VeraL
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„Heinrich! Wo steckst du?“
Omas Gebrüll riss Lara aus dem Schlaf. Sie verbrachte ihre Sommerferien bei ihren Großeltern und meistens begann der Tag mit Streit.
„Du musst den Rasen mähen, bevor es zu heiß wird, und kümmer dich endlich um die fiesen Schnecken, die den ganzen Salat auffressen. Ich krieg echt einen Ussel, wenn ich die sehe.“
„Dir geht es doch nicht um das Grünzeug. Als ob du jemals damit kochen würdest. Dir ist nur wichtig, was Frau Beerbaum von gegenüber denkt. Ich mach jetzt in Ruhe mein Kreuzworträtsel.“ Dem Geräusch nach zu urteilen, hatte Opa sich im Bad verschanzt.
Lara hatte vor den Ferien in der Schule erzählt, dass sie zu ihren Großeltern aufs Land fahren würde. Alle hatten sich eine Idylle vorgestellt, die nach Erdbeeren schmeckte, nach Pfingstrosen duftete und nach dem Gesang der Vögel am Morgen klang. Doch wenn Lara ihrer Oma sagen würde, sie solle mit einem Strohhut Rosen schneiden oder Marmelade aus eigenen Johannisbeeren kochen, würde die vor Lachen umfallen. Oma und Opa hassten Gärtnern. Mama sagte immer, sie sollten in eine Neubauwohnung mit Balkon ziehen, aber Oma wollte davon nichts wissen. In diesem Haus hatte schließlich schon Laras Uroma gewohnt.
Lara schlurfte nach unten, um ihren Nutellatoast zu essen, den Oma ihr auf den Tisch gestellt hatte. Oma blätterte durch die Zeitung und schob ihrer Enkelin einen Teil hin. Lara las am liebsten den Sportteil. Opa hatte sein Kreuzworträtsel gelöst und gesellte sich zu ihnen. Er schnappte sich die Panoramaseiten und bevor Oma zu einer weiteren Tirade ansetzen konnte, beschwichtigte er sie: „Ich guck nach den Schnecken, aber Mähen lohnt noch nicht.“
Oma und Lara schauten auf den Rasen, der inzwischen so lang war wie das Fell von Omas Hund Waldi und sagten nichts.
Opa brach in Gelächter aus. „Hört euch das an, das wäre genau das Richtige für uns: Eine Frau aus Tasmanien hat den Wettbewerb um die hässlichsten Gärten der Welt gewonnen. Sie sagt, sie hat aufgehört, den Rasen zu mähen, als ihr Ex-Mann bei der Scheidung den Rasenmäher mitgenommen hat.“
Oma schnaubte und Lara musste so lachen, dass ihr der Kakao aus der Nase herauslief.
„Da sehe ich euch im nächsten Jahr ganz vorne. Ihr solltet ein Foto von den Salatruinen einreichen“, keuchte sie.
Sie beugten sich über das Bild der Siegerin, die mit einem schlammfarbenen T-Shirt und einem langen dunkelgrauen Rock auf einer staubigen braunen Fläche stand, aus der einige vereinzelte trockene Gräser ragten.
„Ein bisschen Arbeit haben wir vielleicht doch noch“, gab Oma zu.
Zum Abendessen gab es Fischstäbchen mit Pommes. Lara ertränkte alles in Ketchup und räusperte sich. „Ich habe über diesen Wettbewerb nachgedacht. Wir sollten teilnehmen.“
Opa warf ihr über seine Lesebrille hinweg einen Blick zu. „Das ist eine interessante Idee, aber ich denke nicht, dass wir hier so eine Wüste hinkriegen wie diese Australierin.“
Oma nickte: „Außerdem würden die Nachbarn uns steinigen. Die machen doch bei ‚Unser Dorf soll schöner werden‘ mit.“
So schnell ließ Lara sich nicht beirren. „Habt ihr den Artikel zu Ende gelesen?“
Ihre Großeltern schüttelten synchron die Köpfe.
Lara schob sich zwei weitere Fritten in den Mund und erklärte: „Die Idee zu dem Wettbewerb kommt aus Schweden, aus Gotland. Es geht eigentlich darum, Wasser zu sparen. Selbst auf Gotland haben sie nicht mehr genug. Als sie herausgefunden haben, wie viel Wasser die für ihre Gärten brauchen, sind sie auf die Idee mit dem Wettbewerb gekommen.“
Sofort leuchteten Opas Augen auf. „Tja, unter dem Gesichtspunkt bin ich dafür. Umweltschutz war schon immer mein Thema.“
Oma unterbrach ihn, bevor er mit Geschichten von seinen Demos gegen sauren Regen ankommen konnte. „Glaub jetzt aber nicht, dass du dann keine Arbeit mehr hast. Ich finde eine Beschäftigung für dich.“
Wie sich herausstellte, macht auch ein wassersparender Garten Arbeit. Lara und ihr Opa fuhren ins Gartencenter, um Pflanzen zu besorgen, die wenig Wasser brauchten, denn nach einigen Diskussionen hatten sie beschlossen, dass eine braune Staubwüste nicht ihren Vorstellungen entsprach. Oma entwarf in der Zwischenzeit ein Plakat, dass sie beim Bäcker und beim Metzger im Ort aufhing. Sie wollte ihre Nachbarn für den Wettbewerb gewinnen.
Sie verbrachten so viel Zeit beim Gärtnern wie nie zuvor. Vertrocknete Blumen und von Schnecken zerfressenes Gemüse wurden gnadenlos ausgerupft. Dafür wanderten die neuen Pflanzen in die Erde. Lara schaute sich um und war zufrieden mit ihrem Werk. Doch über der Hecke entdeckte sie Frau Beerbaum, die den Kopf reckte und aussah, wie ihre Bohnenstangen, die hinter ihr in den Himmel ragten. Sie hatte eines von Omas Plakaten in der Hand und zeterte los: „Das ist nicht euer Ernst, oder? Ihr wisst genau, dass ich das Komitee für ‚unser Dorf soll schöner werden‘ leite. Wollt ihr mich sabotieren? Übermorgen kommt die Jury und wenn sie diesen Schandfleck sieht, können wir das mit dem Golddorf gleich vergessen.“
Oma und Opa stellten sich hinter Lara. „Wie wir unseren Garten gestalten, ist immer noch unsere Sache. Sie sollten sich ebenfalls mehr Gedanken um Ihren Wasserverbrauch als um Goldmedaillen machen.“
Opa zog Lara und Oma zum Haus. „Wir haben uns jetzt eine Stärkung verdient.“
Am nächsten Morgen schaute Lara als erstes aus dem Fenster, um den neuen Garten zu bewundern. „Oma, Opa, kommt sofort her. Das glaubt ihr nicht.“
„Das gibt es nicht.“ Opa polierte seine Brille und setzte sie wieder auf, aber der Anblick änderte sich nicht. „Wer macht denn so was?“
Oma war wütend. „Na wer wohl? Wer pflanzt heimlich nachts in einem fremden Garten Hunderte Geranien? Das kann nur Frau Beerbaum mit ihrem blöden Wettbewerb gewesen sein.“
Die drei schauten sich für einen Moment an und brachen dann in Gelächter aus. Die unzähligen Geranien, die kreuz und quer über den ganzen Garten verstreut waren, sahen einfach furchtbar aus. Opa prustete: „Gärtnern sollte man besser bei Tageslicht.“
„Tja, die Ärmste. Damit werden wir wohl doch nicht Golddorf.“
Lara verschwand in ihr Zimmer. „Aber einen anderen Preis hat sie sicher.“
Sie malte ein großes Schild, auf dem stand: „Herzlichen Glückwunsch. Sie haben den hässlichsten Garten der Welt gestaltet.“
Das Schild stellten sie Frau Beerbaum vor die Tür und machten es sich dann mit Büchern auf der Terrasse gemütlich. Von ihnen würde keiner die Geranien gießen.
Omas Gebrüll riss Lara aus dem Schlaf. Sie verbrachte ihre Sommerferien bei ihren Großeltern und meistens begann der Tag mit Streit.
„Du musst den Rasen mähen, bevor es zu heiß wird, und kümmer dich endlich um die fiesen Schnecken, die den ganzen Salat auffressen. Ich krieg echt einen Ussel, wenn ich die sehe.“
„Dir geht es doch nicht um das Grünzeug. Als ob du jemals damit kochen würdest. Dir ist nur wichtig, was Frau Beerbaum von gegenüber denkt. Ich mach jetzt in Ruhe mein Kreuzworträtsel.“ Dem Geräusch nach zu urteilen, hatte Opa sich im Bad verschanzt.
Lara hatte vor den Ferien in der Schule erzählt, dass sie zu ihren Großeltern aufs Land fahren würde. Alle hatten sich eine Idylle vorgestellt, die nach Erdbeeren schmeckte, nach Pfingstrosen duftete und nach dem Gesang der Vögel am Morgen klang. Doch wenn Lara ihrer Oma sagen würde, sie solle mit einem Strohhut Rosen schneiden oder Marmelade aus eigenen Johannisbeeren kochen, würde die vor Lachen umfallen. Oma und Opa hassten Gärtnern. Mama sagte immer, sie sollten in eine Neubauwohnung mit Balkon ziehen, aber Oma wollte davon nichts wissen. In diesem Haus hatte schließlich schon Laras Uroma gewohnt.
Lara schlurfte nach unten, um ihren Nutellatoast zu essen, den Oma ihr auf den Tisch gestellt hatte. Oma blätterte durch die Zeitung und schob ihrer Enkelin einen Teil hin. Lara las am liebsten den Sportteil. Opa hatte sein Kreuzworträtsel gelöst und gesellte sich zu ihnen. Er schnappte sich die Panoramaseiten und bevor Oma zu einer weiteren Tirade ansetzen konnte, beschwichtigte er sie: „Ich guck nach den Schnecken, aber Mähen lohnt noch nicht.“
Oma und Lara schauten auf den Rasen, der inzwischen so lang war wie das Fell von Omas Hund Waldi und sagten nichts.
Opa brach in Gelächter aus. „Hört euch das an, das wäre genau das Richtige für uns: Eine Frau aus Tasmanien hat den Wettbewerb um die hässlichsten Gärten der Welt gewonnen. Sie sagt, sie hat aufgehört, den Rasen zu mähen, als ihr Ex-Mann bei der Scheidung den Rasenmäher mitgenommen hat.“
Oma schnaubte und Lara musste so lachen, dass ihr der Kakao aus der Nase herauslief.
„Da sehe ich euch im nächsten Jahr ganz vorne. Ihr solltet ein Foto von den Salatruinen einreichen“, keuchte sie.
Sie beugten sich über das Bild der Siegerin, die mit einem schlammfarbenen T-Shirt und einem langen dunkelgrauen Rock auf einer staubigen braunen Fläche stand, aus der einige vereinzelte trockene Gräser ragten.
„Ein bisschen Arbeit haben wir vielleicht doch noch“, gab Oma zu.
Zum Abendessen gab es Fischstäbchen mit Pommes. Lara ertränkte alles in Ketchup und räusperte sich. „Ich habe über diesen Wettbewerb nachgedacht. Wir sollten teilnehmen.“
Opa warf ihr über seine Lesebrille hinweg einen Blick zu. „Das ist eine interessante Idee, aber ich denke nicht, dass wir hier so eine Wüste hinkriegen wie diese Australierin.“
Oma nickte: „Außerdem würden die Nachbarn uns steinigen. Die machen doch bei ‚Unser Dorf soll schöner werden‘ mit.“
So schnell ließ Lara sich nicht beirren. „Habt ihr den Artikel zu Ende gelesen?“
Ihre Großeltern schüttelten synchron die Köpfe.
Lara schob sich zwei weitere Fritten in den Mund und erklärte: „Die Idee zu dem Wettbewerb kommt aus Schweden, aus Gotland. Es geht eigentlich darum, Wasser zu sparen. Selbst auf Gotland haben sie nicht mehr genug. Als sie herausgefunden haben, wie viel Wasser die für ihre Gärten brauchen, sind sie auf die Idee mit dem Wettbewerb gekommen.“
Sofort leuchteten Opas Augen auf. „Tja, unter dem Gesichtspunkt bin ich dafür. Umweltschutz war schon immer mein Thema.“
Oma unterbrach ihn, bevor er mit Geschichten von seinen Demos gegen sauren Regen ankommen konnte. „Glaub jetzt aber nicht, dass du dann keine Arbeit mehr hast. Ich finde eine Beschäftigung für dich.“
Wie sich herausstellte, macht auch ein wassersparender Garten Arbeit. Lara und ihr Opa fuhren ins Gartencenter, um Pflanzen zu besorgen, die wenig Wasser brauchten, denn nach einigen Diskussionen hatten sie beschlossen, dass eine braune Staubwüste nicht ihren Vorstellungen entsprach. Oma entwarf in der Zwischenzeit ein Plakat, dass sie beim Bäcker und beim Metzger im Ort aufhing. Sie wollte ihre Nachbarn für den Wettbewerb gewinnen.
Sie verbrachten so viel Zeit beim Gärtnern wie nie zuvor. Vertrocknete Blumen und von Schnecken zerfressenes Gemüse wurden gnadenlos ausgerupft. Dafür wanderten die neuen Pflanzen in die Erde. Lara schaute sich um und war zufrieden mit ihrem Werk. Doch über der Hecke entdeckte sie Frau Beerbaum, die den Kopf reckte und aussah, wie ihre Bohnenstangen, die hinter ihr in den Himmel ragten. Sie hatte eines von Omas Plakaten in der Hand und zeterte los: „Das ist nicht euer Ernst, oder? Ihr wisst genau, dass ich das Komitee für ‚unser Dorf soll schöner werden‘ leite. Wollt ihr mich sabotieren? Übermorgen kommt die Jury und wenn sie diesen Schandfleck sieht, können wir das mit dem Golddorf gleich vergessen.“
Oma und Opa stellten sich hinter Lara. „Wie wir unseren Garten gestalten, ist immer noch unsere Sache. Sie sollten sich ebenfalls mehr Gedanken um Ihren Wasserverbrauch als um Goldmedaillen machen.“
Opa zog Lara und Oma zum Haus. „Wir haben uns jetzt eine Stärkung verdient.“
Am nächsten Morgen schaute Lara als erstes aus dem Fenster, um den neuen Garten zu bewundern. „Oma, Opa, kommt sofort her. Das glaubt ihr nicht.“
„Das gibt es nicht.“ Opa polierte seine Brille und setzte sie wieder auf, aber der Anblick änderte sich nicht. „Wer macht denn so was?“
Oma war wütend. „Na wer wohl? Wer pflanzt heimlich nachts in einem fremden Garten Hunderte Geranien? Das kann nur Frau Beerbaum mit ihrem blöden Wettbewerb gewesen sein.“
Die drei schauten sich für einen Moment an und brachen dann in Gelächter aus. Die unzähligen Geranien, die kreuz und quer über den ganzen Garten verstreut waren, sahen einfach furchtbar aus. Opa prustete: „Gärtnern sollte man besser bei Tageslicht.“
„Tja, die Ärmste. Damit werden wir wohl doch nicht Golddorf.“
Lara verschwand in ihr Zimmer. „Aber einen anderen Preis hat sie sicher.“
Sie malte ein großes Schild, auf dem stand: „Herzlichen Glückwunsch. Sie haben den hässlichsten Garten der Welt gestaltet.“
Das Schild stellten sie Frau Beerbaum vor die Tür und machten es sich dann mit Büchern auf der Terrasse gemütlich. Von ihnen würde keiner die Geranien gießen.