Der Durchschnittsmensch

LAG1945

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Als er endlich weiter fahren konnte war er schon ziemlich genervt. Er schaute nach rechts und sah einen langen Fahrradweg entlang der Straße. Die Straße ging kilometerlang geradeaus. An einem Kanal entlang. Der Mann musste immer wieder an Ampeln halten, wenn man nach links abbiegen konnte. Keiner der Fahrradfahrer musste wie er an der Ampel warten.
Er dachte die ganze Zeit nur daran wie scheiße es war, dass die Fahrradfahrer durchfahren konnten und er nur Ampel für Ampel voran kam.
Darauf brauchte er erstmal eine Zigarette. Er zog eine aus der Schachtel. Er steckte sie sich zwischen die Lippen und fing an nach dem Feuerzeug zu suchen. Er regte sich innerlich auf wo das blöde Ding denn sei.
Natürlich dachte er sich. Natürlich müsse es in der hinteren Tasche sein. Wo solle es auch sonst sein.
Mühsam kramte er das Feuerzeug heraus. Dann ging es nicht an. Erst nach über zehn Versuchen. Das blöde Mistding dachte er sich.
Beim ersten Zug an der Zigarette setzte sein sich entwickelnder Raucherhusten ein. Gerade als die Ampel grün wurde und es weiter ging. Und er vor Schreck das Auto abwürgte. Die Scheißkarre. Sechs Minuten später und 500 Meter weiter war er dann endlich auf dem Parkplatz vom Supermarkt angekommen.
Und natürlich. Wie sollte es auch anders sein um die Uhrzeit. Es waren nur noch Lücken ganz am Ende des Parkplatzes in der prallen Sonne frei.
Toll jetzt wäre das Auto gleich bullenwarm und er müsse auch noch um die halbe Welt laufen.
Bei den Einkaufswagen musste er dann selbstverständlich auch warten. Heutzutage gäbe ja auch keiner mehr auf den anderen acht. Und die Leute kämen nicht einmal auf die Idee einem anderen den Einkaufswagen zu geben. Obwohl sie ja sahen, dass er auf einen wartete. Und alles wegen lächerlichen 50 Cent oder einem Plastikchip.
Drinnen legte er dann das Übliche in den Einkaufswagen. Weißbrot Toast. Nutella, zwar von Nestlé aber was die treiben war ja nicht sein Problem, können sich ja die korrupten Politiker darum kümmern. Warum sollte er da auch was machen. Es war ja nicht sein Problem. Dann noch die billigste Fleischwurst im Laden. Tiefkühlpizza, auch wenn die im Auto ja schon halb auftauen würde. Nudeln. Fertigfrikadellen. Senf. Ketchup. Tiefkühlpommes. Pudding. Einen Wasserkasten. Softdrinks. Schokolade, und was sah er da. Fairtrade. Sowas kam ihm aber nicht ins Haus. Was konnte er dafür, dass diese Neger sich ausbeuten lassen. Das Leben sei halt manchmal hart. Da müsse man dann halt durch. Aber er gäbe doch nicht 50 Cent mehr aus. Wie sehe er aus. Dann natürlich Zigaretten und lieber auch gleich ein neues Feuerzeug. Und das allerwichtigste. Bier. Direkt drei Kästen. Für diese Woche sollte das ja reichen.
An den Kassen war ein Betrieb. Unfassbar. Konnten die Idioten nicht mal eine dritte Kasse aufmachen. Auf die Idee konnte man um die Uhrzeit ja mal kommen.
Und die 15 jährige hinter ihm mit nur einer Flasche Bio Saft dachte wohl auch sie sei etwas besseres. Die gucke schon so, als hätte sie ein Anrecht darauf, dass man sie vor ließe. Aber das könne die blöde Fotze sich gleich mal abschminken. Wäre eh besser. Also das mit dem abschminken. Dann sähe die nicht aus wie so eine Nutte. So wie ja alle heutzutage aussähen. Und dann würden die noch rumjammern nur weil man ihenen auf den Arsch gucke. Die sollten sich mal lieber nicht so anziehen. Konnte er ja nichts für.
Endlich draußen. Den ganzen Mist musste er über den ganzen Parkplatz schieben. Und dann ist das Auto auch noch warm wie scheiße.
So alles war drinnen. Jetzt musste er den ganzen Weg nochmal zurück um den Einkaufswagen wegzubringen.
Und was sah er da. Einer von diesen schwulen Fahrradfahren. Was glotze der so blöd. Die Schwuchtel solle sich gefälligst einen Einkaufswagen holen wie alle anderen auch und ihn nicht so blöd anstarren. Der wollte wohl ein Passbild so wie der glotzte.
Was hier auch wieder für ein Gedränge bei den Einkaufswagen war. Alle standen sie im Weg rum während er seinen Einkaufswagen wegstellen wollte.
Nach einer ampelreichen Fahrt nach Hause musste er die vier Kästen jetzt auch noch in den Fahrstuhl schleppen. Sowas von anstrengend. Und alles während er so schlecht in Form war. Aber wann sollte er auch schon Sport machen. Er musste ja arbeiten. Und nach der Arbeit war er immer so müde und beim Fernsehen gucken vergaß er immer die Zeit.
Außerdem hatte er davon ja eh kaum welche. Die sechs Kilometer zur Arbeit waren ja auch nur stop and go. Das dauerte ewig. Und dann immer diese scheiß Fahrradfahrer daneben auf diesem verdammten Radweg. Der ja einfach in einer Tour durch ging. Diese Wichser mussten nicht die ganze Zeit anhalten und konnten einfach durchfahren.
Aber egal. Für Sport war halt keine Zeit.
Mal sehen was der Briefkasten heute so hergab. Ach was sollte es auch sonst sein. Eine Zahlungsaufforderung. Er sollte 80€ bezahlen nur weil er zu schnell war. Schnelles Fahren. Man wollte ihm wohl alle Freuden nehmen. Und wo sollte er überhaupt das Geld hernehmen.
Nach einer Tiefkühlpizza, ein paar Stunden Fernsehen, ein paar Bieren und fast einer halben Schachtel Zigaretten ging er ins Bett.
Am nächsten Morgen ging es ihm schlecht.
 



 
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