Der Verräter

Charima

Mitglied
Lieber Breimann!

Dieser Schluß erscheint mir tatsächlich glaubhafter. Und ich konnte bei mir beobachten, daß mich das neue Ende noch wesentlich betroffener gemacht hat als das alte. Es hat diesen verdeutlichten Zwiespalt auch in mir als Leserin hinterlassen.

Liebe Grüße,

Charima
 

Breimann

Mitglied
Es gelingt nicht immer,

das umzusetzen, was man denkt, fühlt, meint. Deshalb freue ich mich besonders, liebe Charima, dass du es gut findest. Ich bin erleichtert über die Zustimmung, aber auch darüber, adss ich es getan habe. Es fällt, wie kürzlich geschrieben, nicht leicht, an einer veröffentlichten Geschichte herum zu basteln.
Einen schönen Sonntag wünscht dir
eduard
 

Charima

Mitglied
Lieber Breimann!

Eben weil es so schwer ist, an einer eigenen Geschichte im nachhinein etwas zu verändern und sie dadurch auch noch zu verbessern, finde ich es toll, daß Du es trotzdem gewagt hast. :)
Ich kann das leider (noch) nicht so gut, gedenke jedoch, daran zu arbeiten.


Dir wünsche ich ebenfalls einen schönen Sonntag mit vielen kreativen Gedanken,

Charima


P.S.: Meine kreativen Gedanken werden sich heute leider auf das Lernen für die morgige Arbeit in Didaktik/Methodik beschränken...
 

Antaris

Mitglied
Bravo

Hallo Breimann,

ich kann mich Charima nur anschließen. Der neue Schluss ist eine deutliche Steigerung! Hoffentlich läßt Du noch viele, viele solcher Geschichten aus Dir heraus. Auf jeden Fall verdient die Geschichte die Öffentlichkeit.

Mit feurigen Grüßen

Antaris
 

Breimann

Mitglied
Danke, liebe Antaris,

für diese Beurteilung. Das macht Mut, andere alte Geschichten auszupacken. Ich glaube auch, dass man im Laufe der Zeit wächst - im schriftstellerischen Sinn - und darum durchaus Verbesserungen vornehmen sollte.
Liebe Grüße
eduard
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Eduard,

es kommt schon fast so etwas wie Wehmut auf, wenn man eure nette Diskussion hier verfolgt und sich dabei bewußt wird, daß man sich leider (aus Zeitmangel) nur sporadisch einklinken kann. Mögen andere Autoren mir verzeihen, wenn ich aus eben diesen Zeitgründen fast nur noch bei mir gut bekannten Autoren hin und wieder rein schaue. Tja - und beim "Verräter" bin ich wieder mal so richtig fündig geworden.
Am Anfang störte mich ein wenig die fast schon spießig wirkende Betulichkeit der Gedenkfeier, aber im Verlauf der weiteren Geschichte ergab sich daraus ein treffender Kontrast zu den plötzlich so ungeheuerlichen, eben diese Betulichkeit zerreißenden Enthüllungen des alten Bäcker. (Herrlich die Details , z.B. die lange Asche an den Zigarren der ungläubig lauschenden Gutbürger). Überhaupt scheinst Du mir ein verdammt guter Beobachter zu sein. Sollte dir jemand Verliebtheit in Details vorwerfen, dann sag ihm schönen Gruß von mir und erzähl ihm, daß ich mich gerade dadurch beim Lesen dieser Geschichte inmitten der Leute am Tresen befand. Wie gesagt: Wunderbar geschrieben, aber das ahnte ich schon, als ich die einsamen 10 Punkte bei der Bewertung sah. Pardon - von mir gibt es nur eine 9,5! (Und aufgerundet wird nicht) Warum? Ich hab da ein paar kleine inhaltliche Probleme. Hier und da hast Du für meinen Geschmack ein wenig überzogen.
Wir alle wissen (oder sollten es wissen), zu welchen Grausamkeiten die Nazis fähig waren. Aber im eigenem Land hätten sie garantiert kein Dorf mit Panzern platt gemacht. Ein von deinem "Helden" erfolgreich durchgeführter Anschlag wäre propagandistisch sicherlich ganz anders "vermarktet" worden.
Dann erscheint es mir ein wenig zu viel des Guten, daß ausgerechnet die Goldschmitts zu Schwiegereltern deines Josephs wurden. Dadurch tauchten bei mir für die Geschichte eigentlich unrelevante Fragen auf. Haben die Schwiegereltern wirklich nichts erzählt? Auch der eigenen Tochter nicht? Hat Joseph nie gefragt, wo sie zwischen 41 und 45 gesteckt, wie sie überlebt haben? Er kannte sie ja noch aus der Zeit, als sie im Dorf noch angesehene Leute waren.
Das Tagebuch ist mir ein zu einfacher, aber verzeihlicher Kunstgriff, denn um ihn zu umgehen, hättest Du die Geschichte stärker verkomplizieren und noch feiner weben müssen, womit Du unweigerlich in Richtung Novelle abgedriftet wärst.
Noch ne Frage: Wodurch entsteht in einem kleinen abgeschiedenem Dorf bei sage und schreibe fünf Jungen, die 1939 erst ca. 12 Jahre alt sind, ein solcher Haß auf die Nazis? Anerzogen? Frühe Erfahrungen? Und schon sind wir wieder bei der Novelle. Nein - die Protagonisten müssen nicht gläsern sein (obwohl ich bei meinen eigenen dies nicht selten entdecke), aber ihr Handeln muß nach meinem Dafürhalten nachvollziehbar begründet sein. Da fehlt mir ein wenig.

Oh jeh - wieder so viel geschrieben. Und oben beklage ich mich über Zeitmangel. Und das alles wegen fehlender 0,5 Punkte. :))

Liebe Grüße
Ralph
 

Breimann

Mitglied
Fast schon eine Vermisstenanzeige,

lieber Ralph, denn ich habe auf deine Analyse gewartet. Sie trifft hier auch sicher zu; ich sehe das auch so wie du (fast). Ich bin Historiker, habe mich mit der Zeit des Nationalsozialismus intensiv auseinander gesetzt. Genau an dieser Stelle, der Frage, ob Hitler ein Dorf in Deutschland zerstört hätte, gingen lange Zeit die Meinungen auseinander. Gegen Ende der Ära des größten Feldherrn aller Zeiten war er nach Meinung vieler Historiker nicht mehr zurechnungsfähig, aber fähig, solche Wahnsinnsreaktion zu zeigen. Ich bin mir selber nicht so sicher. Aber ich billige dem, der aus dieser Zeit stammt, wie Hermann Bäcker, zu, dass er so eine Vermutung äußert.
Die Geschichte mit dem Tagebuch, und das zeigt deine Fähigkeit sehr exakt, ist natürlich ein Kunstgriff. Ich hatte durchaus eine Alternative parat, aber die hätte sehr weit geführt. Ich wollte bei einer langen Kurzgeschichte bleiben, wollte zu tiefe Verschachtelungen vermeiden. Vielleicht ist das ein Fehler gewesen. Sollte ich diese Geschichte einmal veröffentlichen, würde sie als Novelle, mit anderem Aufbau, erscheinen. Die Alternative dazu liegt bereit.
Bin froh, dass es Ralph Ronneberger als Kritiker noch gibt. Und ich habe eine Bitte: Kannst du dir unter Erzählungen einmal die "Verschenkte Seele" ansehen? Ich wäre dir sehr dankbar dafür.
Mit freundlichem Gruß
Eduard
 

Antaris

Mitglied
jüdisch?

Hallo,

Von der Hand zu weisen sind Deine Einwände natürlich nicht, Ralph, nur mit dem Juden machst es auch Du Dir ein wenig zu leicht. Ziemlich viele von den im dritten Reich als „jüdisch“ eingestuften Mitbürgern waren nach ihrem eigenen Verständnis längst keine Juden mehr. Sehr viele Juden konvertierten gerade im ausgehenden 19. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, und die jüdische Rechtsauffassung hat sowieso ihre eigene Meinung darüber, wer Jude ist und wer nicht. Vielleicht konnten auch die jüdischen Familien in dieser Geschichte den Leuten im Dorf glaubhaft machen, dass sie eigentlich keine Juden sind, der Aspekt wäre es vielleicht wert ausgearbeitet zu werden.

Nach dem Holocaust bekannten sich nur sehr wenige Überlebende, die in Deutschland blieben zum Judentum

Lieber Breimann, auch auf die Gefahr hin oberlehrerhaft zu klingen muss ich es sagen: Einen Text in eine bestimmte Form stanzen zu wollen ist meistens eine haarige ANgelegenheit. Jeder Text braúcht die Form die ihm zusteht, und es ist eine Kunst für sich, dies zu erkennen. Verschachteltn oder nicht ist keine Frage.

Mache auf jeden Fall eiter mit Deinen Geschichten.

Mit feurigen Grüßen

Antaris
 

Breimann

Mitglied
An Zwei,

die ich als Kritiker schätzen gelernt habe.
1. Ralph, ich habe noch etwas vergessen, was sehr spezifiziert von Antaris geklärt wurde. Schau mal in die historiker.de hinein zum Thema "jüdisch". Es ist tatsächlich so, und ich weiß es aus eigener Erfahrung, dass keine jüdische Familie nach dem Krieg als jüdisch firmierte. Sie standen unter Schock, wollten unerkannt sein; viele kapselten sich auch ab.
Gleichzeitig, und das ist die Freiheit in einer solchen Geschichte, ließ ich es zu, dass zwei junge Leute sich "zufällig" kennen lernten. Auf dem Lande, in benachbarten Dörfern, vielleicht mit gemeinsamer weiterführender Schule, eine durchaus akzeptable Unterstellung.
2. Antaris, ich sagte ja, bereits, dass ich mir eine andere Form vorstellen konnte!, aber sie nicht als zwingend ansah. Du hast natürlich dann recht, wenn es zwingend eine Novelle, eine Erzählung, ein Roman sein muss. Davon war ich hier nicht überzeugt. Ich schreibe halt gerne Kurzgeschichten, die auf dem Grat befindlich sind. Sie weisen schon mal Verschachtelungen auf, sie sind lange Geschichten mit vielen Einzelbetrachtungen. Aber es liegt auch an meinem Stil, für den ich immer mehr bereit bin, einzustehen.
Trotzdem, ich gebe es zu, könnte man hier mit einem anderen Teilaspekt, noch eine ganz andere Geschichte fabrizieren.
Danke auch für den mutmachenden Appell im letzten Satz. Meine nächste Geschichte ist im 1. Entwurf fertig, mindestens so problematisch wie diese, aber sie ist eine Novelle, unter allen Umständen!
Wo tue ich die hin?
eduard
 
B

Bruno Bansen

Gast
spät...

Lieber Eduard!

Tut mir sehr leid, daß ich erst jetzt dazu komme, zu dieer phantastischen Geschichte was zu sagen. Aber Du weißt ja, daß das keine böse Absicht war...

Vorab: Zu allen Zeiten scheint es Leute gegeben zu haben, die die Situation und die daraus sich ergebenden Handlungen und Konsequenzen nicht richtig einzuschätzen verstanden und dann auch in der Folge nicht bereit waren, ihre Meinung zu revidieren. Offensichtlich ist das hier in Deinem Dorf etwas anders, was immerhin, wenn auch verspätet, zu einer Glättung der historischen Wogen führt - nicht zu einem Einge- und verständnis, aber immerhin, die Gasse, die Bäcker hindurchläßt... so richtig feindselig (was für ein Wort!!) ist man offensichtlich nicht (mehr).

Du hast sehr schön diese von einer dunklen Holztäfelung, stark vergilbten Gardinen, und ebenso stark, jedoch entlaubten, Gummibäumen, dem in einer gewissen Höhe waberndem Qualm sowie dem unangenehmen Geruch von abgestandem Bier, ebensolchen Herren, nicht anwesenden Damen, geprägten Atmosphäre deutlich machen können, so daß mir in dieser Situation die genauere Beschreibung der einzelnen Typen beinahe schmerzlich fehlte. Das Lokalcolorit (im wahrsten Sinne des Wortes!) war so bildhaft nachvollziehbar, daß die Personen in diesem (auch wiederum bildhaft) "Löcher" hinterließen, für mich jedenfalls - keine entscheidenden, aber immerhin welche, die, das hätte ich mir gewünscht, etwas umfangreicher von genaueren Beschreibungen der Herren ausgefüllt worden wären. Besonders auch deshalb, weil ich die Menschen aus dem Münsterländischen aus eigener Anschauung gut kenne und weiß, daß sie beschreibungswürdig sind! Es sind in aller Regel eher Persönlichkeiten, denn Personen und ich stelle mir die, von Dir beschrieben, ganz phantastisch vor!

Für mich als 1942 geborenem, der diese Zeit also nicht miterlebt hat, hast Du sehr anschaulich die Konfliktsituationen, welchen die verschiedenen
Personen ausgesetzt waren, klar und deutlich in Szene gesetzt - vor allem auch glaubhaft(!) und "mit-erlebbar"

Alles in allem, lieber Eduard, kann ich mich besonders Ralph's Meinung praktisch vollinhaltlich anschließen und habe diese Geschichte, nein, natürlich nicht mit Vergnügen, aber mit etwas, was so ähnlich, aber dem Thema angepaßt ist, und mit ziemlicher Hochachtung vor Dir gelesen, weil Du in der Lage bist, mich, der ich sehr schwer zufrieden zustellen bin, eben wiederum genau zu dieses gemacht hast. Glückwunsch zu diesem Text und volle Punkte.

Viele liebe Grüße von uns zu Euch!

Bruno
 

Breimann

Mitglied
Komplimente sind das Einzige,

von dem man nicht genug bekommen kann. Ich freue mich, lieber Bruno, dass ein so kompetenter Mann ein so gutes, gut begründetes Urteil abgibt. Vielleicht gelingt es mir ja auch einmal, meine Geschichten zu veröffentlichen.
Viele liebe Grüße aus dem sonnigen, stürmischen Rheinland
Eduard
 



 
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