Der Exorzist und der Angeber an der ScheinBAR

4,00 Stern(e) 1 Stimme

Hagen

Mitglied
Der Exorzist und der Angeber an der ScheinBAR

„Kennst du“, die Wunderbare Ulrike stieg nach einem langen, schweren Arbeitstag auf einen Hocker an unserer ScheinBAR, „einen guten Exorzisten? – Und einen schönen Cocktail hätte ich jetzt auch gerne.“
„Einen was?“ Ich enterte auch einen Hocker und fragte weiter: „In diesem Falle würde ich einen Holy Gral of Atimathäa empfehlen. Ein sehr delikater Cocktail, der Situation angemessen. – Wie kommst du eigentlich, liebste, goldene, Wunderbare Ulrike ausgerechnet jetzt auf einen Exorzisten?“
„Du weißt doch das ich in einer Volkstanzgruppe mittanze. Diese Volkstanzgruppe tanzt im kleinen Gemeindesaal. Anschließend geht der Bibelkreis rein. Die Elke von Bibelkreis fühlt sich in der letzten Zeit von eine Dämon besessen. Außerdem ist sie nicht mehr in der Lage, eine Kirche zu betreten, obwohl sie in einem religiösen Haushalt aufwuchs. – Sie hat mich gefragt, ob ich einen Exorzisten kenne. – Der Cocktail ‘Holy Gral of Atimathäa‘ wäre in der Tat angebracht. Ich möchte einen, aber nur wenn du einen mittrinkst.“
„Selbstverständlich, Wunderbare Ulrike“, ich stieg vom Hocker und begann die Cocktails zuzubereiten, „Gabriele Amorth ist bereits verstorben, leider. Ansonsten kenne ich keine Exorzisten. Trotz des Auftrags Jesu Christi und der Tradition der Kirche ist der Exorzismus in eine Krise geraten, da er von vielen Gläubigen mit Unverständnis betrachtet und daher misstrauisch abgelehnt wird, während zugleich Schwindler, Angeber, Magier und Kartenleser einen großen Zulauf erleben. Aber wenn du möchtest, kann ich auch den Exorzisten geben. Ich habe den Angeber zu Taxifahrerzeiten sehr erfolgreich gespielt, dagegen ist der Exorzist ein Klacks!“
„Ach, tatsächlich? Du kannst den Angeber geben?“ Die Wunderbare Ulrike machte große Augen, „wo du doch immer so bescheiden bist.“
„Natürlich, gebe ich auch den Exorzisten kein Problem, obwohl der Angeber schwerer zu spielen ist. Allerdings sollten wir es bei deiner Freundin Elke zunächst mit einen Aluhut versuchen …“
„Quatsch! Mit einem Aluhut hat sie es schon probiert, das bringt nichts!“
„Dann hat sie wahrscheinlich vergessen, den Aluhut mit einem Kabel, 0,75 mm², zu erden.“
„Das geht nicht, meint sie, denn man kann das Kabel nicht an das Aluminium löten!“
„Da schafft ein angeschraubter Kabelschuh aus Elektrolytkupfer Abhilfe. Anschließend sollte der Aluhut über einen Elektrolytkondensator von, je nach Gemütslage, 47 bis 100µF, 100V, geerdet werden!“
„Meinetwegen kann Elke sich das Kabel sonst wo hinstecken um den Aluhut zu erden.“
„In der Tat“, meinte ich, stellte der Wunderbaren Ulrike den Holy Gral of Atimathäa hin und fuhr fort: „Um beim Thema zu bleiben, ein fortgeschrittener Angeber zelebriert und inszeniert sich selbst als den großen Star, er macht jede Situation zu einer Show. Ein guter, kunstfertiger Angeber hat eine große Virtuosität darin entwickelt, seine eigenen Eigenschaften immer als die wahren und anstrebenswertesten Eigenschaften darzustellen, selbst wenn sie auf den ersten Blick nicht dazu taugen. Es hat mir einfach Spaß gemacht, ein Spaß der nichts kostet und auch ein ganz klein wenig den Intellekt fordert, weil man sich interessante Namen merken muss. Bessere Kreise begnügen sich schließlich auch nicht mit nur 360 Grad! So warf ich einst im Kreis der taxifahrenden Kollegen die Frage auf: „Die Lilo Wanders will nur mit mir fahren. Kann die als Transvestit eigentlich das Frauennachttaxi benutzen?“
„Und? Kann sie, beziehungsweise er?“
„Weiß ich nicht mehr. Aber ich weiß das sich die Gesichter der Kollegen in arge Falten legten und ich trat meine nächste Fahrt an. Wenn ich wiederkam, in Andreas Bistro, wo ich meine gesetzliche Pause zu absolvieren pflegte, warf ich gleich die nächste Frage auf: „Darf man einen Rettungswagen oder Feuerwehr, der unter Blaulicht fährt, eigentlich überholen?“
Bevor ich eine Antwort bekam, kriegte ich natürlich die nächste Fahrt Das ging per Handy, mein Chef gab mir die Fahrt, und ich konnte ihn grinsen hören, wenn ich mit meinen Angebereien loslegte, weil die anderen Leute in dem Bistro ja nur hörten, was ich sagte: „Na klar Herr Schwarzenegger, wie üblich fahre ich dich! Ich möchte noch mal eben Claudia Nolte zum Rüschenblusenladen fahren, die besten Rüschenblusen gibt’s nämlich nur hier am Ort, meint sie. Ich komme dann sofort zu dir! – Aber Arnold, ich lasse doch keinen Stammfahrgast hängen! – Natürlich Arnold, bis dann. – Ach ich hab‘ gerade furchtbar viel zu tun. Nächste Woche muss ich nach Hollywood, Penelope – natürlich die Cruz, wer sonst? – will nur mit mir drehen. – Übrigens, da sagt doch neulich in New York die Cameron Diaz zu mir, „Hagen“, sagte sie, „deine Regieführung ist einfach brillant! Da sollte sich dieser Roland Emmerich mal eine Scheibe von abschneiden …“ Eigentlich bin ich ja Taxifahrer und ich liebe diesen Beruf. Aber ab und zu muss ich mal raus, mal wieder einen Film machen! – Naja, wir sehen uns ja dann mit etwas mehr Zeit in Hollywood und müssen unbedingt mal wieder einen zusammen trinken!“
Andrea grinste sich immer einen, aber wehe den Kollegen am Nebentisch, wenn sie ein interessiertes Gesicht machten! Sie werden später gnadenlos in das ‘Gespräch‘ gezogen.“
„Ich kann’s mir vorstellen“, meinte die Wunderbare Ulrike und nahm einen Schluck ‘Holy Gral of Atimathäa‘.
„Wenn die Kollegen die nächste Woche entlang kamen“, fuhr ich fort, „und meinten: „Ich dachte, du bist in Hollywood?“, konnte ich nur antworten: „Du kennst doch Penelope. Die hat es mal wieder übertrieben, mit ihrer Schlankheitskur. Jetzt liegt sie flach, für mindestens einen Monat. Naja, das Leben ist nicht anders, aber mein Boss war froh, dass ich hiergeblieben bin, ich kann ihn ja nicht dauernd hängen lassen, weil ich ab und zu mal Regie führen muss ... sind ja sonst alles Stümper in Hollywood.“
„Ah ja“, meinte die Wunderbare Ulrike und nahm einen Schluck ‘Holy Gral of Atimathäa‘, „vortrefflich, der Cocktail. – Und nun wirst du gewaltig angegeben haben, aber mit Bescheidenheit. – Das ist die verlogenste Art der Angabe!“
„Natürlich, aber die Effektivste! Ich will sie nicht weiter ausspinnen, weil sie leicht schief gehen kann. Das ist mir, ehrlich gesagt, auch schon passiert, aber das erzähle ich nicht. Es würde mein Image kaputt machen. – Denn wie sagte Manfred Hinrich schon ganz richtig: ‚Spuckst du große Töne, denk an den Gegenwind!‘“
Ich nahm auch einen Schluck Holy Gral of Atimathäa.
„Ich habe jetzt kapiert, wie das geht“, meinte die Wunderbare Ulrike und nahm noch einen Schluck Holy Gral of Atimathäa. „Die folgende Angabe ist eine Klasse für sich, weil man sich schon mal den einen oder anderen Namen einprägen muss!“
Schluck Holy Gral of Atimathäa.
„Dabei fällt mir der Tag ein“, fuhr die Wunderbare Ulrike fort, „an dem ich mit Zbigniew Kazimierz Brzeziński in einer Bar, oder war es das Vorzimmer von Barack Obama im Weißen Haus? saß.“
„Ah ja. Zbigniew Kazimierz Brzeziński war doch der polnisch-US-amerikanischer Politikwissenschaftler und Politikberater diverser Amerikanischer Präsidenten!“, meinte ich und nahm auch einen Schluck Holy Gral of Atimathäa, „kenne ich. Wie geht’s ihm denn? Hab‘ lange nichts mehr von ihm gehört.“
„Der ist doch 2017 gestorben! – Also ich sitze da so mit Zbigniew Kazimierz Brzeziński“, ich sah, dass die Wunderbare Ulrike hart nachdachte, „also ich sitze mit Zbigniew Kazimierz in Baraks Vorzimmer, also Barack Obama, jetzt fällt’s mir wieder ein! – Ist ja auch schon lange her“, kleine Pause mit schnellem Seitenblick, ob ich auch mit Respekt zuhörte, „und sage: ‚Also Zbigniew‘, sage ich, ‚also, was ihr da macht, ist außenpolitischer Blödsinn! Ihr braucht um Usāma ibn Muhammad ibn Awad ibn Lādin, allgemein als Osama bin Laden bekannt, zu fassen keine Armee in Afghanistan oder Pakistan aufzufahren! Eine einfache Spezialeinheit der Navy SEALs wird genügen! Ich schlage die DEVGRU, das Navy SEAL Team 6, vor. – Die Operation solltet ihr ‘Operation Neptune Spear‘ nennen.‘
Schluck Holy Gral of Atimathäa.
„Und so weiter, ich kürze mal etwas ab: – ‚So müsst ihr das machen und nicht mit einer ganzen Armee!‘ Darauf geht Zbigniew nachdenklich zu Barak rein, und ich höre durch die offene Tür, wie er zu Barack sagt: „Also, Mister President, my best Friend Ulrike sagt eben, wir sollen das mit einer einfachen Spezialeinheit der Navy SEALs machen! And I think she's right!“
Die Wunderbare Ulrike sah mich herausfordernd an und nahm noch einen Schluck Holy Gral of Atimathäa, den Letzten.
„Fabelhaft!“, sagte ich, „man beachte den geschickten, fremdsprachigen Schlenker am Schluss, der alles beweist! – Hervorragend!“ Schluck Holy Gral of Atimathäa. „Du bist nicht zu schlagen, was die Angeberei betrifft – Vielleicht solltest du den Exorzisten für deine Freundin Elke geben!“
Schluck Holy Gral of Atimathäa, auch den Letzten.


Holy Gral of Atimathäa
2 cl Gin
2 cl Alte Liebe
1 cl Cointreau
4 cl Granatapfelsaft
Eis
Deco Cocktailkirsche
 

hein

Mitglied
Hallo Hagen,

vielleicht solltest Du mal einen Cocktail kreieren, der jeden Teufel in den Himmel befördert, wo er den ganzen Tag auf der Harfe klimpern und "Hosianna" singen muss. Wenn Du den dann noch 'Exorzist' nennst, wirst Du bestimmt reich und berühmt.

LG
Hein
 

Hagen

Mitglied
Hallo Hein,
danke zu nächst für die beiden Sternenregen für den Exorzisten und die Weihnachtsgeschichte.
Zunächst wollte ich den 'Exorzist' ja 'Blowout-Preventer' nennen, aber Exorzist trifft's sicher besser.
Die Wunderbare Ulrike meint nämlich, dass der scheußlich schmeckt; - ich meine, dass er nicht nur scheußlich schmeckt, sondern auch furchtbar aussieht.
Naja, halt ein richtiger Exorzist!

Exorzist (Blowout-Preventer)

1 Dash Angostura Bitter
1 cl Lakritzlikör (Dirty Harry)
4 cl Liquore Al CAFè
2 cl Sambuca
4 cl Sangrita Picante
Auffüllen mit Tonic
Eis
Deco Olive

Das mit reich ud berühmt ist so eine Sache, an der ich arbeite. Vielleicht sollte ich den FeuerWerke-Verlag mal das eine oder andere Exposé anbieten? Damit werde bestimmt berühmt; - aber nicht reich.

Weiter so und komm' gut ins neue Jahr. Vor Allem:
Bleib' schön gesund und munter!
Wir lesen uns!
Herzlichst
yours Hagen
 



 
Oben Unten