Der grüne Stein

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neuland

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Der grüne Stein

An unserem dritten Urlaubstag am Lago Maggiore stand eine Wanderung auf dem Programm. Es war bewölkt und somit ideal, um die abwechslungsreiche Landschaft bei angenehmen Temperaturen zu erkunden. Früh morgens um 8 Uhr brach meine Familie und ich auf und konnten daher gerade noch rechtzeitig den Sonnenaufgang beobachten. Der Pfad, auf dem wir uns befanden, führte uns auf eine kleine Anhöhe, die wir nach einer Stunde erreichten. Während meine Eltern eine Pause einlegten, bemerkte ich am Waldesrand ein kleines Steinhaus. Dieses war jedoch anders als die, welche ich bisher gesehen hatte. Es hatte eine runde Form, und die Steine waren grün bemalt. Bei genauerem Hinsehen konnte man verschiedene kleine Skizzen erkennen, die auf dieser grünen Farbe aufgebracht waren. Mich interessierte nun noch mehr, was hinter der Tür des Häuschens verborgen sein mochte. Kurzentschlossen legte ich meine Hand an die rostige Türklinke, öffnete die Tür und trat in den Raum ein. In der Mitte des Raumes stand ein kleines Podest, auf dem ein grüner Diamant mir entgegen funkelte. Ein echter Diamant? Ich wollte unbedingt wissen, was es damit auf sich hatte. Vorsichtig berührte ich den Diamant. Plötzlich fuhr durch meinen Körper eine unglaublich starke Kraft. Dann wurde mir schwarz vor Augen…

Müde blinzele ich der Sonne entgegen. Sind wir etwa schon zu Hause? Langsam öffne ich meine Augen. Ich befinde mich auf einem Floß. Doch wie bin ich hierher gekommen? Beunruhigt schaue ich mich um. Neben mir steht ein seltsam gekleideter Mann. Nun bin ich noch mehr verwundert. Wer sind sie? Auf meinen fragenden Blick antwortet der Mann:“Ich bin Luca Marinelli, reisender Händler und habe dich hier bewusstlos gefunden. Ich dachte, du brauchst Hilfe und habe dich mitgenommen. Hier in der Flussnähe treiben sich finstere Gestalten umher, denen man lieber nicht begegnen möchte.“ „Warum trägst du so abgewetzte Klamotten?", fragte ich ihn. „Nun“, antwortete er mir erstaunt, „das ist doch völlig normal“. Er erzählte mir anschließend, dass es im Jahr 2100 doch sowieso keine Normalität mehr gäbe, und seine Kleidung ihre Funktion voll und ganz erfülle. Nun dämmerte es mir, ich hatte einen Zeitsprung gemacht! Der grüne Stein muss mich in die Zukunft teleportiert haben.

Nachdem ich meinem neuen Freund meine Geschichte erzählt hatte, wollte er mir erst nicht glauben. Doch schon nach kurzer Zeit konnte ich ihn überzeugen, und er erklärte mir die Veränderung der Welt. Große Technologieunternehmen hatten die Macht an sich gerissen. Diese Entwicklung geschah so schnell, dass Regierungen nicht mehr in der Lage waren, die Situation unter Kontrolle zu bringen. Die Digitalisierung drang in jeden Lebensbereich ein, soziale „echte“ Kontakte gab es nicht mehr. Unter den zwei größten Technologiekonzernen entbrannte irgendwann darauf der Kampf um die Vorherrschaft in der Welt. Ein besonders gewaltsamer Krieg, geführt mit modernster Waffentechnik, vernichtete alle Großstädte sowie das menschliche und tierische Leben. Nur noch wenige Menschen lebten jetzt auf dem Planeten. Während manche in Frieden miteinander leben, kämpfen andere um die letzten verbliebenen Ressourcen. Mein Freund erzählte mir aber auch von seiner Hoffnung. Nach einer alten Legende gäbe es einen grünen Stein, der seinem Besitzer unglaubliche Kräfte verleihe. Wer diesen Stein besitze, könne die Welt verändern, und diese wieder zum Guten wenden.

„Ich habe diese Kraft!“, entgegnete ich sofort Luca. „Was muss ich tun?“ „Dann müssen wir sofort aufbrechen, wir müssen ein rundes grünes Haus in der Hauptstadt finden!“, schrie mich Luca vor Freude an.

Wir fanden tatsächlich dieses Haus. Es stand zentral auf einem Hügel in der Hauptstadt. Luca wartete draußen auf mich, da dieses sagenumwobene Haus laut Legende nur der richtigen Person die Tür öffnete. Ich fasste meine Hand an die Türklinke, und sie ging wie von Zauberhand von alleine auf. In der Mitte des Raumes stand ein alter Schreibtisch. Auf diesem lag ein altes Papierstück.
„Wenn du das liest, bist du der Auserwählte. Vor langer Zeit entdeckte ich schon die Gefahren der modernen Welt. Ich baute daraufhin hier eine Zeitmaschine in dieses Haus ein, welche stark genug wäre, die ganze Erde um Jahrzehnte in die Vergangenheit reisen zu lassen. Leider starb ich schon ziemlich früh und hatte daher vorsorglich einen Zeitdiamanten in einer meiner letzten Wanderungen in Italien in sdeiner grünen Steinhütte versteckt. Offensichtlich hast du jetzt diesen Diamanten gefunden und bist in der Lage, die Menschheit zu retten. Drücke nun mit all deiner Kraft den Hebel, welcher sich in der linken Ecke des Raumes befindet, nach unten!“
Ich drückte den Hebel nach unten, und plötzlich drehte sich alles um meinen Kopf, bis es mir schließlich schwarz vor Augen wurde…

„Da bist du ja!“
Ich öffnete langsam meine Augen und blickte in das Gesicht meiner Mutter. „Du warst jetzt schon über 15 Minuten verschwunden, und wir haben dich überall gesucht. Hast du dich verletzt?“
„Nein, alles gut. Ich habe mir nur den Kopf gestoßen.“

War das alles nur ein Traum? Während der Wanderung musste ich immer wieder daran denken. Als wir wieder bergab wanderten, kam uns ein älterer Wanderer entgegen. Ich hätte schwören, dass er mir zugezwinkert hat…
 



 
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