Das Ehepaar von gegenüber

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„Es ist genau 6.15 Uhr", verkündete eine fröhliche Stimme aus dem Radio genau in der Sekunde, als Karl Jucklen den Vorhang am Küchenfenster zurückzog, auf die Straße blickte und feststellte, dass im gegenüberliegenden Haus alle Lichter brannten. „Was für Stromverschwender", dachte er und wollte sich seiner Kaffeemaschine zuwenden, als eine Bewegung auf der Straße seine Aufmerksamkeit erregte. Frau Schnürr verließ gerade das Haus. Sie hatte ihren Koffer dabei und ging mit schnellen Schritten zum Auto.
„Verreist sie schon wieder und lässt den Alten allein zuhause", dachte Karl. Doch was ging es ihn an. Herr Schnürr war kein Kind von Traurigkeit und Karl hatte öfters beobachtet, wie während Frau Schnürrs Abwesenheit hübsche junge Frauen gegenüber ein- und ausgingen. Frau Schnürr wusste das vermutlich nicht. Aber aus solchen Sachen hielt Karl sich raus. Was ging es ihn auch schließlich an.
Er schaltete die Kaffeemaschine ein und sah, wie Frau Schnürr das Auto startete oder besser gesagt starten wollte, denn es sprang nicht an. Der Motor hustete nur kurz, dann erstarb er. Das wiederholte sich vier- oder fünfmal. Beim fünften Mal grinste Karl Jucklen vergnügt vor sich hin. Das würde wohl nichts mehr werden heute mit Wegfahren, jedenfalls nicht mit diesem Auto..... Aber auch da würde er sich schön heraushalten.
Um Frau Schnürr nicht begegnen und womöglich seine Hilfe anbieten zu müssen, ging er zum Hintereingang hinaus, um in seine Garage zu gelangen. Als er mit seinem Auto auf die Straße fuhr, stand Frau Schnürrs Auto immer noch vor dem Haus, sie selbst war allerdings nirgends zu sehen. Karl fuhr an dem Auto vorbei und registrierte, dass der Kofferraum leicht aufstand. Eine Lache von braunroter Flüssigkeit hatte sich unter dem Auto gebildet, bei dem strömenden Regen war die Farbe aber nicht wirklich zu erkennen.
„Öl verliert das Ding wohl auch noch", dachte Karl, „sieht fast aus wie Blut."
Im Haus brannten immer noch alle Lichter. Weder Herr noch Frau Schnürr waren zu sehen.
Fröhlich pfeifend, weil er es geschafft hatte, beide nicht zu treffen, fuhr er vorbei.
 
Geschätzte Delfine,

wenn ich mich in die Lage des Beobachters versetze - und das fällt mir aufgrund meiner Gewohnheiten sehr leicht -, fängt das Grübeln jetzt erst richtig an: Was war in dem Koffer? Tropfte da nicht doch Blut herunter? Ich fürchte, Herr Jucklen könnte es bald aus dem Polizeibericht erfahren. Oder zumindest kann er sich das während seiner Fahrt jetzt gut vorstellen und probt in Gedanken schon mal, wie er dann seine Beobachtungen öffentlich präsentieren kann.

Insgesamt gern gelesen. Nur zwei kleine Wiederholungen haben mich geringfügig gestört. Anfangs taucht "genau" im selben Satz zweimal kurz hintereinander auf. Empfehle, auf das zweite "genau" zu verzichten. Ebenso wird am Ende dieses Abschnitts wortgleich zweimal "Was ging es ihn an ..." eingesetzt. Hier würde sich an Variation vielleicht anbieten: was scherte es ihn.

Solche unwillkürlichen Wiederholungen unterlaufen mir bei eifrigem Schreiben auch häufig und nicht immer entdecke ich sie hinterher.

Schönen Morgengruß
Arno Abendschön
 
Hallo Arno,

jetzt kann ich mich endlich für deinen Kommentar und die Bewertung bedanken.
Ich wollte die Wiederholungen ändern, finde die Funktion dafür aber bis jetzt noch nicht....

LG e
 



 
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