Die Liga der außergewöhnlichen Bestseller

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reborn

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"Die Wunde schmerzte kaum noch, obwohl das Blut wild in Jim Hardy’s Adern pochte. Er drehte sich zur Seite und stieg vorsichtig aus dem Bett. Die junge Mexikanerin hatte ihm einen festen Wundverband angelegt, bevor sie ihre straffen, vollen Brüste frei legte und zu ihm ins Bett stieg. Ihr Temperament und die Kraft der schlanken Schenkel verblüfften ihn. Wenn der MI6 davon Wind bekommen würde, müsste er seine Mission abbrechen. Dann könnte seine 9mm Luger nicht ihr tödliches Gift auf den Dschungelbaron Sanchez El Katananga verspritzen und Hardy würde weiter mit seiner Verbitterung leben müssen. Die lange vorbereite Rache an seinem Erzfeind, würde wieder nicht mit einem leisen Knall und dem kaum wahrnehmbaren Geruch enden, den eine abgefeuerte Luger verströmt. Er musste an die verschwundenen Agenten denken und an die vielen Mädchen die Sanchez zu seinen Sklavinnen gemacht hatte."

Was für ein Mist.
Mehr fällt mir dazu nicht ein. Ich stelle den anrüchigen Schmöker zurück in Bücherboard der Hotellobby. Da ich weder Lust auf den „Bachelor in Paradise“ habe, noch einen debilen Bauern auf seiner Suche nach einem naiven aber vollbusigen Trampel zum gemeinsamen Ziegenmelken begleiten möchte, würde ich mich gern mit einem Buch an die Bar setzen. Das kleine Regal bietet nur wenigen literarischen Highlights eine Heimstatt und sieht aus, als hätte es ein langes und ereignisreiches Leben als Gewürzregal gehabt. Ich greife mir einen dicken Wälzer mit Lederimitateinband und goldenem Schriftzug auf dem Deckel.

"Gungaval, die Hohepriesterin der Schwestern von Loriandel, richtet ihren Blick gen Norden, zu den nebelverhangenen Bergen von Dunkelwald, wo ihr Gemahl Hammelohr auf geheimen Pfaden wandelt, um das Gleichgewicht der Kräfte in Dunkelwald zu erhalten. Er muss das Schwert Torwall vor den Schergen des dunklen Magiers verbergen, damit sich die Prophezeiung erfüllen kann. Das Tal des Wimmerns hatte er mit seinen Gefährten bereits durchquert und wird bereits im Reich des schwarzen Sandes angekommen sein, um sich mit dem Heer der dreibeinigen Einhörner zu vereinigen.
Wie Schatten lasten die Erinnerungen an das dunkle Zeitalter auf Gungaval. Als die schreckliche Bestie mit dem Namen den man nicht aussprechen kann, die Krackberge verließ und das Volk der Morgentauelfen auslöschte. Ihr schmerzte das Herz ob der Qualen die ihr Volk erleiden musste."

Auch mir schmerzt das Herz und ich stelle den wuchtigen Band vorsichtig zurück ins Regal. Nicht, dass Torwall herausfällt und ich nach Dunkelwald muss.
Ein kleines Paperback, aus dem die Lebensphilosophie wie zähes Baumharz heraustropft, lasse ich unberührt. „Die Bar in der Mitte der Welt“, ein Megabestseller und eines der am meisten verkauften Selbstfindungsbücher aller Zeiten. So seicht und flach geschrieben, wie sich der Nordseestrand an Ebbe präsentiert. An Banalität kaum zu übertreffen, voller Plattitüden und eigentlich keiner Handlung. Dank der vielen Wiederholungen im Text eignet sich das Heftchen auch gut als Leseübung für Grundschüler.
„Tue einfach nur das, was Dir Spaß macht und für Dich Sinn ergibt – dann wirst du das Glück und den Sinn des Lebens erfahren“. So einfach ist das also. Die 48jährige Teilzeitverkäuferin mit drei Kindern, Darlehen, Hypothek und pflegebedürftiger Mutter, bastelt dann nur noch Freundschaftsbänder und malt Aquarelle von ihrem Hund. Dann wird sie automatisch glücklich. Ach so, sie muss ja vorher noch ihren Job kündigen, die Mutter ins Pflegeheim abschieben und die Kinder ins Internat schicken. Die Frage nach dem Sinn des Lebens hat es allerdings tatsächlich beantwortet. "Verschwende keine kostbare Lebenszeit damit, diese papiergewordene Langeweile zu lesen.
Trotzdem: Ich wünschte wirklich ich hätte es geschrieben.

Doch halt. Ist das möglich? Ein Lichtblick in dieser düsteren Taverne. Zwischen einem Kochbuch für vegane Singles und dem Bildband über die Inneneinrichtung des Führerbunkers samt Hitler in der Badewanne, entdecke ich ein wahres Kleinod. Da steht doch tatsächlich mein erstes Buch. Mein Gott, wie viele Jahre ist das jetzt schon her?
Mit in mir aufsteigender Rührung, ziehe ich das zerfledderte, dünne Bändchen heraus. Das Foto auf der Rückseite, zeigt mich noch mit vollem Haar und ich grinse wie ein Honigkuchenpferd. Da war ich noch Single.
Wann war das nochmal genau?
Ich schlage die erste Seite auf, um nach dem Erscheinungsdatum zu schauen, da fällt mein Blick auf eine unschön, quer über die ganze Seite hingeschmierte Notiz.

Was für ein Mist.
 

reborn

Mitglied
"Die Wunde schmerzte kaum noch, obwohl das Blut wild in Jim Hardy’s Adern pochte. Er drehte sich zur Seite und stieg vorsichtig aus dem Bett. Die junge Mexikanerin hatte ihm einen festen Wundverband angelegt, bevor sie ihre straffen, vollen Brüste frei legte und zu ihm ins Bett stieg. Ihr Temperament und die Kraft der schlanken Schenkel verblüfften selbst ihn. Wenn der MI6 davon Wind bekommen würde, müsste er seine Mission abbrechen. Dann könnte seine 9mm Luger nicht ihr tödliches Gift auf den Dschungelbaron Sanchez El Katananga verspritzen und Hardy würde weiter mit seiner Verbitterung leben müssen. Die lange vorbereite Rache an seinem Erzfeind, würde wieder nicht mit einem leisen Knall und dem kaum wahrnehmbaren Geruch enden, den eine abgefeuerte Luger verströmt. Er musste an die verschwundenen Agenten denken und an die vielen Mädchen, die Sanchez zu seinen Sklavinnen gemacht hatte."

Was für ein Mist.
Mehr fällt mir dazu nicht ein. Ich stelle den anrüchigen Schmöker zurück ins Bücherboard der Hotellobby. Da ich weder Lust auf den „Bachelor in Paradise“ habe, noch einen debilen Bauern auf seiner Suche nach einem naiven aber vollbusigen Trampel zum gemeinsamen Ziegenmelken begleiten möchte, würde ich mich gern mit einem Buch an die Bar setzen. Das kleine Regal bietet nur wenigen literarischen Highlights eine Heimstatt und sieht aus, als hätte es ein langes und ereignisreiches Leben als Gewürzregal gehabt. Ich greife mir einen dicken Wälzer mit Lederimitateinband und goldenem Schriftzug auf dem Deckel.

"Gungaval, die Hohepriesterin der Schwestern von Loriandel, richtet ihren Blick gen Norden, zu den nebelverhangenen Bergen von Dunkelwald, wo ihr Gemahl Hammelohr auf geheimen Pfaden wandelt, um das Gleichgewicht der Kräfte in Dunkelwald zu erhalten. Er muss das Schwert Torwall vor den Schergen des dunklen Magiers verbergen, damit sich die Prophezeiung erfüllen kann. Das Tal des Wimmerns hatte er mit seinen Gefährten bereits durchquert und wird bereits im Reich des schwarzen Sandes angekommen sein, um sich mit dem Heer der dreibeinigen Einhörner zu vereinigen.
Wie Schatten lasten die Erinnerungen an das dunkle Zeitalter auf Gungaval. Als die schreckliche Bestie mit dem Namen den man nicht aussprechen kann, die Krackberge verließ und das Volk der Morgentauelfen auslöschte. Ihr schmerzte das Herz ob der Qualen die ihr Volk erleiden musste."

Auch mir schmerzt das Herz und ich stelle den wuchtigen Band vorsichtig zurück ins Regal. Nicht, dass Torwall herausfällt und ich nach Dunkelwald muss.
Ein kleines Paperback, aus dem die Lebensphilosophie wie zähes Baumharz tropft, lasse ich unberührt. „Die Bar in der Mitte der Welt“, ein eines der am meisten verkauften Selbstfindungsbücher aller Zeiten. So seicht und flach geschrieben, wie sich der Nordseestrand an Ebbe präsentiert. An Banalität kaum zu übertreffen, voller Plattitüden und eigentlich keiner Handlung. Dank der vielen Wiederholungen im Text eignet, sich das Heftchen auch gut als Leseübung für Grundschüler.
„Tu einfach nur das, was Dir Spaß macht und für Dich Sinn ergibt – dann wirst du das Glück und den Sinn des Lebens erfahren“. So einfach ist das also. Die 48jährige Teilzeitverkäuferin mit drei Kindern, Darlehen, Hypothek und pflegebedürftiger Mutter, bastelt dann nur noch Freundschaftsbänder und malt Aquarelle von ihrem Hund. Dann wird sie automatisch glücklich. Ach so, sie muss ja vorher noch ihren Job kündigen, die Mutter ins Pflegeheim abschieben und die Kinder ins Internat schicken. Die Frage nach dem Sinn des Lebens hat es allerdings tatsächlich beantwortet. "Verschwende keine kostbare Lebenszeit damit, diese papiergewordene Langeweile zu lesen.
Trotzdem: Ich wünschte wirklich, ich hätte es geschrieben.

Doch halt. Ist das möglich? Ein Lichtblick in dieser düsteren Taverne. Zwischen einem Kochbuch für vegane Singles und dem Bildband über die Inneneinrichtung des Führerbunkers samt Hitler in der Badewanne, entdecke ich ein wahres Kleinod. Da steht doch tatsächlich mein erstes Buch. Mein Gott, wie viele Jahre ist das jetzt schon her?
Mit in mir aufsteigender Rührung, ziehe ich das zerfledderte, dünne Bändchen heraus. Das Foto auf der Rückseite, zeigt mich noch mit vollem Haar und ich grinse wie ein Honigkuchenpferd. Da war ich noch Single.
Wann war das nochmal genau?
Ich schlage die erste Seite auf, um nach dem Erscheinungsdatum zu schauen, da fällt mein Blick auf eine unschön, quer über die ganze Seite hingeschmierte Notiz.

Was für ein Mist.
 
Lieber reborn, dergleichen amüsiert mich immer höchlich. Nur die selbstkritische Wendung am Schluss will ich mir nicht zu eigen machen ...

Wirklich aus einer Hotellobby? Die eine oder andere Kostprobe erinnerte mich fatal an manches auf der LL-Startseite.

Freundlichen Gruß
Arno Abendschön
 

reborn

Mitglied
Hallo Arno,

den Schuh musst du dir ja auch keinesfalls anziehen.

Wenn ich schon so weit wäre, würde ich sagen autobiografisch.
Der eine oder andere Autor könnte aber auch ruhig etwas selbskritischer sein. Andererseits wird heutzutage aber auch alles möglich gedruckt. Man muss nur einen Verleger kennen ;-)

Viele Grüße
reborn
 

G. R. Asool

Mitglied
Hey reborn,

deine Geschichte fand ich witzig. Nur eine Sache ist mir aufgefallen:
Das Tal des Wimmerns hatte er mit seinen Gefährten bereits durchquert und wird bereits im Reich des schwarzen Sandes angekommen sein, um sich mit dem Heer der dreibeinigen Einhörner zu vereinigen.
Gerne gelesen!

Gruß
GR
 

reborn

Mitglied
„Die Wunde schmerzte kaum noch, obwohl das Blut wild in Jim Hardy’s Adern pochte. Er drehte sich zur Seite und stieg vorsichtig aus dem Bett. Die junge Mexikanerin hatte ihm einen festen Wundverband angelegt, bevor sie ihre straffen, vollen Brüste freilegte und zu ihm ins Bett stieg. Ihr Temperament und die Kraft der schlanken Schenkel verblüfften selbst ihn. Wenn der MI6 aber davon Wind bekäme, wäre die Mission vorzeitig beendet. Seine 9mm Luger müsste schweigen und könnte ihr tödliches Gift nicht in den fetten Leib des Dschungelbaron‘s Sanchez El Katananga injizieren. Hardy müsste weiter mit seiner Verbitterung leben. Die lange vorbereite Rache an seinem Erzfeind, würde wieder nicht mit einem leisen Knall und dem kaum wahrnehmbaren Geruch enden, den eine abgefeuerte Luger verströmt. Er musste an die verschwundenen Agenten denken und an die vielen Mädchen, die Sanchez zu seinen Sklavinnen gemacht hatte.“

Was für ein Mist.
Mehr fällt mir dazu nicht ein. Ich stelle den anrüchigen Schmöker zurück ins Bücherboard der Hotellobby. Da ich weder Lust auf den „Bachelor in Paradise“ habe, noch einen debilen Bauern auf seiner Suche nach einem naiven aber vollbusigen Trampel zum gemeinsamen Ziegenmelken begleiten möchte, würde ich mich gern mit einem Buch an die Bar setzen. Das kleine Regal bietet nur wenigen literarischen Highlights eine Heimstatt und sieht aus, als hätte es ein langes und ereignisreiches Leben als Gewürzregal gehabt. Ich greife mir einen dicken Wälzer mit Lederimitateinband und goldenem Schriftzug auf dem Deckel.

„Gungaval, die Hohepriesterin der Schwestern von Loriandel, richtet ihren Blick gen Norden, zu den nebelverhangenen Bergen von Dunkelwald, wo ihr Gemahl Hammelohr auf geheimen Pfaden wandelt, um das Gleichgewicht der Kräfte in Dunkelwald zu erhalten. Er muss das Schwert Torwall vor den Schergen des dunklen Magiers verbergen, damit sich die alte Prophezeiung erfüllen kann. Das Tal des Wimmerns hatte er mit seinen Gefährten bereits durchquert und wird im Reich des schwarzen Sandes angekommen sein, um sich mit dem Heer der dreibeinigen Einhörner zu vereinigen.
Wie Schatten lasten die Erinnerungen an das dunkle Zeitalter auf Gungaval. Als die schreckliche Bestie mit dem Namen den man nicht aussprechen kann, die Krackberge verließ und das Volk der Morgentauelfen auslöschte. Ihr schmerzte das Herz ob der Qualen die ihr Volk erleiden musste.“

Auch mir schmerzt das Herz und ich stelle den wuchtigen Band vorsichtig zurück ins Regal. Nicht, dass Torwall herausfällt und ich nach Dunkelwald muss.
Ein kleines Paperback, aus dem die Lebensphilosophie wie zähes Baumharz tropft, lasse ich unberührt. „Die Bar in der Mitte der Welt“, eines der am meisten verkauften Selbstfindungsbücher aller Zeiten, Supermegabestseller. So seicht und flach geschrieben, wie sich der Nordseestrand an Ebbe präsentiert. An Banalität kaum zu übertreffen, voller Plattitüden, fehlt es ihm an jeglicher Handlung. Dank der vielen Wiederholungen im Text eignet, sich das Heftchen auch gut als Leseübung für Grundschüler.
„Tu einfach nur, was Dir Spaß macht und für Dich Sinn ergibt – dann wirst du das Glück und den Sinn des Lebens erfahren“. So einfach ist das also. Die 48jährige Teilzeitverkäuferin mit drei Kindern, Darlehen, Hypothek und pflegebedürftiger Mutter, bastelt dann nur noch Freundschaftsbänder und malt Aquarelle von Opas ausgestopftem Dackel. Dann wird sie automatisch glücklich. Ach so, sie muss ja vorher noch ihren Job kündigen, die Mutter ins Pflegeheim abschieben und die Kinder ins Internat schicken.
Die Frage nach dem Sinn des Lebens hat es allerdings tatsächlich beantwortet. "Verschwende keine kostbare Lebenszeit damit, diese papiergewordene Langeweile zu lesen.“
Trotzdem: Ich wünschte wirklich, ich hätte es geschrieben.

Doch halt. Ist das möglich? Ein Lichtblick in dieser düsteren Taverne. Zwischen einem Kochbuch für vegane Singles und dem Bildband über die Inneneinrichtung des Führerbunkers samt Hitler in der Badewanne, entdecke ich ein wahres Kleinod. Da steht doch tatsächlich mein erstes Buch. Mein Gott, wie viele Jahre ist das jetzt schon her?
Mit in mir aufsteigender Rührung, ziehe ich das zerfledderte, dünne Bändchen heraus. Das Foto auf der Rückseite, zeigt mich noch mit vollem Haar und ich grinse wie ein Honigkuchenpferd. Da war ich noch Single.
Wann war das nochmal genau?
Ich schlage die erste Seite auf, um nach dem Erscheinungsdatum zu schauen, da fällt mein Blick auf eine unschön, quer über die ganze Seite hingeschmierte Notiz:

Was für ein Mist.
 
R

Ray Catcher

Gast
Sehr witzig geschrieben. Du nutzt wirklich treffende Wortassoziationen und die (wohl fiktiven) Buchauszüge persiflieren toll die Genres und was da so rumfleucht. Aber der tolle (selbst)ironischen Abschluss macht den Text erst rund.
 

reborn

Mitglied
Vielen Dank.
Beim Schreiben dieser Geschichte hatte ich besonders viel Spaß.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende
 

reborn

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„Die Wunde schmerzte kaum, obwohl das Blut wild in Jim Hardy’s Adern pochte. Er drehte sich zur Seite und stieg vorsichtig aus dem Bett. Die junge Mexikanerin hatte ihm einen festen Wundverband angelegt, bevor sie ihre straffen, vollen Brüste freilegte und zu ihm ins Bett stieg. Ihr Temperament und die Kraft der schlanken Alabasterschenkel verblüfften selbst ihn. Wenn der MI6 aber davon Wind bekäme, wäre die Mission vorzeitig beendet. Seine 9mm Luger müsste schweigen und könnte ihr tödliches Gift nicht in den fetten Leib des Dschungelbaron‘s Sanchez El Katananga injizieren. Hardy müsste weiter mit seiner Verbitterung leben. Die lange vorbereite Rache an seinem Erzfeind, würde wieder nicht mit einem leisen Knall und dem kaum wahrnehmbaren Geruch enden, den eine abgefeuerte Luger verströmt. Er musste an die verschwundenen Agenten denken und an die vielen Mädchen, die Sanchez zu seinen Sklavinnen gemacht hatte.“

Was für ein Mist.
Mehr fällt mir dazu nicht ein. Ich stelle den anrüchigen Schmöker zurück ins Bücherboard der Hotellobby. Da ich weder Lust auf den „Bachelor in Paradise“ habe, noch einen debilen Bauern auf seiner Suche nach einem naiven aber vollbusigen Trampel zum gemeinsamen Ziegenmelken begleiten möchte, würde ich mich gern mit einem Buch an die Bar setzen. Das kleine Regal bietet nur wenigen literarischen Highlights eine Heimstatt und sieht aus, als hätte es ein langes und ereignisreiches Leben als Gewürzregal gehabt. Ich greife mir einen dicken Wälzer mit Lederimitateinband und goldenem Schriftzug auf dem Deckel.

„Gungaval, die Hohepriesterin der Schwestern von Loriandel, richtet ihren Blick gen Norden, zu den nebelverhangenen Bergen von Dunkelwald, wo ihr Gemahl Hammelohr auf geheimen Pfaden wandelt, um das Gleichgewicht der Kräfte in Dunkelwald zu erhalten. Er muss das Schwert Torwall vor den Schergen des dunklen Magiers verbergen, damit sich die alte Prophezeiung erfüllen kann. Das Tal des Wimmerns hatte er mit seinen Gefährten bereits durchquert und wird im Reich des schwarzen Sandes angekommen sein, um sich mit dem Heer der dreibeinigen Einhörner zu vereinigen.
Wie Schatten lasten die Erinnerungen an das dunkle Zeitalter auf Gungaval. Als die schreckliche Bestie mit dem Namen den man nicht aussprechen kann, die Krackberge verließ und das Volk der Morgentauelfen auslöschte. Ihr schmerzte das Herz ob der Qualen die ihr Volk erleiden musste.“

Auch mir schmerzt das Herz und ich stelle den wuchtigen Band vorsichtig zurück ins Regal. Nicht, dass Torwall herausfällt und ich nach Dunkelwald muss.
Ein kleines Paperback, aus dem die Lebensphilosophie wie zähes Baumharz tropft, lasse ich unberührt. „Die Bar in der Mitte der Welt“, eines der am meisten verkauften Selbstfindungsbücher aller Zeiten, Supermegabestseller. So seicht und flach geschrieben, wie sich der Nordseestrand an Ebbe präsentiert. An Banalität kaum zu übertreffen, voller Plattitüden, fehlt es ihm an jeglicher Handlung. Dank der vielen Wiederholungen im Text eignet, sich das Heftchen auch gut als Leseübung für Grundschüler.
„Tu einfach nur, was Dir Spaß macht und für Dich Sinn ergibt – dann wirst du das Glück und den Sinn des Lebens erfahren“. So einfach ist das also. Die 48jährige Teilzeitverkäuferin mit drei Kindern, Darlehen, Hypothek und pflegebedürftiger Mutter, bastelt dann nur noch Freundschaftsbänder und malt Aquarelle von Opas ausgestopftem Dackel. Dann wird sie automatisch glücklich. Ach so, sie muss ja vorher noch ihren Job kündigen, die Mutter ins Pflegeheim abschieben und die Kinder ins Internat schicken.
Die Frage nach dem Sinn des Lebens hat es allerdings tatsächlich beantwortet. "Verschwende keine kostbare Lebenszeit damit, diese papiergewordene Langeweile zu lesen.“
Trotzdem: Ich wünschte wirklich, ich hätte es geschrieben.

Doch halt. Ist das möglich? Ein Lichtblick in dieser düsteren Taverne. Zwischen einem Kochbuch für vegane Singles und dem Bildband über die Inneneinrichtung des Führerbunkers samt Hitler in der Badewanne, entdecke ich ein wahres Kleinod. Da steht doch tatsächlich mein erstes Buch. Mein Gott, wie viele Jahre ist das jetzt schon her?
Mit in mir aufsteigender Rührung, ziehe ich das zerfledderte, dünne Bändchen heraus. Das Foto auf der Rückseite, zeigt mich noch mit vollem Haar und ich grinse wie ein Honigkuchenpferd. Da war ich noch Single.
Wann war das nochmal genau?
Ich schlage die erste Seite auf, um nach dem Erscheinungsdatum zu schauen, da fällt mein Blick auf eine unschön, quer über die ganze Seite hingeschmierte Notiz:

Was für ein Mist.
 

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„Die Wunde schmerzte kaum noch, obwohl das Blut wild in Jim Hardys Adern pochte. Er drehte sich zur Seite und stieg vorsichtig aus dem Bett. Die junge Mexikanerin hatte ihm einen festen Wundverband angelegt, bevor sie ihre straffen, vollen Brüste freilegte und zu ihm ins Bett stieg. Ihr Temperament und die Kraft der schlanken, alabasterfarbenen Schenkel verblüfften selbst ihn. Wenn der MI 6 aber davon Wind bekäme, wäre die Mission vorzeitig beendet. Seine 9 mm Luger müsste schweigen und könnte ihr tödliches Gift nicht in den fetten Leib des Dschungelbarons Sanchez El Katananga injizieren. Hardy müsste weiter mit seiner Verbitterung leben. Die lange vorbereitete Rache an seinem Erzfeind würde wieder nicht mit einem leisen Knall und dem kaum wahrnehmbaren Geruch enden, den eine abgefeuerte Luger verströmt. Er musste an die verschwundenen Agenten denken und an die vielen Mädchen, die Sanchez zu seinen Sklavinnen gemacht hatte.“

Was für ein Mist.
Mehr fällt mir dazu nicht ein. Ich stelle den anrüchigen Schmöker zurück ins Bücherbord der Hotellobby. Da ich weder Lust auf den „Bachelor in Paradise“ habe noch einen debilen Bauern auf seiner Suche nach einem naiven, aber vollbusigen Trampel zum gemeinsamen Ziegenmelken begleiten möchte, würde ich mich gern mit einem Buch an die Bar setzen. Das kleine Regal bietet nur wenigen literarischen Highlights eine Heimstatt und sieht aus, als hätte es ein langes und ereignisreiches Leben als Gewürzregal gehabt. Ich greife mir einen dicken Wälzer mit Lederimitateinband und goldenem Schriftzug auf dem Deckel.

„Gungaval, die Hohepriesterin der Schwestern von Loriandel, richtet ihren Blick gen Norden, zu den nebelverhangenen Bergen von Dunkelwald, wo ihr Gemahl Hammelohr auf geheimen Pfaden wandelt, um das Gleichgewicht der Kräfte in Dunkelwald zu erhalten. Er muss das Schwert Torwall vor den Schergen des dunklen Magiers verbergen, damit sich die alte Prophezeiung erfüllen kann. Das Tal des Wimmerns hatte er mit seinen Gefährten bereits durchquert und wird im Reich des schwarzen Sandes angekommen sein, um sich mit dem Heer der dreibeinigen Einhörner zu vereinigen.
Wie Schatten lasten die Erinnerungen an das dunkle Zeitalter auf Gungaval, als die schreckliche Bestie mit dem Namen, den man nicht aussprechen kann, die Krackberge verließ und das Volk der Morgentauelfen auslöschte. Ihr schmerzte das Herz ob der Qualen, die ihr Volk erleiden musste.“

Auch mir schmerzt das Herz und ich stelle den wuchtigen Band vorsichtig zurück ins Regal. Nicht, dass Torwall herausfällt und ich nach Dunkelwald muss.
Ein kleines Paperback, aus dem die Lebensphilosophie wie zähes Baumharz tropft, meide ich. „Die Bar in der Mitte der Welt“, eines der am meisten verkauften Selbstfindungsbücher aller Zeiten, Supermegabestseller. So seicht und flach geschrieben, wie sich der Nordseestrand bei Ebbe präsentiert. An Banalität kaum zu übertreffen, voller Plattitüden, fehlt es ihm an jeglicher Handlung. Dank der vielen Wiederholungen im Text eignet sich das Heftchen auch gut als Leseübung für Grundschüler.
„Tu einfach nur, was Dir Spaß macht und für Dich Sinn ergibt – dann wirst Du das Glück und den Sinn des Lebens erfahren.“ So einfach ist das also. Die 48-jährige Teilzeitverkäuferin mit drei Kindern, Darlehen, Hypothek und pflegebedürftiger Mutter bastelt dann nur noch Freundschaftsbänder und malt Aquarelle von Opas ausgestopftem Dackel. Dann wird sie automatisch glücklich. Ach so, sie muss ja vorher noch ihren Job kündigen, die Mutter ins Pflegeheim abschieben und die Kinder ins Internat schicken.
Die Frage nach dem Sinn des Lebens hat das Buch allerdings tatsächlich beantwortet. „Verschwende keine kostbare Lebenszeit damit, diese papiergewordene Langeweile zu lesen.“
Trotzdem: Ich wünschte wirklich, ich hätte es geschrieben.

Doch halt. Ist das möglich? Ein Lichtblick in dieser düsteren Taverne. Zwischen einem Kochbuch für vegane Singles und dem Bildband über die Inneneinrichtung des Führerbunkers samt Hitler in der Badewanne entdecke ich ein wahres Kleinod. Da steht doch tatsächlich mein erstes Buch. Mein Gott, wie viele Jahre ist das jetzt schon her?
Mit in mir aufsteigender Rührung ziehe ich das zerfledderte, dünne Bändchen heraus. Das Foto auf der Rückseite zeigt mich noch mit vollem Haar und ich grinse wie ein Honigkuchenpferd. Da war ich noch Single.
Wann war das noch mal genau?
Ich schlage die erste Seite auf, um nach dem Erscheinungsdatum zu schauen, da fällt mein Blick auf eine unschön, quer über die ganze Seite hingeschmierte Notiz:

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