Das Flügelwesen

Ferec Boga

Mitglied
Bedrückt, das Wesen, es ist bedrückt. Im Schatten der Stadt lebt es, der hohen, gigantischen Stadt. Sie drückt das Geschöpf nieder, lähmt es, und seine dunklen, gar schwarzen Flügel liegen an, hüllen seinem mageren Körper ein. Unfähig, sie zu entfalten, sein Wesen zu entfalten, schlurft es die Straßen entlang, im Schatten der Stadt. Es wehrt sich, kämpft dagegen an, doch die Stadt drückt ihn nieder. Von seiner Wut, von seinen Emotionen und Wünschen geleitet, verflucht es die hohen Türme, die gebaut wurden, um ihn im Schach zu halten. Diese Wut, sie staut sich im Wesen an, wird stärker, weicht einem Zorn, einem Blutdurst, unersättlich, ungebändigt. Und mit aller Kraft drückt es gegen das Joch der Stadt, eine Instanz, die geschaffen war, gebaut war, um es zu erdrücken. Es drückt, es stemmt sich gegen die Masse, die ihn von oben in die Knie zu zwingen vermag. Der Zorn, der Wille, sich aus dieser Erniedrigung zu befreien, stärkt das Wesen in seiner Handlung, und es lehnt sich stärker gegen seinen Peiniger, gegen seinen Despoten auf. Und sein Wille steigt. Seine Wut steigt. Sein Durst steigt. Das Wesen spürt, wie es stärker wird, wie das Gleichgewicht zwischen der Stadt und dem Geschöpf sich verlagert, wie der Tyrann des Tieres an Kontrolle verliert. Das Wesen gewinnt Raum, richtet sich auf, kämpft stärker gegen seinen Antagonisten an. Und so befreit es sich, breitet seine Flügel aus, und schießt empor in den Himmel. Seine Gestalt, auf die Stadt herabblickend, hüllt sie in eine Dunkelheit, eine laute Dunkelheit, und so brechen sie zusammen, die massiven Häuser, die gewaltigen Türme, stürzen ein, in die Tiefen des Dunkel. Und es schaut zu, das Wesen, voller Befriedigung, und lauscht ihr, einer animalischen, dreistimmigen Katharsis.
 

petrasmiles

Mitglied
Lieber Ferec Boga,

ich verstehe Katharsis anders. Es ist kein Gefühl des Triumphs bei der Zerstörung des Einengenden. Im Gegenteil würde das Mitgefühl für den Eingeengten die eigene Enge sublimieren und der innere Druck abgebaut.
Dein Text klingt wie eine Szene aus einem Mystery-Thriller, aber ich sehe keine Handlung, nur eine Metamorphose vom Unterdrückten zum Zerstörer.
Man möchte mehr über die Figur - und den Antagonisten - erfahren.

Liebe Grüße
Petra
 

Bo-ehd

Mitglied
Hallo Ferec Boga,
ich bin Geschichtenerzähler und tue mich sehr schwer, mysteriöse und geheimnisvolle, mit Phantasiebildern geschmückte Texte zu verstehen. Aber da ich sicher bin, dass du dir als Autor etwas dabei gedacht hast, würde ich dich bitten, mir ein wenig Hilfestellung zu geben. Ich kopiere deinen Text noch einmal und füge meine Bemerkungen und Fragen in Fett an die gemeinte Stelle. Wenn du sie mir beantworten möchtest, wäre ich sehr dankbar. Nur so lernen wir hier im Forum voneinander, und das ist ja Sinn der Sache.
Meine drängendste Frage ist: Wer oder was verbirgt sich hinter dem Begriff Wesen, und warum verrätst du uns Lesern das nicht?

Bedrückt, das Wesen, es ist bedrückt. Im Schatten der Stadt (Schatten der Hochhäuser?) lebt es, der hohen (was meinst du mit hohe Stadt?) , gigantischen Stadt. Sie drückt das Geschöpf nieder, lähmt es, (lähmt es wie? meinst du deprimiert?) und seine dunklen, gar schwarzen Flügel liegen an, hüllen seinem mageren Körper ein. Unfähig, sie zu entfalten, sein Wesen (Flügel ist gleich Wesen?) zu entfalten, schlurft (das gefiederte Wesen schlurft- Wie geht das?) es die Straßen entlang, im Schatten der Stadt. Es wehrt sich, kämpft dagegen an, doch die Stadt drückt ihn nieder (diesen Kampf solltest du beschreiben. Wie geht das?). Von seiner Wut, von seinen Emotionen und Wünschen geleitet, verflucht es die hohen Türme, die gebaut wurden, um ihn im Schach zu halten (wie machen die das?). Diese Wut, sie staut sich im Wesen an, wird stärker, weicht einem Zorn, einem Blutdurst, unersättlich, ungebändigt. Und mit aller Kraft drückt es gegen das Joch der Stadt, eine Instanz (die Türme sind ein Joch. Wie? Und eine Instanz. Bitte beschreiben, wie das geht), die geschaffen war, gebaut war, um es zu erdrücken. Es drückt, es stemmt sich gegen die Masse (woraus besteht die Masse?), die ihn von oben in die Knie (der Geflügelte hat Knie?) zu zwingen vermag. Der Zorn, der Wille, sich aus dieser Erniedrigung zu befreien, stärkt das Wesen in seiner Handlung, und es lehnt sich stärker gegen seinen Peiniger, gegen seinen Despoten auf. Und sein Wille steigt. Seine Wut steigt. Sein Durst steigt. Das Wesen spürt, wie es stärker wird, wie das Gleichgewicht zwischen der Stadt und dem Geschöpf sich verlagert, wie der Tyrann (ist das die hohe Stadt?) des Tieres an Kontrolle verliert. Das Wesen gewinnt Raum, richtet sich auf, kämpft stärker gegen seinen Antagonisten an. Und so befreit es sich, breitet seine Flügel aus, und schießt empor in den Himmel. (War es gefesselt?) Seine Gestalt, auf die Stadt herabblickend, hüllt sie in eine Dunkelheit, eine laute Dunkelheit (wie geht das? ich verstehe das Bild nicht, und so brechen sie zusammen, die massiven Häuser, die gewaltigen Türme, stürzen ein, in die Tiefen des Dunkel. (Der Blick sorgt für Zerstörung? Und was sind die Tiefen des Dunkel?) Und es schaut zu, das Wesen, voller Befriedigung, und lauscht ihr, einer animalischen, dreistimmigen Katharsis. (Die darfst du mir genauer erklären)
 

Ferec Boga

Mitglied
Lieber @Bo-ehd
gerne helfe ich bei meinem Verständnis des Textes! An diesen muss man ein wenig anders herangehen als üblich. Zuerst einmal handelt es sich hier natürlich um eine Parabel, die ich an einigen Stellen leicht angedeutet habe (Stichwort: "Instanz", siehe Psychoanalyse). Diese Parabel stellt, entschlüsselt, ein Szenario dar, welches an sich nicht eintritt (vollständige Kontrolle des Es). Zudem ist diese Parabel sehr abnormal und etwas skurril dargestellt, was sehr wichtig zu erwähnen ist, da sich einige deiner Fragen auf die Sinnhaftigkeit des Bildes beziehen. Hier ist es sehr wichtig, nicht zu versuchen, das Bild physikalisch erklären zu wollen, das ist hier nicht möglich. Mein Ziel war weniger, einen sinnvollen Kampf darzustellen, sondern eher, meine Parabel und den Gedanken dahinter zu verdeutlichen. Ich nutze auch gerne mal Formulierungen, die einem Oxymoron ähnlich sind oder Kombinationen von Wörtern, die an sich nicht kombiniert werden (s. z.B. "laute Dunkelheit";hier war für mich das Attribut laut passend, um die Situation zu beschreiben). Die dreistimmige Katharsis ist wieder dem Bild, dass ich vermitteln möchte, zuzuschreiben ("dreistimmig" siehe Instanzenmodell).
Ich hoffe, ich konnte einigermaßen verständlich machen, wie ich an diesen kleinen Text herangegangen bin, und bin offen für weiteres Feedback :)
LG
 

Bo-ehd

Mitglied
Hallo Ferec Boga,
danke für die Erläuterungen deines Textes. Mir wird langsam klar, wie das alles gemeint ist, aber ich brauche noch Zeit, damit warm zu werden. Zudem muss ich mich erst einmal intensiv mit dem Instanzenmodell befassen. Hab mich mit Freud seit gefühlten tausend Jahren nicht mehr beschäftigt.
Gruß
Bo-ehd
 



 
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