Deutsch-Stunde

RobertM

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Es war in der Zeit im Gymnasium, Ende der 70iger Jahre, ländlicher Raum.

Meine Deutschlehrerin hieß Frau Schubert, sie war streng und verhärmt. Jedenfalls habe ich sie so empfunden. Deutsch war mein Hassfach schlechthin. Das Fach hat mich nicht interessiert, immer diese Dichter und Denker. Damit konnte ich damals in meinen Flegeljahren kurz vorm Abi nichts anfangen. Nein, ich war durch und durch technikaffin. Ich habe gerne den Unterricht gestört und wurde dann zur Strafe zu einem Thema befragt, was ich natürlich nicht wusste.

Einmal musste ich ein Referat halten über Afghanistan und das dortige Goetheinstitut. Allein die Vorstellung war für mich ein Horror, mich vor die Klasse hinzustellen und frei zu reden, über ein Thema, dass mich überhaupt nicht interessiert. Ich habe es durchgezogen, gewann aber dadurch kaum mehr Sicherheit im freien Reden. In der Abschlussnote bekam ich gerade noch eine 4 Minus ins Abiturzeugnis. Ich war froh, dass ich auch dieses Fach bestanden hatte. Meine Eltern waren allerdings nicht glücklich. Sie wollten natürlich stolz sein auf einen „guten“ Abiturienten.

Eine positive Sache habe ich dann doch aus dem Unterricht von Frau Schubert mitgenommen. Ihr Paradigma des „Allmählichen Verfertigens der Gedanken beim Sprechen“. Das war für mich wirklich etwas praxisnahes und Sinnvolles.

Jahre später, als Student und auch noch im Berufsleben, hatte ich immer den gleichen Traum über die Deutschstunde. Darin habe ich das Klassenzimmer vor Beginn der Stunde nicht gefunden und ich hätte deswegen den Anfang der Stunde verpasst. Die Peinlichkeit, zu spät zu kommen wollte ich mir ersparen und habe die Deutschstunde glatt geschwänzt. Irgendwie war in diesem Traumstereotyp klar, dass ich auch ohne Teilnahme bestehen werde. Es galt keine Anwesenheitspflicht, ähnlich wie in der Universität. Das war jetzt kein Albtraum im klassischen Sinn, aber er bewog mich doch immer wieder zum Nachdenken.

Jetzt schreibe ich! der Deutschstunde im Gymnasium zum Hohn!

Ich verspüre den Drang, es meiner damaligen Lehrerin, nicht ohne einen gewissen Stolz, mitzuteilen. Sie wird allerdings nicht mehr leben.

Mittlerweile habe ich diesen Traum nicht mehr. Vielleicht hat sich das Trauma von selbst aufgelöst und ich habe meinen inneren Frieden mit „Deutsch“ gemacht.
 



 
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