Das Gebet

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Arcos

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Ich kniete nieder,
schloss meine Hände
und senkte den Kopf.

Das Vaterunser verließ meine Lippen,
wanderte durch Luft und Staub,
prallte auf die Wände,
wurde ungehört verschluckt
von dicken Mauern.

Doch dann,
plötzlich und unerwartet,
stand er vor mir.

Liebe fasste meine Arme,
richtete mich auf
und hob meinen Kopf.
Ich schaute in die Augen
der vollkommenen Güte.

„Vater…“, stammelte ich.
Tränen ergossen sich
ungewollt und unaufhaltsam.
Verständnis umgab mich.

„Warum hasst mich das Leben?
Warum ist die Welt die reinste Hölle?“
Meine unbeantworteten Fragen,
die immer wieder emporstiegen
aus dem dunklen Schlund.

Der Frieden schaute mich an
und nickte sanft.
Er strich zuerst nur leicht
durch meine Haare,
bis das Streicheln
in ein Klopfen überging.

Sehr unsanft wurde ich
aus diesem Traum herausgerissen.
Mein kleines Kind saß auf meinem Kissen
und hämmerte mit seinem winzigen
Hausschuh auf meinen Kopf.

Ich öffnete die Augen.
Mein Sohn kreischte vor Vergnügen.

Es war das Lachen Gottes.
 
Zuletzt bearbeitet:

Frodomir

Mitglied
Hallo Arcos,

ich möchte mich klaatu anschließen und auch die letzten Zeilen deines Gedichtes besonders loben:
Sehr unsanft wurde ich
aus diesem Traum herausgerissen.
Mein kleines Kind saß auf meinem Kissen
und hämmerte mit seinem winzigen
Hausschuh auf meinen Kopf.

Ich öffnete die Augen.
Mein Sohn kreischte vor Vergnügen.

Es war das Lachen Gottes.
Klasse ist das! Und besonders schön finde ich auch das Wort Traum, denn es zeigt den Gegensatz zwischen erdachter und realer Welt. Und dein Gedicht verortet das Reich Gottes im Sein und im Lebendigen. Ich finde das schön und deshalb habe ich dein Gedicht noch mal hochgeholt, damit es viele Leser findet :)

Liebe Grüße
Frodomir
 



 
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