Dark Eyes

Der Denker

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Im folgenden seht ihr den Beginn meiner Geschichte über ein Reich namens Sheezua. Ihr bestimmt, ob ich die Fortsetzungen veröffentliche. Wenn die Geschichte euch gefällt, teilt mir das bitte mit, und die Geschichte geht weiter. ;)

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1. Jylassme Abendstern

Es kam ihm vor, als stürme er schon eine Ewigkeit wie wahnsinnig durch dieses verfluchte Labyrinth von einem Wald. Egal in welche Richtung er rannte, irgendwann stieß er immer wieder auf die selbe kleine Lichtung, kam er immer wieder an dem selben zugeschneiten Felsen vorbei und stolperte jedes Mal wieder über die selbe heimtückische Wurzel unter dem Schnee. Seine Verfolger schienen dagegen in ihrem Element. Kaum glaubte er sie überlistet und abgehängt zu haben, tauchten sie plötzlich irgendwo hinter einem Baum auf oder sprangen aus dem Gebüsch.

Schon glaubte er sie wieder von allen Seiten rufen zu hören: "Da vorne läuft er!"

Durch die Rufe verunsichert, wechselte er die Richtung, auch, wenn er nicht wirklich glaubte, dass es viel Sinn hatte. Während er dahinstolperte und vorsichtig den vereisten Flächen aus dem Weg ging, passierte es wieder: Dicht hinter ihm sprang ein schwarz gepanzerter Krieger scheppernd auf den schmalen Trampelpfad. Doch er drehte sich nicht nach ihm um, ließ sich nicht ablenken.

In einem verzweifelten Versuch, seine Verfolger erneut abzuschütteln, verließ er den Pfad, brach durch eine Wand aus gefrorenen Blättern und kahlen Ästen und floh quer durch das Gestrüpp. Er nahm an, dass es der Krieger nun schwerer haben durfte, die Fährte nicht zu verlieren. Tatsächlich hörte kurze Zeit später das Knacken und Scheppern hinter ihm auf. Keuchend lehnte er sich an eine mächtige Eiche. Ihm wurde schwindelig vor Erschöpfung, so sank er erleichtert auf den Boden, um sich im Schnee auszuruhen. Als sich knapp über seinem Kopf ein Armbrustbolzen in den Baum bohrte. Schnell kam er wieder hoch und schrie auf, als er von einem Pfeil in den Oberschenkel getroffen wurde. Entweder sie wollten ihn lebend oder sie waren einfach schlechte Schützen. Damit wollte er sich nun allerdings nicht befassen, denn sein lauter Schrei hatte noch mehr Verfolger auf seinen Aufenthaltsort aufmerksam gemacht. Also riß er sich mit einem schnellen Ruck den Pfeil aus dem Fleisch und humpelte unter einem Pfeilregen wieder los.

Um ihn drehte sich alles. Ständig hatte er das unheimliche Gefühl, beobachtet zu werden. Er hätte schwören können, irgendwer überwachte jeden seiner Schritte. Aber genauso wie ihm seine Augen immer wieder vorgaukelten, irgendwelche Schatten würden im Gebüsch und den Bäumen lauern, die seltsamerweise immer verschwanden, wenn er richtig hinsah, und die seltsamen Geräusche, das bösartige Flüstern und Kichern, so war auch das Gefühl unter Beobachtung zu stehen reines Hirngespinst. Was es auch war, ob Wirklichkeit oder Phantasie, es machte ihm immer mehr Angst. Inzwischen war es schon zu schierer Panik angewachsen und sein Keuchen wurde immer hysterischer. Er fragte sich, ob er wohl langsam wahnsinnig wurde und auch, ob man es überhaupt selbst merkte.

Ihm fiel auf, dass er schon eine ganze Weile umherirrte, ohne auf die bekannten Orte zu stoßen. Hatte er endlich einen Weg hinaus gefunden? Er hoffte es aus ganzem Herzen, denn lange hielt er nicht mehr durch. Seine Zehen waren bestimmt schon abgefroren und es war so verflucht dunkel, dass er kaum die eigene Hand vor Augen sah. Deshalb wäre er auch schon mehrfach beinahe gegen einen Baum gerannt. Aber obwohl kein Mond zu sehen war, schien dieser wohl irgendwo in der Nähe zu sein, denn völlig finster war es nicht.

Da hörte er ein knackendes Geräusch hinter sich und beging diesmal den Fehler, sich umzudrehen, blieb dabei jedoch nicht stehen. Das führte dazu, dass er die Eisschicht am Boden nicht bemerkte und mit dem rechten Bein nach hinten wegrutschte. Sein Oberkörper schoss nach vorn und er flog einen Meter horizontal durch den Wald, landete äußerst unsanft wieder auf steinernem Boden, wobei er sich das Schlüsselbein brach, und rollte einen steilen Abhang hinab, wo er schließlich auf einem riesigen, durch vereinzelte Fackeln erhellten Platz, der seltsamerweise völlig schneefrei war, zum Liegen kam.

Der Gestürzte lag ächzend am Boden und konnte sich nicht rühren. Wahrscheinlich hatte er ein paar schwere Verwundungen und Brüche erlitten, zumindest schloss er das aus den Schmerzen, die er im ganzen Körper fühlte. Es hatte den Vorteil, dass er für einen Moment zum Stillliegen gezwungen war und so wieder etwas ruhiger wurde, sodass auch die Phantasmagorien bald aufhörten.

Als er sich nach einigen Minuten wieder etwas erholt hatte, wagte er sich langsam aufzurichten. Durch einen eigenartigen Rotschleiher konnte er auf dem Platz einige Gestalten stehen sehen. Sie schienen jedoch nicht zu seinen Verfolgern zu gehören, denn sie standen verängstigt, dicht aneinander gedrängt in der Mitte des Platzes. Mit dem Hemdsärmel wischte er sich ein paar Mal übers Gesicht, um das Blut aus den Augen herauszubekommen. Seine Sicht wurde dadurch allerdings nicht wie erhofft klarer, sondern trübte sich eher noch mehr. Als er sich mit schmerzverzerrtem Gesicht mühsam hochkämpfte, wichen die verstört wirkenden Leute hysterisch kreischend und wild mit den Armen gestikulierend zurück, verstummten dann jedoch sofort wieder und starrten weiter apathisch vor sich hin. Das war eigenartig. Machte er so einen schrecklichen Eindruck? Er glaubte eher, dass ihnen irgendetwas zugestoßen sein musste, das ihnen solch schreckliche Angst machte. Einen Moment überlegte er, ob er nicht zu ihnen gehen sollte, vielleicht konnte er ihnen helfen - und sie ihm. Aber womöglich wären sie dann - würde er nur einen einzigen Schritt machen - völlig übergeschnappt. Außerdem war ihr Geschrei, das man wahrscheinlich noch Kilometer weit hören konnte, nicht besonders nützlich bei seinem Versuch, sich zu verstecken und er wollte nicht unbedingt auf das selbe treffen mit dem sie Bekanntschaft gemacht hatten. Grübelnd beobachtete er die relativ große Gruppe und fragte sich, was sie hier machten, was ihnen angetan worden sein musste.

Da ertönte mit einem Mal ein heller Klang. Es war ein Geräusch, wie es nur eine bestimmte Art von Instrument hervorbrachte und eine Mischung aus Hilflosigkeit, Verzweiflung und Mitleid stieg in ihm auf, als er erkannte, dass es sich dabei wahrscheinlich um das Horn eines Einhorns handelte. Als der Ton in den Wäldern erklang und in den nahen Bergen widerhallte, kam auch urplötzlich wieder Leben in die rätselhaften Gestalten in der Mitte des Platzes. Sie fingen aufs Neue an wie geisteskrank zu brüllen, zu weinen, zu brabbeln, sogar teilweise zu singen und unpassenderweise zu lachen.

Diesmal wurde er jedoch selbst von noch nie erlebter Furcht gepackt, denn nun erkannte er, wovor sie sich fürchteten. Hinter ihm knackten Zweige.
 



 
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