fröhlich wirkenden Sommersprossen, zeichnen eine besorgte Miene, während ihr wegen dieser Hampelei die langen, roten Haare ständig ins Gesicht peitschen.
»Leon, was ist denn mit dir los?«
»Alles gut.« Er sieht wieder zu seinem Fahrrad hinaus.

Schüler der älteren Klassen sind längst über den Hof in Richtung des Fahrradkäfigs unterwegs.
Auch Ralle aus der 10b. Genau genommen heißt er Ralf Krakowski, ist sehr groß gewachsen und echt sportlich.
Der spürt Leons Blick im Nacken und dreht seinen Kopf zu dem Fenster, an welchem der Neunjährige sitz.
Mit einer gekonnten Bewegung wedelt Ralle nun seine schwarzen Locken von der Stirn zur Seite. Überdeutlich reißt er die Augen auf und ballt seine rechte Faust straff zusammen, bevor er sie in die linke Hand einschlägt.
Das gilt Leon!

Im gesamten Schulgebäude steigt der Lärmpegel weiter deutlich an.
Und endlich tönt auch die von allen herbeigesehnte Schulglocke.

»So und jetzt raus mit euch. Ich wünsche euch schöne Ferien und bleibt alle gesund!« Mit einer Hand wischt sich Frau Wehner Strähnen aus dem Gesicht und räumt ihren Kram vom Lehrertisch zusammen.
Gerlinde Wehner, die dienstälteste Lehrerin an dieser Schule, wirkt ratlos.

Ohne Ausnahme flitzten die Kinder ins Freie.
Leon, Celine, Paul und Ramon schlendern gemeinsam aus dem Schulgebäude und gehen zu ihren Bikes. Auf dem Weg quatschen sie alle durcheinander.
Und natürlich geht es um die soeben begonnenen Ferien. Aber keiner von ihnen hat Großes vor.

Nur wenige Fahrräder stehen jetzt noch im Käfig.
Kurz vor seinem lindgrünen Pegasus bleibt Leon stehen, nimmt die Schultasche von der Schulter und krachte sie auf die Erde.
»Das kann doch nicht wahr sein!« Schniefend stampft er weiter bis zu seinem Zweirad, stoppt dort und stößt mit der Fußspitze dagegen:
»Ein absoluter Platten!«
»Vorne auch, Alter.« Paul kniet sich an das Vorderrad und drückt mit Daumen und Zeigefinger den schlaffen Reifen zusammen.
Beide Ventile fehlten komplett.

Geteiltes Leid ist halbes Leid!
Gemeinsam schieben die vier Freunde ihre Räder und mutmaßen frei von der Leber heraus.
»Klarer Fall, Leon! Auf dich hat es einer abgesehen!«, meint Paul unterwegs.
»Oder das war Ralle aus der 10.«, fügt Ramon gleich an.
Ramon, die Laberbacke ist ein Pfundskerl, der sich selbst gerne reden hört. Er ist mexikanischer Herkunft und so ziemlich an allem interessiert, was auf der Erde kreucht und fleucht. Seine Eltern betreiben unweit der Schule ein Restaurant, weshalb Ramon dort auch sehr oft aushelfen muss und schon deswegen wenig Freizeit hat.

Leon bleibt stehen und guckt seine Freunde erschrocken an.

»Der soll ja jetzt auch ein Präriewolf sein!«, flüstert Celine den Jungs zu.
»Wie kommt der zu den Präriewölfen!«, fragt Paul.
»Na, hallo? Den sein Bruder, also Andy, ist doch der Leitwolf.«, ergänzt Celine selbstbewusst.
»Was? Andy ist den sein Bruder? Dieser Idiot?« Ramon lacht erst albern, wird dann aber urplötzlich ernst und meint:
»Leute! Heute war irgendetwas in der Schule los! Der gesamte Flur am Lehrerzimmer war abgesperrt. Da kam keiner durch!« Paul unterbricht ihn und meint: »Ja, ja, genau. Und ich glaube, die Polizei war in der Schule, also die Kripo! Die waren nicht in Uniform und die hatten schwarze, große Koffer, wo Kriminaltechnik draufstand, dabeigehabt.«
»Wegen Ralle und Andy? Meint ihr, die waren deswegen in der Schule?« Celine zeigt sich eher ungläubig und erhebt ihre Stimme kindlich.
»Weiß man´s?«, erwidert Ramon und reißt dabei die Augen eigenartig groß auf.
»Quatsch!« Leon beendet diese Hirngespinste:
»Wer weiß, was du wieder gesehen hast!«
»Glaub´s oder glaub´s nicht!« Paul ist angefressen und im Begriff weiterzugehen.
»Hört auf zu streiten! ...«, Celine rempelt erst Leon an, hält dann Paul fest und ruft weiter:
»... es wäre nicht das erste Mal, dass Ralle an einem unserer Fahrräder herum macht. Und die Polizei habe ich selber auch im Schulgebäude gesehen!«
»Frag doch deinen Vater, der wird´s ja wohl wissen!« Paul ist wieder der Alte.

Langsam schieben die vier Freunde ihre Räder weiter.
»Ich bin mir sicher, dass Ralle die Ventile aus meinen Reifen gedreht hat.«
»Bist du sicher?« Ramon bleibt stehen.
»Orr, Ramon! Das habe ich doch gerade gesagt!«
»Dann können wir das mit der Polizei vergessen!«
Alle sehen Celine verwundert an.
»Der Vater von Ralle und Andy ist Rechtsanwalt.«

Damit steckt Leon so richtig in der Zwickmühle.
Würde er seinem Vater erzählen, wer die Ventile aus den Rädern geklaut hat, dann müsste er auch von der anderen Sache berichten.
Und dafür ist es eindeutig zu spät!
Das würde sein Vater ihm nie verzeihen.

»Ich habe eine Idee!«, meint Celine sehr geheimnisvoll, während sich die Freunde zappelig um ihr versammelten. Weiter flüstert sie:
»Klar ist, dass wir etwas unternehmen müssen.«
»Was willst du tun?« Ramon ist total aufgeregt und ahnt bereits, dass das abenteuerliche Ferien werden könnten.
»Wir werden es Ralle heimzahlen!«
Die vier Freunde sehen sich einige Sekunden lang an, so als würden sie die Tragweiter dieser Worte von Celine noch verarbeiten müssen.
Es ist ein sehr rätselhafter Moment. Ihre Lippen bewegen sich, ohne dass einer ein Wort herausbekommt. Dann fragt Paul sehr zögerlich:
»Du willst die Ventile aus seinem Bike klauen?«
Celine reagiert genervt auf diese stumpfsinnige Gegenfrage:
»Quatsch! Viel besser! Wir lassen die Präriewölfe hochgehen!«

Das ist ein Hammer!
Die Präriewölfe sind eine gefürchtete Bande, nicht nur an dieser Schule. Auch Kinder anderer Schulen gehen ihnen lieber aus dem Weg.
Die verschworene Clique einigt sich darauf, sich am Abend, um sechs Uhr an der katholischen Kirche, in der Nähe der Schule zu treffen.
Die sportliche Celine radelt sofort nach Hause, Ramon rennt mit seinem Fahrrad die wenigen Meter bis zu dem Altstadthaus, in dem seine Eltern das bekannte Restaurant betreiben. Leon und Paul schieben ihre Bikes weiter, bis sich Pauls Weg abzweigte und er mit dem Fahrrad weiterfährt.
Auf den letzten Metern bis zu seinem Wohnhaus geht Leon noch so einiges durch den Kopf. Völlig ahnungslos, wie er seinen Freunden klar machen soll, dass er sich mit diesem Ralle und den Präriewölfen gar nicht anlegen könne, ohne am Ende als Feigling dazustehen.
Seine Gedanken drehen sich immer wieder darum, dass dieser schreckliche Ärger mit einer Beobachtung zu tun hat, die er vergangenes Wochenende gemacht hatte.
Seitdem fühlt er sich nicht mehr sicher und am schlimmsten ist, dass er seinen Freunden und seinem Vater nicht die ganze Wahrheit erzählt hatte.

Es ist dunkel.
Der Mond zeigt an diesem Abend keine klaren Umrisse und ist von einem blassen Dunst umgeben.
Es ist frisch und das Läuten der Kirchturmuhr schon einige Minuten verhallt.
An der kleinen Nische in der Mauer zum Pfarrhaus hin, gleich neben der Kirche, stehen Leon, Paul und Celine im Schein einer flackernden Straßenlaterne.
Ramon ist nicht gekommen.

»Ich habe nicht viel Zeit, muss um sieben wieder zu Hause sein.«
»Orr nee, Celine! Wir haben Ferien.« Paul war bis über den Hals in einen Schal eingewickelt und schon daher schlecht zu verstehen.
»Das verstehst du nicht. Meinem Opa geht es nicht gut und da will sich meine Oma nicht auch noch Sorgen um mich machen müssen.«
»Jetzt zankt doch nicht!« Leon ist genervt.
»Ich kann auch nicht ewig bleiben.«

Sie schauen sich um.
Niemand ist in der Nähe.
Alles sieht sehr einstudiert aus.

Paul lehnt sich plötzlich mit dem Rücken an die Steinmauer und macht eine Feuerleiter.
Celine steigt als Erste auf seine zusammengefalteten Hände und streckt die Beine durch. Sie schaut über die Mauer in den Garten des Pfarrhauses hinüber.
»Die Luft ist rein!«, und schwupp, hat sie schon ein Bein über die Mauer geschwungen und sich zur Gartenseite hin abgerollt.
Plumps! Die ist drüben.
Paul und Leon folgen ihr nicht ganz so elegant. Schließlich springen auch die beiden in den Garten zu Celine. Im halbdunklen Garten angekommen, klopfen sie den Schmutz der Mauer von ihrer Kleidung und schauen sich an. Dann kichern sie ziemlich klanglos. Es hat mal wieder funktioniert.
Sie huschen weiter durch den kleinen Garten und hocken sich direkt an den Stamm einer riesigen Trauerweide.
Derer Äste hängen bis zum Boden herab und bilden eine herrliche, fast geheimnisvolle Kuppel.
Auf die großen, gleich neben dem Stamm liegenden Sandsteinblöcke setzen sie sich.
Und das wie es scheint, nicht zum ersten Mal.

Das Pfarrhaus ist schon lange unbewohnt. Pauls Vater hatte das einmal erzählt, weil er sich über den Leerstand des schönen Hauses aufgeregt hatte.
Hier haben die Freunde schon lange ihren geheimen Treffpunkt.

»Leute, wir brauchen einen Plan!« Paul beugt sich nach vorne und reibt seine Handflächen aneinander.
Es ist frisch, aber bei ihm scheint es die Unruhe zu sein.
»Wir sollten uns erst einmal einig darüber sein, dass wir uns mit den Präriewölfen anlegen.«, beginnt Leon mit flatternder Stimme.
»Na, dich ärgern die ja auch nicht. Ich bin für die immer nur die Dampfwalze oder Schwappelbauch.« Paul wirkt betroffen, es scheint ihn wirklich zu bewegen.
Seinen Freunden war das bislang nicht aufgefallen und Paul hatte noch nie darüber erzählt.
»Alter, die sind doch blöd. Hör nicht darauf.«, erwidert Leon verständnisvoll.

»Also mich ziehen die damit auf, dass ich keine Eltern mehr habe und bei meinen Großeltern lebe.«
Celine, die sonst ziemlich taff ist, wirkt bedrückt und sagt weiter: »Ich kann gar nichts dafür. Meine Großeltern sind voll lieb.«

Nun herrscht eine ganze Weile lang Ruhe, keiner sagt etwas und alle starren auf den dunklen, grasigen Boden.
Doch wie aus heiterem Himmel wird die Ruhe durch einen mächtigen Knall zerrissen. An dem alten Holztor zum Pfarrhaus hin, eigentlich ist es nur noch ein alter brauner Bretterverschlag, hat es fürchterlich gerumpelt.
Zwei schmutzig graue Tauben flattern sofort aufgeregt aus der Trauerweide in den dunklen Himmel. Erschrocken springen die Freunde auf und keiner gibt einen Mucks von sich. Celine stellt sich hinter Leon und dann ..., dann hören sie ein jammerndes Klagen.
Eine eigentlich vertraute Stimme sagt:
»Verdammt noch´ mal. Wer hat denn hier den Kies hingestreut.«
Keine Zweifel! So kann nur Ramon fluchen.

Weil er spät dran und mit seinem Fahrrad zu schnell gefahren ist, ist er auf dem Radweg direkt vor der Kirche im Schotter weggerutscht und gegen das Holztor gekracht.
Nachdem sich alle von diesem Schreck erholt haben, helfen die beiden Jungs Ramon über die Mauer und machen sich natürlich auf seine Kosten hin lustig. Als endlich wieder alle auf den Sandsteinblöcken sitzen, will Celine schließlich wissen, warum er erst jetzt gekommen sei.

»Weil er die Uhr nicht lesen kann, das ist doch ganz klar!«, mischt Paul sich ein.
Auch dieses anschließende Gelächter verstummt und Ramon meint nun:
»Die Polizei war bei uns zu Hause!«

Zack!
Wie nach einem Stich ins Herz krampft Leons Körper zusammen.
»Die Polizei!« Sein Atem stockt.
Ramon wird doch nichts erzählt haben?

»Meine Mutter wurde vor zwei Wochen überfallen.«
»Ist nicht wahr!« Paul rempelt Leon an, dessen Mund noch immer offensteht.
»Wenn ich´s doch sage! Bei uns in der Gaststätte. Irgend so ein Kerl ist da mit ´nem Messer auf sie los und hat das Geld gestohlen.«
»Wie geht's deiner Mutter, ist sie verletzt?«, fragt Celine und ergreift Ramons Hand. Paul bekommt sich wieder ein und Ramon berichtete im Anschluss ziemlich stolz, dass seine Mutter vor Wut und Aufregung, dem Dieb eine große Porzellantasse hinterhergeworfen und ihn sogar noch getroffen hatte. Außer einem großen Schrecken, ist seiner Mutter aber nichts passiert. Sie sei sehr verärgert darüber, dass sie den jungen Räuber nicht erkannt hatte, weil er einen Schlauchschal bis über die Nase gezogen hatte. Aber dort, wo die Porzellantasse auf seine schwarzen Locken traf, sollte er jetzt eine große Beule haben. Allerdings sind die Tageseinnahmen der Gaststätte mit dem unerkannt gebliebenen Räuber weg.

»Und da kommt die Polizei erst zwei Wochen später zu euch?«, fragt Leon noch immer etwas ungläubig.
Die anderen stimmen ihm wortlos zu und sehen zu Ramon, was er dazu zu sagen hat.
»Nein, die waren vor zwei Wochen schon einmal bei uns und haben die Aussage meiner Mutter aufgenommen.«, überschlägt sich Ramon in der Stimme.
»Ganz ruhig Ramon, deiner Mutter ist doch nichts passiert.« Celine versucht behutsam, auf Ramon einzuwirken.
Ramon steigert sich immer weiter und will jetzt alles loswerden, was er in den vergangenen Stunden erfahren hatte.
Es ging darum, dass am letzten Wochenende in der Schule eingebrochen wurde und dass aus dem Lehrerzimmer ein Laptop und die gesamte Reisekasse einer zweiten Klasse entwendet wurden. Aufgrund von Tatsachen, die Ramon nicht so richtig verstanden hatte, vermutet nun die Polizei einen Zusammenhang mit dem Überfall auf das mexikanische Restaurant, also Ramons Mutter.

»Also doch! Ich habe doch gewusst, dass in der Schule was vorgefallen ist.«
Paul schlägt sich mit einer Hand auf den Oberschenkel. Anscheinend etwas zu derb, denn gleich danach reibt er sich unentwegt mit einer Hand an genau dieser Stelle des Oberschenkels.
»Aber welche Verbindungen?«, denkt Celine laut und sieht dabei Leon an.

Zwischenzeitlich weitet sich das Dunkel der beginnenden Nacht aus und die Kälte kriecht den Freunden unter die Haut. Die Turmuhr schlägt die siebte Stunde.
Etwas entfernt kreischten zwei sich streitende Katzen auf. Leon, der zwischenzeitlich aufgestanden ist und wie ein Lehrer vor der Meute auf und ab geht, kratzt sich am Hinterkopf. Schließlich rauft er sich mit beiden Händen die Haare und meint:
»Ich kann euch sagen, was das Problem ist.« Alle schauen ihn erwartungsvoll an.
»Welches Problem?«

Schlussendlich schildert Leon noch fast bis zwanzig Uhr von den Erlebnissen, seiner Feststellung am vergangenen Wochenende, der folgenden Angst und der Ratlosigkeit, die ihn seitdem beherrschen. Als seine Stimme wieder verstummt, die Fragen seiner Freunde alle beantwortet sind, spürt keiner der Freunde noch irgendetwas von Kälte.
Allen steht die Aufregung ins Gesicht geschrieben.
Absolute Ruhe.
Doch dann sagt Paul als Einziger etwas:
»Scheiße, Alter. Du hast in der Tat ein Problem!«

Samstag, 12. Oktober 2019
Leon ist keinesfalls in Ferienstimmung.
Seine Mutter befindet sich bereits in ihrer Apotheke. Thea, die kleinere Schwester von Leon, hält sich schon seit gestern Nachmittag bei den Großeltern auf.
Einzig Leons Vater ist zu Hause. Eigentlich war verabredet, dass Leon heute selbständig mit dem Fahrrad zur Oma fährt.
Dort wollten er und seine Schwester gemeinsam mit dem Opa ein Igelhäuschen bauen.
»Dann rufst du aber bei Oma an und sagst, dass du nicht kommen kannst, weil du dich mit deinen Freunden treffen willst.« Leon nickt seinem Vater bestätigend zu, während er seine Cornflakes hineinschaufelt.
»Haben die euch gestern in der Schule eigentlich etwas gesagt?«, quatscht sein Vater weiter auf ihn ein.
»Was meinst du?«, fragt Leon etwas verzögert zurück.
Natürlich kann er sich denken, worauf die Frage seines Vaters abzielt.
»Na haben die euch etwas über den Einbruch in der Schule erzählt?«
»Ein Einbruch? Nein, davon weiß ich nichts.« Und schon ist Leon fertig mit frühstücken, räumt zügig und ganz gegen seine Gewohnheit eigenständig sein Geschirr in die Spülmaschine. Noch bevor sein Vater nachfragen kann, befindet sich Leon schon in der Garage und schwingt sich auf Theas Bike.
Kräftig tritt Leon in die Pedalen, erhebt sich zwischendurch aus dem Sattel, um auf dem für ihn zu kleinen Fahrrad schneller und kräftiger treten zu können.

Ein riesiger Stein ist ihm vom Herzen gefallen, seit er seinen Freunden gestern Abend alles erzählt hatte.
Lange hätte er das nicht mehr mit sich allein ausmachen können. Und nun ist sich Leon auch sicher, dass er seinen Vater in diese Angelegenheit überhaupt nicht zu informieren bräuchte. Er wird das Problem mit seinen Freunden höchstpersönlich klären und sein Vater wird nichts mitbekommen.

Knirschend schießt loser Sand unter dem Reifen empor, als Leon an der Zieladresse angekommen die Seitenzugbremse des Hinterrades zieht.
Rasant schiebt sich das Fahrrad seitlich bis zum Hauseingang und bleibt gekonnt stehen.
Helm runter, Haare geordnet und Klingel gedrückt.
Wenige Sekunden später steht Celine Schultheiß schon einsatzbereit an der Tür.
Celine, die in ihrer Freizeit in einem Leichtathletikverein Sport treibt, fährt ein modernes Mountainbike.
Ihren Haarschopf hat sie wegen des Fahrradhelmes unterwegs immer zu einem Pferdeschwanz gebunden. Sie gehört zu den beliebtesten Mädchen der Klasse.
Auch deswegen ist Leon stolz, mit ihr so gut befreundet zu sein. Gemeinsam radeln die Beiden nun zum Restaurant von Ramons Eltern.
Paul sitzt bereits an einem kleinen Tisch und quatscht mit Ramons Mutter.
Das Restaurant selbst hat zu dieser frühen Stunde noch geschlossen.

Celine und Leon stoßen dazu und jeder der vier Freunde bekommt nun eine Limonade von Frau Martinez spendiert.
»Wusstet ihr, dass Präriewölfe eigentlich Kojoten sind?«, eröffnet Ramon dieses geheimnisvolle Treffen.
»Und dass es sogenannte Leitwölfe bei denen in der Freiheit überhaupt nicht gibt?«
»Woher willst du das so genau wissen?«, erkundigt sich Paul bei ihm.
»In unserem Heimatland, also in Mexiko, da gibt es noch Präriewölfe. Da weiß das eigentlich jeder.«, ergänzt Frau Martinez.
»Und warum spricht man auch von einem Leitwolf?«, fragt Celine.
»In der Gefangenschaft, also zum Beispiel in einem Zoo, da bilden sich sogenannte Hierarchien heraus und bei dem Leittier spricht man dann von einem Leitwolf.« Frau Martinez setzt sich zu den Kindern an den Tisch und stellt für Paul lächelnd eine kleine Schale mit überbackenen Tortilla- Chips auf den Tisch. Während Paul bis über beide Ohren grient und sich sein Gesicht zu dem eines Honigkuchenpferdes verformt, erzählt Frau Martinez weiter:
»In der freien Wildnis aber, da führen die Elterntiere das familiäre Rudel.« Frau Martinez, die während Ihrer Schilderungen in einem angrenzenden Bücherregal kramt und urplötzlich ein Buch über die mexikanische Wildnis in der Hand hält, will den Kindern gerade weitere Ausführungen geben.
»Danke Mom, wir müssen dann auch schon los!«, Ramon springt urplötzlich auf, nimmt einen letzten großen Schluck seiner Limo in sich auf und klopft den anderen auf die Schulter.
»Los, wir haben zu tun!«.

Vor dem Restaurant schauen die Freunde Ramon fragend an.
Wollten sie sich nicht heute hier im Restaurant treffen, um zu besprechen, wie sie Leon aus seiner schwierigen Situation herausbekommen könnten?
»Leute, wenn meine Mutter mitbekommt, dass wir uns in die Ermittlungen zu dem Einbruch und den Überfall auf das Restaurant einmischen, dann lässt die nicht locker und schleppt uns bis zur Polizei.«
»Ramon hat Recht. Wir müssen uns ein geheimes Hauptquartier einrichten, wo wir uns ungestört treffen und beratschlagen können!« Endlich beginnt Leon, das Zepter zu übernehmen.
»Und damit wir wetterunabhängig sind, schlage ich vor, dass wir uns im alten Pfarrhaus einrichten.«

Die Diskussion vor dem Restaurant nimmt Fahrt auf.
Es wird besprochen, wer was für die Ausstattung des Hauptquartieres zu besorgen hatte.
Eine Parole für das Betreten des Hauptquertieres ist gefunden und auch ein Name für dieses geheime Bündnis.
Fortan will man unter dem Decknamen Cuatro-Amigos auftreten.
Eingefleischte Detektive wissen natürlich, das ist Spanisch und heißt auf Deutsch: Vier Freunde.

+++

»Ist dort die Polizei, hallo, hören Sie mich?« Der ältere Herr richtet das Telefon an sein Ohr und wirkt in diesem Moment etwas sonderbar.
Er dreht sich zu einer geschützten Hausecke hin und hält die andere Hand schützend vor das Handy.
»Hier ist Karl Beckenbauer aus der Pfarrstraße 9. Kommen Sie schnell, hier sind Rabauken am Werk, die hauen alles kaputt und beschmieren die Häuser.«

Lärmendes Dröhnen und Rasseln übertönen die Worte des alten Herren.
»Alter, mach ma hier keen Zwergenaufstand. Verschwinde, sonst musste im Krankenhaus Abendbrot essen!«, ruft der eine von seinem Moped zu ihm.
Der trägt einen schwarzen Motorradhelm und hat auch ansonsten dunkle Sachen an.
Sein Halstuch ist bis über den Mund auf seine Nasenspitze gebunden, sodass man nur noch die dunklen Augen unter seinen schwarzen Locken sehen kann.
Der eingeschüchtert ältere Herr, läuft nun zügig zwischen den vielen knatternden Mopeds hindurch und entfernt sich schnell von dort.
Die anderen Rabauken lachen dümmlich und lassen Kraft protzend die Motoren ihrer Zweiräder aufheulen.
Allerdings und das war sehr clever von Karl Beckenbauer, hatte er sein Handy nicht aufgelegt, als er von den Mopedfahrern bedrängt wurde.
So konnte der Polizist am anderen Ende die Bedrohung mithören und schickte sofort einen Funkstreifenwagen in die Pfarrstraße. Als die aber dort eintreffen, finden sie nur noch umgeworfene Mülltonnen und mit Farbe besprühte Hauswände vor. An einigen Schmierereien sind obendrein auch noch blauen Umrisse eines Wolfskopfes gesprüht.

Die Polizisten sehen sich den Schaden an.
Dann meint der eine zu dem anderen:
»Das wird ja immer schlimmer. Das ist nun schon der zweite Vorfall in dieser Woche!« »Hier gucke doch ...« Der zweite Polizist zeigt auf den Wolfskopf und meint weiter:
»...die Präriewölfe, das ist eindeutig die ihr Zeichen.«
»Wenn wir die doch nur auf frischer Tat erwischen würden.«
»Ich weiß, wir haben keine Spuren und keine Zeugen.«
»Genau. Und wir wissen nicht, wie wir die drankriegen können.«
»Na, dann machen wir das, was wir immer machen. Wir werden Spuren suchen, Fotos machen und fahren zu Herrn Beckenbauer nach Hause. Vielleicht kann der uns mehr zu den Tätern erzählen.«
Als letzten Endes die Polizisten im Streifenwagen in langsamer Fahrt die Pfarrstraße zurückfahren, kommen ihnen aus der Kastanienallee schon die Cuatro-Amigos mit den Rädern entgegen.

»Hey Leon, ist das nicht dein Vater dort im Streifenwagen?«
»Mensch Ramon, mein Vater ist doch bei der Kripo.«
»Genau, die fahren in ganz normalen Autos, nicht in diesen Streifenwagen. Habe ich Recht Leon?« Celine radelt sofort zu Leon vor und will seine Bestätigung.
Doch der springt von dem für ihn viel zu kleinen Bike und deutet auf eine Hauswand.
»Alter, was ist denn hier los?« Paul kann es gar nicht fassen.
Die vier Freunde schauen auf viele beschmierte Hauswände.
»Wer war das denn?« Mit den Fingern wischt sie dabei über die Graffitis.
»Äh, das ist ja noch frisch ...«, Celine kräuselt ihre Nase und schaut sich beschämt um, wo sie ihre Finger reinigen könne.
»Die Präriewölfe waren hier!« Leon vermag mit seiner geheimnisvollen Aussprache bestimmte Situationen besonders hervorzuheben.
»Wie kommst du jetzt auf die Präriewölfe?«, will Ramon schließlich wissen.
»Leon hat Recht.« Paul klärt das Geheimnis auf.
»Seht dort hin! Der blaue Wolfskopf an der Wand. Das ist die ihr Zeichen.«
»Aber was machen die in unserem Wohngebiet?«, fragt sich Celine und wischt die Finger nun doch in ihrer Hose ab.
»Das stimmt, hier waren die sonst noch nie unterwegs!« Paul guckt zu Leon.
»Da ist noch so ein Wolfskopf, dort auch und da hinten.« Mit verschränkten Armen schreitet Celine nun auf dem Fußweg entlang der Schmierereien und grummelt weiter:
»... ich verstehe das alles nicht.«
»Das ist eine Warnung!« Leon steht an einer extrem beschmierten Hauswand.
»Diese Warnung gilt mir!« Leons Freunde sind auf einmal Mucksmäuschen still und sammeln sich um ihn.
»Wie kommst du da drauf?«
»Nur so ein Gefühl. Seit dieser Sache ist so einiges passiert. Erst meine Beobachtung, dann die ständigen Bedrohungen von Ralle, wenn ich dem begegne. Dann die Ventile aus meinem Fahrrad und nun zeigen sie mir, dass sie ganz dicht bei mir sind.«
»Damit du ja deine Klappe hältst.« Ramon versteht es allmählich.
»Ihr meint wirklich, dass Ralle so einen Wirbel macht, nur weil du ihn mal gesehen hast?« Offensichtlich sieht Celine das etwas anders.
»Na klar, das kann schon sein. Wenn das rauskommt, ist Ralle endgültig dran. Der hat schon einiges auf dem Kerbholz!«, schließt sich Paul den anderen Jungs an.
»Da könnte sein Vater, der Herr Rechtsanwalt, ihm auch nicht helfen.« Celine wird langsam stutzig.
»Und Ralle weiß, dass mein Vater Polizist ist!« Leons Augen verharren an einer großflächigen Schmiererei mit schwarzer Farbe: A C A B
»Was soll das bedeuten?« Celine stupst Leon an und deutete mit dem Kopf in Richtung dieser vier Buchstaben.
»Das ist so eine englische Abkürzung. Ich weiß nicht genau, wie das heißt, aber das ist etwas gegen die Polizei!« Seine Stimme klang betroffen.
»All Cops Are Bastards« Ramon tippt inzwischen auf dem Display des Handys seiner Mutter und hat die vier Buchstaben bereits gegoogelt.
»Das heißt so viel wie: Alle Polizisten sind Bastarde!«
Ungläubig schaut er in die Gesichter seiner Freunde.
»Das ist krass!« Celine kann ihren Mund nicht mehr schließen.
»Umso wichtiger, dass wir mit unserer Mission beginnen.« Leon schnappt sich das Fahrrad und düst die Pfarrstraße weiter entlang.
Seine Freunde folgen ihm.
Dort an der alten Laterne, wo die Straße einen kleinen Bogen macht, verläuft die Mauer zum Pfarrgarten hin.
Sie fahren weiter bis zum Pfarrhaus, wo Leon erklärt, dass es eine Planänderung gibt und das Hauptquartier warten muss.
Sie hetzen die Straße weiter bis zur 14. Gesamtschule hin.

+++

Bernd Schlecker steht auf dem Türschild, darunter in Schrägschrift Hausmeister.
In diesem Kellerbüro der 14. Gesamtschule ist natürlich auch während der Ferien ständig Trubel zu vernehmen.
Aber was in diesen Ferien im ganzen Schulhaus für ein Remmidemmi veranstaltet wird, ist selbst dem Herrn Schlecker so noch nicht vorgekommen.
Der Schuldirektor und einige Lehrer sind ebenfalls emsig darin unterwegs. Natürlich dreht sich alles um diesen Einbruch in die Schule. Auch Frau Wehner ist da und läuft gerade über den Schulhof. In einiger Entfernung erkennt sie an den alten Brombeerbüschen, gleich seitlich am Schulgebäude, einige Schüler. Das ist nun wirklich merkwürdig! Welche Schüler würden in den Ferien freiwillig zur Schule gehen.
Sie beschließt, diese Schüler ein wenig zu beobachten, vielleicht haben diese ja etwas mit dem Einbruch zu tun. Also stellt sich die Deutschlehrerin in den Fahrradkäfig und beobachtet von dort aus die Kinder. Jetzt erkennt sie diese auch.

Kurz nach dem Mittag schleichen Leon, Ramon, Paul sowie Celine durch die Büsche.
Total aus dem Häuschen gestikuliert Leon vor seinen Freunden, zeigt erst zur Straße und dann wieder auf das Schulgebäude hin.
»Was haben die hier nur zu suchen?«, fragt sich Frau Wehner und kann gar nicht glauben, dass gerade diese vier Schüler etwas mit dem Einbruch zu tun haben sollten.
Doch dann zeigt Leon auf genau das Kellerfenster, welches bei dem Einbruch zu Bruch gegangen war und durch welches der Täter in das Gebäude kam.
Das konnte nur der Täter persönlich wissen!
Die Lehrer hatten extra auf Anraten der Polizei den Schülern absichtlich nichts davon erzählt.
Also muss zumindest Leon etwas mit dem Einbruch zu tun haben.
»Wie man sich doch in den Kindern täuschen kann!«, flüstert Gerlinde Wehner gerade noch hörbar und ihre Lippen bewegt sie dabei kaum.

Sie haben keine Ahnung, dass sie beobachtet werden.
Die vier Freunde stehen inmitten der Brombeerbüsche und Leon schildert, wie er vom Fahrrad gesprungen war, als er das Klirren der Glasscheibe gehört hatte.
An dem besagten Samstagabend war es bereits dämmrig gewesen, sein Gitarrenunterricht in der unweit gelegenen Musikschule, schon zwanzig Minuten zu Ende.
Er schildert weiter, dass in der Gesamtschule nirgends mehr Licht gebrannt hatte und auch ansonsten keine Fahrräder im Käfig zu sehen waren.
Noch unentschlossen darüber, wie er sich weiter verhalten sollte, hatte er im Gebäude der 14. Gesamtschule plötzlich den nervösen Schein einer Taschenlampe erkannt.
Sofort stellte er sein Fahrrad und die Gitarre genau hier in den Sträuchern versteckt hin, wo sie geradestehen würden. Nachdem er auch noch die zerschlagene Fensterscheibe am Kellerfenster entdeckt hatte, sei er geübt am Schulgebäude entlang geschlichen, bis zur hinteren Doppelflügeltür.
Eine alte, feste Holztür, die eigentlich nur noch vom Hausmeister und von den kleineren Klassen, die vom Schulgarten kommen, genutzt würde.
Vor dieser dunkelgrünen Tür hätte Leon dann gestanden und überlegt, ob er die Klinke nach unten drücken sollte.
Doch dann hörte er vom Treppenhaus her polternden, größer werdenden Krach.

»Was hast du gemacht, Alter?«, mischt sich jetzt Ramon in Leons Schilderung ein.
»Orr, echt gruslig ... ich wäre abgehauen!«, schlottert Celine gleich hinten dran.
»Ich wäre reingegangen ...!«, bläst sich Paul zwischendrin auf.
Dass er vor Angst fast zur Salzsäule erstarrt war, erwähnt Leon in seiner Beschreibung lieber nicht, vielmehr aber, dass mit einem Schlag die Tür von innen her aufgerissen wurde und der Einbrecher vor ihm stand. Beide hätten sich erschrocken angeschaut. Der Einbrecher war ohne Maske, hatte einen schwarzen Rucksack auf, hielt eine Taschenlampe in der Hand und leuchtete dem Jungen damit grell ins Gesicht. Leon hatte weder zu Schreien noch wegzurennen vermocht.
Bereits in der nächsten Sekunde ergriff ihn dieser Gauner mit der anderen Hand am Kragen und zog ihn derb an sich heran.
Leon erkannte dessen Fratze.
Der Gauner zeigte überdeutlich seine Zähne und plärrte Leon drohend ins Gesicht ...

»Jetzt kommt dort mal raus, Kinder!«
Die Vier beginnen wie vom Blitz getroffen zu schreien.
Unbemerkt ist Frau Wehner inzwischen bei ihnen angelangt und steht auf dem Bürgersteig.
»Was habt ihr dort zu suchen?«
Und als seien sie gerade im Alleingang bei einem Einbruch ertappt worden, ergreifen sie ohne vorherige Absprache, in unterschiedliche Himmelsrichtungen, die Flucht.
Leon rennt die Pfarrstraße entlang und hält erst an der kleinen Nische in der Mauer am Pfarrhaus inne. Gleich nach ihm kommt Celine.
Die beiden anderen Jungs sind nicht zu sehen.

»Wir müssen jetzt endlich unser Zentrale einrichten!«, hechelt Leon noch ganz durch den Wind, wühlt in seiner Hosentasche und holt einen gekrümmten Draht heraus.
Damit kramt er im Türschloss des Pfarrhauses herum. Celine verdeckt gekonnt die Sicht, indem sie sich dicht vor ihn stellt.
Dann ein unheimliches Klacken.
Das Schloss ist auf, die Tür zum Öffnen bereit. Keiner der beiden Amigos weiß, wie viele Jahre diese Tür schon nicht mehr geöffnet wurde.
Was wird ihnen in dem Haus begegnen?
Bisher kannten sie nur den Garten. Unter dem quälend lang andauernden Knarzen der Türangeln drückt Leon vorsichtig das Türblatt auf.
Seite an Seite wagen beide einen ersten Schritt in den dunklen Hausflur hinein. Es ist kalt und Spinnweben hängen meterweise von der Decke herab.
Grau scheint das Tageslicht aus dem Nebenraum in den Flur und zeichnet dort den langgezogenen Schatten eines Fensterkreuzes an die Wand.
Doch dann ein weiterer Schatten, der sich geschwind an der Wand bewegt und wieder verschwindet.
Wie durchgeknallt stößt Celine einen Schrei aus und krallt sich an Leon fest.
Was dann abging, vermochten Leon und Celine sich zuvor nie auszumalen.

+++

»Papa! Papa! Können wir das Igelhäuschen heute noch im Garten aufstellen?«, ruft Thea zum gefühlten zwanzigsten Male durch das Haus.
Doch ihr Vater bleibt ruhig und nimmt sie an die Hand, zieht sie auf die Couch und meint:
»Thea, jetzt müssen wir zwei uns einmal unterhalten, dazu hatten wir ja in den Ferien noch gar keine Zeit!«
Es ist später Nachmittag und Thea noch keine Stunde zu Hause.

Mit ihrem Großvater hatte sie das Igelhäuschen gebaut und ist der festen Meinung, damit die Ferienattraktion hinter sich zu haben.
Während sie nach allen Regeln der Kunst versucht, ihren Papa wie einen hohen Berg zu erklimmen, fragt dieser sie nach dem Einbruch in die Schule aus.
»Nein, das weiß ich nicht!«, kichert Thea mehr, als das sie antwortet.
»Aber Papa, weißt du was! Wir können in den Winterferien doch nicht in das Schullandheim fahren!« Thea hüpft vom bezwungenen Berg nach unten auf das Sofa und schaut ihrem Vater mit großen Augen ins Gesicht.
»Wieso solltet ihr da nicht hinfahren können? Wir haben doch deinen Anteil schon voll bezahlt!« Ungläubig zieht ihr Vater dabei seine Augenbrauen zusammen.
»Unsere Lehrerin, Frau Schulz, hat gesagt, dass die komplette Klassenkasse weg ist!«
»Euer Geldbestand ist das also!«
»Vielleicht hat das ja mit dem Einbruch zu tun?«, schlussfolgert das sportliche Mädchen und beginnt ihre Klettertour von vorn.

Erst am Abendbrottisch ist Familie Kamp wieder vollzählig.
Alles ruft durcheinander, Küchengeschirr klappert und es wird viel gelacht.
Als die Mutter mit Thea beginnt den Tisch abzuräumen, fragt Leon:
»Vati, wie macht ihr das eigentlich bei dir auf Arbeit. Wenn ihr vermutet, dass einer der Täter ist, und ihr könnt es ihm nicht beweisen?«
»Beweise sind das Wichtigste! Also suchen wir welchen. Wir befragen Zeugen und lassen uns den Täter beschreiben. Wir nehmen Spuren am Tatort auf und versuchen die Gegenstücke dazu beim Täter zu finden.«

»Lockt ihr den Täter dabei auch schon mal in eine Falle?«
»Nein, das ist nicht erlaubt. Aber kleine Tricks anwenden, das können wir schon!«
»Tricks?«
»Na ja, man kann durch findige Gesprächsführung den Täter dazu bringen, sogenanntes Täterwissen auszuplaudern. Also Erfahrungen, die nur der Täter haben kann!«
»Und wenn ihr erfahrt, dass euch ein Zeuge zum Beispiel nicht die Wahrheit gesagt hat, oder eine Straftat erst gar nicht der Polizei meldet?«
»Na wer die Polizei beschwindelt, begeht eine Straftat!«

Zack! Das sitzt mal richtig.
Leon steigt sofort Hitze in den Kopf.
Seine Neugier ist Knall auf Fall gestillt.


Sonntag, 13. Oktober 2019
»Parole?«
»Wolfsblut!«
Celine nimmt den schweren Querbalken von der Tür des Pfarrhauses zur Seite und lässt Leon hinein. Ramon und Paul sind auch schon da.
Es ist kurz nach acht Uhr morgens.
»Was soll der Unfug mit der Parole ...«, fragt Leon gereizt,
»... ihr wisst doch, dass ich komme?«
»Ich habe keine Lust, einen von den Präriewölfen hier reinzulassen ...«, reagiert Celine sofort, »... und wenn ich den Balken einmal zur Seite genommen habe, dann ist es zu spät!«
»Zugern erinnere ich euch an gestern nachmittig, als du, Celine, mit Leon durch die Tür ins Pfarrhaus reingekommen bist und ich mit Paul von hinten durch das offene Fenster!« Ramon bekommt sich vor Lachen kaum noch ein und nun sagte Paul:
»Celines Schreie, als wir uns im Hausflur begegnet sind, habe ich immer noch in den Ohren und das beknackte Gesicht von Leon dazu!« Ramon und Paul lachen gemein.
»Ihr seid echt blöd!« Celine ist stinksauer.
Leon geht sofort auf Paul los und Ramon bleibt das Lachen im Halse stecken.
»Ey, Leute! Hört dort auf! Das war doch nur Spaß!« Ramon zwängt sich zwischen die Raufbolde.
»Eine tolle Detektei sind wir!«, ruft Celine und meint:
»Habt ihr vergessen, warum wir hier sind!«

Die Jungs klopfen sich die Sachen ab und beruhigen sich genauso schnell, wie sie aufgebraust waren.
Leon schaut sich im Nebenzimmer um und ist echt erstaunt.
Der Raum ist schon wie eine richtige Zentrale eingerichtet. Eine alte Bank, zwei Stühle und ein riesiger Tisch, sowie eine große Holzspanplatte, die an die Mauer gelehnt ist und als Pinnwand dient. Auf dem Tisch liegt ein entfachter Stadtplan und eine Vase mit Blumen steht darauf.
»Blumen?« Leon sieht verwundert in die Runde.
»Die habe ich dort hingestellt.« Celine freut sich, dass Leon das aufgefallen ist.
»Alter, wir sind schon seit kurz vor sieben hier und haben das Zimmer eingeräumt.«, prahlt Ramon.
»Das ist eine Überraschung für dich.« Celine lächelt Leon wieder an.
»Echt cool!« Mehr an Begeisterung bekommt Leon zu dieser frühen Stunde nicht hervor.
»Das von vorhin tut mir leid!« Paul streckt ihm seinen Arm entgegen. Faust auf Faust, schlägt Leon mit Paul ein.
Er schildert von den neuen Erkenntnissen, die er über seinem Vater erfahren hatte.

Die selbst ernannten Detektive stellen nun fest, dass sie Ralle nachweisen müssen, in die Schule eingebrochen zu sein.
Erst dann würde dessen Vater, der Herr Rechtsanwalt, mehr auf seine Söhne achten und Andy wäre die längste Zeit Leitwolf der Präriewölfe gewesen.
Das wäre auch das Ende der Präriewölfe.

Leon hat zumindest schon eine Idee, wie sie das beweisen könnten.
»Wir müssen in das Lehrerzimmer!«
»Nein Leon, das geht zu weit!« Celine springt energisch auf, der alte Stuhl unter ihr kracht nach hinten weg.
»Echt Alter, wo uns doch die Wehner´n schon auf dem Kieker hat!«, zeigt sich Paul ebenso wenig begeistert.
»Aber wir müssen am Tatort nach Spuren suchen!«, verteidigt Leon seinen Plan.
»Ich habe einen anderen Vorschlag.« Paul überlegt kurz und schildert schließlich, dass seine Mutter mit der Sekretärin der Schule sehr gut befreundet sei.
Wenn es ihm gelingt, Neugierde bei seiner Mutter auf diesen Einbruch zu wecken, dann würde die garantiert mit der Sekretärin, also mit Frau Schlotterbeck-Eberspach, telefonieren.
»Frau Schlotterbeck-Eberspach! Wer kennt sie nicht?!« Ramon hebt seine Sprechweise bis ins Unerträgliche an.
»Eine echte Plaudertasche!« Leon scheint begeistert.
»Das gefällt mir schon besser.«, meint auch Celine.
»Gut! Ansonsten wird einer von uns immer an Ralle dranbleiben!« Leon krakelte auf der Pinnwand eine Art Übersicht dran.
»Wofür soll das jetzt gut sein?«
»Man Ramon, wir müssen das Versteck der Präriewölfe finden!«
»Leon hat Recht, der wird die Beute kaum bei sich im Zimmer versteckt haben.
Da wären seine Ellis schon längst misstrauisch geworden.« Paul stellt sich zu seinen Kumpels und entschließt sich, die ersten Stunden der Beschattung zu übernehmen.
»Ich löse Paul dann ab!« Ramon klopft Paul auf die Schulter.
»Lass dich nicht erwischen!«
»Die dürfen uns auf keinen Fall auf die Schliche kommen.«

Kaum hatte sich Paul auf sein Zweirad geschwungen und ist scheppernd über das Kopfsteinpflaster abgedüst, da schabt hinter ihm schon der Sperrbalken in die Verkeilung der Tür des alten Pfarrhauses - Sicherheit!

+++

Früher Nachmittag.
Wie eine Insel in der Miesepetrigkeit posiert die Stadtvilla am Rand des Parkes unter der schummrig marmorierten Himmelshaube.
Äußerliche Regsamkeit ist schon seit Stunden nicht festzustellen.
Ein schwarz mattierter Porsche Cayenne steht in der Einfahrt, gleich daneben eine orange leuchtende 50ccm Beta Enduro.
Ralles Moped! Neu nicht unter 3500 Euro zu bekommen.
Da kennt sich Paul aus.
Er ist bemüht, sein Interesse nicht nur dieser Crossmaschine zu widmen, muss er doch auf mögliche Aktivitäten achten.

»Sein Name ist Wojczek. Piotr Wojczek!«
Harscher Ton reißt Paul aus seinen Crossfahrer-Hirngespinsten.
»Was ist passiert?«, fragt er sich selbst.
Er richtet sich im Müllunterstand des gegenüberliegenden Grundstückes auf, um mehr sehen zu können.
Und siehe da, Ralle kommt um die Ecke der Stadtvilla marschiert.
Auf dem Fuß folgt ihm ein Erwachsener.
»Junger Mann, wenn ich mit dir rede, dann bleibst du gefälligst stehen!«
Das muss sein Vater sein. Dunkle Anzugshose und weißes Hemd.
Im Kragenbereich hängt er eine lose gebundene Krawatte.

»Vater! Ich brauche keinen Aufpasser.«
»Was heißt hier Aufpasser. Herr Wojczek ist ein hervorragender Nachhilfelehrer. Du hast keine Ahnung, wie viel Geld der mich jeden Monat kostet!«
»Dann bestell doch deinem Peter Watzek, dass er sich ab sofort wieder um seinen Kram kümmern kann. Ich brauche ihn nicht.«
»Sein Name ist Wojczek. Piotr Wojczek!«
Aber Ralle setzt seinen Helm auf und knattert mit seiner Enduro davon.
Sein Vater steht mit offenem Mund an der Grundstückseinfahrt und schaut ihm sprachlos hinterher.

+++

»Parole!«
»Wolfsblut!«
Der Balken schabt auf dem alten Steinboden entlang, die schwere Haustür öffnet sich einen Spalt. Völlig verausgabt, schiebt Paul sich an Celine vorbei und fällt mehr, als dass er läuft, in die Zentrale der Cuatro-Amigos hinein.
Mit einer Hand an die Wand gelehnt und den Oberkörper nach vorn gebeugt, japst Paul:
»Ich habe ihn verloren!«
»Verdammt! Du hast Ralle verloren?« Wie zwei Synchronsprecher springen Leon und Ramon auf und labern den gleichen Satz.
»Keine Chance! Mit unseren Bikes haben wir einfach keine Möglichkeit. Der ist mit seiner Enduro losgeknattert, da war kein Hinterherkommen.«
»Die werden uns immer überlegen sein. Vielleicht sollten wir die lieber in Ruhe lassen.« Celine klingt inzwischen sehr entmutigt.
»Auf keinen Fall!« Ohne Frage, hierbei sind sich die Jungs einig.

»Wenn mein Vater erfährt, dass ich einen Einbruch beobachtet habe, zudem auch weiß, dass Ralle der Täter ist und ich ihm das nicht gesagt habe, dann ist der von mir total enttäuscht.« Leon steht die Aufregung ins Gesicht geschrieben.
»Und du bist dann auch dran.«, erinnert Ramon Leon an die Worte dessen Vaters.
»Also ich fahre jetzt nach Hause und mache meine Mutter neugierig. Wäre doch gelacht, wenn Frau Olivia Schlotterbeck-Eberspach nicht etwas Interessantes zu berichten hätte.«
»Gute Idee, Paul.« Celine sichert hinter Paul wieder das Hauptquartier, atmet tief durch und sagt schließlich:
»Ich will ja auch, dass wir denen das Handwerk legen. Ich will auch, dass wir dein Problem lösen, Leon, aber meinst du nicht, wir sollten langsam deinen Vater mit einbeziehen?«
»Wir müssen Beweise sammeln ... «, schlägt Leon Celines Vorschlag verbissen ab, »... und ich habe da auch schon eine andere Idee.«
Celine und Ramon setzen sich zu Leon auf die Bank.
Leon schildert im Anschluss seinen Plan.
Mitten in seiner Schilderungen spring Celine schon wieder auf und ruft:
»Auf gar keinen Fall!«!
»Genial. Das kann nicht schief gehen.« Ramon dagegen zeigt sich von Leons Plan begeistert.
»Und wenn wir Ralle überführt haben, kriegts du es doch wieder zurück.«
»Nein, Leon!«
»Celine, wir haben doch keine andere Chance, das Versteck von denen zu finden. Du hast doch gehört, was Paul vorhin gesagt hat.« Ramon legt während seiner Worte den Arm und Celines Schulter, den sie sofort wieder von sich streift.
»Und wie wollen wir die dann zur Rede stellen? Die sind doch viel zu stark!«
»Dann werde ich meinen Vater einschalten.« Leon ergreift beide Hände von Celine.
»Versprochen?« Dieses Mal ist es an Celine, diese großen Augen zu machen.

»Stopp mal, Freunde ...« Ramon zwängt sich zwischen die beiden und gibt weiter zu bedenken: »... den Einbruch in die Schule haben wir damit noch nicht bewiesen!«
Die Hände lösen sich voneinander, Celine und Leon lassen sich auf die Bank plumpsen. Ramon setzt sich einfach daneben.
»Die Polizisten hatten meiner Mutter gesagt, dass in der Schule ein Laptop und das Reisegeld einer Klasse entwendet wurde.«
»Ja, das Reisegeld der 2c. Die Klasse meiner Schwester.« Leon grummelt nur noch.

»Ach, Thea? Die Ärmste.« Celine scheint tatsächlich betroffen zu sein.
»Wir machen das jetzt einfach!«
»Was machen wir jetzt einfach?«
»Na, dein Plan. Wir machen das jetzt!« Plötzlich hat Celine so ein belebendes Funkeln in den Augen.
Sie springt abermals auf und führt Leons anfängliche Überlegungen fort:
»Meinen Großeltern sage ich einfach, dass ich es verlegt habe.«
»Und wie wollen wir das dann mit dem Einbruch in die Schule beweisen!« Ramon kommt sich allmählich unbeachtet vor.
»Ein Schritt nach dem anderen!« Celine schaut Leon auffordernd an.
»Los Leon, das bist du deiner Schwester schuldig.«, legt sie nach.
»Okay. Wir machen das!« Leon strafft seine Kleidung und richtete sich auch auf.
Schließlich schlagen die drei ihre Fäuste aufeinander und rufen lauthals:
»Cuatro-Amigos; Cuatro-Amigos ...«, als es schließlich am Fenster des Pfarrhauses hämmert.

Wie versteinerte Skulpturen verharren die drei und blicken sich mit riesigen Augen an.
Und wieder dieses Hämmern an die Glasscheibe.
Celine schleicht an die Haustür und fragte ganz ruhig:
»Parole!«
»Parole? Ich habe die Polizei informiert. Das ist die Parole!«
Ein alter Herr brüllt erzürnt vor dem Haus und hämmert mit seinem Gehstock an die Fensterscheibe.
Leon und Ramon springen zu Celine an die Haustür heran.
»Wer ist das?«, flüstert Celine.
»Was will der hier?«, entgegnet Ramon.
»Der hat die Polizei informiert!«, entrüstet Leon sich ganz still.
Die drei Amigos prüfen klanglos den festen Sitz des Sperrbalkens und stellen sich in dem halbdunklen Hausflur daneben hin.

»Polizeiobermeister Jens Grauhaar, wie kann ich Ihnen helfen?« Eine tiefe Männerstimme bringt den älteren Herren vorerst zur Ruhe.
»Ich bin Karl Beckenbauer aus der Pfarrstraße 9.«
Mucksmäuschen still verfolgen die drei Amigos hinter der Haustür das Gespräch auf der Straße davor. Der Polizist hat viel Mühe, den älteren Herren zu beruhigen.
Der berichtet von seinen neuerlichen Feststellungen zu den Schmierereien an den Hauswänden und auch, dass sich diese Rabauken wohl im Pfarrhaus versteckt halten und darin herumbrüllen würden.

Wie drei Marionetten an nur einer Schnur heben alle drei Kinder ihren rechten Arm und drücken sich mit der flachen Hand auf den Mund.
Der Polizist gleichwohl schaut durch das Fensterglas, rüttelt an der Haustür herum und wagt auch einen Blick über die Mauer in den Pfarrgarten hinein.
»Da ist nichts! Da kann keiner sein!«
»Wenn ich´s Ihnen doch aber sage ...«, erhebt der Alte seine Stimme: »...herum gebrüllt haben die: `Amigos`!«
»Herr Beckenbauer, bestimmt haben Sie die Nachbarskinder beim Spielen gehört, es sind doch Ferien.«, besänftigt der Polizist den besorgten Mann.
»Da sind keine Kinder beim Spielen!«, murmelt Karl Beckenbauer vor sich hin, läuft dann weiter und lässt den Uniformierten alleinstehen.
Dieser lächelt dem Herren sanft hinterher und geht zu Fuß in Richtung der Kastanienallee dahin.

Später Nachmittag.
Die drei Freunde stehen noch immer von innen an die Tür gelehnt und haben seit mindestens einer halben Stunde keinen Mucks mehr gesagt, als es schon wieder hämmert.
Den Dreien ist deutlich anzusehen, dass sie für heute mit den Nerven am Ende sind.
Und wieder hämmert es an die Haustür dran.
»Hallo? Parole Wolfsblut!«, klingt die zögerliche Stimme von draußen dann.
»Das ist Paul!«, bekommt Leon als Erster ein paar Worte hervor.
»Parole?«, fragt Celine leise und verängstigt nun durch die Tür.
»Orr, Wolfsblut, nun lasst mich schon rein!«, wird Paul vor der Tür ungehalten.

Der Balken schnarrt zur Seite, ein Türspalt öffnet sich und Paul betritt das Hauptquartier.
»Nun komm schon rein und mach sofort wieder zu!«, fährt ihn sogleich der farblose Ramon an.
»Was ist hier los und warum habt ihr kein Kerzenlicht an?«

Wieder vereint stehen sich die Cuatro-Amigos im Halbdunkel ihrer Zentrale gegenüber und berichteten dem verwunderten Paul über das Geschehene.
Sofort ist allen klar, dass die Fernster von innen verdunkelt und ein Fluchtweg geschaffen werden muss.
Aber auch Paul hat Neuigkeiten zu berichten und zündete dazu eine Kerze an.
Noch mindestens zwei Stunden lang, sitzen die Detektive in ihrem Quartier und sammeln ihre nun schon vorhandenen Erkenntnisse.
Verschiedene Zettel mit Namen drauf sind an der Pinnwand verteilt.
Mit Kreide gerahmte Begriffe sind mit manchen Blättern durch Striche und Bögen verknüpft.

»Okay, Leon. Fass noch einmal alles zusammen!«, scheint Celine Befürchtung zu haben, den Faden zu verlieren.
»Was wissen wir?« Leon muss später unbedingt Lehrer werden, denn er steht wie Frau Wehner vor ihren Leuten und fragt die Fakten ab.
»Ralle ist ein Präriewolf.«, beginnt Ramon den Katalog.
»Und er ist in die Schule eingebrochen!«, ergänzt Leon selbst.
»Er ist der Bruder von Andy!«, sagt Celine.
»Andy ist der Leitwolf der Präriewölfe!« Paul.
»Ralle schafft wahrscheinlich die 10. Klasse nicht und hat deswegen übelsten Ärger mit seinem Vater.« Wieder Paul, mit einem guten Stück Grinsen im Gesicht.
»Den Laptop von der Sekretärin Frau Olivia Schlotterbeck-Eberspach und über 2000 Euro aus der Reisekasse der 2c hat er geklaut!«, meint Ramon.
»Die Sekretärin hat dazu keine Kaufunterlagen mehr.«, ergänzt Paul.
»Und das ist das Problem! Wenn wir bei Ralle einen Laptop finden, dann können wir nicht beweisen, dass das der von der Schlotterpachen ist.«, schließt Leon diesen Gedanken ab und lässt sich auf einen Stuhl plumpsen.
»Ja und bei den über 2000 Euro sieht das nicht anders aus. Keiner schreibt sich die Seriennummern von Geldscheinen auf.«, setzt Celine letzten Endes noch einen drauf.
»Also können wir ihm auch nicht beweisen, dass Geldscheine, die wir vielleicht bei ihm finden, aus der Klassenkasse stammen.« Leon gibt sich Mühe, nicht hoffnungslos zu klingen.
»Aber wir haben einen Plan, wie wir das Versteck finden.«, ruft Celine wie eine Parole, erhebt sich dabei und fügt an:
»Morgen starten wir mit der Operation `geheimes Versteck`.«


Montag, 14. Oktober 2019
Operation `geheimes Versteck`.
Halb neun Uhr morgens, es sind höchstens 6°C, die Reifen surren eintönig über den spröden Asphalt.
Ramon Martinez befährt die Wege und Plätze um den Park herum.
Keine Hinweise!

Die Ventile sind erneuert und die Reifen prall mit Luft gefüllt.
Leon sitz auf seinem Pegasus und streckt die Beine zur Seite aus.
Mit beachtlichen Schmackes prescht er die Bahnüberführung herab.
Auch er hat sie nicht gesehen.

Auf dem Straßenpflaster der Altstadt flitzt Paul Richter mit seinem blauen Bike umher.
Volltreffer!
Auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt gleich in der Stadtmitte, dort hat er sie mit allem Drum und Dran gesehen.

Punkt neun Uhr.
Wie besprochen treffen die vier Freunde jetzt am Hauptquartier ein.
Celine kommt von daheim direkt dorthin.

»Ich habe sie gefunden!« Aufgeregt schildert Paul, die Präriewölfe auf dem Parkplatz gesehen zu haben.
»Ist Ralle dabei?«, fragt Leon sofort.
»Na, klar. Der zieht mit seiner Enduro eine absolute Show ab!«.
»Passt auf! Ich locke ihn von der Parkfläche bis zum Markt. Und dort kreuzt Celine dann seinen Weg!«. Leon hat das Kommando.
»Paul, Ramon! Ihr müsst Celine schützen, wenn sie vor dem Polizeirevier den Köder auslegt!«
»Alter, das haben wir doch jetzt schon tausend Mal bequatscht.«, Ramon winkt ab und will loslegen.
»Celine, bist du soweit?«
»Klar, die Operation kann starten!« Celine wirft Leon ein Lächeln zu und schwingt sich auf ihr Rad.
Paul gibt noch zu bedenken, und er hat es auch selbst so erlebt, dass Ralle mit seiner Enduro enorm flink ist.

Celine radelt auf ihrem Mountainbike, während sie von Paul und Ramon begleitet wird.
Vor dem Polizeirevier, gleich gegenüber, in einem Hausdurchgang, beziehen die drei Detektive Stellung.

Leon düst in der Zwischenzeit in Richtung des Supermarktes.
Es muss sichergestellt sein, dass seine drei Freunde ihre Position vor seinem Einsatz bezogen haben.
Erst dann fährt er etwas schneller und putscht sich auf, um Mut für sein Vorhaben zu bekommen.
Wenn er das Ding jetzt durchzieht, gibt es kein Zurück mehr – oder Ralle macht ihn alle.
Das Motorengeheul der Mopeds hört man schon aus einiger Entfernung.
Kurz vor dem Parkplatz stoppt Leon. Gut und gerne 15 Flegel, die dort auf dem ansonsten leeren Gelände mit ihren Kleinkrafträdern sinnlos hin und her knattern.
Sie lassen die Hinterräder durchdrehen oder fahren einfach mal freihändig umher. Sämtliche Papierkörbe auf dem Parkplatz sind umgeworfen und der Müll heraus gekramt.
Und da steht Ralle. An der Seite bei den Mädels dort.
Wie Graf Koks von der Gasanstalt spielt sich Ralle vor den Mädels auf und zieht an seiner Zigarette.
Leon spricht sich Mut zu und sagt laut:
»Es gibt kein Zurück!« Er schwingt sich auf sein Pegasus, trampelt in die Pedale und rast auf die Jugendlichen zu.
Höchstens zwanzig Meter davor tritt er mit aller Kraft den Rücktritt und hält sein Zweirad quer. Kieselsteine unter dem Hinterrad pfeffern nach vorn und Staub schießt vor ihm empor. Und so wie es Leon im Schilde führte, bleibt das von Graf Koks nicht unbemerkt. Ralle und die Mädels schauen in seine Richtung und Ralle erkennt ihn erst jetzt. Er begibt sich einen Schritt in Leons Richtung, wedelt seine dicken Locken nach hinten und sagt knochentrocken:

»Alter, ich fasse es nicht!« Anfangs fällt es Leon schwer, doch dann hebt er im gleichen Moment mit leicht gebeugtem Ellenbogen seinen rechten Arm und zeigte eine ordentliche Faust. Ralle stakt eben auf Leon zu und ruft schon um einiges lauter:
»Ich mach dich sowas von fertig, Alter!«.

Und das ist der richtige Augenblick!
Aus der Faust heraus erhebt sich sein Mittelfinger und streckt sich straff in Ralles Richtung hin.
Und als hätten sie nicht aus dem Krug der Weisheit gemampft, gackern die Mädchen dümmlich hinter Ralle los.
Dieser rastet nun richtig aus:
»Du bist tot!«
In großen Sätzen springt Ralle zurück zu seiner Enduro und tritt den Kickstarter mehrfach ins Leere, bis endlich der Motor aufheult.
Leon indes treibt sein Pegasus zu Höchstleistung und tritt immer weiter in die Pedale.
Er hört bereits das Aufheulen der Enduro hinter sich, biegt scharf ab in die Spitalstraße und folgt deren weiteren Verlauf.
Leon lässt die Räder auf der Straßendecke schnorren.
Obgleich die Spitalstraße eine Einbahnstraße ist und im Gegenverkehr nur Fahrräder erlaubt sind, fährt Ralle dort hinein und folgt Leon ruck, zuck.

Ein Schauder erhob sich über Leons Rücken. Wenige Meter nur, bis Ralle ihn hat.
Zackig wie eine Nähmaschine tritt er in die Pedale und sieht in fünfzig Meter Entfernung schon das Polizeirevier.
Ralle kommt auf der Enduro schon auf zwanzig Meter heran.
An der großen Treppe am Revier kracht Leon dann auch noch mit dem Fahrrad hin.
Kaum richtig aufgestanden, stolpert er die Stufen hinauf und rettet sich ins Gebäude hinein.

»Na, mal halb so hastig, junger Mann!«
Leon richtet sich auf, ordnet seine Kleidung und sieht vier Köpfe weiter oben ein langes Gesicht, auf einem uniformierten Körper drauf.
Dessen Stimme ist ihm bekannt.
Polizeiobermeister Graubart, oder so ähnlich.
Der war bei Herrn Beckenbauer mit vor dem Hauptquartier zu hören.

»Ach, du bist doch der Kleene des Kollegen Kamp.«
»Äh, ja genau. Ist der denn da?«
»Na, Ferien können langweilig seien, was!« Der Graubart öffnet die Zwischentür und bringt Leon ins Büro seines Vaters.

Wie klebrige Brühe pappt der Angstschweiß an Celines Nacken.
Die Freunde lugen durch ein kleines Fenster im Einfahrtstor hinüber zum Polizeirevier.
Dort vor Leons Fahrrad steht Ralle, seine Enduro zwischen den Beinen und vom Sitz erhoben.
Wie angestochen dreht er am Gasgriff und schaut unschlüssig hin und her.

»Fahre los, Celine! Sonst ist es zu spät!«, drängelt Ramon aus dem Hintergrund.
Celine schwingt sich auf ihr Bike und radelt bewusst dicht an Ralle vorbei.
Ramon folgt ihr und fährt ganz dicht an ihr vorbei.
Leicht berühren sich beide Räder und Celine strauchelt dabei.
Ihre kleine Handtasche fällt von ihrem Gepäckträger und sie bemerkt es angeblich nicht.

Empört ruft sie Ramon hinterher, dass er doch gefälligst aufpassen möge.
Ramon aber fährt, genau wie vereinbart, weiter und kümmert sich nicht.
Ralle, noch völlig durch den Wind, beobachtet diese gut gespielte Situation ganz nebenbei. Wie von den Cuatro-Amigos beabsichtigt, nimmt er Celines Tasche auf und steckt sie unter seine Jacke. Er schaut sich noch mehrmals um, dass ihn auch niemand beobachtet hat.
Dass Paul sein falsches Verhalten genau sieht, bemerkt er dabei nicht. Und genau das war der Plan. So schnell, wie er gekommen war, düst er mit seiner Enduro wieder davon.

+++

Total unter Strom stehend klettern die drei Freunde von hinten ins Hauptquartier hinein.
Jeder von ihnen berichtet die Aktion noch einmal neu, alle durcheinander und ständig unterbrochen vom Gelächter der anderen.
Paul schildert vom Erfolg und wie er sah, dass Ralle den Köder unter seine Jacke steckte.
Wenig später trifft auch Leon in der Zentrale ein. Auch ihm steht die Spannung noch ins Gesicht geschrieben. Aber auch der Stolz!

Und ohne den großen Sturm im Bierglas zu verursachen, kramt Leon seinen Laptop hervor und schaltet ihn ein.
»Celine, du bist dran!« Leon macht vor dem Computer Platz.
Celine schlägt geräuschvoll auf die Tastatur und erklärt dabei den Plan:
»Ralle wird inzwischen festgestellt haben, dass sich in meiner Tasche ein Smartphone befindet.«
»Die Tasche haut der weg und das Handy behält er, hundertpro!«, triumphiert Paul.
»Das soll er ja auch!« Ramon steht noch völlig unter Spannung.
»Und wenn er mein Handy nicht wieder ausgeschalten hat, dann sollte ich das über diese App orten können.« Celines Nerven liegen blank.
Alle beobachten angestrengt den Bildschirm, während Celine sich mit ihrer geringen Erfahrung an Computern durch das Programm arbeitet.
»Hauptgewinn!«, kreischt Celine plötzlich auf und reist ihre Arme nach oben.
Die Jungs schauen sich ungläubig an, will doch keiner vor den anderen zugeben, selbst keine Ahnung von dieser App zu haben.
War Leon auch bekannt, dass man sein eignes Handy über den Computer orten lassen kann, man sich also anzeigen lassen kann, wo sich das Handy befindet, so wusste er aber nicht, wie das funktioniert.

»Ist das Handy noch an?«, fragt er schließlich.
»Na klar, hier siehst du es.« Celine deutet auf ein blaues Fähnchen, welches an einem Stadtplan auf dem Bildschirm gepappt ist.
»Also ist Ralle jetzt dort?«
»Na klar, Alter!« Selbstsicher spult sich Paul auf, um darüber hinwegzutäuschen, dass er auch keine Ahnung hat.
»Genau dort befindet sich jetzt das Handy. Und das ist nicht bei Ralle zu Hause!«, erklärte Celine.
»Das ist der Garagenkomplex an den Bettelbüschen!«, versucht Ramon vom Bildschirm zu entziffern.
»Lasst uns noch warten, ob das Signal bleibt oder ob es sich wegbewegt. Wenn es sich nicht mehr bewegt, dann haben wir sein Lager für das Diebesgut gefunden.« Leons Augen funkelten bei diesen Worten.
»Dann ist der Kampf für uns entschieden!«
»Nein, Ramon. Dann haben wir gerade einmal ein Rennen gewonnen!«, stellte Leon in aller Aufregung erst einmal richtig.

»Und ich muss jetzt meinen Großeltern beichten, dass ich mein Handy verloren habe.«, erklärt Celine leidvoll.
»Das holen wir dir zurück!«, verspricht Leon und erhält von den beiden anderen Jungs sofort Zustimmung.

Jetzt beschwatzen die Detektive noch die einzelnen Handlungen ihrer gelungene Aktion.
Paul versichert allen, dass er Ralle nicht aus den Augen gelassen hatte und gesehen hat, welche Habgier aus seinen Augen sprühte, als er die fremde Tasche einsteckte.
Celine schildert über ihre Not, nicht auf die herunter gefallene Tasche zu schauen, da sonst alles aufgeflogen wäre, während Ramon klarstellt, sein Rad sicher gedeichselt zu haben, als er Celine ins Straucheln brachte. Nur Leon kommt nicht umhin, von seinem Muffensausen zu erzählen, als er von Ralle verfolgt wurde.
Er spricht aber auch davon, wie hammergeil er es fand, dem Maulhelden einen Stinkefinger zu zeigen.
Und mitten in der schönsten Unterhaltung und dem heftigsten Gelächter hämmert es schon wieder an die Fensterscheibe des Pfarrhauses.
Sofort zieht wieder Totenstille ein im Hauptquartier.

Wieder hämmert es.
»Kommt raus ihr Rabauken, ich weiß, dass ihr da drinnen seid!«
»Orr, nee. Das ist wieder dieser Beckenbauer.« Ramon verdreht genervt die Augen.
»Wenn der die Polizei holt, dann gucken die dieses Mal vielleicht richtig hier rein!«, flüstert Celine den anderen zu.
»Mist! Wir müssen etwas unternehmen, sonst fliegen wir auf!«, tuschelt Leon zurück, steht auf und geht zur Haustür vor.
Schon wieder hämmert es.
Vorsichtig nimmt Leon die Strebe zur Seite und öffnet die Haustür einen Spalt.
Mit großen Augen sieht Leon dem alten Mann direkt in dessen faltig graues Gesicht.
Der Alte hatte seinen Gehstock fest im Griff und als die Haustür sich öffnete, war er zum Schlag bereit.

+++

Irgendetwas ist bei den Präriewölfen im Busch.
In kleinen Gruppen bestreifen sie mit ihren Mopeds den Ort, als würden sie jemand ganz bestimmten suchen.
Treten sie sonst immer nur in einer großen Meute auf, um mehr Aufsehen zu verursachen, so fahren sie heute in kleinen Trupps von vier bis fünf Mann, so als wollten sie gerade kein Aufsehen verursachen. Und das ist sehr auffällig.

An der Hauptstraße vor der Sporthalle fahren gerade vier Mopeds entlang und halten direkt neben Frau Olivia Schlotterbeck-Eberspach.
Die befindet sich in einem Gespräch mit zwei weiteren Damen. Durch das Geknatter der Mopeds erschrocken, dreht sich Frau Schlotterbeck-Eberspach zur Fahrbahn hin und sieht auf einem Moped Ralf Krakowski sitzen. Der grient sie dümmlich an und meint:
»Hallo Frau Schlotterbeck-Eberspach, schön sie einmal in den Ferien zu sehen.«
»Was soll das dumme Gequatsche, Ralf?!«, empörte sich die Schulsekretärin.
»Wissen Sie, wo ich Leon Kamp antreffen kann. Der wollte in den Ferien bei mir Nachhilfe in Mathe machen.«, meinte Krakowski schließlich.
»Leon will bei dir Nachhilfe in Mathe nehmen? Hättest du mir das andersrum erzählt, hätte ich das eher geglaubt!« Kopfschüttelnd drehte sie sich wieder ihren Gesprächspartnerinnen zu.
Fuchsteufelswild über diese Reaktion dreht Ralle wieder am Gaspedal seiner Enduro und lässt den Motor sinnlos aufheulen, bevor er weiter düst. Sein kleiner Trupp folgt ihm wie dressiert.

Die Pfarrstraße ist in den Ferien fast wie ausgestorben.
Nur am Wochenende, wenn Predigt in der Kirche ist, sind etliche Menschen in der Straße zu sehen.
Montags ist keine Predigt.
Menschen befinden sich auf der Straße kaum, auch Lärm ist dort nicht zu hören.
Und es ist besonders diese Stille, welche das Geknatter der Mopeds so deutlich umrahmt. Motorengerassel hallt bereits durch die Straßenschlucht bis zum Pfarrhaus hin.
Auf dem Bürgersteig steht ein alter Mann, mit einem Gehstock erhoben in der Hand und presst durch seine Lippen:
»Was machst du denn hier?« Spannung fällt von ihm ab. Der Gehstock sinkt und aus seinem Gesicht entflieht der Zorn.
»Guten Tag, Herr Beckenbauer.«, bekommt Leon gerade noch so stotternd hin.
»Aber du bist doch noch ein Kind!«
»Ich werde im März schon zehn und bin dann schon lange kein Kind mehr!«.
»Wo sind die Rabauken mit den Krädern, die mich bedroht haben und alles eingesaut?«
»Das sind wir doch nicht.«, verteidigt Leon sich und seine Freunde.
Celine, Ramon und Paul stehen inzwischen verunsichert hinter ihm.
»Aber wir wollen diese Rabauken überführen und der Polizei übergeben!«, erklärt Celine ganz ruhig.
Das Geknatter und Getöne nehmen zu, die Mopeds kommen näher.
Dem Alten ist die Furcht schon anzusehen, ahnt er doch, wer dort naht.
Leon kennt das Gedröhne von Ralles Enduro noch zu gut und weiß, dass er sich jetzt in Sicherheit bringen muss.
»Kommen Sie rein, Herr Beckenbauer, schnell, kommen Sie hier rein!«

Kaum hat sich der Balken hinter der Haustür wieder verkeilt, prasseln die Mopeds schon langsam an dem Pfarrhaus vorbei.
Es zog sich eine ganze Weile hin, bis die Cuatro-Amigos Karl Beckenbauer ihre Story erzählt haben.
Und Leon plaudert alles aus!
Er begann bei seiner Beobachtung, als er Ralle beim Einbruch in die Schule überraschte, den folgenden Bedrohungen und dem Verdacht der Polizei, dass der Einbrecher von der Schule, auch etwas mit dem Überfall auf das Restaurant von Ramons Mutter zu tun haben kann.
Celine erzählt von der letzten Endes erfolgreich durchgeführten Operation `geheimes Versteck`.
Und Ramon vergaß leider nicht, darüber zu berichten, wie sie Karl Beckenbauer in der Diskussion mit dem Polizeiobermeister Graunase, oder so ähnlich, belauscht und sich echt lustig darüber gemacht haben.
Autsch! Celine, Leon und Paul stockt dabei der Atem.
Als Ramon selber erkennt, was er gerade erzählt, bekommt er merkwürdig rote Flecken am Hals und will eigentlich gleich im Erdboden versinken.

Karl Beckenbauer spitzt gespannt seine Ohren.
Beschwerlich steht er vom Stuhl auf und streckt beide Arme nach oben, beugt sich unerwartet schnell vor, um jetzt seine Hände auf die Oberschenkel zu klatschen.
Dabei fängt er aus voller Brust an zu lachen. Er stellt sich wieder auf und vollzieht diese Art und Weise noch zweimal.
Die Kinder sind erst irritiert, lachen dann aber einer nach dem anderen herzhaft mit.

Schließlich gibt auch Karl Beckenbauer seine Geschichte preis.
Seine fesselnde Story macht deutlich, dass er nicht auf den Mund gefallen ist und ...., also jetzt wird es richtig verrückt, ... dass er früher selber bei der Kriminalpolizei gearbeitet hat.
Nun lebt er seit vielen Jahren allein, hier in der Pfarrstraße 9 und kümmert sich ein wenig in der Kirche um Ordnung und Sauberkeit.
Doch wie aus heiterem Himmel bekommt der alte Beckenbauer einen Gedankenblitz.
Er handelt mit den Amigos einen Deal aus.
Wenn er für sie als taktischer Berater zur Seite stünde, müssen sie ihm versprechen, nach erfolgreicher Mission auch noch weiter Zeit mit ihm zu verbringen.
Zum Beispiel in der Kirche oder ganz einfach nur zum Quatschen oder Spazierengehen.


Dienstag, 15. Oktober 2019
Leon hat richtig Schiss.
Es ist gut möglich, dass Ralle aus irgend so einer Garage spaziert und ihn dort sieht.
Er hat hier absolut keine Möglichkeit, sich seitwärts in die Büsche zu schlagen. Rechts und links stehen Garagen, eine neben der anderen.
Zwischen den Reihen befindet sich höchstens ein fünf Meter breiter Schotterweg. Celine läuft neben Leon, hält ein Handy vor sich hin und meint:

»Das ist echt cool von Karl, dass er uns sein Handy überlassen hat.«
»Ich fände es cooler, wenn Ramon und Paul hier wären!«
»Komm schon, spätestens Mittag sind die hier. Haben sie doch selbst gesagt.«
»Nur, dass Ramon gerade heute zum Großmarkt muss.«
»Deswegen hilft Paul, damit er schneller fertig ist.«
»Ach, Paul hofft doch nur, dass Frau Martinez ihm was zu knabbern gibt.«
»Ja, das auch. Aber ich denke, ... äh, stopp mal!«
»Was ist los? Ralle?« Leon krallt sich verschreckt an Celines Jacke fest.
Sie zottelt sich von ihm los und meint:
»Nein, aber hier muss es sein!« Sie schwenkt das Handy nach rechts und dann nach links. Sie geht ein paar Meter vor und wieder einige zurück.
»Keine Frage! Eine von den drei Garagen muss es sein.«

Umgehend rufen die beiden Detektive Karl Beckenbauer an und schildern ihm die Neuigkeiten.
Der saß derweil im Hauptquartier und organisiert von dort aus jede Aktion. Leon und Celine müssen nun Stellung beziehen und dürfen die Garagen nicht aus den Augen lassen. Erst schauen sie sich um. Niemand ist in der Nähe. Zum Glück ist alles einstudiert. Leon lehnt sich mit dem Rücken an die Garagenwand und macht eine Feuerleiter.
Celine steigt auf seine gefalteten Hände und streckt die Beine durch.
Sie schaut aufs Garagendach und meint:
»Das sollte gehen!«, und schwupp, hat sie schon ein Bein hinaufgeschwungen und sich aufs Dach hin abgerollt.
Wow! Die ist sportlich. Leon dagegen versucht sein Glück an einem Fallrohr für Regenwasser.
Direkt an der Ecke steigt er auf den Schellen daran empor. Auf dem Dach angekommen säubert er seine Sachen und legt sich ganz flach neben Celine auf den Rücken.

Es ist ein verbreitet sonniger Oktobertag.
Einige Wolken zeigen sich am Himmel und die Sonnenstrahlen funkeln in beiden Gesichtern.
Die Kinder schauen den ersten Zugvögeln nach, wie sie sich in den warmen Süden hin verabschieden. Celine erzählt dabei, dass sie am gestrigen Abend mit ihrer Großmutter im Supermarkt war. An der Kasse hatte ihre Oma Wechselgeld von der Kassiererin zurückerhalten und sofort festgestellt, dass der Zwanzigeuroschein mit einem Stift beschmiert war. Auf der Stelle hatte sich die Kassiererin entschuldigt und darüber berichtet, diesen Geldschein erst kurz zuvor von diesem langen Rüpel mit Moped angedreht bekommen zu haben. Er hatte eine Schachtel Zigaretten gekauft und mit dem Zwanzigeuroschein bezahlt. Dass der beschmiert war, hat sie erst danach gesehen. Eigentlich wollte sie den Schein aus der Kasse herausnehmen, war aber noch nicht dazu gekommen. Leon hörte sich diese Geschichte an, verstand aber nicht so richtig, was Celine ihm damit sagen wollte. Selbst wenn Ralle diese Schweinebacke war, was sehr wahrscheinlich ist, würde das nicht weiterhelfen. Schließlich sei der Geldschein trotzdem seinen Betrag wert. Bis Celine ihm sagte, was auf der Banknote gekrakelt stand, nämlich ´Thea Kamp´.

Leon richtet sich wie vom Blitz getroffen auf und wollte auf der Stelle seine Verwunderung vor den Augen der Öffentlichkeit ausbreiten.
Doch im selben Moment röhrte das Gedröhne eines Mopeds in die Schlucht des Garagenkomplexes.
Celine schnappte Leon am Schlafittchen und zog ihn wieder herunter.
»Bist du verrückt, das ist Ralle!«
»Wie dumm bin ich denn, ich hatte völlig vergessen, dass Thea immer ihren Namen auf ihr Geld schreibt!«
»Sei doch endlich ruhig, der hört uns doch!«
»Verstehst du nicht, wir können beweisen, dass er die Klassenkasse weggenommen hat!« »Halt doch endlich deinen Mund!«
»Wie soll er denn sonst an Theas Geld gekommen sein, kannste mir das mal sagen!«

»Was machst du denn hier? Du Pestzecke, hab ich dich!« Ralle kracht seinen Motorradhelm ans Garagentor und beginnt, rasch daran hochzuklettern.
Die Kinder springen auf und rennen auf dem Dach, Leon nach links, Celine nach rechts.

»Renne nur, du Pfeife, ich kriege dich ja doch!«, brüllt es dem Neunjährigen hinterher. Ralle ist schon längst auf dem Dach und rennt ihm nach.
Noch höchsten fünf Garagen lang, bis das Dach zu Ende ist.
Leon hat Tränen in den Augen und er schaut sich noch einmal um.
Am anderen Ende der Garagenzeile steht Celine auf dem Dach, heulend mit dem Handy am Ohr.

Leon macht sich bereit und setzt zum Sprung vom Garagendach an.
Ohne zu zögern, springt er in das hohe Grün mit Sträuchern und Dornen.

Für Ralf Krakowski kein Problem, hüpft er mehr, als dass er springt.
Zu seinen Füßen weint Leon und hält sich den verletzten Fuß.

»Lass ihn in Ruhe, lass ihn sein ...!«, kommt Celine auf dem Dach zurück gerannt und sieht hinunter zu der Stelle, an welche die beiden Jungs gesprungen sind.
Doch von Leon und Ralle ist nichts zu sehen.
Weinerlich ruft Celine mehrfach nach ihrem Freund, bekommt aber keine Antwort von ihm.
Ängstlich klettert sie vom Garagendach und läuft zurück zur Parkbank hin, wo sie die Fahrräder abgestellt hatten.
Beide Räder stehen noch da und zusätzlich die von Ramon und Paul.
Aber wo sind die zwei beiden?
Dann raschelt es im Gestrüpp.
»Psst, Celine!«
Sie dreht sich hin und dreht sich her, sieht aber keinen Menschen mehr.
»Celine! Psst, hier drinnen!«, tuschelt es im Gebüsch.
Sie geht näher und erkennt Ramons Gesicht.
»Ist er weg?«, fragts hinter ihm und Paul kommt zum Vorschein, auch Leon sitz dort mit drinnen.
»Orr, hier seid ihr, Gott sei Dank. Ich hatte so eine Angst!«
»Ist er weg oder kannst du ihn sehen?«, fragt Ramon noch einmal.
»Hier ist niemand zu sehen!«, dreht Celine sich im Kreis und fragte weiter:
»Was ist denn nur passiert?«
Die drei Jungs kamen aus dem Gebüsch gekrochen und Leon humpelt dabei, seine Kleidung war schmutzig und roch unangenehm.
»Leon, was ist los, du bist verletzt und ehrlich, du riechst nach ... ähm, Senf?!«
Die drei Jungs beginnen herzhaft zu lachen und Paul meint:
»Wir kamen gerade noch zur rechten Zeit!«
»Ich, äh, also ich konnte Ralle besenftigen!«, sagte Ramon ganz stolz, mit wieder diesen großen Augen.
»Besänftigen?«, fragte Celine verwundert nach.
»Oh, ja. Als ich vom Dach gesprungen bin, hatte ich Paul und Ramon schon an den Garagen gesehen. Leider verstauchte ich mir den Fuß und konnte nicht mehr aufstehen.«
»Ja und wir haben halt gesehen, wie Ralle zu Leon runtergesprungen ist.«, meinte Ramon noch hinten dran.
»In seinem Jagdtrieb hat der uns gar nicht bemerkt.«, unterbracht ihn Paul.
»Na und als wir ran waren, habe ich, gerade als sich Ralle zu Leon hin beugte, den fünf Kilogramm Eimer mit Bautzener Senf auf seinen Rücken geschleudert.«
»Du hättest sehen müssen, wie der Plasteeimer zersprungen ist.«, lachte Leon und ihm kamen dabei schon wieder die Tränen.
»Jedenfalls hat sich der Senf über seinen ganzen Rücken und auf dem Kopf verteilt, leider auch etwas auf Leon darauf.«, meinte Ramon etwas demütig in dessen Richtung hin.
»Aber wo ist Ralle jetzt hin?«, schaute Celine in die erheiterte Runde.
»Der wusste gar nicht, wie ihm geschah, erst der neongelbe Senf im Nacken und dann der scharfe Duft in der Nase!«, lachte Leon mehr, als dass er sprach.
»Ich denke, der ist zum Teich gerannt, um sich das Zeug abzuwaschen!«, sprach Paul und schaute sich selber dabei um.
»Dann haben sie mir hoch geholfen und wir haben uns erst einmal hier versteckt.«, schloss Leon ab.

Schließlich schilderte Ramon im Anschluss, dass sie auf dem Weg vom Großmarkt zum Restaurant, Ralle auf seiner Enduro gesehen hatten, wie er in Richtung des Garagenkomplexes abgebogen war. Da bekamen sie ein ungutes Gefühl und fuhren gleich hier her. Ohne Frage wird Ramons Mutter noch immer auf den Senf warten, den sie vom Großmarkt holen sollten. Ramon kramt einen Briefumschlag hervor und zählt das restliche Geld darin, was noch vom Großmarkt übrig war.
»Noch zwei Zehneuroscheine.«, meint er und fragt sich, ob er das Geld für einen neuen Eimer Senf ausgeben sollte.

»Hä, die Scheine sind ja an den Umschlag getackert!«, wundert sich Leon und kramt daran herum.
»Ja, na und? Das macht meine Mutter immer so, mit den Tageseinnahmen!«
»Mit allem Geld, was ihr in der Gaststätte habt?«, will Leon jetzt wissen.
»Klar, das muss alles zusammenbleiben, wegen der Steuer oder so, hat sie gesagt!«
»Das ist ja prima!«, ruft Leon und sieht Celine dabei grinsend an.
Auch ihr dämmert es allmählich und sie sagt:
»Dann sind da ja Löcher drinnen!«
»Die verlieren dadurch aber nicht ihren Wert!«, schließt Paul selbstsicher ab und begreift noch nicht, was sie eigentlich damit beweisen können.

Und die Kinder ahnen nicht, was ihnen jetzt naht.
Motorengeräusch im Garagenkomplex, Räder blockieren und Schotter schleudert auf.
Ein großer, beigefarbener Mercedes Benz steht fünf Meter vor den Detektiven in eine Staubwolke gehüllt.
Die hintere Tür des Taxis geht auf und Karl Beckenbauer steigt aus.
»Kinder, was ist los, wo ist dieser Krakowski geblieben?«

Besorgt, nach dem Telefonanruf mit Celine, nahm er sich ein Taxi und fuhr schnell zu ihnen, zu den Garagen hier hin.
Die verschworene Gruppe erzählt ganz durcheinander die Geschichte, redet auf den Alten nur so ein, packt Leons Fahrrad in den Kofferraum und setzt den Jungen selbst in das Auto hinein. Herr Beckenbauer fährt mit Leon im Taxi zum Hauptquartier, die drei Kinder folgen ihnen auf den Bikes.

Im Hauptquartier sorgt sich Karl Beckenbauer erst einmal um Leons Fuß.
Er kühlt ihn und stellt fest, dass er wirklich nur verstaucht ist.
Nachdem ihm die Kinder davon berichtet haben, wie sie beweisen wollen, dass Ralle wohl Geld aus dem Einbruch in die Schule und Geld aus dem Überfall auf das Restaurant in seinem Versteck hat, überlegt der Alte, ob es nicht langsam an der Zeit ist, die Polizei zu informieren.
Davon rieten die Detektive aber vehement ab.
Noch sind sie nicht sicher, was sie in der Garage finden werden.

»Na ihr seid gut. Was glaubt ihr, was der Krakowski jetzt als Nächstes macht, nachdem ihr von seinem Versteck wisst?«
»Mist! Der wird es ausräumen und wir stehen wieder ganz am Anfang.«, begreift Leon allmählich.
»Also noch einmal fahre ich dort nicht hin!« Celine steht sofort wieder die Angst ins Gesicht geschrieben.
»Und wenn wir nachts in die Garage einbrechen und nachschauen, was drinnen ist?« Paul scheint es mit dieser Idee ernst zu meinen, was man deutlich an seinem Gesichtsausdruck erkennen kann.
»Also jetzt ist aber gut!« Karl Beckenbauer ist erbost und erklärt weiter:
»Um eine Straftat aufzuklären, darf man selbst keine Straftat begehen. Merkt euch das!«

Die vier Detektive schauen bedröppelt auf den Fußboden.
Eine ganze Weile ist Ruhe in der Zentrale.
Die Aktion scheint festgefahren zu sein.

Der Kampf scheint verloren.
Und Leon darf sich nie mehr in der Schule sehen lassen.
Ralle würde ihn bis ans Lebensende jagen und Frau Wehner hätte immer den Hintergedanken, ob Leon nicht doch etwas mit dem Einbruch in die Schule zu tun hatte.

»Ich hab´s!« Karl Beckenbauer springt wie ein junger Kojote auf und hat plötzlich funkelnde Augen.
Er macht Platz auf der Pinnwand und skizziert die Operation Katzenjammer daran.
Dabei schildert er den Detektiven, was er mit ihnen vorhat.

»Aber das Ganze muss heute noch passieren, morgen ist es vielleicht schon zu spät!« Der Alte schaut in die Runde.
»Also ich bin dabei!«, meint Leon als Erster.
»Logisch, ich auch!«, folgte Paul.
»Entweder alle oder gar keiner!« Ramon trägt ziemlich dick auf, meint es aber erst.
Alle schauen Celine an.
»Wann geht's los?«, fragte sie schließlich und gab damit ihr Einverständnis.

+++

Operation Katzenjammer.
»Polizeirevier Mitte, Sie sprechen mit Polizeiobermeister Jens Grauhaar. Was kann ich für Sie tun?«
»Mein Name ist Karl Beckenbauer. Hier ist eine Katze eingeschlossen und kommt allein nicht mehr raus. Kommen Sie schnell, sonst wird sie über Nacht sterben!«
»Nun mal ganz langsam, Herr Beckenbauer. Wo sind Sie denn jetzt überhaupt?«
»Na hier bei den Garagen, wie heißt das doch gleich, ach ja, an den Bettelbüschen!«
»Und Sie haben eine Katze eingeschlossen?«
»Nein, verdammt noch einmal!«
»Nu bleiben Sie mal ganz ruhig. Sie müssen mir schon erzählen, was passiert ist!«
»Ich höre hier in einer Garage Katzengejammer. Das ist aber verschlossen und weit und breit niemand zu sehen!«
»Na, der Katze wird da drinnen schon nichts passieren, glauben Sie mir das!«
»Herr Grauhals, so war doch Ihr Name, wenn die Katze morgen nicht mehr lebt, dann sind Sie verantwortlich dafür!«
»Grauhaar! Mein Name ist Grauhaar. Polizeiobermeister Grauhaar.«
»Wollen Sie wirklich für den Tod der grauen Katze verantwortlich seien?«
»Natürlich nicht, Herr Beckenbauer. Aber woher wissen Sie, dass die Katze grau ist?«
»Kommen Sie gefälligst hier her und befreien die Katze, sonst werde ich das selbst tun!«
»Keinesfalls dürfen Sie selbst in die Garage marschieren. Das darf nur die Polizei. Ich bin in zehn Minuten da.«

Karl Beckenbauer drückt den roten Hörer auf dem Display seines Handys und schaut in vier große Kinderaugenpaare.
Schlitzohrig fügt er hinten an:
»Das war natürlich eine Notlüge!«, und hebt erzieherisch den Zeigefinger.
»Schon klar, Karl! Du hast die Polizei belogen!« Paul bekommt sich vor Lachen kaum noch ein.
»Das ist echt ´ne coole Idee!«, zeigt sich Ramon ganz begeistert von dem Fortgang ihrer Aktion.

»Ich verstehe das trotzdem nicht!« Leon steht dieser Sache nicht ganz aufgeschlossen gegenüber.
»Was ist denn das Problem, Leon?« Beckenbauer schaut misstrauisch zu dem Jungen.
»Na da ist doch gar keine Katze drinnen!«
»Das weiß ich doch selbst.«
»Also wenn da kein Katzenjammern ist, wird der Polizist die Garage nicht öffnen!«
»Ich weiß. Es wird aber Katzenjammer zu hören sein.« Der Alte sah zu Celine und machte einen auffordernden Gesichtsausdruck.
Doch die verstand erst einmal gar nichts, stieg zu den anderen ins neu gerufene Taxi ein und die Fahrt beginnt.

Keine fünf Minuten später fährt der Streifenwagen vom örtlichen Polizeirevier langsam an den Bettelbüschen vor.
Polizeiobermeister Grauhaar steigt ganz ohne großes Getrommel aus und meint:
»Herr Beckenbauer, Sie sind das also. Jener aus der Pfarrstraße 9?«
»Ja genau, schön dass Sie schon gekommen sind!«
»Na wo ist denn nun Ihre Katze?«
»Nein, nein. Es ist nicht meine Katze. Es ist eine Katze!«
»Ich weiß, eine graue Katze.« Der Polizist zeigt sich wenig erfreut über diesen schwerwiegenden Einsatz.
Zum Glück wissen die Detektive nun, welche Garage vermutlich die des Krakowskis ist, hat er doch seinen Helm gegen jenes Tor geschleudert und seine Enduro davor abgestellt.
Karl Beckenbauer zeigt dem Schutzmann die Garage und klopfte, wie zum Beweis, dass eine Katze drinnen ist, drei Mal gegen das Holztor. Und wie bei einer Hexerei miaut es dahinter ganz kläglich und hörbar. Misstrauisch blickt der Gesetzeshüter in die Runde der drei hibbeligen Kinder.
»Da! Haben Sie das gehört?«, sprechen diese im Chor.

Klock, klock, klock.
Der Polizeiobermeister probiert es persönlich und hört das komische Wimmern erneut.
Schließlich holt er einen großen Universalschlüssel aus seiner Jacke heraus und schließt das Garagentor unsicher auf.

»Hey, was soll das!« Aus dem Hintergrund erhebt sich eine erboste Stimme. Ralle!
Mit freiem Oberkörper, nassen Haaren und einem Bündel feucht, verschmutzter Sachen in der Hand, läuft er wie vom Teufel geritten auf die vermeintlichen Tierretter zu.
»Ho, ho, ho. Jetzt ma ganz ruhig!« Mit lang gestrecktem Arm gibt Polizeiobermeister Grauhaar dem Angreifer zu verstehen, dass hier die Staatsmacht steht.
»Was soll das, was machen die Rotzer hier und außerdem, ...?«, lässt Ralf Krakowski sich kaum beruhigen, »...was machen Sie an meiner Garage, das dürfen Sie nicht!« Krakowski stellt sich mit dem Rücken an das Garagentor und verhindert, dass dieses aufgemacht werden kann. Ohne dem Polizisten auch nur ein wenig Gehör zu schenken, kramt er sein Handy aus der Jeans, wählt eine Nummer und spricht:

»Andy, du musst sofort kommen, die Bullen sind hier und wollen in Eriks Garage rein!«
»In Eriks Garage? Das ist also gar nicht Ihre Garage, junger Mann!« Mit finsterer Entschlossenheit greift Jens Grauhaar dem Jungerwachsenen unter den Arm, zieht ihn zur Seite und sagt im scharfen Ton:
»Hier ist Gefahr im Verzug!«

Grauhaar zieht den Torflügel auf. Beckenbauer und die Jungs stehen dicht hinter ihm und schauen im Taschenlampenschein des Polizisten gespannt in den Garagenraum.
Auf dem Dach darüber regt sich Celine. Bäuchlings liegt sie da und schaut von oben mit in die Garage rein.
»Was für ein Tag! So ein Kasperletheater! Da falle ich doch tatsächlich ...«, regt sich Grauhaar künstlich auf und plärrt weiter: »...auf die Gespinste eines Alten und seiner vier Strolche herein!«


Mittwoch, 16. Oktober 2019
Leon weiß nicht, ob Montag oder Dienstag ist.
Es ist Mittwoch und sein Vater ist schlecht gelaunt.
Die Bombe ist geplatzt, alles ist herausgekommen.
Und wie Leon es befürchtet hatte, ist sein Vater voll enttäuscht.

Um neun Uhr muss er zusammen mit seinem Vater bei der Kriminalpolizei zur Vernehmung sein.
Die halbe Nacht schon hat er seinem Vater Rede und Antwort stehen müssen.
Nun ist es kurz vor acht, sein Vater bereits auf Arbeit und Leon starrt auf die Uhr.
Das große Donnerwetter gab es noch nicht. Aber Leon weiß, dass es um einiges derber wird, umso länger es auf sich warten lässt.

Es klingelt an der Wohnungstür.
»Hey, Leon! Alles klar bei dir?« Celine steht vor der Tür und Leon lässt sie herein.
»Hast du schon gehört? Sie haben Ralle in der Nacht gekriegt. Der sitzt bei der Polizei.«
»Das war doch klar, dass der mit seiner Enduro nicht weit kommt!«
»Ramon kommt nachher mit seiner Mutter auch dort hin.«
»Was ist mit deinen Großeltern?«
»Mein Opa kommt.«
»Schön, dass du mich abholst, obwohl ich euch da reingerissen habe.«
»Hä? Hallo! Die Cuatro-Amigos haben die Präriewölfe auffliegen lassen!«
»Schade nur, dass es nicht funktioniert hat!«
»Wieso? Nimm doch einfach die Sparbüchse von Thea mit zur Polizei.«

Beklemmende Stille im Gemäuer des örtlichen Polizeireviers.
Im Warteraum sitzt Frau Martinez mit Ramon und Frau Richter mit Paul.
Celine und Leon setzen sich hinzu. Karl Beckenbauer wurde nicht gesehen.
Und schon schnellt die Glastür auf und Leons Vater erscheint im Warteraum.
Mit ihm kommt Frau Olivia Schlotterbeck-Eberspach heraus.
»Frau Schlotterbeck-Eberspach, sobald wir mit den Untersuchungen fertig sind, erhalten Sie den Laptop zurück ...«, sagt Herr Kamp zu der Frau und meint weiter:
»... und schicken Sie unbedingt Ihren Sohn Erik Leonard hier vorbei, damit wir seine Feststellung mit aufnehmen können!«
Olivia Schlotterbeck-Eberspach nickt den Erwachsenen im Warteraum höflich zu und setzt sich zu ihrer Freundin, Frau Richter, dazu.

Sofort flüstert Celine mit Leon. Paul und Ramon rücken dazu.
»Erik ist die ihr Sohn!« Celine macht ein arg dummes Gesicht.
»Wo kommt jetzt dieser Laptop wieder her?« Leon macht es Celine gleich.
»Also ich verstehe gar nichts mehr.«, lehnt sich Paul etwas mutlos zurück.
»In der Garage waren doch nur massenweise Fahrräder und Celines Handy.«
Plötzlich kann Paul sein Lachen nicht mehr verkneifen.
Hinter seiner vorgehaltenen Hand schluchzt er kaum verständlich:
»Wisst ihr noch, wie beknackt der Grauhals gestern Abend aus seiner Wäsche geguckt hat, als er mitbekam, dass Celine das Katzengejammer nachgeahmt hatte.«

Olivia Schlotterbeck-Eberspach plaudert indes mit ihrer Freundin:
»Das muss man sich mal vorstellen. Die haben auf meinem Laptop Fingerabdrücke von mir gefunden, die ich wohl irgendwann einmal darauf hinterlassen hatte.
Na da konnte Krakowski nicht mehr behaupten, es wäre sein Laptop, den sie in seinem Zimmer gefunden haben.«
»Aber was hat dein Sohn Erik mit den Rabauken zu tun?«
»Seit er auswärts studiert, hat er seine Garage an den Andy Krakowski vermietet.«
»Hat man denn das Geld aus der Klassenkasse bei ihm gefunden?«, wollte nun schließlich auch Pauls Mutter wissen.
»Die haben Geld gefunden, können aber nicht beweisen, dass es das aus der Klassenkasse ist.«
»Aber wer muss das denn nun bezahlen, weißt du das?«
»Tja, so wie es jetzt aussieht, die Lehrerin der zweiten Klasse. Die junge Lehrerin Theresa Schulz. Sie ist mit ganzer Seele Lehrerin, aber das wird sie niederschmettern.«

Die Amigos beobachten die beiden Damen im Gespräch und beginnen, wüst hinter vorgehaltenen Händen zu kichern, als die Glastür wieder aufschnellt und Polizeiobermeister Jens Grauhaar im Warteraum erscheint.
Mit grimmiger Miene bittet er die Erwachsenen hinein.
Die Kinder müssen noch warten und Frau Schlotterbeck-Eberspach verlässt das Revier.

Gerade erst sind die Muttis dem Grauhaar in das alte Gebäude gefolgt, schon kommen von draußen Karl Beckenbauer und Celines Opa, Wilfried Schultheiß, herein.
Sie nicken den Steppkes kurz zu und gehen sofort weiter in die Dienstzimmer durch.
Dabei schließt sich die Glastür nicht und bleibt einen Spalt offen. Geräusche aus dem Dienstgebäude dringen in den Wartebereich.
Schallende Funkdurchsagen und Stimmengewirr vieler Personen. Zwischen diesen vielen Tönen erkennen die Detektive die Stimme des Karl Beckenbauer im Gespräch mit Herrn Kamp. Mucksmäuschenstill stellen die vier Kinder ihre Horchlappen auf und versuchen, etwas zu verstehen.
Wenige Minuten Anstrengung später tuschelt Paul in die Runde:
»Alter, habt ihr das mitgekriegt. Die haben in der Nacht mehrere Wohnungen durchsucht. Auch die Villa von den Krakowskis.«
»Hammer!«, kommt Ramon mit wenigen Worten aus.
»Alle Fahrräder aus der Garage sind geklaut! Das müsst ihr euch mal vorstellen.« Leon klatscht sich dabei mit einer Hand an die Stirn.
Im selben Moment erscheint ein eher flippiger, junger Mann im Polizeirevier. Er geht zum Wachhabenden an die Sprechanlage und gibt an, von der regionalen Presse zu und wegen der festgenommenen Jugendbande gekommen zu sein.
Er wird um einen Augenblick Geduld gebeten, dreht sich schließlich zu den äußerst aufmerksamen Detektiven um und meint:
»Na, Kinder! Da staunt ihr, was. Das sind die aller neuesten Nachrichten. Noch nicht einmal gedruckt und ihr habt es schon erfahren. Überregionale Einbrecherbande geschnappt. Das ist die Schlagzeile für morgen.«

Die Vier schauen sich an und beginnen zeitgleich aus vollem Hals zu lachen.
Plötzlich steht wieder Grauhaar im Raum und ruft Ramon Martinez auf.
Das Lachen verstummt abrupt.
Die Witzblattfigur von der Presse spielt am Fotoapparat herum und unterlässt jegliche weitere Unterhaltung mit den Kindern.

»Du musst deinem Vater sagen, dass man das Geld an Theas Gekrakel erkennen kann.« Celine stupst schon wieder Leon in die Seite und dieser nimmt all seinen Mut zusammen und stellt sich bei dem Wachhabenden an die Sprechanlage.
Gerade, als er dem sagen wollte, dringend mit seinem Vater reden zu müssen, erscheint sein Vater schon an der Glastür und holt die drei Kinder zu sich ins Büro.
Nebenan, das kann Leon genau sehen, sitz Ramon bei seiner Mutter auf einem Stuhl.
Beide lassen ihre Köpfe hängen.

»Vati, was ist mit Ramon und Frau Martinez?«
»Frau Martinez? Ach, so. Wir haben denen gesagt, dass wir einen Zusammenhang mit dem Überfall auf ihr Restaurant nicht beweisen können.«
»Aber warum nicht?«
»Na was heißt denn hier, warum nicht! Das ist bei Geldscheinen nicht so einfach. Da dürfen die Fingerabdrücke von jedem drauf sein. Jeder darf den Schein mal in der Hand gehabt haben. Das ist nun mal so!«
»Aber nicht jeder tackert seine Geldscheine, oder?«
»Tackern? Was meinst du jetzt?«

Leon und Celine schildern ganz aufgeregt ihre Feststellungen und auch, dass Frau Martinez ihre Tageseinnahmen immer zusammen getackert hat.
Sie schildern auch, dass Thea ihr Taschengeld immer mit ihrem Namen beschriftet hat.
Zum Beweis dessen holt Leon Theas Spareinhorn aus der Tasche und kracht es mit voller Wucht auf den Fußboden.
»Na sage mal, was ist denn mit dir los!«, poltert Leons Vater gleich los.
»Sehen Sie doch einmal, hier!« Celine kramt aus den Scherben und dem Kleingeld, einen Fünfeuroschein heraus und hält diesen dem Herrn Kramp vor die Nase.
»Thea Kamp.«, liest dieser von der Banknote ab, reist den Schein aus Celines Hand und verlässt damit sein eigenes Büro.
»Und nun?« Paul guckt verdutzt in die Runde.

Fast zehn Minuten später, die Kinder haben in der Zwischenzeit vorsichtshalber die Scherben aufgehoben, kommt Leons Vater wieder herein.
»Das kann nicht wahr sein! Das kann wirklich nicht wahr sein!«
Thomas Kamp, also Leons Vater, läuft in seinem Büro auf und ab. Die drei Amigos sind sehr verunsichert und halten ihren Mund.
»Ihr habt den Fall geklärt!« Der Kriminalist steht nun vor den Kindern und hält seine Arme in die Hüften gestützt. Er ruft Ramon zu sich ins Büro.
Noch wagt keiner der Amigos, einen Mucks von sich zu geben.
»Versteht ihr mich? Bei dem Geld, was wir in der Villa Krakowski gefunden haben, sind Scheine dabei, die mit Theas Namen beschriftet sind und es sind auch Scheine dabei, die Tackerlöcher haben.«
»Ist das gut?«, traut sich Paul, als Erster zu fragen.
»Ich glaube, das ist der Beweis!«, steht Leon auf und hat wieder eine feste Stimme.


Montag, 28. Oktober 2019
Es sind anderthalb Wochen vergangen.
Der erste Schultag nach den Ferien.
»Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie sehr ich mich freue, euch wieder zu sehen.« Frau Wehner steht wie das blühende Leben vor ihrer Klasse.
Mit glänzenden Augen und ordentlich Farbe im Gesicht, sagt sie weiter:
»Leon, Celine, Paul und Ramon. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie sehr ich mich freue, euch in meiner Klasse zu haben!«
Die vier Amigos sind deutlich an ihren roten Gesichtern zu erkennen.
Stolz sitzen sie da und lauschen ihrer Lehrerin.
Lang und breit schildert diese ihrer Klasse, dass die vier Kinder, den gemeinen Einbruch in die Schule, kurz vor den Ferien, sowie den Überfall auf ein regionales Restaurant aufgeklärt haben. Und als wäre das nicht genug, haben sie damit auch eine lang gesuchte Einbrecherbande ausgehebelt.

Bedauerlicherweise, und hierbei verdunkelt sich Frau Wehners Gesicht, waren Schüler der 14. Gesamtschule, Mitglied dieser Bande.
Diese werden sich vor einem Jugendgericht für ihr Verhalten verantworten müssen.
»Nehmt bitte euere Hefte heraus, wir schreiben einen Aufsatz über die Ferien.«

Ramon nimmt seinen Hefter heraus und gibt seinem Aufsatz den Titel:
»Die mutigste Mutter der Welt!«
Ramon bringt in seinem Aufsatz zum Ausdruck, dass sich seine Mutter stolz dem Einbrecher gegenübergestellt habe. Sie habe ihm eine Tasse an den Kopf geworden, welche eine derartige Schramme auf seiner Stirn hinterließ, dass sie nach der Festnahme noch dort zu sehen war. Ramon schreibt aber auch, dass seine Mutter nur durch die Hilfe der Cuatro-Amigos ihr Geld wieder zurückerhalten habe.

Paul, er hat seinen Hefter vergessen und leiht sich von einem Schulkameraden zwei Blatt Papier, nennt ohne größere Überlegungen seinen Aufsatz:
»Meine besten Freunde!«
Darin veranschaulicht Paul seinen großen Stolz, diese Freunde zu haben. Er beschreibt die einzelnen Ferienabenteuer und dass er sich schon auf die nächsten Ferien freut. Am schönsten fand er das Fest im mexikanischen Restaurant, was Familie Martinez aus Freude über das zurück erlangte Geld gegeben hatten.
Alle waren gekommen, Heide und Thomas Kamp mit ihren Kindern Leon und Thea, Wilfried und Ingrid Schultheiß mit ihrer Enkelin Celine, Karl Beckenbauer, der sich sehr gut verstanden hat mit Frau Olivia Schlotterbeck-Eberspach. Na, und natürlich waren Pauls Eltern mit ihm selbst dabei gewesen.

Celine, sie hat ihren Hefter schon bereit vor sich liegen, überlegt eine ganze Weile und sieht zu ihrem Tischnachbarn hinüber.
Dieser kramt mal wieder hektisch in seinem Ranzen. Dann gibt Sie ihrem Aufsatz schließlich den Titel:
»Ferien mit meinem Freund Leon!«
In ihrer Arbeit schreibt Celine, dass sie ihre Zeit unsagbar gern mit Leon verbringt, weil er sie zum Lachen bringt, sie sich aber auch gut mit ihm unterhalten kann. Sie freut sich, als einziges Mädchen bei den Cuatro-Amigos anerkannt zu sein.

Leon, der endlich seinen Hefter im Ranzen gefunden hat, holt diesen heraus und schreibt sofort die Überschrift:
»Warum ich nicht zum Helden wurde!«
Er beginnt damit, dass er der Seite an Seite mit seinen besten Freunden mutig und tapfer für eine gute Sache eingetreten sei. Weiter schreibt Leon Kamp, dass er sich durch mangelndes Vertrauen gegenüber seinem Vater, erst in diese aussichtslose Lage gebracht hatte. In Zukunft wird er sich seinem Vater gleich anvertrauen, um sich und seine Freunde nicht wieder zu gefährden. Leon beschreibt aber auch, dass sein Vater sehr stolz auf ihn ist und beide sich ausgesprochen haben.
Sein Schlusssatz unter dem Aufsatz lautet:
»Ich freue mich, endlich wieder gern zur Schule zu gehen!«

Ende.
 



 
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