Filjanka Seenonne
Mitglied
Jetzt hatte er die beiden neugierig gemacht. Schnell schlüpften sie unter die Decke und zogen sie hoch bis zu ihren Nasenspitzen. Der Nachtling holte Luft, doch er sprach nicht.
„Na los!“, forderte Bruno. Die gelben Augen des Fuchses musterten die Kindergesichter.
„Was wisst ihr über Kobolde?“
„Hä?“, entfuhr es Bruno, doch Gerda plapperte wie immer munter drauf los - im Flüsterton.
„Kobolde sind klein und nicht besonders hübsch. Sie wohnen zwischen Holzdielen und auf Dachböden. Sie sind sehr frech und spielen den Menschen Streiche. Richtig böse sind sie aber nicht, sagt Oma.“ Der Nachtling nickte.
„Und was wisst ihr über Feen?“
„Feen sind auch klein und ganz wunderbar schön. Sie haben schimmerige Flügel und man kann sie nicht immer sehen. Oma sagt, wenn man eine sieht und sie ganz, ganz doll lieb bittet, erfüllt sie einem einen kleinen Wunsch.“ Jetzt musste der Nachtling leise lachen.
„Ihr Menschlein und euer fantastisches Halbwissen.“
„Stimmt es nicht, was Oma mir erzählt hat?“, fragte Gerda ganz enttäuscht.
„Ja und nein“, sagte der Nachtling geheimnisvoll.
„Gibt es etwa keine Feen?“, fragte Gerda noch enttäuschter und mit großen traurigen Augen.
„Nicht solche, wie du sie dir vorstellst, Gerda.“
„Du weiß, wie ich heiße?“, keuchte Gerda überrascht und erschrocken zugleich.
„Klar. Ich weiß auch, dass dein Bruder Bruno heißt und eure große Schwester Astrid dort drüben schläft.““, sagte der Nachtling und zeigte mit der Pfote erst auf Bruno, dann hinüber zu Astrids Bett.
„Aber- “
„Im Gegensatz zu euch, vergessen wir nicht so schnell und beschäftigen uns mit unseren Nachbarn.“
„Achso?“, fragte Bruno, hatte aber eigentlich gar nichts verstanden.
„Wie sehen Feen dann nun aus?“, wollte Gerda wissen.
„Und wie sehen echte Kobolde aus?“
Wieder musste der Nachtling lachen, dann breitete er die Pfoten aus und sagte:
„Zum Beispiel so wie ich.“
„Du bist eine Fee?“, fragte Gerda ungläubig und hatte vor Überraschung so laut gesprochen, dass Astrid sich drüben in ihrem Bett schnaufend umdrehte.
„Nein, er ist ein Kobold“, meinte Bruno fest.
„Ich bin sowohl ein Kobold als auch eine Fee“, behauptete der kleine Fuchs. „Nein, eigentlich bin ich weder das Eine noch das Andere.“
„Was denn nun?“
„Nun ja, ich bin nun mal ein Nachtling. Feen und Kobolde sind Wesen, die ihr Menschen euch ausgedacht habt, weil ihr … weil ihr es nicht besser wisst und alles vergessen habt.“
„Das versteh ich nicht“, maulte Gerda.
„Hach … passt auf. Es gibt nicht nur diese, eure Welt. Im Verborgenen gibt es so viel mehr! Früher wussten die Menschen das. Irgendwann aber haben sie begonnen, nicht mehr an uns zu glauben. Sie vergaßen uns und die Wunder und Träume. Aber die Geschichten blieben und aus Nachtlingen wurden Kobolde und aus Blattlingen wurden Feen und der Bullerlux wurde zum Bösen verkehrt mit allen möglichen schaurigen Namen und statt seiner erfanden sie den Sandmann. Der ist allerdings eine liebenswerte Alternative. Der Bullerlux mag die Idee mit dem Schlafsand, aber bisher hatte er noch keinen Zuchterfolg. Bemerkenswert, dass sein richtiger Name trotz allem noch bei euch herumgeistert.“
„Ich versteh‘ nur Bahnhof“, nörgelte Bruno.
„Es ist auch … sehr viel.“
„Also ist der Bullerlux gar nicht böse?“, fraget Gerda erleichtert.
„Der und böse?“ Der Nachtling kicherte ungehalten. Er musste sich die Pfoten auf die Schnauze drücken, um nicht laut los zu lachen. „Kleine Gerda, der Bullerlux ist das friedliebendste, harmoniebedürftigste und gütigste Wesen, das man sich nur denken kann. Von ihm könnten sich viele Menschen eine dicke, fette Scheibe abschneiden.“
„Aber Papa sagt immer -“
„Dass der Bullerlux dich holen kommt, wenn du nicht rechtzeitig schläfst?“
„Ja, genau!“
Der kleine schwarze Fuchs seufzte: „Ich verstehe einfach nicht, wieso ihr Menschen dazu neigt, euch gegenseitig Angst zu machen. Wäre es nicht schöner, wenn euer Papa etwas sagen würde wie … Je früher ihr einschlaf, desto länger könnt ihr in euren kühnsten Träumen wandeln?“ Die Kinder dachten einen Augenblick im Stillen nach.
„Naja …“, begann Gerda zögerlich.
„Er hat es halt schon immer so gemacht“, beteuerte Bruno. Und wieder seufzte das Füchslein. Es kratzte sich hinterm Ohr, rutschte mit dem Popo ein wenig hin und her, als würde es eine gemütlichere Kuhle in der Bettdecke suchen und wuschelte dann in seiner gelben Schwanzspitze herum.
„Ein, zwei Tröpfchen habe ich noch. Wo waren wir?“ Nun legte er sich doch lieber auf den Bauch. „Also, ihr Süßen: der Bullerlux ist ganz und gar nicht böse. Er ist ein liebevoller Gärtner und kann ein ganz schönes Sensibelchen sein, wenn ihr mich fragt. Und eigentlich ist es auch nicht er, der kommt, wenn ihr nicht schlafen wollt.“
„Nicht?“, staunte Gerda mit großen Augen.
„Dafür hat er doch gar keine Zeit … unser Wald ist so groß und er kümmert sich um jeden Baum, jedes Pflänzchen und er kennt jede einzelne Traumblase.“
„Was sind denn Traumblasen jetzt schon wieder?“ Bruno kratzte sich an der Nase.
„Wer kommt denn nun, wenn wir nicht schlafen?“, fragte Gerda.
Das Füchslein sah empört drein: „Na, wer sitzt denn hier in eurem Zimmer, auf eurer Bettdecke und erzählt euch vom Bullerlux? Der Plumssack vielleicht oder der Eiermann?“ Er atmete tief ein. „Früher waren wir es, die gekommen sind. Wir haben euch Kindern Geschichten aus anderen Welten mitgebracht, die haben wir euch erzählt … manche von euch brauchten auch nur etwas Gesellschaft – mehr als einen Teddybären meine ich. Besonders die ohne Geschwister oder Haustiere. Aber auch solche, die keinen Papa oder keine Mama hatten oder die an einem neuen Ort leben mussten.“
„Wir sind auch grad erst hierher gezogen“, erzählte Gerda.
„Ich weiß“, sagte der Nachtling und lächelte wissend. „Ich guck doch nicht zum ersten Mal hier vorbei. Vor euch haben schon einige Familien hier gelebt, aber keine ist lange geblieben.“
„Das hat der Doofkopf von nebenan auch gesagt. Er meinte, dass es hier spukt.“
„Matthias?“
„Wie er heißt, weiß ich nicht, er hat sich ja nicht vorgestellt“, knurrte Bruno. „Ein totaler Blödi.“
„Er kann unsereinen auch nicht sehen. Ich bin schon lange nicht mehr zu ihm gegangen, der Durchgang hat sich gelöst. Hier in diesem Haus lebten oft Kinder, doch ihre Eltern glaubten an Spuk, wenn sie nachts Geräusch gehört haben oder Gegenstände ihre Plätze wechselten. Das spielen wir Nachtlinge gern, aber ihr Menschen denkt jedes Mal, ihr wäret verrückt geworden oder hättet sie verlegt … na oder aber eben, dass es spukt..“
„ Wieso können dich manche Menschen nicht sehen?“, wollte Gerda wissen. „Wir sehen dich doch auch und es ist ganz einfach.“
„Weil …“ Der Nachtling hielt inne. Seine großen, spitzen Ohren zuckten unruhig. „Ein andermal mehr. Ich muss los, es ist schon spät. Schlaft gut, ihr beiden. Ich komme bald wieder und erzähle euch mehr von uns. Es ist ja so erfrischend, sich endlich einmal wieder mit kleinen Menschlein zu unterhalten.“ Der Nachtling rutschte vom Bett herab und war schon fast wieder an der Fußleiste angelangt, da drehte er sich noch einmal zu Bruno und Gerda um: „Ach, noch etwas“, wisperte er leise und hob den Zeigefinger, „Das muss vorerst unter uns bleiben.“ Dann verschwand er mit einem Wedler seines gelben Pinselschweifs wieder unter der Fußleiste.
„Na los!“, forderte Bruno. Die gelben Augen des Fuchses musterten die Kindergesichter.
„Was wisst ihr über Kobolde?“
„Hä?“, entfuhr es Bruno, doch Gerda plapperte wie immer munter drauf los - im Flüsterton.
„Kobolde sind klein und nicht besonders hübsch. Sie wohnen zwischen Holzdielen und auf Dachböden. Sie sind sehr frech und spielen den Menschen Streiche. Richtig böse sind sie aber nicht, sagt Oma.“ Der Nachtling nickte.
„Und was wisst ihr über Feen?“
„Feen sind auch klein und ganz wunderbar schön. Sie haben schimmerige Flügel und man kann sie nicht immer sehen. Oma sagt, wenn man eine sieht und sie ganz, ganz doll lieb bittet, erfüllt sie einem einen kleinen Wunsch.“ Jetzt musste der Nachtling leise lachen.
„Ihr Menschlein und euer fantastisches Halbwissen.“
„Stimmt es nicht, was Oma mir erzählt hat?“, fragte Gerda ganz enttäuscht.
„Ja und nein“, sagte der Nachtling geheimnisvoll.
„Gibt es etwa keine Feen?“, fragte Gerda noch enttäuschter und mit großen traurigen Augen.
„Nicht solche, wie du sie dir vorstellst, Gerda.“
„Du weiß, wie ich heiße?“, keuchte Gerda überrascht und erschrocken zugleich.
„Klar. Ich weiß auch, dass dein Bruder Bruno heißt und eure große Schwester Astrid dort drüben schläft.““, sagte der Nachtling und zeigte mit der Pfote erst auf Bruno, dann hinüber zu Astrids Bett.
„Aber- “
„Im Gegensatz zu euch, vergessen wir nicht so schnell und beschäftigen uns mit unseren Nachbarn.“
„Achso?“, fragte Bruno, hatte aber eigentlich gar nichts verstanden.
„Wie sehen Feen dann nun aus?“, wollte Gerda wissen.
„Und wie sehen echte Kobolde aus?“
Wieder musste der Nachtling lachen, dann breitete er die Pfoten aus und sagte:
„Zum Beispiel so wie ich.“
„Du bist eine Fee?“, fragte Gerda ungläubig und hatte vor Überraschung so laut gesprochen, dass Astrid sich drüben in ihrem Bett schnaufend umdrehte.
„Nein, er ist ein Kobold“, meinte Bruno fest.
„Ich bin sowohl ein Kobold als auch eine Fee“, behauptete der kleine Fuchs. „Nein, eigentlich bin ich weder das Eine noch das Andere.“
„Was denn nun?“
„Nun ja, ich bin nun mal ein Nachtling. Feen und Kobolde sind Wesen, die ihr Menschen euch ausgedacht habt, weil ihr … weil ihr es nicht besser wisst und alles vergessen habt.“
„Das versteh ich nicht“, maulte Gerda.
„Hach … passt auf. Es gibt nicht nur diese, eure Welt. Im Verborgenen gibt es so viel mehr! Früher wussten die Menschen das. Irgendwann aber haben sie begonnen, nicht mehr an uns zu glauben. Sie vergaßen uns und die Wunder und Träume. Aber die Geschichten blieben und aus Nachtlingen wurden Kobolde und aus Blattlingen wurden Feen und der Bullerlux wurde zum Bösen verkehrt mit allen möglichen schaurigen Namen und statt seiner erfanden sie den Sandmann. Der ist allerdings eine liebenswerte Alternative. Der Bullerlux mag die Idee mit dem Schlafsand, aber bisher hatte er noch keinen Zuchterfolg. Bemerkenswert, dass sein richtiger Name trotz allem noch bei euch herumgeistert.“
„Ich versteh‘ nur Bahnhof“, nörgelte Bruno.
„Es ist auch … sehr viel.“
„Also ist der Bullerlux gar nicht böse?“, fraget Gerda erleichtert.
„Der und böse?“ Der Nachtling kicherte ungehalten. Er musste sich die Pfoten auf die Schnauze drücken, um nicht laut los zu lachen. „Kleine Gerda, der Bullerlux ist das friedliebendste, harmoniebedürftigste und gütigste Wesen, das man sich nur denken kann. Von ihm könnten sich viele Menschen eine dicke, fette Scheibe abschneiden.“
„Aber Papa sagt immer -“
„Dass der Bullerlux dich holen kommt, wenn du nicht rechtzeitig schläfst?“
„Ja, genau!“
Der kleine schwarze Fuchs seufzte: „Ich verstehe einfach nicht, wieso ihr Menschen dazu neigt, euch gegenseitig Angst zu machen. Wäre es nicht schöner, wenn euer Papa etwas sagen würde wie … Je früher ihr einschlaf, desto länger könnt ihr in euren kühnsten Träumen wandeln?“ Die Kinder dachten einen Augenblick im Stillen nach.
„Naja …“, begann Gerda zögerlich.
„Er hat es halt schon immer so gemacht“, beteuerte Bruno. Und wieder seufzte das Füchslein. Es kratzte sich hinterm Ohr, rutschte mit dem Popo ein wenig hin und her, als würde es eine gemütlichere Kuhle in der Bettdecke suchen und wuschelte dann in seiner gelben Schwanzspitze herum.
„Ein, zwei Tröpfchen habe ich noch. Wo waren wir?“ Nun legte er sich doch lieber auf den Bauch. „Also, ihr Süßen: der Bullerlux ist ganz und gar nicht böse. Er ist ein liebevoller Gärtner und kann ein ganz schönes Sensibelchen sein, wenn ihr mich fragt. Und eigentlich ist es auch nicht er, der kommt, wenn ihr nicht schlafen wollt.“
„Nicht?“, staunte Gerda mit großen Augen.
„Dafür hat er doch gar keine Zeit … unser Wald ist so groß und er kümmert sich um jeden Baum, jedes Pflänzchen und er kennt jede einzelne Traumblase.“
„Was sind denn Traumblasen jetzt schon wieder?“ Bruno kratzte sich an der Nase.
„Wer kommt denn nun, wenn wir nicht schlafen?“, fragte Gerda.
Das Füchslein sah empört drein: „Na, wer sitzt denn hier in eurem Zimmer, auf eurer Bettdecke und erzählt euch vom Bullerlux? Der Plumssack vielleicht oder der Eiermann?“ Er atmete tief ein. „Früher waren wir es, die gekommen sind. Wir haben euch Kindern Geschichten aus anderen Welten mitgebracht, die haben wir euch erzählt … manche von euch brauchten auch nur etwas Gesellschaft – mehr als einen Teddybären meine ich. Besonders die ohne Geschwister oder Haustiere. Aber auch solche, die keinen Papa oder keine Mama hatten oder die an einem neuen Ort leben mussten.“
„Wir sind auch grad erst hierher gezogen“, erzählte Gerda.
„Ich weiß“, sagte der Nachtling und lächelte wissend. „Ich guck doch nicht zum ersten Mal hier vorbei. Vor euch haben schon einige Familien hier gelebt, aber keine ist lange geblieben.“
„Das hat der Doofkopf von nebenan auch gesagt. Er meinte, dass es hier spukt.“
„Matthias?“
„Wie er heißt, weiß ich nicht, er hat sich ja nicht vorgestellt“, knurrte Bruno. „Ein totaler Blödi.“
„Er kann unsereinen auch nicht sehen. Ich bin schon lange nicht mehr zu ihm gegangen, der Durchgang hat sich gelöst. Hier in diesem Haus lebten oft Kinder, doch ihre Eltern glaubten an Spuk, wenn sie nachts Geräusch gehört haben oder Gegenstände ihre Plätze wechselten. Das spielen wir Nachtlinge gern, aber ihr Menschen denkt jedes Mal, ihr wäret verrückt geworden oder hättet sie verlegt … na oder aber eben, dass es spukt..“
„ Wieso können dich manche Menschen nicht sehen?“, wollte Gerda wissen. „Wir sehen dich doch auch und es ist ganz einfach.“
„Weil …“ Der Nachtling hielt inne. Seine großen, spitzen Ohren zuckten unruhig. „Ein andermal mehr. Ich muss los, es ist schon spät. Schlaft gut, ihr beiden. Ich komme bald wieder und erzähle euch mehr von uns. Es ist ja so erfrischend, sich endlich einmal wieder mit kleinen Menschlein zu unterhalten.“ Der Nachtling rutschte vom Bett herab und war schon fast wieder an der Fußleiste angelangt, da drehte er sich noch einmal zu Bruno und Gerda um: „Ach, noch etwas“, wisperte er leise und hob den Zeigefinger, „Das muss vorerst unter uns bleiben.“ Dann verschwand er mit einem Wedler seines gelben Pinselschweifs wieder unter der Fußleiste.