Der geheimnisvolle Freund

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Karin ist ein kleines Mädchen, wie es viele auf der Welt gibt. Sie hat braunes, leicht lockiges Haar und ein fröhliches, rundes Gesicht, aus dem zwei bernsteinfarbene Augen munter in die Welt schauen.
Jeden Tag bringt die Mutti sie in den Kindergarten, ehe sie zur Arbeit geht. Karins Mutti ist eine wichtige Person, sie assistiert dem Zahnarzt, Doktor Meierlein, wenn er den Leuten die Zähne heilt. Dabei ist sie immer freundlich und nett und alle Patienten mögen sie gern.

Letzten Monat ereignete sich etwas Sonderbares. Am Weg zum Kindergarten gibt es auch einen Spielzeugladen. Der gehört der alten Frau Liebgut, die immer ein Lächeln in ihrem schrumpeligen Gesicht hat und außerdem kranke Puppen und Teddies wieder gesund macht. Sogar Karins Lieblingspuppe Nele hat sie geheilt, als Heiner, der Nachbarsjunge nicht aufgepasst und die arme Kleine mit seinem Luftreifenrolle überfahren hatte. Drei lange Wochen über musste die kranke Nele bei Frau Liebgut bleiben. Aber als Karin dann mit ihrer Mutti zum Abholen kam, war die Patientin wieder wie neu und hatte obendrein noch ein wunderhübsches Dirndl-Kleid an, mit Schürze!

Im Schaufenster des Geschäftes stehen, sitzen und liegen denn auch alle möglichen Puppen, Teddies, Kasper und Plüschtiere, liebevoll platziert, sodass man eine richtige Geschichte dazu erzählen kann.
Auch Karin schaut sich gern die Dekoration an und lacht über den Kasper, der sich hinter einem Baum aus Pappe versteckt hat und mit seiner Klatsche auf den Räuber lauert, der gerade mit vorgehaltener Pistole das Prinzenpaar beraubt.

***

Wie schon gesagt, ist es etwa einen Monat her, dass die seltsame Angelegenheit ihren Anfang nahm. Mutti und Karin gingen, wie immer, am Morgen am Spielzeugladen vorbei, als plötzlich eine leise Stimme rief:
"Nimm mich mit, ich will Dein Freund sein!"

Karin blieb wie angewurzelt stehen.
"Mutti, bitte lass uns einmal nach den Puppen schauen! Irgendwer ruft nach mir", bat sie und drängelte zum Schaufenster hin.
Die Mutti wurde ein wenig ungeduldig und sagte:
"Komm, Schatz, ich habe nicht so viel Zeit!" Muttis Griff wurde ganz fest und sie zog ihr Kind einfach weg, weil doch die Arbeit bald anfing.
In diesem Augenblick entdeckte Karin links hinten in der Ecke einen besonders niedlichen kleinen Bären.
Nur sehr ungern löste sich Karin von dem zauberhaften Fenster und ging an Muttis Hand zum Kindergarten.
Sie war ganz sicher, dass der wuschelige Teddy mit dem wolligen braunen Fell ihr zugezwinkert hatte, bevor sie sich abwandte.
Noch am Abend sah sie die schwarz glänzenden Knopfaugen vor sich, bevor sie einschlief.

In der Nacht hatte sie einen eigenartigen Traum. Frau Liebgut, die war plötzlich gar nicht mehr schrumpelig, sondern eine wunderschöne Fee, mit einer Krone aus Gold und Edelsteinen. Sie trug ein wallendes Kleid, das in allen Schattierungen der Farbe Pink glitzerte und strahlte. Rings um die Liebgut-Fee tanzten Puppen und Plüschtiere. Manchmal tanzte auch die Fee ein paar Pirouetten und dann wehte ihr langes Haar um das schöne Gesicht, so dass man einfach hinschauen musste, so herrlich sah das aus.

Aber was war das? Ganz hinten in einer Ecke, da saß der kleine Teddy und war traurig! Der Kasper kam vorbei gehopst und bot ihm Honiglimonade an, aber der Bär lehnte ab und seufzte nur ganz tief. Frau Liebgut bemerkte seinen Kummer und schwebte zu ihm hinüber.
"Was hast du denn, mein Kleiner?", wollte sie wissen.
"Ach!", jammerte der Teddy, "Vom Schaufenster aus sehe ich immer ein kleines Mädchen. Das ist das netteste und hübscheste Kind, das ich je entdeckt habe. Ich rufe sie, aber sie geht immer weg und dann ..."
Ein kleines Schluchzen erklang und Karin erwachte. Sie bemerkte, dass sie es gewesen war, die geschluchzt hatte, weil doch der niedliche Teddy so traurig gewesen war.

Jeden Morgen horchte Karin nun genau, ob sie diese Stimme rufen hörte, wenn Mutti und sie an dem Geschäft vorbei gingen. Und nun gab sie sich immer ganz doll Mühe, dass sie rechtzeitig bereit war, damit sie loslaufen konnten und noch ein kleines Bisschen Zeit blieb, um vor dem Schaufenster anzuhalten.
Nun konnte sie ihren kleinen Freund schon von weitem hören. Gelangten sie endlich beim Fenster an, brummelte er zufrieden.
Ach, wenn er doch nur bei ihr zu Hause wohnen könnte! Er würde sich sicher mit Nele und den anderen Puppen vertragen.

Endlich konnte Karin es nicht mehr aushalten und erzählte der Mutti alles. Die nickte nur schweigend und fasste sie fester bei der Hand. Das machte Karin ziemlich traurig. Ob Mutti gar nicht verstanden hatte, wie groß ihre Sehnsucht nach dem kleinen Plüschgesellen war?

***

Heute Morgen jedoch ist alles vorbei. So sehr sich Karin auch anstrengt hinzuhören, als sie an Muttis Hand zum Spielzeugladen kommt, es ertönt keine Stimme. Und im Vorübergehen sieht sie, dass der Zwinkerteddy verschwunden ist. Den ganzen Tag über ist sie bedrückt und versucht sich vorzustellen, welches Kind den wohl bekommen hat. Irgendwie hat der kleine Bär für sie einfach zu dem Schaufenster gehört, vielleicht ja sogar zu ihr?

Am Nachmittag holt sie der Vati ab. Sie nehmen sich Zeit und schlendern gemeinsam die Straße entlang. Karin erzählt von der Stimme und dem verschwundenen Teddy.
"Der ist bestimmt bei einem so lieben Kind wie dir gelandet", beteuert der Vati und lächelt sie an. Doch das tröstet Karin nicht. Ganz von allein steigen die Tränen auf und tropfen beim Weitergehen aus den Augen, einfach so.
Der Vati geht mit seiner Tochter zum Eiscafé. Das hat sie bisher immer getröstet, aber heute hilft selbst der "Biene Maja" Becher nicht. Sie sitzt traurig und ganz schief vor Kummer auf ihrem Stuhl und guckt kaum zu dem Teller mit der Eisbiene hin.

Als Vati versteht, dass es nicht besser wird, bezahlt er und nimmt Karin bei der Hand. Sie spazieren die Ladenstraße entlang und landen letztendlich, als geschähe es versehentlich, beim Spielzeugladen. Vati öffnet die große Tür, es erklingen eine Menge kleiner Glöckchen. Das ist fast, als sängen lauter kleine Engelchen.
Frau Liebgut kommt aus ihrer Nähstube und begrüßt sie freundlich. Karin ist ganz aufgeregt. Ihre Stimme zittert, als sie fragt:
"Wissen sie, wer den kleinen Teddy gekauft hat, der im Schaufenster gewohnt hat?"
Die alte Dame reibt mit dem Zeigefinger an ihrem Nasenrücken. Dann zwinkert sie lustig. Das sieht beinah so aus, wie es der Teddy immer gemacht hat.
"Der Teddy", erklärt sie dann, "hat sich in die weite Welt hinaus begeben. Er sucht nach einem Kind, dessen Freund er gern wäre. Und wenn er erfolgreich gewesen ist, dann wird sich sicher noch heute jemand sehr freuen können. Wenn nicht, dann vielleicht morgen ..."
"Aber ich denke, dass der Teddy mich ..."
Frau Liebguts Augen blitzen kurz auf.
"Wer weiß, mein Kind, wer weiß?"
Sie kommt hinter ihrem Ladentisch hervor und umarmt Karin herzlich. Sie duftet wunderbar, findet Karin. Für einen Augenblick fühlt sie sich, als stünde sie auf einer riesigen Blumenwiese. Aber dann gibt sie die alte Dame wieder frei und das Gefühl verschwindet.
Wieder klingeln die Engelsglöckchen, als sie den Laden verlassen.
Naja, ganz glücklich ist Karin immer noch nicht, aber ein winziges bisschen getröstet hat sie der Besuch bei Frau Liebgut schon.

Dann sind sie endlich zu Hause, Karin rennt sogleich in die Küche, um Mutti zu begrüßen.
Wie ein Wasserfall platzt die ganze Geschichte aus ihr heraus. Mutti setzt sich hin und lässt Karin auf ihren Schoß klettern.
"Ich denke", sagt sie geheimnisvoll, "Dass der Teddy schon genau weiß, wo er hin will. Aber jetzt wollen wir erst einmal zu Abend essen. Dann ist auch schon bald Schlafenszeit."
Erst jetzt merkt Karin, wie müde sie eigentlich ist. Sie hebt die Hand vor den Mund und gähnt ausgiebig. Mutti lacht.
"Siehst du, das Bett ruft schon."
Trotz der Müdigkeit isst Karin an diesem Abend mit Appetit. Ganze zwei Scheiben Tomatenbrot verdrückt sie, obwohl sie doch sonst manchmal schon zu kämpfen hat, um nur eine einzige Schnitte zu schaffen.

Endlich liegt sie, frisch gewaschen und mit blitzsauber geputzten Zähnen, in ihrem kuscheligen Bett. Im linken Arm hält sie Nele, der sie vor dem Einschlafen noch alles über den Teddy erzählen will. Der Vati singt mit ihr das Lied vom Sternanzünde-Mann, das die Frau Mascha Kaléko erfunden hat, die aber leider schon gestorben ist.
Karin liebt das Lied, auch wenn sie ziemlich geweint hat, als die Mutti ihr erzählte, dass die Mascha schon tot ist.
Sie bekommt einen Gutenacht-Kuss und Vati löscht beim Hinausgehen das Licht.

Dann ist es dunkel und still im Raum.
"Der Teddy", hebt Karin an, zu erzählen. Aber dann stockt sie und lauscht angestrengt. Hat da nicht jemand nach ihr gerufen? Sie hält sogar die Luft an, damit sie hören kann, ob es stimmt.
Tatsächlich! Vom Spielzeugregal her ertönt ein leises Brummeln!
"Karin! Ich bin hier ..."

Sie legt Nele vorsichtig auf das Kopfkissen, setzt sich auf den Bettrand und schlüpft in die Flauschpantoffeln mit den Hasenohren. Dann schleicht sie sich zum Regal ...
Nichts zu sehen. Sie braucht mehr Licht!
"Klick!", macht der Lichtschalter und die Lampe macht das Zimmer blendend hell. Karin kneift schnell die Augen zu, so sehr, dass hinter den Lidern bunte Sterne zu tanzen scheinen.
Vorsichtig öffnet sie ... zuerst das rechte Auge ein bisschen, dann auch das linke. Jetzt ist es nicht mehr so hell ...

"Karin!", brummelt es vom Regal her.
Sie schlappt in ihren Pantoffeln hinüber, so schnell sie nur kann.
Und siehe da, neben dem Kasper und der Gretel, ihren Handpuppen, sitzt doch wirklich der kleine Teddy aus dem Spielwarenladen!
Im nächsten Moment hat sie ihn schon ergriffen und schließt ihn in ihre Arme.
Sie drückt ihn an sich, so fest, dass sie ihren Herzschlag spürt. Sie schließt die Augen und stellt sich vor, das sei das Herz des kleinen Bären.
Und an ihr Ohr dringt leise seine Brummelstimme:
"Endlich!"
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo, Aufschreiber. Deine Geschichte ist ein bissken schwach auf der Brust. Es ist eine Geschichte, in der ein Kind mitspielt. Aber keine Geschichte für Kinder. Jedenfalls keine, die sich ein Kind zweimal vorlesen lassen würde. Und warum nicht? Ich versuchs mal so zusammenzufassen: Das eigentlich spannende Thema ist die Kommunikation zwischen Kind und Bär. Da ist nichts Spannendes, nichts Aufregendes, nichts Überraschendes. Das muss viele intensiver, ausführlicher ausgemalt werden. Und warum gibt es keine kleine Nebengeschichte, in welcher Mama und Papa über den Vorfall diskutieren, während zum Beispiel das Kind schläft? Warum nicht, so als Idee, hat Papa den Teddy besorgt, ist auf einer Bananenschale ausgerutscht, so dass ihm der Kleene aus der Hand fiel und ein Aua hatte? Wieder zurück bei der Dame mit dem Puppenreparaturservice angekommen, zur Operation, könnte er doch eine klasse Geschichte zu hören kriegen, über die märchenhafte Herkunft des Bären, der nur mit ganz besonderen kleinen Menschen spricht. Also alles ganz einfach: Das Kind träumen lassen, die Eltern wieder Kind werden lassen, dem Teddy eine Geschichte verpassen und der Dame aus dem Spielzeugladen eine Fee andichten.

Beste Grüße
 

Aufschreiber

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Hallo Spätschreiber,

oh, das ist ja ein sehr ausführliches Feedback - und Du hast auf jeden Fall Recht.
Momentan bin ich anderweitig ziemlich eingespannt, aber ich denke, ich werde mich, sobald genug Zeit ist, noch einmal an die Story ransetzen und schauen, wie ich sie besser mache.

Vielen lieben Dank für Deine Gedanken!

Beste Grüße,
Steffen.
 

Aufschreiber

Mitglied
Hallo Spätschreiber,

nachdem Du Dir so viele gute Gedanken um den Text gemacht hast, habe ich ihn doch "gleich" noch einmal überarbeitet.
Vielleicht ist er jetzt besser zu lesen?
Ich freue mich natürlich auch über weitere Anmerkungen.

Beste Grüße, Steffen.
 



 
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