Der Alte

Tenebros

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Im Walde da lebte fern
Doch weit von uns ja nicht
Im Dickicht, welch´s erreicht kein Stern
Und auch kein nahes oder fremdes Licht
Ein klappriges Gebein
Lebt dort immer schon allein
Niemand kennt ihn, den Namen dies´ fremden Wesens
Dies fremden Geistes
Dessen Leben niemals jemand bei gewesen

Einmal im Jahr dringt der fremde Greis
Ein in unser´n Ort, unser Heim
Spricht niemals, nein, verhält sich stumm
Schaut sich stets zum Dorfquell´ um
Blickt hinein in stilles Wasser und dies für Stund´
Blickt hinein in klares Wasser
Geschlossen Augen und Mund
Die Zeit vergeht, der Greise sich erhebt
Geht zurück in seinen Forst
Beobachtet vom ganzen Horst

Das Jahr zieht vorbei, wie gewohnt
Der Schützling, blickend auf den Turme thront
Ausschau haltend, dem Blick zum Wald
Erwartet wird er, er kommt bald
Mit zerschlissenem Hut und kurzem Schritt
Aus dem kalten Dunkel tritt
Bewegt er sich der Quelle zu
Doch lässt´s dem Burschen keine Ruh
Spricht er ihn an und fleht dem Mann
Zu sprechen die Geheimnisse, die in ihm wohnen.
Zu sprechen die Geheimnisse, die ihm wohl gestohlen
Der Geist blickt ihn an, voll Trauer das Gesicht
Ein Wort doch entrinnt ihm nicht
Dreht sich um, kehrt allein
Festen Schrittes in den Wald hinein

Das Jahr vergeht doch nicht der Sinn
Welcher dem Buben so wichtig schien
Das neue Jahr es bricht herein
Und pünktlich da, so soll es sein
Der alte Mann schleift sich fort
Heran an altbekannten Ort
Setzt sich zu dem alten Quell

Da kommt herbei der Bub, ganz schnell
Setzt sich nah zum stummen Mann
Der zeigt ihm ruhig und zeigt ihm an
Zu blicken den Quell und auch nur dann
Wenn das Wasser ist, so glatt und rein
Als könnt kein anderes dies jemals sein
Der Junge spricht verwundert auf
„Ich blick´ mein Gesicht, doch sonst worauf?”
„Die Augen dort, wo Wahrheit liegt
Die Zunge stets, diese bekriegt
Auf ewig vereint, in einem Gesicht!”
So der Alte Spricht
„Lass sie kämpfen, das ganze Jahr.
Doch sieh den Ursprung dann auch genauso klar!”
 



 
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