das ei des vogel roch

  • Ersteller Gelöschtes Mitglied 15780
  • Erstellt am
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
[ 4]das ei des vogel roch


kupfer zu gittern zu stanzen gehäuse zu
treiben die fein-filigran-geometrischen
drahtverhaue - gefängnis der dschinnen von
salomon selbst in die lampe gebannt

teppiche fleißig zu knüpfen mit blutigen
händen auch garne zu klöppeln zu brüsseler
spitzen ach nicht einmal tuche zu weben hab
ich je gelernt hab ich jemals gekannt

weiß nicht wie ich an die lampe geraten die
als ich sie rieb den dämon offenbarte ich
weiß nicht wer mir diesen teppich gebreitet auf
dem ich nun gleite ins sandige land

welches geheimnis ich dann in der blechernen
wohnung des geistes gefunden das schenk ich dir
mit diesem rätsel - du schweigst und verbirgst jener
dschinn-flasche pfand-reim gerührt was ich fand
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Den Vogel Roch kennen wir aus dem Alif Laila wa Laila (1001 Nacht). "Roch" - hebräisch "ruach" - ist der Geist, der Odem Gottes. Im Christentum in einer Taube metaphorisiert, sonst eher eine Art Phoinix.
Denjenigen, die das Märchen von Aladdin und der Wunderlampe kennen, ist der Zusammenhang des Geistes der Lampe mit dem Ei des Vogel Roch geläufig.
Den anderen sei dieser Zusammenhang hier verschwiegen.

Der letzte Vers enthält einen selbstbezüglichen "rührenden Reim". So zum Scherz. Und natürlich auch, um das Geheimnis vor denen, die das Märchen nicht kennen, verhüllt zu halten. Wie bei den Muggel-Magiern: Die lenken ab, um ihre Geschicklichkeit zu verhüllen.
 

Tula

Mitglied
Hallo Mondnein

Was mich an alten Märchen immer noch fasziniert ist, dass sie viel sinnträchtiger sind als allgemein angenommen, gerade weil man sie nur noch als Kinderliteratur und -filme anbietet. Der sprachliche Ursprung des Wortes Roch wäre mir z.B. ohne Deine Erklärung völlig entgangen. Für mich war das immer nur ein ein böser Vogel und Aladin einfach nur irgendein Name. Dass er den guten Kerl spielt (der dann am Ende auch richtig viel Knete abfasst und eine ganz tolle Frau bekommt) verstehen ja die Knirpse auch so...

Ich wusste auch nicht, dass es eine verdichtete (also gereimte) Version des Aladins gibt (Ludwig Fulda), habe ich erst jetzt entdeckt. Dort ruft der Geist auf die seltsame Bitte Aldins und seiner Prinzessin:

...
Befiehlt, ich soll auf meinen Schwingen
Als Deckenschmuck fuer seinen Saal
Dir meinen eignen Vater bringen?


Wie dem auch sei, sich ein Ei unter die Decke zu hängen, klingt mir aus heutiger Sicht etwas absurd. An Mangel an anderen faulen Eiern beklage ich mich ansonsten aber nicht, die bringt das Leben ja auch so mit sich.

Also inspirierend gern gelesen, auch ohne Dschinn-Tonic

LG
Tula
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
das "Ei" ist gewiß eher mütterlich - oder legen Väter Eier?

In der Tat, liebe Tula, war mir als Kind in der Kinderversion des Märchens der Schluß kaum aufgefallen. Erst beim erwachsenen Wiederlesen habe ich mit Staunen gesehen, daß dieses berühmte Märchen eine ganz ungewöhnliche Pointe hat: Einen Dschinn, der sich weigert, den Befehl seines Herrn auszuführen. Das ist bedenkenswert, denkwürdig, bedenklich. Es endet mit einem Rätsel: was denn nun dieses "Ei des Vogel Roch" sein mag. Und warum dieser Phoinix-artige oder Garuda-gewaltige Vogel Herr eines Lampengeistes ist, wie sonst nur Salomon per Gottessiegel auf den Flaschengefängnissen Herr der Dschinnen ist. Die mythischen Strukturen liegen unter der muslimischen Oberfläche in den Schichten, die von Alawiten und Drusen geheimgehalten und geschützt werden. Wie bei den europäischen Volksmärchen die Frau Holle (Todesgöttin) unter den Brunnentiefen.
So weit ist das auch "nur" ein mythisches Bild, verbirgt den Geistvogel mehr als daß es ihn verrät. Deshalb habe ichs auch mit dem selbstbezüglichen "rührenden Reim"-Spiel verflacht - kaum noch zweidimensional, fast schon tautologisch eindimensional.
 



 
Oben Unten